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Florian Albrecht: Rezension – Barczak, BVerfGG, 2018

ZVR-Online Dok. 18/2018 – online seit 03.09.2018

Barczak, Tristan
BVerfGG. Mitarbeiterkommentar zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz
Berlin 2018
Verlag Walter de Gruyter
1621 Seiten
149,95 Euro
ISBN 978-3-11-045018-7

Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der aus dem Hause C. F. Müller stammende Mitarbeiterkommentar von Umbach/Clemens/Dollinger (2. Auflage 2005) im Jahr 2015 durch den ebenfalls in der Reihe „Heidelberger Kommentare“ erschienenen Kommentar von Burkiczak/Dollinger/Schorkopf ersetzt wurde, führt dies zu der Frage, weswegen die Reihe der Mitarbeiterkommentare nun mit dem von Barczak herausgegebenen Werk im Verlag Walter de Gruyter fortgeführt wird. Bereits die unterschiedlichen Geleitworte (Umach/Clemens/Dollinger mit Geleitwort von Hans-Jürgen Papier und Barczak mit Geleitwort von Andreas Voßkuhle) lassen erahnen, das für die Verwirrungen wohl ein zwischen verschiedenen (politischen) Lagern geführter Richtungsstreit ursächlich sein könnte. Man könnte auch auf die Idee kommen, dass der aktuelle Präsident des Bundesverfassungsgerichts dem Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, an dem im Übrigen durchaus auch „Mitarbeiter“ mitgewirkt haben, seinen „Segen“ verweigert hat.Rn. 1
Über diese bloßen Spekulationen hinausgehend ist jedenfalls ein stetes Anwachsen der zum Bundesverfassungsgerichtsgesetz verfügbaren Kommentarliteratur festzustellen, zu welchem der Rezensent selbst beigetragen hat (siehe dessen Kommentierung der §§ 43 bis 47 BVerfGG in Albrecht/Roggenkamp, VereinsG, 2014). Das zunehmende Verlagsinteresse dürfte auch ein Hinweis auf die steigende Bedeutung der Materie sein, die vielleicht auch den Bedarf „qualitätssichernder“ Eingriffe in die Rechtsprechung und Gesetzgebung durch das Bundesverfassungsgericht wiederspiegelt (zu Erosionstendenzen hinsichtlich der Akzeptanz von Verfassungsgerichtsbarkeit siehe das Vorwort von Barczak). Der neue Mitarbeiterkommentar ist auf einem Rechtsstand von November 2017. Seine Zielgruppe sind sowohl die verfassungsprozessualen Praktiker als auch die Angehörigen des Wissenschaftsbereichs.Rn. 2
Inhaltlich überzeugen die Kommentierungen durch klare Strukturen, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit. Der Detailreichtum des Werkes lässt sich bereits anhand der Vorstellung des am Bundesverfassungsgericht beschäftigten Personals verdeutlichen (hierzu Volp, § 1 Rn. 102 ff.). Die diesbezügliche Kommentierung geht nicht nur auf die großen Verfassungsjuristen ein, die der Kreis der wissenschaftlichen Mitarbeiter am Bundesverfassungsgericht hervorgebracht hat (namentlich genannt wird insoweit Friedrich Gottlob Nagelmann), sondern lässt auch eine Darstellung der hinsichtlich der nur unzureichend gesetzlich normierten Mitarbeitertätigkeit geäußerten Kritik nicht fehlen. Hier hätte sich der Rezensent gewünscht, dass auch auf den Bewerbungsverfahrensanspruch eingegangen worden wäre, der in Art. 33 Abs. 2 GG verankert ist und mit dem § 13 Abs. 2 Satz 1 BVerfGGO (eine Regelung, die im Ergebnis auch eine willkürliche Personalauswahl absegnet) wohl kaum zu vereinbaren sein dürfte.Rn. 3
„Die Delegation darf zum Zwecke der Einreichung der Verfassungsbeschwerde den Vorplatz des Bundesverfassungsgerichts betreten. Weitere vor Ort anwesende Unterstützer/innen müssen im Bereich vor der das Gelände des Bundesverfassungsgerichts begrenzenden Absperrkette warten.
  • Auch die Mitglieder der Delegation dürfen innerhalb des Gebäudes keine Film- und/oder Fotoaufnahmen anfertigen.
  • Die den Vorplatz des Bundesverfassungsgerichts betretende Delegation darf keine Schilder, Transparente oder ähnliche Hilfsmittel der Meinungskundgabe mitführen.
[…]
Hinsichtlich der Begleitung der Einreichung von Verfassungsbeschwerdeschriften durch Medienvertreter/innen gelten die folgenden Regelungen:
  • Die Medienvertreter/innen dürfen den Vorplatz des Bundesverfassungsgerichts betreten und die einreichende Delegation bis zum Briefkasten oder bis zum Eingang des Gebäudes begleiten.
  • Die Medienvertreter/innen erhalten keinen Zutritt zum Gebäude.
  • Stellungnahmen und / oder Interviews der Beteiligten sind außerhalb des Geländes des Bundesverfassungsgerichts aufzuzeichnen.“
 
Rn. 4
Erwähnenswert dürfte überdies sein, dass der Kommentar keineswegs auf Kritik verzichtet, etwa um politischen Leitlinien oder verfassungsrechtlichen Festlegungen zu folgen. Diesbezüglich kann etwa auf die Kommentierung von Barczak verwiesen werden, der dem in § 46a BVerfGG neu geregelten Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien aus der staatlichen Parteienfinanzierung zwar die Verfassungskonformität bescheinigt, die Vorschrift gleichwohl aber für „verfassungspolitisch fragwürdig“ erachtet (mit ausführlicher Begründung Barczak, § 46a Rn. 6). Wenn der Kommentator zu dem Ergebnis kommt, dass es sich bei dem „lex NPD“ um einen „faktischen Verbotsersatz“ handelt, führt dies allerdings auch zu der Frage der Vereinbarkeit der (Neu-)Regelung mit der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Lichdi, RuP 53 (2017), 456, 465 f.).Rn. 5
In der Zusammenfassung überzeugt der neue Mitarbeiterkommentar durch seine hohe Qualität und seinen unbestreitbaren Detailreichtum. Als wichtiges Hilfsmittel kann er sowohl der verfassungsrechtlichen Praxis als auch der Wissenschaft und Forschung dienen. Der Rezensent hat den „Barczak“ als festen Bestandteil in seinen Handapparat aufgenommen.Rn. 6
Fußnoten

* Ass. jur. Florian Albrecht, M. A., ist Oberregierungsrat und hauptamtlich Lehrender für die Rechtsfächer an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl.