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LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.11.2014 – LVG 9/13 – „Polizeigesetz von Sachsen-Anhalt ist teilweise verfassungswidrig“

ZVR-Online Dok. Nr. 2/2015 – online seit 14.01.2015

Art. 5 Abs. 1 LSA Verf, Art. 6 Abs. 1 LSA Verf, Art. 14 LSA Verf, Art. 16 Abs. 1 LSA Verf, Art. 20 Abs. 2 LSA Verf, § 10 SOG LSA, § 16 Abs. 3 SOG LSA, § 17 b SOG LSA, § 17 c SOG LSA, § 41 SOG LSA, § 94a SOG LSA

Leitsätze

1. Soweit die Gefahrenabwehr und nicht die vorbeugende Strafverfolgung den Hauptzweck einer Regelung darstellt, besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Landes unabhängig davon, ob die betroffenen Handlungen bereits strafbares Verhalten darstellen und die Überwachungsvorschriften der Strafprozessordnung anwendbar sind.Rn. 1
2. Der Einsatz technischer Instrumente zu Zwecken der Telekommunikationsüberwachung verlangt eine gesetzliche Grundlage, die der Gesetzgeber in Kenntnis der Eigenschaften der technischen Instrumente durch eine Abwägungsentscheidung getroffen hat und damit verantworten kann. Existieren die technischen Instrumente zum Zeitpunkt der Gesetzgebung noch nicht, muss der Gesetzgeber durch verfahrensrechtliche Vorgaben sicherstellen, dass eine verantwortliche Prüfung der Eignung der technischen Instrumente erfolgt.Rn. 2
3. Die Unterbrechung oder Störung von Kommunikationsverbindungen zum Zweck der Abwehr von Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit von Personen ist verfassungsrechtlich auch gegenüber Personen zulässig, von denen keine Gefahr ausgeht, wenn die Gefahrenabwehr anderenfalls nicht möglich ist. Eine solche Maßnahme stellt auch dann keinen Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit dar, wenn faktisch die Organisatoren oder Teilnehmer von Versammlungen durch die Maßnahme betroffen sind.Rn. 3
4. Die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen zum Zweck der Gefahrenvorsorge ist nur auf der Grundlage von empirischen Erkenntnissen über die Kausalzusammenhänge zwischen dem untersagten Verhalten und den drohenden Schäden zulässig, deren Eintritt verhindert werden soll. Dem Gesetzgeber steht insoweit kein freies Gestaltungsermessen zu.Rn. 4

Tenor

Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat durch seinen Präsidenten Schubert als Vorsitzenden sowie seine Richterinnen und Richter Bergmann, Dr. Zettel, Gemmer, Franzkowiak, Dr. Stockmann und Prof. Dr. Kluth auf die mündliche Verhandlung vom 25.09.2014 für Recht erkannt:
  1. § 17b Abs. 3 Nr. 3, § 17c, § 41 Abs. 6 S. 2, insoweit dieser auf § 41 Abs. 5 S. 4 verweist, und § 94a Absätze 2 bis 4 SOG LSA sind verfassungswidrig und nichtig.
  2. § 16 Abs. 3 SOG LSA ist mit der Verfassung unvereinbar, soweit dort das Tatbestandsmerkmal „Lageerkenntnisse“ verwendet wird und bis zum 31.12.2015 nur mit der Maßgabe anwendbar, als unter Lageerkenntnissen „tatsächliche Anhaltspunkte“ zu verstehen sind; erfolgt bis zum 31.12.2015 keine Neuregelung, ist § 16 Abs. 3 SOG LSA nichtig.
  3. § 17b Abs. 4 S. 2 SOG LSA ist mit der Verfassung unvereinbar, soweit er nur auf § 17 Abs. 5 SOG LSA, nicht aber auf § 17 Abs. 2 S. 3 SOG LSA Bezug nimmt und damit eine Eilentscheidungskompetenz zugunsten jedes Polizeibeamten begründet. Die Regelung kann bis zum 31.12.2015 mit der Maßgabe angewendet werden, dass nur der Behördenleiter oder eine von ihm benannte Person die Eilentscheidung bei Gefahr in Verzug trifft; erfolgt bis zum 31.12.2015 keine Neuregelung, ist § 17b Abs. 4 S. 2 SOG LSA nichtig.
  4. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
  5. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
  6. Das Land Sachsen-Anhalt hat den Antragstellern die notwendigen Auslagen in Höhe von 75% zu erstatten.
 
