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VG Osnabrück, Urt. v. 10.12.2013 – 1 A 77/13 – „Lehramtsbezogener Master auch mit schlechten Bachelor-Noten“

ZVR-Online Dok. Nr. 3/2014 – online seit 12.02.2014

Art. 12 Abs. 1 GG, § 19 HSchulG Nds., § 18 HSchulG Nds.

Leitsätze

1. Notenabhängige Zugangsvoraussetzungen zu lehramtsbezogenen Masterstudiengängen schränken die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG in unverhältnismäßiger Weise ein, weil sie Absolventen lehramtsbezogener Bachelorstudiengänge mit einem wertlosen Abschluss zurücklassen. Denn lehramtsbezogene Bachelorabschlüsse sind wegen der rechtlichen Zugangsvoraussetzungen zu den Lehramtsberufen (Masterstudium, Vorbereitungsdienst, Staatsprüfung) nicht berufsqualifizierend.Rn. 1
2. Beim Übergang von einem Bachelor auf einen konsekutiven Masterstudiengang ist für die Frage, ob ein polyvalenter Bachelorabschluss tatsächlich berufsqualifizierend ist, das Berufsziel entscheidend, das sich aus dem vorangegangenen Bachelorstudiengang bei objektiver Betrachtungsweise ableiten lässt, d.h. es kommt weder auf sonstige mögliche, jedoch objektiv nicht angestrebte Berufsperspektiven noch auf irgendein subjektiv geäußertes Berufsziel an, sondern auf das Berufsziel, das seinen objektiven Niederschlag in der Aufnahme und Ausgestaltung des Bachelorstudiengangs gefunden hat.Rn. 2

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Zugang zu einem lehramtsbezogenen Masterstudiengang.Rn. 3
Die Klägerin studierte vom Wintersemester 2009/2010 bis zum Wintersemester 2012/2013 an der Universität Vechta im Bachelorstudiengang „Combined Studies“ mit den Fächern Germanistik und Biologie. Sie bewarb sich mit Antrag vom 11.02.2013 bei der Beklagten um einen Studienplatz im Masterstudiengang „Lehramt am Gymnasium“ mit den Kernfächern „Deutsch“ und „Biologie“ im ersten Fachsemester zum Sommersemester 2013. Laut einer Bescheinigung der Universität Vechta vom 12.02.2013 hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt 151,5 Leistungspunkte mit einer vorläufigen Gesamtnote von 3,2, im Bereich Germanistik mit einer Note von 3,6, im Bereich Biologie mit einer Note von 3,0 und im Optionalbereich mit einer Note von 3,1 erworben. Die Beklagte lehnte die Bewerbung durch Bescheid vom 26.02.2013 unter Hinweis auf § 2 der „Ordnung über den Zugang und die Zulassung für den Masterstudiengang ‚Lehramt am Gymnasium‘“ (ZZO) ab. Die Universität Vechta stellte der Klägerin am 30.04.2013 ein Zeugnis über die mit einer endgültigen Gesamtnote von 3,3 bestandene Bachelorprüfung im Studiengang „Combined Studies“ aus.Rn. 4
Die Klägerin hat am 27.03.2013 Klage erhoben und am 28.03.2013 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (1 C 8/13) gestellt.Rn. 5
Im Verfahren 1 C 8/13 hat sie unter Bezugnahme auf den Beschluss der Kammer vom 24.04.2012 (1 C 7/12) geltend gemacht, dass sie ihr Lehramtsstudium bei der Beklagten fortsetzen wolle. Ihr Berufsziel sei die Ausübung des Lehrerberufs, wofür sie einen Masterabschluss benötige. Der Anspruch auf freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG sei bewerberorientiert, d.h. die Kandidaten bestimmten mit ihrem Wunsch das Ausbildungsziel. Das Masterstudium sei auch nicht mit der Folge als Zweitstudium einzustufen, dass geringere rechtliche Anforderungen an die Zugangshürden zu stellen seien. Die durch die Beklagte normierten Zugangshürden und deren Umsetzung kämen einem Berufsverbot gleich.Rn. 6
Sie trägt weiterhin vor, dass ihr angestrebtes Berufsziel der Beruf „Gymnasiallehrerin“ sei, weshalb es auf andere ausbildungsadäquate Berufsmöglichkeiten nicht ankomme. Die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG schütze nicht nur den Zugang zu irgendeinem, sondern zu einem bestimmten „gewählten“ Beruf.Rn. 7
Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26.02.2013 zu verpflichten, sie in den Masterstudiengang „Lehramt am Gymnasium“ mit den Kernfächern „Deutsch“ und „Biologie“ beginnend mit dem Sommersemester 2013 als erstes Fachsemester endgültig einzuschreiben.
