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VG Meiningen, Beschl v. 08.06.2018 – 2 E 862&18 Me – „Tage der nationalen Bewegung“

ZVR-Online Dok. 10/2018 – online seit 18.07.2018

§ 15 Abs. 1 VersG

Leitsätze der Redaktion

1. Die versammlungsrechtliche Gefahrenprognose muss auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte gestützt werden, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben. Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen können versammlungsrechtliche Auflagen hingegen nicht rechtfertigen.Rn. 1
2. Zur Auflage „maximal zulässige Personenzahl“.Rn. 2
3. Zur Auflage „immissionsschutzrechtliche Beschränkung“.Rn. 3
4. Zur Auflage „Verbot der Ausgabe alkoholischer Getränke“.Rn. 4

Gründe

I.

1. Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen unter Anordnung des Sofortvollzugs verfügte versammlungsrechtliche Auflagen durch Bescheid des Antragsgegners vom 06.06.2018 hinsichtlich einer vom Antragsteller angemeldeten Kundgebung am 08. und 09.06.2018 in Themar auf einem am südlichen Ortsrand gelegenen und im Privateigentum stehenden Wiesengrundstück. Im Südwesten grenzt die Veranstaltungsfläche an die B89. Im Nordosten reicht sie bis auf wenige Meter an den geschützten Landschaftsbestandteil (GLB) "Feuchtwiese bei Themar". In südwestlicher Richtung befindet sich das FFH-Gebiet 113 "Gehegter Berg - Eingefallener Berg".Rn. 5
Mit E-Mail vom 11.12.2017 – ergänzt mit E-Mail vom 08.01.2018 – meldete der Antragsteller bei dem Antragsgegner für den 08. und 09.06.2018 eine politische Kundgebung unter freiem Himmel unter dem Motto "Tage der nationalen Bewegung - Musik und Redebeiträge für Deutschland" an, die auf dem Privatgrundstück in Themar mit den Flurstücke a und b am 08.06.2018 von 16 Uhr bis zum 09.06.2018 um 1 Uhr und am 09.06.2018 von 09:30 Uhr bis zum 10.06.2018 um 1 Uhr stattfinden sollte. Neben den Rednern _____ F_____ (NPD-Parteivorsitzender), ______ H_____ (stellvertretender NPD-Parteivorsitzender), ______ Z______ (stellvertretender NPD-Parteivorsitzender), ______ S______ (NPD-Bundesorganisationsleiter), ______ F______ (als Vertreter der Wählervereinigung "Bündnis Zukunft Hildburghausen"), ______ S______ (freier Nationalist), ______ K_____ (Die Rechte) und _____ B_____ (Die Rechte) sollten u.a. die Bands "Die Lunikoff Verschwörung", "Nahkampf", "Flak", "Kategorie C", "Hausmannskost", "Brutal Attack" und "Kraftschlag" auftreten. Ferner sollten sich auf dem Versammlungsgelände diverse Verkaufs- und Informationsstände befinden.Rn. 6
Am 05.03.2018 fand das Kooperationsgespräch statt.Rn. 7
Mit Bescheid des Landratsamtes Hildburghausen vom 13.03.2018 verbot der Antragsgegner die vom Antragsteller angemeldete Versammlung "für den angemeldeten Versammlungsort zu dem angemeldeten Termin" (Nr. 1) und ordnete die sofortige Vollziehung von Nr. 1 an (Nr. 2). Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 22.03.2018 Widerspruch erheben. Am 29.03.2018 suchte der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nach. Mit Änderungsbescheid vom 14.04.2018 hob der Landkreis Hildburghausen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verbotsverfügung (Nr. 2 des Bescheides vom 13.03.2018) auf. Mit Beschluss vom 24.04.2018 stellte das VG Meiningen das Eilverfahren (2 E 507/18 Me) ein.Rn. 8
Mit Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 28.05.2018 wurde der Widerspruch gegen die Verbotsverfügung des Landkreises Hildburghausen vom 13.03.2018 in Form des Änderungsbescheides vom 11.04.2018 zurückgewiesen (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Verbotsverfügung vom 13.03.2018 wurde angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung hieß es, Rechtsgrundlage für eine versammlungsbeschränkende Verfügung sei § 15 Abs. 1 VersammlG. Die Verbotsverfügung des Landkreises Hildburghausen stütze sich auf § 44 Abs. 1 BNatSchG. Hiergegen ließ der Antragsteller am 29.05.2018 Klage erheben (2 K 834/18 Me) und um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen. Mit Beschluss vom 01.06.2018 stellte das VG Meiningen die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13.03.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2018 wieder her (2 E 835/18 Me). Die hiergegen am 06.06.2018 erhobene Beschwerde des Antragsgegners wies das Thüringer Oberverwaltungsgericht am 06.06.2018 (3 EO 420/18) zurück.Rn. 9
Am 05.06.2018 fand ein Kooperationsgespräch statt. Der Antragsteller gab an, es seien bisher 650 Unterstützerkarten abgegeben worden. Er rechne jedoch mit 1000 - 1500 Teilnehmern.Rn. 10
Mit Bescheid vom 06.06.2018 erließ der Antragsgegner für die vom Antragsteller angemeldete Versammlung einen Auflagenbescheid. Darin heißt es unter III.:Rn. 11
"Es sind maximal l000 Versammlungsteilnehmer auf dem Versammlungsgelände zugelassen. Neben den Versammlungsteilnehmern sind bis zu 200 Personen als Funktionspersonal, inklusive Bandmitglieder, Redner und Organisatoren, Ordner, Verkehrspersonal, erlaubt" (Nr. 4). (...)Rn. 12
"Im Zeitraum von 09:30 Uhr bis 22:00 Uhr darf der Lärmrichtwert von 65 db(A) nicht überschritten werden. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen diesen Wert um 15 dB(A) überschreiten. Ab 22:00 Uhr (Beginn der Nachtzeit) ist die zulässige Lautstärke von maximal 50 dB(A) einzuhalten. Die Immissionswerte gelten jeweils am Ort der nächstgelegenen schutzbedürftigen Bebauung und am angrenzenden Schutzgebiet "Feuchtwiesen" (Nr. 5).(...)Rn. 13
"Während der Versammlung ist es untersagt, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel auszugeben, mitzuführen oder zu konsumieren" (Nr. 6).(...)Rn. 14
"Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass Presse- und Druckerzeugnisse, die auf der Versammlungsfläche ausgegeben werden sollen, keinen beleidigenden bzw. sonstigen strafrechtlich relevanten Inhalt haben" (Nr. 11 Abs. 1).Rn. 15
Zur Begründung hieß es, der Antragsteller gehe selbst mittlerweile von mindestens 1000 Personen aus und die für die Versammlungsteilnehmer tatsächlich zur Verfügung stehende Fläche betrage lediglich 990 m². Bei der Versammlung "Rock gegen Überfremdung" am 15.07.2017 wären bereits bei 4400 Personen (bei einer errechneten Fläche von 3200 m²) Platzängste und Panik sowie erste gesundheitliche und körperliche Ausfallerscheinungen entstanden. Aufgrund dieser Erfahrungswerte aus dem letzten Jahr müsse man davon ausgehen, dass bei Versammlungen wie der verfahrensgegenständlichen das Maximum von 1,4 Personen auf 1 m² überschritten sei. Die Lärmschutzauflage sei erforderlich, damit Außenstehende und Anwohner nicht übermäßig belästigt würden und die Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geschützt werde. Zudem liege in unmittelbarer Nähe ein Schutzgebiet, in dem unter Schutz gestellte Vogelarten brüten würden. Zwar sei nach der TA-Lärm für seltene Ereignisse außerhalb von Gebäuden als Beurteilungspegel 70 dB(A) vorgesehen, wobei kurzzeitige Geräuschspitzen nicht mehr als 15 dB(A) betragen dürften, eine Reduzierung auf 65 dB(A) im Zeitraum von 09:30 - 22:00 Uhr und 50 dB(A) ab 22:00 Uhr wäre jedoch erforderlich, um die Störung des angrenzenden Schutzgebiets, in dem geschützte Vogelarten brüteten, zu verringern. Das Alkoholverbot werde mit Blick auf die enthemmende Wirkung von Alkohol ausgesprochen. Die Beschränkung ergehe aus Gründen der Gefahrenabwehr, insbesondere zum Schutz von Leib und Leben anderer Versammlungsteilnehmer und unbeteiligter Dritter. So werde während der angemeldeten Versammlung Musik gespielt, die, wenngleich noch im Rahmen des Gesetzes, Gefühle wie Wut und Hass und Überlegenheit hervorrufe. Insbesondere durch Protestveranstaltungen in unmittelbarer örtlicher Nähe zur Versammlung des Antragstellers bestehe die Gefahr, dass sich die Teilnehmer gegenseitig provozierten, was durch den Konsum von Alkohol noch begünstigt werde. Die Auflage in Nr. 11 (Kontrolle hinsichtlich ausgelegter Druckerzeugnisse) erfolge im Hinblick auf § 130 StGB.Rn. 16
Am 07.06.2018 hat der Antragsteller hinsichtlich einzelner in Nrn. 4, 5, 6 und 11 angeordneter Auflagen Widerspruch erhoben.Rn. 17
2. Am 07.06.2018 ließ der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen. Er beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 07.06.2018 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 06.06.2018 wiederherzustellen, soweit dem Antragsteller in dem Bescheid eine Beschränkung auf 1000 Versammlungsteilnehmer nebst 200 Helfer (Nr. 4), eine Pegelbegrenzung von 65 dB(A) zwischen 09:30 Uhr und 22:00 Uhr bzw. von 50 db(A) ab 22 Uhr, gemessen am Ort der nächstgelegenen schutzbedürftigen Bebauung und am angrenzenden Schutzgebiet "Feuchtwiesen" (Nr. 5), ein absolutes Alkoholverbot für die gesamte Versammlungsdauer (Nr. 6) sowie eine Pflicht zur Sorgfalt hinsichtlich der Straflosigkeit von Presse- und Druckerzeugnissen (Nr. 11) auferlegt werden.
Rn. 18
Zur Begründung trägt er vor, die Begrenzung der Teilnehmer auf maximal 1200 Personen (1000 Versammlungsteilnehmer und bis zu 200 Helfer) sei nicht gerechtfertigt. Wie der Antragsgegner selbst ausführe, stünden immerhin knapp 1000 m² Versammlungsfläche zur Verfügung. Im Übrigen finde die Versammlung im Freien statt. Die Versammlungsstättenverordnung, deren Anwendungsbereich sich in erster Linie auf geschlossene Räumlichkeiten erstrecke, gehe bei Stehplätzen von 2 Personen/m² aus. Lege man diese durch Erfahrungswerte und wissenschaftliche Erkenntnisse gesicherte Verordnung als Maßstab zugrunde, so wäre die maximal zulässige Zahl an Versammlungsteilnehmern auf der Versammlung des Antragstellers immerhin mit 1980 Personen zu beziffern. Außer Betracht zu bleiben hätten die Helfer, die sich ohnehin größtenteils auf den Teilen des Geländes aufhalten dürften, die nicht zu den vom Antragsgegner ermittelten 990 m² verfügbarer Versammlungsfläche gehörten. Hinsichtlich der Lärmschutzauflage vertretbar wäre es, dass zwischen 10:00 und 22:00 Uhr ein Lärmrichtwert von 70 dB(A), wobei einzelne Geräuschspitzen diesen Wert um 15 dB(A) überschreiten dürften, und ab 22 Uhr (Beginn der Nachtzeit) ein solcher von maximal 55 dB(A) einzuhalten sei. Insoweit einschlägig und deshalb als Orientierungshilfe heranziehbar wäre die TA-Lärm. Diese Immissionsrichtwerte seien jedoch nicht am angrenzenden Schutzgebiet "Feuchtwiesen", sondern ausschließlich am Ort der nächstgelegenen schutzbedürftigen Bebauung zu messen. Hinsichtlich der im Schutzgebiet "Feuchtwiesen" lebenden Vogelarten sei keine populationsrelevante Störung zu erwarten. Sollte mit der Lärmschutzauflage ernsthaft der Schutz streng geschützter Vogelarten verfolgt werden, so müsste die Messung an den Felswänden, wo Wanderfalke und Uhu brüten sollten, nicht hingegen an der angrenzenden Feuchtwiese durchgeführt werden. Das in Nr. 6 des Auflagenbescheids verhängte Verbot, auf der Versammlung alkoholische Getränke zu konsumieren, erweise sich ebenfalls als unverhältnismäßig. Auszunehmen wären von diesem Verbot zumindest Bier und Mischgetränke (Alster, Radler, Cola-Bier etc.). Als milderes Mittel im Vergleich zum Totalverbot vorstellbar wäre es auch, den Alkoholausschank auf die Abendstunden (ab 18 Uhr) der Versammlung zu beschränken. Dass Alkohol auf Menschen eine enthemmende Wirkung haben könne, dürfte unstreitig sein. Mit dieser Begründung wäre jedoch einem präventivpolizeilichen Alkoholverbot für sämtliche Veranstaltungen der Boden bereitet. Der Konsum von alkoholischen Getränken verstoße nicht per se gegen geltendes Recht und stelle daher keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Auch ein absolutes Alkoholverbot würde eine durch Tatsachen gesicherte Gefahrenprognose in Bezug auf eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung voraussetzten. Tatsächlich sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich am 08./09.06.2018 Angehörige der opponierenden politischen Lager überhaupt begegneten, als außerordentlich gering einzustufen. Die Einsatzleitung der Polizei verfolge bei derartigen Versammlungsgeschehen in der Regel ein striktes Trennungskonzept. Soweit der Antragsgegner in dem Bescheid ausführe, dass eine Protestveranstaltung linker Gegendemonstranten in unmittelbarer örtlicher Nähe zur Versammlung des Antragstellers stattfinde, werde die räumliche Trennung beider Veranstaltungen verschwiegen. Das Risiko, dass sich Teilnehmer der Versammlung des Antragstellers – enthemmt durch die Wirkung von Alkohol – plötzlich auf den Weg zur Gegenveranstaltung machen könnten, sei deshalb ausgeschlossen. Darüber hinaus fänden die Versammlungen nur teilweise zeitgleich statt. Würde man den Ausschank und den Konsum alkoholischer Getränke (Wein und Bier) auf der Versammlung des Antragstellers am 08./09.06.2018 jeweils erst ab 18 bzw. 20 Uhr zulassen, so wären etwaige Gegenprotestveranstaltungen längst beendet. Ein durch die Alkoholaufnahme angeblich gesteigertes Aggressivitätspotenzial könnte sich in diesem Zeitraum in Ermangelung provozierender Gegenkundgebungsteilnehmer also überhaupt nicht mehr gegen diese entladen. Auch