Rn. 8
Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,
Rn. 9
hilfsweise,

durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage Beweis zu erheben, ob der erfolgreiche Abschluss des Bachelorstudiengangs „Combined Studies“ mit den Kernfächern „Germanistik“ und „Biologie“ einen direkten Einstieg in den Beruf ermöglicht und somit berufsqualifizierend ist.
Rn. 10
Sie trägt vor, dass die von der Klägerin nachgewiesenen Leistungen den Vorgaben des § 2 Abs. 2 und 3 ZZO nicht genügten. Die von der Kammer im Beschluss vom 24.04.2012 (1 C 7/12) geäußerten Zweifel an der Verfassungskonformität der Zugangsregelungen teile sie nicht. Zudem sei das vorangegangene Bachelorstudium der Klägerin berufsqualifizierend und nicht ausschließlich lehramtsbezogen, wie sich dem Internetauftritt der Universität Vechta entnehmen lasse. Mit der Einführung der Bachelorabschlüsse sei das einheitliche Lehramtsstudium abgeschafft und die Möglichkeit geschaffen worden, einen Abschluss, der Chancen am gesamten europäischen Arbeitsmarkt eröffne, zu erwerben. Nach § 19 Abs. 2 HRG dürfe der Bachelorgrad nur auf Grund von Prüfungen, mit denen ein erster berufsqualifizierender Abschluss erworben werde, verliehen werden. Es liege in der Natur der Bachelorabschlüsse, dass sich diese nicht unmittelbar an Berufsfeldern, sondern an den allgemeinen Anforderungen des Arbeitsmarktes orientierten. Laut einer Untersuchung zum „Berufsverbleib von Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftlern“ gebe es für die Absolventen der ehemaligen Magisterstudiengänge in den Geisteswissenschaften einen relativ diffusen, offen Arbeitsmarkt mit Schwerpunkten im kulturellen Dienstleistungs- und Verwaltungsbereich, für den weniger fachspezifische Qualifikationen, als vielmehr eine generalistische Einsatzfähigkeit von Bedeutung sei. Die Beschäftigungsfelder wichen in der Regel von den studierten Fachinhalten ab. Evaluationen hätten ergeben, dass 15 % der Bachelorabsolventen eine reguläre Beschäftigung aufnähmen, während 70 % sich für ein weiteres Studium entschieden. Gemäß einer Studie der Kultusministerkonferenz sei zwischen Absolventen des herkömmlichen Graduierungssystems und Bachelorabsolventen keine Abweichung bei der Quote der Erwerbstätigen feststellbar. Bachelorabsolventen hätten in einer Onlineumfrage ihre allgemeinen Berufsaussichten positiv bewertet. Bei der Ausgestaltung der Zugangsbeschränkung zum Masterstudium sei zu berücksichtigen, dass es sich dabei um ein Zweitstudium handele, weshalb geringere Rechtmäßigkeitsanforderungen zu stellen seien. § 18 Abs. 8 Satz 1 und 2 NHG erzwinge die Zugangsbeschränkung für Masterstudiengänge, ohne dass den Hochschulen Ausnahmen gestattet seien. Weiterhin seien die von ihr aufgestellten Zugangshürden auch verhältnismäßig. Die Auswahl nach Leistung und Eignung beim Studienzugang sei nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Grundsatz sachgerecht und angemessen. Ausgeschlossen würden lediglich Bewerber, deren Leistungen im Bachelorstudium unterdurchschnittlich gewesen seien. Darüber hinaus handele es sich bei den konsekutiven Bachelor- und Masterstudiengängen nicht um eine einheitliche Gesamtausbildung, weil Ziel der Einführung der Bachelorabschlüsse gerade die Schaffung eines eigenen Abschlusses gewesen sei. Abgesehen davon bestehe auch kein Anspruch auf Fortsetzung einer einmal begonnenen Ausbildung ohne Rücksicht auf Eignung und Befähigung.Rn. 11
Auf den gerichtlichen Hinweis vom 08.10.2013 erklärt die Beklagte, dass sie durchaus hinterfrage, ob wirklich auf den Beruf des Gymnasiallehrers abzustellen sei oder ob der von der Klägerin angestrebte Beruf nicht derjenige des Lehrers sei. Im Bereich der Schulformen komme es immer wieder zu Änderungen, weshalb eine konkrete Festlegung auf die Tätigkeit als Lehrer in einer bestimmten Schulform nicht sachgerecht sein dürfte. Es sei in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass auch Bachelorabsolventen, die zur Verwirklichung ihres Berufswunsches Lehrer auf die Fortsetzung der Ausbildung in einem Masterstudiengang angewiesen seien, kein unbedingtes Recht auf Aufnahme des Studiums ohne Rücksicht auf die Qualität des Bachelorabschlusses hätten. Zudem endeten Studiengänge häufig nicht mit einer Qualifikation zu einem bestimmten Beruf, sondern gewährten allein einen Studienabschluss. Entscheidend sei allein, ob der von der Klägerin erworbene Bachelorabschluss Grundlage für eine berufliche Tätigkeit sein könnte. Im Rahmen der Beweisaufnahme zu ihrem Hilfsbeweisantrag werde sich ergeben, dass sich Bachelorabsolventen Tätigkeitsfelder – im Fach Deutsch – in kulturellen Institutionen wie Museen oder Theatern, in Verlagen, in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, in der Werbung, im Marketing, im Bereich der Dokumentation, in der Unternehmensberatung, in der Politik, in Wissenschaftsorganisationen, in der Erwachsenenbildung, im Journalismus sowie im Bereich Hochschulentwicklungsplan und – im Fach Biologie – in der technisch-wissenschaftlichen Mitarbeit in mittelständischen biotechnisch ausgerichteten Firmen, im pharmazeutischen Vertriebsbereich, in der Verwaltung, im Arten- und Naturschutz, in Nationalparks, in landwirtschaftlich-technischen Bereichen, in naturkundlichen Museen, in Umweltplanungsbüros, Wissenschaftsverlagen sowie in der Wissenschaftsdokumentation eröffneten. Selbst wenn lehramtsbezogene Bachelor- und Masterstudiengänge als einheitliche Berufsausbildung anzusehen wären, sei zu berücksichtigen, dass auch bei einheitlichen Studiengängen die Fortsetzung des Hochschulstudiums in Studien- und Prüfungsordnungen von Zwischenprüfungen abhängig gemacht werden dürften. Das Ziel der Qualitätssicherung der Hochschulausbildung ermögliche es, Studierende, die die für notwendig gehaltenen Studienleistungen nicht nachweisen könnten, vom weiteren Studium auszuschließen. Der Bachelorabschluss sei, wenn von einer Einheitlichkeit der Lehrerausbildung ausgegangen werde, mit der Zwischenprüfung vergleichbar.Rn. 12
Die Kammer hat die Beklagte durch Beschluss vom 07.05.2013 (1 C 8/13) im Wege der einstweiligen Anordnung zur vorläufigen Einschreibung der Klägerin verpflichtet; die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.07.2013 (2 ME 228/13) zurückgewiesen.Rn. 13
Durch Verfügung vom 08.10.2013 hat die Kammer die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie dazu tendiere, sich der vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht im Beschluss vom 03.07.2013 (2 ME 228/13) geäußerten Rechtsauffassung anzuschließen, dass das anvisierte Berufsziel der Klägerin der Beruf der Gymnasiallehrerin sein dürfte, und sie vor diesem Hintergrund davon absehe, zu der Frage Beweis zu erheben, ob der Klägerin auf Grund ihres Bachelorabschlusses andere ausbildungsadäquate Berufsmöglichkeiten als Lehrer in sonstigen Bildungseinrichtungen in nennenswertem Umfang offen stünden.Rn. 14
Die Beteiligten haben in ihren Schriftsätzen vom 14.10.2013 bzw. 27.11.2013 auf mündliche Verhandlung verzichtet.Rn. 15
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.Rn. 16

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.Rn. 17
A. Die zulässige Verpflichtungsklage, über die die Kammer auf Grund der Einverständniserklärungen der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf endgültige Einschreibung in den Masterstudiengang „Lehramt am Gymnasium“ mit den Kernfächern „Deutsch“ und „Biologie“ beginnend mit dem Sommersemester 2013 als erstes Fachsemester; der Bescheid der Beklagten vom 26.02.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).Rn. 18