werde seitens des Antragsgegners ignoriert, dass es bei vergleichbaren Versammlungen in der Vergangenheit trotz Alkoholausschanks und in örtlicher Nähe durchgeführter Gegenprotestversammlungen keinerlei Ausschreitungen zu verzeichnen gewesen seien. Die Versammlung "Rock gegen Überfremdung" am 15.07.2017 mit über 6000 Teilnehmern sei vollkommen friedlich verlaufen. Als rechtswidrig erweise sich ferner die Auflage in Nr. 11, wonach der Antragsteller als Versammlungsanmelder dafür Sorge zu tragen habe, dass Presse- und Druckerzeugnisse keinen beleidigenden bzw. sonstigen strafrechtlich relevanten Inhalt hätten. Selbstverständlich werde der Antragsteller einschreiten, wenn er von der Begehung von Straftaten auf seiner Versammlung Kenntnis erlangen sollte. Die von dem Antragsgegner formulierte Auflage verlange dem Antragsteller, bei dem es sich um keinen Juristen handele, in letzter Konsequenz eine rechtliche Vorprüfung aller ausliegenden Druck- und Presserzeugnisse ab. Angesichts der Zahl der Informations- und Verkaufsstände sei es unmöglich, die Erfüllung dieser Auflage durch entsprechende Maßnahmen im Vorfeld sicherzustellen. Die von dem Antragsgegner dem Antragsteller hinsichtlich der Straflosigkeit der Presse- und Druckerzeugnisse auferlegte Sorgfaltspflicht schaffe eine Gewährleistungsverantwortung des Antragstellers für ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten Dritter, die wiederum aufgrund von § 25 Nr. 2 Versammlungsgesetz sogar ein Strafverfahren gegen den Versammlungsleiter zur Folge haben könne. Auch durch diese Auflage werde deshalb rechtswidrig in die Versammlungsfreiheit des Antragstellers eingegriffen.Rn. 19
Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.
Rn. 20
Zur Begründung verweist er auf die Gründe des angefochtenen Bescheides. Ergänzend trägt er vor, der Berechnung der maximalen Teilnehmerzahl lägen die Erfahrungswerte aus der Versammlung am 15.07.2017 zugrunde, woraus zu schließen gewesen sei, dass bei Zulassung von 1,4 Personen pro Quadratmeter die Sicherheit der Versammlungsteilnehmer massiv gefährdet sei. Aus diesem Grund habe damals das Versammlungsgelände erweitert werden müssen. Weiterhin lägen der Einschätzung die Angaben des Versammlungsanmelders im Kooperationsgespräch zugrunde. Eine Erweiterung des Geländes im Rahmen der Gefahrenabwehr sei bei dieser Versammlung nicht möglich, weil bauliche Anlagen sowie Gegendemonstrationen auf den Nachbargrundstücken dies aus tatsächlichen Gründen bei dieser Versammlung unmöglich machten. Die Begrenzung des Lärmpegels sei zum einen notwendig für den Schutz der Anwohner und Außenstehenden vor übermäßiger Belästigung und dem Schutz der Gesundheit der Versammlungsteilnehmer andererseits. Weiterhin sei die Begrenzung notwendig, um geschützte Tierarten entsprechend des Bundesnaturschutzgesetzes vor Störgeräuschen zu schützen. Zum Schutzbedarf und der bestehenden Gefahr werde auf den Vortrag im Verfahren/Beschwerdeverfahren 2 E 835/18 Me verwiesen. Der Beauflagung liege zugrunde, dass einerseits der Mindestversorgepegel für den Versammlungszweck erreicht werde, gleichzeitig aber dem Schutz der Sicherheit und Ordnung (Anwohner, Gesundheit Dritter, Naturschutz) vor Gefahren, die von dem zu erwartenden Geräuschpegel ausgingen, Rechnung getragen werde. Bei den vergleichbaren Versammlungen im Jahr 2017 sei eine derart einschränkende Lärmschutzauflage wie im gegenständlichen Fall nicht notwendig gewesen, da alle Versammlungen außerhalb der Brutzeit der zu schützenden Vogelarten stattgefunden hätten. Hinsichtlich der Ausführungen des Antragstellers zum Alkoholkonsum sei zu entgegnen, dass in der Vergangenheit bei Veranstaltungen teilweise Ausschreitungen zu verzeichnen gewesen seien. Insbesondere bei der vergleichbaren Veranstaltung am 15.07.2017 seien von einer Vielzahl von Versammlungsteilnehmern bei einem Liedbeitrag der Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" Rufe erfolgt. Dies führe die Versammlungsbehörde auch auf die enthemmende Wirkung von Alkohol in Verbindung mit den in der Grundstimmung aggressiven Liedbeiträgen zurück. Weiterhin sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich Angehörige der unterschiedlichen politischen Lager begegneten, gegeben. Am 08.06.2018 ende um 20:00 Uhr der Demonstrationszug einer Protestversammlung auf dem Grundstück c mit einer Abschlusskundgebung, dies liege in Ruf-, Wurf- und Sichtweite zum Versammlungsgelände des Antragstellers. Die Entfernung vom Versammlungsort betrage etwa 20 Meter. Am 09.08.2018 finde eine Protestveranstaltung in Form eines Pilgerwegs mit Holzkreuzen statt. Diese würden stündlich in der Zeit von 10:00 bis 22:00 Uhr auf dem Grundstück d aufgestellt. Die Entfernung vom Versammlungsort betrage ebenfalls etwa 20 Meter. Sowohl die Flächen des Antragstellers als auch die Flächen der Protestversammlungen seien offene Wiesengrundstücke, die Ruf-, Sicht- und Wurfweite sei somit gegeben. Die Auflage sei daher im Rahmen der Verhältnismäßigkeit als milderes Mittel gegenüber einem Verbot einer oder mehrerer Versammlungen oder zeitlichen Einschränkungen der Versammlungen zu treffen gewesen. Bei allen Veranstaltungen am 08.06./9.06.2018, die bei der zu treffenden Gefahrenprognose einzubeziehen gewesen seien, sei durch die Versammlungsbehörde ein absolutes Alkoholverbot beauflagt worden. Es liege keine "unzulässige Sonderbehandlung" vor. Die Auflage in Ziffer 11 genüge dem Bestimmtheitsgebot. Der Versammlungsleiter sei nicht rechtswidrig beeinträchtigt, da die Auflage ausschließlich auf Presse- und Druckerzeugnisse beschränkt sei, die auf dem Versammlungsgelände in Umlauf gebracht würden. Er habe im Vorfeld Kenntnis darüber bzw. sei in der Lage sich Kenntnis darüber zu verschaffen, welche Verkaufs- und Infostände vor Ort seien und daher auch die Möglichkeit, durch Belehrungen o.a. Einfluss zu nehmen.Rn. 21

II.

Der zulässige Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.Rn. 22
Der auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 07.06.2018 gegen Auflagen in Nrn. 4, 5, 6 und 11 des Bescheids des Antragsgegners vom 06.06.2018 gerichtete Antrag ist zulässig. Ein solcher Antrag ist statthaft nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im angegriffenen Bescheid angeordnet hat.Rn. 23
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann in einem solchen Fall das Gericht der Hauptsache auf Antrag des Betroffenen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Ein solcher Antrag kann jedoch nur dann Erfolg haben, wenn im Zeitpunkt der zu treffenden gerichtlichen Entscheidung kein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht oder wenn ein überwiegendes privates Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung ein gleichwohl vorhandenes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt.Rn. 24
Ergibt die Prüfung im Eilverfahren, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist, so verschafft dies dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ein entscheidendes Übergewicht, während umgekehrt, sollte sich der Bescheid bei der gebotenen Prüfung als wahrscheinlich rechtmäßig herausstellen, dies im konkreten Fall für die angeordnete Vollziehung des Bescheides spricht.Rn. 25
Nach § 80 Abs. 3 VwGO hat die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes schriftlich zu begründen. Dies ist in vorliegendem Fall in ausreichender Art und Weise geschehen.Rn. 26
1. Rechtsgrundlage für die Anordnung von Auflagen im Zusammenhang mit einer Versammlung ist § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG). Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst dabei nach allgemeiner Ansicht den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der gesamten Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit anzunehmen sein wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit dürfen beim Erlass von versammlungsrechtlichen Beschränkungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Sie ist auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu stützen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben. Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus.Rn. 27
2. Davon ausgehend ergibt sich hinsichtlich der angefochtenen Auflagen Folgendes:Rn. 28