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 NHG werden Hochschulzugangsberechtigte auf ihren Antrag eingeschrieben. Zwar erfüllt die Klägerin die besonderen Zugangsvoraussetzungen nach § 18 Abs. 8 Satz 1, 2 und 4 NHG i.V.m. § 2 Abs. 2 a) und b), Abs. 3 Satz 1 und 2 ZZO nicht, weil sie weder im Fach „Deutsch“ noch im Professionalisierungsbereich die danach erforderliche Mindestnote von 3,0 noch die für die Einstufung als „qualifizierten Bachelorabschluss“ notwendige Mindestpunktzahl von 7 aufweist. Die Zugangsregelungen des § 2 Abs. 2 a) und b), Abs. 3 Satz 1 und 2 ZZO genügen jedoch verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht und sind daher unwirksam.Rn. 19
1. Grundsätzlich hält die Kammer Regelungen über die besondere Eignung als Zugangsvoraussetzung für Masterstudiengänge für rechtlich unbedenklich, soweit der Bachelorabschluss nicht nur nach seiner rechtlichen Definition (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 NHG, § 1 Abs. 1 Satz 1 Prüfungsordnung der Beklagten für den 2-Fächer-Bachelor-Studiengang, § 1 Abs. 2 Satz 1 Prüfungsordnung des Bachelorstudiengangs „Combined Studies“ [Amtliches Mitteilungsblatt der Universität Vechta, 24/2011, Bl. 82]), sondern auch tatsächlich „berufsqualifizierend“ in dem Sinne ist, dass mit ihm ein relevantes Berufsbild (mit entsprechenden Arbeitsmarktchancen) korrespondiert. Denn das aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG folgende Teilhaberecht hochschulzugangsberechtigter Bewerber auf freien Zugang zu einem berufsqualifizierendem Studium innerhalb der vorhandenen Kapazitäten ist nicht uneingeschränkt auf weiterführende Studiengänge, die auf einem bereits erworbenen berufsqualifizierendem Abschluss aufbauen, übertragbar. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. zur Zulassung zum grundständigen Zweitstudium: BVerfG, B. v. 03.11.1982, 1 BvR 900/78, juris Rn. 63-65; BVerfG, U. v. 08.02.1977, 1 BvF 1/76, juris Rn. 164-165) wird das Grundrecht der freien Berufswahl durch den Abschluss eines Erststudiums zwar nicht verbraucht, jedoch sind bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung von Zweitstudienregelungen nicht die gleichen strengen Maßstäbe wie auf Auswahlregelungen für Erststudienplatzbewerber, die noch keinen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss erreicht haben, anzuwenden, weil Zweitstudienplatzbewerber durch ihr Erststudium bereits Anteil an der Verteilung von Lebenschancen gehabt haben. Entscheidend für die verfassungsrechtlichen Anforderungen ist daher, ob der konkrete Bachelorabschluss nicht nur de jure, sondern auch tatsächlich berufsqualifizierend ist (vgl. Lindner, NVwZ-Extra 6/2010, S. 6).Rn. 20
Zugangsbeschränkungen von Masterstudiengängen auf besonders geeignete Absolventen der vorausgehenden Bachelorstudiengänge stellen subjektive Berufszulassungsschranken dar, die nur gerechtfertigt sind, wenn sie dem Schutz besonders gewichtiger Gemeinwohlbelange zu dienen bestimmt sind und zur Erreichung des verfolgten Zwecks nicht außer Verhältnis stehen (vgl. BVerfG, B. v. 25.07.1996, 1 BvR 638/96, juris Rn. 20). Eine solche Rechtfertigung kann sich grundsätzlich aus der Struktur der (konsekutiven) Bachelor- und Masterstudiengänge ergeben (vgl. Nds. OVG, B. v. 07.06.2010, 2 NB 375/09, juris Rn. 9). Während der Bachelorabschluss den ersten berufsqualifizierenden Regelabschluss darstellen soll, ist dem Masterabschluss die Funktion eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses zugedacht, der im Interesse der internationalen Reputation und der Akzeptanz der Abschlüsse durch den Arbeitsmarkt ein hohes fachliches und wissenschaftliches Niveau haben und deshalb von weiteren besonderen Zugangsvoraussetzungen abhängig gemacht werden soll (Beschluss der Kultusministerkonferenz „Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß § 9 Abs. 2 HRG für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“ vom 10.10.2003 i.d.F. vom 18.09.2008). Die besonderen Zugangsvoraussetzungen sollen letztlich der Qualitätssicherung dienen (KMK-Beschluss vom 10.10.2003 i.d.F. vom 04.02.2010). Dem liegt die Bestrebung zugrunde, im Rahmen des Bologna-Prozesses einen europäischen Hochschulraum zu errichten, dessen Studiengänge aus zwei Hauptzyklen bestehen sollen, wobei der erste Zyklus bereits eine für den europäischen Arbeitsmarkt relevante Qualifikationsebene garantieren soll (Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister vom 19.06.1999). Dementsprechend soll nach der Gesetzesbegründung nur ein „qualifizierter“ Bachelorabschluss die Zugangsberechtigung für einen konsekutiven Masterstudiengang geben (LT-Drs. 15/2670, S.48). Ohne die Einführung einer auf die besondere Eignung abstellenden weiteren Zugangsvoraussetzung wäre das gesetzgeberische Ziel, den Masterstudiengang nicht als Regelabschluss, sondern als qualitativ herausgehobenen Zusatzabschluss auszugestalten, nicht zu verwirklichen.Rn. 21
3. Diese verfassungsrechtliche Rechtfertigung trägt die in § 2 Abs. 2 a) und b), Abs. 3 Satz 1 und 2 ZZO geregelten Zugangsvoraussetzungen des streitgegenständlichen lehramtsbezogenen Masterstudiengangs jedoch nicht. Im Gegensatz zu der weit überwiegenden Anzahl der Bachelorabschlüsse in den meisten anderen Studiengängen stellen lehramtsbezogene Bachelorabschlüsse sowohl in rechtlicher als auch tatsächlicher Hinsicht keine ersten berufsqualifizierenden Abschlüsse dar, weil ein Bachelorabsolvent den Beruf des Lehrers an allgemeinbildenden Schulen (insbesondere Grund-, Haupt-, Realschule, Gymnasium, vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 NSchG) allein auf der Grundlage seines Bachelorabschlusses schon wegen der rechtlichen Zugangsvoraussetzungen nicht ergreifen kann. Der Beruf des Lehrers setzt an öffentlichen Schulen nach § 51 Abs. 1 Satz 1 NSchG die Lehrbefähigung für die entsprechenden Fächer und für die jeweilige Schulform voraus. Die Lehrbefähigung erhält gemäß § 6 Abs. 1 NLVO-Bildung, wer ein für das betreffende Lehramt vorgeschriebenes Studium mit einem Mastergrad („Master of Education“) absolviert und den Vorbereitungsdienst mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat. Auch an Schulen in freier Trägerschaft müssen Lehrkräfte über eine Ausbildung und Prüfungen, die denjenigen von Lehrkräften an den entsprechenden öffentlichen Schulen gleichwertig sind, verfügen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 NSchG).Rn. 22
a. Auf andere Berufsperspektiven als diejenige des Lehrers an allgemeinbildenden Schulen kommt es nicht an. Die Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG schützt nicht nur den Zugang zu irgendeinem, sondern zu einem bestimmten „gewählten“ Beruf. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung steht jedem hochschulreifen Staatsbürger an sich ein Recht auf Zugang zum Studium seiner Wahl zu, das auf der hohen Bedeutung freier Berufsentscheidungen für eine eigenverantwortliche Lebensführung in einem freiheitlichen Gemeinwesen beruht (vgl. BVerfG, U. v. 08.02.1977, 1 BvF 1/76, juris Rn. 68). Zugangshürden für Masterstudiengänge lassen sich daher nicht mit dem Verweis auf andere durch den Bachelorabschluss möglicherweise eröffnete, jedoch überhaupt nicht angestrebte Berufe rechtfertigen. Maßgeblich beim Übergang von einem Bachelor- auf einen