a) Die in Nr. 4 des Bescheids verfügte Auflage hinsichtlich der "maximal zulässigen Personen" erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. Der Antragsgegner hat in Nr. 4 bestimmt: "Es sind maximal l000 Versammlungsteilnehmer auf dem Versammlungsgelände zugelassen. Neben den Versammlungsteilnehmern sind bis zu 200 Personen als Funktionspersonal, inklusive Bandmitglieder, Redner und Organisatoren, Ordner, Verkehrspersonal, erlaubt". Zur Begründung hat der Antragsgegner ausgeführt, der Antragsteller gehe selbst mittlerweile von mindestens 1000 Personen aus und die für die Versammlungsteilnehmer zur Verfügung stehende Fläche betrage lediglich 990 m². Bei der Versammlung "Rock gegen Überfremdung" am 15.07.2017 wären bereits bei 4400 Personen (bei einer errechneten Fläche von 3200 m²) Platzängste und Panik sowie erste gesundheitliche und körperliche Ausfallerscheinungen entstanden. Aufgrund dieser Erfahrungswerte aus dem letzten Jahr müsse man davon ausgehen, dass bei Versammlungen wie der verfahrensgegenständlichen das Maximum von 1,4 Personen auf 1 m² überschritten sei.Rn. 29
Diese Ausführungen tragen die angegriffene Auflage nicht. Es ist aus den Unterlagen schon nicht ersichtlich, dass es bei der vom Antragsgegner genannten Veranstaltung am 15.07.2017 zu den vom Antragsgegner geschilderten Vorfällen gekommen ist. Jegliche konkreten Angaben und Belege hierzu fehlen. Auch stehen die für die Veranstaltung am 15.07.2017 genannten Teilnehmerzahlen in keinem Verhältnis zu der in der Auflage Nr. 4 festgesetzten Teilnehmerzahl von 1000 Teilnehmern. Auch soweit der Antragsgegner in der Antragserwiderung vorträgt, eine Erweiterung des Geländes im Rahmen der Gefahrenabwehr sei bei dieser Versammlung nicht möglich, weil bauliche Anlagen sowie Gegendemonstrationen auf den Nachbargrundstücken dies aus tatsächlichen Gründen bei dieser Versammlung unmöglich machten, ist doch nicht ersichtlich, dass eine Erweiterung des Geländes bereits ab dem 1001 Teilnehmer erforderlich wäre.Rn. 30
b) Auch die in Nr. 5 des Bescheids verfügten immissionsschutzrechtlichen Beschränkungen für die Dauer der Versammlung erweisen sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. Insoweit war die Auflage zu modifizieren.Rn. 31
Der Antragsgegner hat in Nr. 5 des Bescheides bestimmt: "Im Zeitraum von 09:30 Uhr bis 22:00 Uhr darf der Lärmrichtwert von 65 db(A) nicht überschritten werden. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen diesen Wert um 15 dB(A) überschreiten. Ab 22:00 Uhr (Beginn der Nachtzeit) ist die zulässige Lautstärke von maximal 50 dB(A) einzuhalten. Die Immissionswerte gelten jeweils am Ort der nächstgelegenen schutzbedürftigen Bebauung und am angrenzenden Schutzgebiet "Feuchtwiesen". Der Antragsgegner hat dies damit begründet, die Lärmschutzauflage sei erforderlich, damit Außenstehende und Anwohner nicht übermäßig belästigt würden und die Gesundheit der Versammlungsteilnehmer geschützt werde. Zudem liege in unmittelbarer Nähe ein Schutzgebiet, in dem unter Schutz gestellte Vogelarten brüten würden. Zwar sei nach der TA-Lärm für seltene Ereignisse außerhalb von Gebäuden als Beurteilungspegel 70 dB(A) vorgesehen, wobei kurzzeitige Geräuschspitzen nicht mehr als 15 dB(A) betragen dürften, eine Reduzierung auf 65 dB(A) im Zeitraum von 09:30 - 22:00 Uhr und 50 dB(A) ab 22:00 Uhr wäre jedoch erforderlich, um die Störung des angrenzenden Schutzgebiets, in dem geschützte Vogelarten brüteten, zu verringern.Rn. 32
Damit ist jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass die verfügten Lärmrichtwerte aus Gründen des Vogelschutzes erforderlich sind. Die Kammer hat mit Beschluss vom 01.06.2018 (2 E 835/18 Me) keine ausreichenden populationsrelevanten Auswirkungen der geplanten Veranstaltung für Kleinvogelarten (mit Ausnahme der Bekassine, für deren Vorkommen es keine Nachweise gab) gesehen, hinsichtlich des Uhus aber Auflagen zum Lärmschutz für möglich gehalten. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in seiner die Beschwerde des Antragsgegners zurückweisenden Entscheidung vom 06.06.2018 (3 EO 420/18) ausgeführt, die den Kern der angeführten Verbotsgründe bildenden natur- und tierschutzrechtlichen Gefahren seien ohne jeglichen Beleg geblieben. Die Begründung des Verbots (einschließlich der Begründung des Widerspruchsbescheids und des Vortrags im gerichtlichen Verfahren) erschöpfe sich letztlich in der Aneinanderreihung bloßer Verdachtsmomente und Vermutungen. Weitergehende Ausführungen des Antragsgegners sind auch im vorliegenden Verfahren nicht erfolgt. Hinsichtlich der vom Antragsgegner nun verfügten Auflage ist nicht erkennbar, inwieweit sich die vom Antragsgegner bestimmten Reduzierungen um jeweils 5 dB(A) hinsichtlich des südwestlich vom Veranstaltungsgelände gelegenen Brutplatzes des Uhus am "Eingefallenen Berg" auswirken könnten. Die in der angefochtenen Auflage festgesetzten Lärmrichtwerte sollen am angrenzenden Schutzgebiet "Feuchtwiesen" gelten. Die Kammer hat sich deshalb hinsichtlich der im Tenor festgesetzten Lärmrichtwerte an den im Bescheid des Antragsgegners vom 13.07.2018 festgesetzten Grenzwerten orientiert, die auch der Antragsteller für sachgerecht hält.Rn. 33
c) Auch hinsichtlich der Auflage Nr. 6 bzgl. alkoholischer Getränke hat der Antrag – mit Einschränkungen – Erfolg. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den beabsichtigten Alkoholkonsum – bei den im Tenor verfügten Modifizierungen – nicht auszugehen.Rn. 34
Die Auflage "Während der Versammlung ist es untersagt, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel auszugeben, mitzuführen oder zu konsumieren" hat der Antragsgegner damit begründet, dass von vornherein einer möglichen Enthemmung und unkontrollierten Verhaltensweise der Versammlungsteilnehmer entgegengewirkt werden solle. Insbesondere durch Protestveranstaltungen in unmittelbarer örtlicher Nähe zur Versammlung bestehe die Gefahr, dass sich die Teilnehmer gegenseitig provozierten, was durch den Konsum von Alkohol begünstigt werde.Rn. 35
Der Konsum von alkoholischen Getränken verstößt nicht per se gegen geltendes Recht und stellt daher alleine keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 16.08.2013, 1 K 2068/13, juris, Rn. 12). Der Antragsgegner hat nicht im erforderlichen Maße erkennbare Umstände dargelegt, die einen konkreten Gefahrenverdacht rechtfertigen könnten. Er hat keine belastbaren Tatsachen benannt, die den Schluss auf das Verhalten der Versammlungsteilnehmer am 08./09.06.2018 im Falle des Konsums von Alkohol, in Form von Bier, zulassen. Das Gericht verkennt nicht die potentielle Gefahr, die von alkoholisierten Versammlungsteilnehmern ausgehen kann. Aber die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid zu dem absoluten Alkoholkonsum stellen nur Verdachtsmomente und Vermutungen dar. Im Bescheid wird auch nicht dargelegt, dass es bei der Veranstaltung am 15.07.2017 alkoholbedingte Vorfälle gegeben habe. Erst in der Antragsbegründung weist der Antragsgegner darauf hin, dass in der Vergangenheit bei Veranstaltungen teilweise Ausschreitungen zu verzeichnen gewesen seien. Insbesondere bei der vergleichbaren Veranstaltung am 15.07.2017 sei von einer Vielzahl von Versammlungsteilnehmern bei einem Liedbeitrag der Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil" Rufe erfolgt, was die Versammlungsbehörde auch auf die enthemmende Wirkung von Alkohol in Verbindung mit den in der Grundstimmung aggressiven Liedbeiträgen zurückführe. Aber auch dies bleibt eine bloße Vermutung. Im Übrigen verlief die Veranstaltung demnach wohl friedlich.Rn. 36
Soweit der Antragsgegner im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf durch den Alkoholkonsum verursachte Enthemmung von Veranstaltungsteilnehmern die Gefahr sieht, dass im Zuge von Protestveranstaltungen in unmittelbarer örtlicher Nähe zur Versammlung sich die Teilnehmer gegenseitig provozieren, kann dem mit den im Tenor erfolgten Modifizierungen der Auflage weitgehend Rechnung getragen werden. Der Antragsgegner hat in der Antragserwiderung insoweit ausgeführt, am 08.06.2018 ende um 20:00 der Demonstrationszug einer Protestversammlung auf dem Grundstück c mit einer Abschlusskundgebung, die in Ruf-, Wurf- und Sichtweite zum Versammlungsgelände des Antragstellers stattfinde. Am 09.08.2018 finde dann eine Protestveranstaltung in Form eines Pilgerwegs mit Holzkreuzen statt. Diese würden stündlich in der Zeit