konsekutiven Masterstudiengang ist dabei nach Auffassung der Kammer das Berufsziel, das sich aus dem vorangegangenen Bachelorstudiengang bei objektiver Betrachtungsweise ableiten lässt, d.h. es kommt – bei der Frage, ob der Bachelorabschluss tatsächlich berufsqualifizierend ist – weder auf sonstige mögliche, jedoch objektiv nicht angestrebte Berufsperspektiven noch auf irgendein subjektiv geäußertes Berufsziel an, sondern auf das Berufsziel, das seinen objektiven Niederschlag in der Aufnahme und Ausgestaltung des Bachelorstudiengangs gefunden hat. Im Falle der Klägerin ist das der Beruf der Lehrerin an allgemeinbildenden Schulen, wovon auch der mit dem streitgegenständlichen Masterstudiengang anvisierte Beruf der Gymnasiallehrerin umfasst ist.Rn. 23
Entscheidend ist dabei nicht, ob es sich bei dem vorangegangenen Bachelorstudiengang um einen rein lehramtsbezogenen oder um einen „polyvalenten“ Studiengang handelt. Solche „polyvalenten“ Studiengänge sind insbesondere durch die Zusammenlegung der früheren Lehramtsstudiengänge mit dem Abschluss „Staatsexamen“ und der fachwissenschaftlichen Magisterstudiengänge entstanden. Zwar mag der von der Klägerin absolvierte Studiengang „Combined Studies“ an der Universität Vechta grundsätzlich darauf ausgerichtet sein, nach dem Erwerb des Bachelorgrades sowohl den unmittelbaren Zugang zum Arbeitsmarkt als auch die Möglichkeit zu eröffnen, das Studium im Rahmen eines fachwissenschaftlichen oder lehramtsbezogenen Masterstudiengangs fortzusetzen. Jedoch zeigen die in der Bachelorprüfungsordnung festgelegte Studienstruktur und die in den Masterzulassungs- und -zugangsordnungen festgesetzten besonderen Zugangsvoraussatzungen, dass die Fortsetzungsmöglichkeiten von der Ausgestaltung des Wahlpflichtbereichs und der Berufspraktika durch den Bachelorstudierenden abhängen. Obwohl sämtliche Absolventen den gleichen Bachelorabschluss „Combined Studies“ erhalten, gibt die individuelle Ausgestaltung des Studiums durch den einzelnen Studierenden dem Abschluss das entscheidende Gepräge. § 2 Satz 2 und 3 der Fachspezifischen Anlage „Optionalbereich“ zur Prüfungsordnung des Bachelorstudiengangs „Combined Studies“ (Amtliches Mitteilungsblatt der Universität Vechta, 24/2011, Bl. 82) stellt in diesem Sinne ausdrücklich klar, dass der Optionalbereich den Übergang in ein anschließendes Berufsfeld, einen vertiefenden oder einen lehramtsbezogenen Masterstudiengang unterstützen und daher profilbildend sein soll. Im Falle des vergleichbaren Zwei-Fächer-Bachelorstudiengangs der Beklagten wird dies noch deutlicher. Die Studierenden müssen sich dabei zwischen den drei Profilbereichen (1.) Interdisziplinäres Kerncurriculum für die Lehrerbildung, (2.) Professionalisierungsbereich für fachwissenschaftliche Masterstudiengänge und (3.) fachwissenschaftliche Schlüsselkompetenzen zur besonderen Vorbereitung auf das Berufsleben entscheiden (vgl. § 4 Abs. 4 „Studiengangsspezifische Prüfungsordnung für den für den 2-Fächer-Bachelorstudiengang“). Die Klägerin hat die Module im profilbildenden „Optionalbereich“ – entsprechend der Empfehlung der Universität Vechta in § 7 Satz 2 der Fachspezifischen Anlage „Optionalbereich“ zur Prüfungsordnung des Bachelorstudiengangs „Combined Studies“ (Amtliches Mitteilungsblatt der Universität Vechta, 24/2011, Bl. 84) – so gewählt, dass ihr Bachelorabschluss eine lehramtsbezogene Ausrichtung besitzt, die die Zugangsanforderungen von Lehramtsmasterstudiengängen im Hinblick auf die erziehungswissenschaftliche Ausrichtung des Bachelorstudiengangs grundsätzlich erfüllt (vgl. § 2 Abs. 2 d) der ZZO für den konsekutiven Studiengang „Master of Education“ für das Lehramt an Realschulen, Amtliches Mitteilungsblatt der Universität Vechta, 16/2011, Bl. 3). Gleiches gilt im Hinblick auf die Absolvierung eines allgemeinen Schulpraktikums statt eines betriebsbezogenen Praktikums (vgl. § 15 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Praktikumsordnung der Universität Vechta für den Bachelorstudiengang „Combined Studies“, § 2 Abs. 2 f) der o. g. ZZO). Dadurch, dass die Klägerin den lehramtsbezogenen Wahlpflichtbereich und das Schulpraktikum gewählt hat, hat sie ihr Berufsziel – objektiv erkennbar – in ähnlicher Weise wie durch die Aufnahme eines von vornherein ausschließlich lehramtsbezogenen Studiengangs konkretisiert, weil sie die in den anderen Wahlpflichtbereichen vermittelten Kenntnisse gerade nicht erworben und stattdessen einen lehramtsbezogenen Abschluss erhalten hat.Rn. 24
Vor diesem Hintergrund schließt sich die Kammer der Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom 03.07.2013 (2 ME 228/13, juris Rn. 9) an, dass bei der Bewertung, ob ein Bachelorabschluss berufsqualifizierend ist, maßgeblich auf das anvisierte Berufsziel – hier: Lehrerin an einer allgemeinbildenden Schule, konkret: Gymnasiallehrerin – abzustellen ist und nimmt davon Abstand, Beweis zu der Frage zu erheben, ob der Klägerin auf Grund ihres Bachelorabschlusses andere ausbildungsadäquate Berufsmöglichkeiten als Lehrerin in sonstigen Bildungseinrichtungen in nennenswertem Umfang offen stehen (vgl. B. v. 07.05.2013, 1 C 8/13, juris Rn. 17, 20). Darauf kommt es nicht an, weil solche beruflichen Tätigkeiten nicht dem von ihr verfolgten und in ihrem lehramtsbezogenen Bachelorabschluss manifestierten Berufsziel „Lehrerin an allgemeinbildenden Schulen“ entsprechen. Durch die lehramtsbezogene Ausrichtung eines polyvalenten Bachelorstudiengangs bringt ein Studierender – aus der Sicht eines objektiven Betrachters – gerade nicht zum Ausdruck, dass er irgendeine Lehrtätigkeit gleich in welcher Form und in welcher Bildungseinrichtung (beispielsweise Hilfslehrer, Nachhilfelehrer, Lehrer an Volkshochschulen) anstrebt, sondern vielmehr, dass er das Wissen und die Fertigkeiten für die Tätigkeit als Lehrer an allgemeinbildenden Schulen – d.h. die Übernahme eines Lehramtes – erwerben möchte.Rn. 25
Aus diesem Grunde ist auch dem von der Beklagten gestellten Hilfsbeweisantrag nicht nachzugehen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache für die Entscheidung unerheblich ist und daher zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden kann (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO analog). Es mag sein, dass der Bachelorabschluss der Klägerin den Zugang zu einer Vielzahl anderer beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich eröffnet, denen gemeinsam ist, dass sie eine allgemeine Hochschulbildung voraussetzen. Darauf kommt es hier jedoch nicht an, weil diese nicht mit dem erläuterten Berufsziel der Klägerin korrespondieren.Rn. 26
b. Die notenbezogenen besonderen Eignungsanforderungen für den streitgegenständlichen lehramtsbezogenen Masterstudiengang in § 2 Abs. 2 a) und b), Abs. 3 Satz 1 und 2 ZZO lassen sich nicht mit dem Ziel der Qualitätssicherung rechtfertigen, weil sich eine solche Qualitätssicherung als unverhältnismäßig im Hinblick darauf darstellt, dass damit zugleich den Qualitätsanforderungen nicht genügende lehramtsbezogene Bachelorabsolventen mit einem für das Erreichen ihres Berufsziels wertlosen Abschluss zurückgelassen werden (vgl. Ernst / Kämmerer, RdJB 2011, 297, 306). Bachelor- und Masterstudiengang sowie das anschließende Referendariat stellen im Rahmen der Lehramtsausbildung – wie bereits dargestellt – auf Grund der rechtlichen Vorgaben faktisch einen einheitlichen Ausbildungsweg dar, an dessen Ende erst die Qualifikation für den Berufseinstieg steht. In vergleichbarer Weise, wie ein erstes Staatsexamen ein sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ergebendes subjektives öffentliches Recht auf sachgerechte Teilhabe am Vorbereitungsdienst vermittelt (vgl. Hess. VGH, B. v. 29.07.1993, 1 TG 1767/93, juris Rn. 13 m.w.N.), zieht ein bestandener, jedoch nicht tatsächlich berufsqualifizierender Bachelorabschluss grundsätzlich einen Anspruch auf Fortsetzung der Ausbildung im Rahmen der vorhandenen Ausbildungskapazitäten nach sich.Rn. 27