von 10:00 bis 22:00 Uhr auf dem Grundstück d aufgestellt, wobei die Entfernung vom Versammlungsort ebenfalls wie bei der Abschlusskundgebung am 08.06.2018 etwa 20 Meter betrage. Mit einer Beschränkung des Alkoholkonsums auf die Zeit ab 20:00 Uhr – insoweit auch nur Bier (wie bereits in dem Auflagenbescheid vom 13.07.2017 für die Veranstaltung am 15.07.2017 bestimmt) – kann einer durch Alkoholkonsum evozierten aggressiven Konfrontation der Teilnehmer der Versammlung des Antragstellers und der Teilnehmer der Gegenveranstaltungen weitgehend begegnet werden. Der Antragsteller selber hatte als milderes Mittel gegenüber einem vollständigen Alkoholverbot den Ausschank und den Konsum alkoholischer Getränke (Wein und Bier) jeweils erst ab 18 bzw. 20 Uhr ins Spiel gebracht. Im Übrigen wird es Sache der Polizei sein – hierauf hat der Antragsteller zu Recht hingewiesen – ein Aufeinandertreffen von Teilnehmern der Versammlung des Antragstellers und Gegendemonstranten möglichst zu vermeiden.Rn. 37
d) Die Auflage in Nr. 11 Abs. 1 – die der Antragsteller allein sinngemäß angreift – ist ebenfalls rechtswidrig. Hier heißt es: "Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass Presse- und Druckerzeugnisse, die auf der Versammlungsfläche ausgegeben werden sollen, keinen beleidigenden bzw. sonstigen strafrechtlich relevanten Inhalt haben." Insoweit verweist der Antragsgegner auf die Strafbarkeit der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB). Diese Begründung trägt jedoch nicht die angefochtene Auflage. Sicherlich kommen im Hinblick auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch die Begehung von Straftaten Auflagen in Betracht. Jedoch ist die angefochtene Auflage, mit der der Antragsgegner erreichen will, dass die ausgegebenen Presse- und Druckerzeugnisse keinen strafrechtlich relevanten Inhalt haben, unbestimmt. So ist nicht klar, ob es mit der Formulierung "Sorge zu tragen" um eine "rechtliche Vorprüfung aller ausliegenden Druck- und Presserzeugnisse" geht – wovon der Antragsteller spricht –, was ihm zu erfüllen angesichts der Zahl der Informations- und Verkaufsstände und auch im Hinblick auf den späten Zeitpunkt der verfügten Auflage unmöglich sein dürfte, oder ob es lediglich um eine allgemeine Belehrung derjenigen geht, die Presse- und Druckerzeugnisse ausgeben. Dies wird auch aus der Antragserwiderung nicht klar. Der Antragsgegner führt insoweit aus, der Versammlungsleiter sei nicht rechtswidrig beeinträchtigt, da die Auflage ausschließlich auf Presse- und Druckerzeugnisse beschränkt sei, die auf dem Versammlungsgelände in Umlauf gebracht würden. Der Antragsteller habe im Vorfeld Kenntnis darüber bzw. sei in der Lage sich Kenntnis darüber zu verschaffen, welche Verkaufs- und Infostände vor Ort seien und daher auch die Möglichkeit, durch Belehrungen o.a. Einfluss zu nehmen. Wann und in welchem Umfang der Antragsteller "Einfluss nehmen" soll, wird hieraus nicht klar. Zu Recht weist der Antragsteller darauf hin, die von dem Antragsgegner dem Antragsteller hinsichtlich der Straflosigkeit der Presse- und Druckerzeugnisse auferlegte Sorgfaltspflicht schaffe eine Gewährleistungsverantwortung des Antragstellers für ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten Dritter, was nach § 25 Nr. 2 VersG ein Strafverfahren gegen den Versammlungsleiter zur Folge haben könne.Rn. 38
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Für eine Kostenbeteiligung des Antragstellers sieht die Kammer keine Anhaltspunkte. Der Antragsteller hat im Wesentlichen obsiegt. Soweit die aufschiebende Wirkung nicht in vollem Umfang wiederhergestellt wurde, erfolgte dies zur Klarstellung bzw. folgte die Kammer den vom Antragsteller selber ins Spiel gebrachten Auflagenvarianten.Rn. 39
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Mangels hinreichender Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG war der Auffangwert anzusetzen. Eine hälftige Reduzierung des Betrages wegen der im Eilverfahren üblicherweise zu berücksichtigenden Vorläufigkeit der Entscheidung ist nicht veranlasst, da mit der hier getroffenen Entscheidung die Hauptsache weitgehend vorweggenommen wird.Rn. 40