c. Besondere Eignungsnoten besitzen auch nicht die gleiche Funktion wie Abschluss- oder Zwischenprüfungen. Während das endgültige Nichtbestehen einer Abschluss- oder Zwischenprüfung gleichbedeutend mit dem endgültigen Nichterreichen eines Ausbildungs(zwischen)zieles ist und daher die zwangsweise Ausbildungsbeendigung rechtfertigt, dienen besondere Eignungsnoten dazu, einen Teil der Bachelorabsolventen (mit unterdurchschnittlichen Noten) aus Gründen der Qualitätssicherung von der Fortsetzung ihrer Ausbildung in einem Masterstudiengang auszuschließen. Sind Bachelorabsolventen – wie im vorliegenden Fall – zwingend auf die Fortsetzung ihrer Ausbildung angewiesen, werden besondere Eignungsnoten eines Masterstudiengangs faktisch zu einer Art erhöhten Bestehensgrenze für den Bachelorstudiengang. Diese faktische Wirkung steht jedoch im Widerspruch zum Erwerb des Bachelorabschlusses, weil dieser bereits das Erreichen des Ausbildungsziels bestätigt.Rn. 28
4. Schließlich bedarf die Frage, ob die Rechtsgrundlage für die in § 2 Abs. 2 a) und b), Abs. 3 Satz 1 und 2 ZZO geregelten besonderen Eignungsvoraussetzungen – § 18 Abs. 8 Satz 1 und 2 NHG – ebenfalls verfassungswidrig ist oder nur einer verfassungskonformen Auslegung bei der Umsetzung in den Zugangsordnungen der Hochschulen bedarf, keiner abschließenden Klärung. Nach dieser gesetzlichen Regelung setzt die Zugangsberechtigung zu Masterstudiengängen einen Bachelorabschluss oder gleichwertigen Abschluss und eine besondere Eignung voraus; die besondere Eignung wird insbesondere auf der Grundlage des Ergebnisses der Bachelorprüfung festgestellt, wenn der Masterstudiengang das vorherige Studium fachlich in derselben Richtung vertieft. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 18 Abs. 8 Satz 1 und 2 NHG könnten deshalb gegeben sein, weil diese Vorschrift keine Ausnahmen vorsieht und die Hochschulen dementsprechend verpflichten könnte, für jeden konsekutiven Masterstudiengang – ohne Rücksicht darauf, ob der vorangegangene Bachelorstudiengang berufsqualifizierend ist – besondere Eignungsvoraussetzungen insbesondere auf der Grundlage des Ergebnisses der Bachelorprüfung zu normieren. Andererseits ist auch bei lehramtsbezogenen Masterstudiengängen die Festsetzung von besonderen Eignungsvoraussetzungen nicht vollständig ausgeschlossen. Insbesondere können solche Anforderungen festgelegt werden, um die inhaltliche Kompatibilität des vorausgegangenen Bachelorstudiengangs mit dem Masterstudiengang sicherzustellen (beispielsweise Festsetzung einer bestimmten Anzahl an erziehungswissenschaftlichen Leistungspunkten – vgl. § 2 Abs. 2 c) ZZO – oder der Absolvierung bestimmter Praktika – vgl. § 2 Abs. 2 d) und e) ZZO –). Letztlich kommt es im Verhältnis zwischen Studienplatzbewerber und Hochschule jedoch hierauf nicht an, weil § 18 Abs. 8 Satz 1 und 2 NHG eine durch universitäre Ordnung umsetzungsbedürftige Vorschrift darstellt (vgl. § 18 Abs. 8 Satz 4 NHG: „Das Nähere regelt eine Ordnung.“) und im Falle der Unwirksamkeit der Zugangsordnung dem Studienplatzbewerber mangels hinreichender Bestimmtheit nicht entgegen gehalten werden kann.Rn. 29
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.Rn. 30