Rn. 5

Tatbestand

1. Am 26.03.2013 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2003 verabschiedet, das am 06.04.2013 in Kraft getreten ist. Mit diesem Gesetz wurde mehrere Normen des SOG LSA geändert oder neu eingeführt, darunter die Normen, auf die sich der Normenkontrollantrag bezieht.Rn. 6
Mit dem Gesetz verfolgte die Landesregierung unter anderem das Ziel, den Schutz der Polizeibeamten bei Durchsuchungsmaßnahmen zu verbessern (§ 16 Abs. 3, § 46 Abs. 6 SOG LSA), die Kommunikation zwischen Störern und Gewalttätern im Zusammenhang mit Maßnahmen der Gefahrenabwehr sowie die Fernzündung von Sprengsätzen zu erschweren (§ 33 SOG LSA),die Möglichkeiten der Überwachung der Telekommunikation im Interesse einer wirksameren Gefahrenabwehr zu erweitern (§§ 17b, c SOG LSA) sowie durch Alkoholkonsum ausgelöste Gewalttätigkeiten an bestimmten Orten wirksamer zu bekämpfen

(§ 94a SOG LSA).
Rn. 7
Der Normenkontrollantrag bezieht sich auf die folgenden Regelungen:

㤠16 Abs. 3 SOG LSA

Die Polizei kann bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum personenbezogene Daten durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufzeichnungen erheben, wenn aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben der Polizeibeamten erforderlich ist. Absatz 1 Satz 2 und § 14 Abs. 3 Satz 3 gelten entsprechend.
Rn. 8
§ 17b Erhebung von Telekommunikationsinhalten und -umständen

(1) Die Polizei kann ohne Kenntnis der betroffenen Person personenbezogene Telekommunikationsinhalte und -umstände durch den Einsatz technischer Mittel nur erheben, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können auch Verkehrsdaten im Sinne von § 3 Nr. 30 des Telekommunikationsgesetzes erhoben werden. Die Erhebung von Verkehrsdaten kann sich auch auf Zeiträume vor deren Anordnung erstrecken.

(3) Personenbezogene Daten nach den Absätzen 1 und 2 können erhoben werden über
  1. Personen, die eine Gefahr nach Absatz 1 verursachen,
  2. Personen, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für die Personen nach Nummer 1 bestimmte oder von ihnen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass die Personen nach Nummer 1 ihren Anschluss benutzen,
  3. jede Person, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr nach Absatz 1 unerlässlich ist. Die Erhebungen können auch durchgeführt werden, wenn dritte Personen unvermeidbar betroffen werden.
(4) Erhebungen personenbezogener Daten nach den Absätzen 1 und 2 dürfen außer bei Gefahr im Verzuge nur durch den Richter angeordnet werden. § 17 Abs. 5 Satz 2 bis 9, Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(5) Die Datenerhebung darf nur angeordnet werden, soweit aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass Äußerungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Bei der Datenerhebung ist, soweit technisch möglich, sicherzustellen, dass Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, nicht erhoben werden. § 17 Abs. 4b bis 4e und 5a gilt entsprechend.

(6) Ein Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 des Telekommunikationsgesetzes hat der Polizei auf Anordnung unverzüglich Auskunft über die näheren Umstände der durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Erhebung der Telekommunikationsinhalte und -umstände zu ermöglichen. Für die Entschädigung oder Vergütung der Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden; die Vorschriften über die Verjährung in § 2 Abs. 1 und 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes finden entsprechend Anwendung.
Rn. 9
§ 17c SOG LSA (1) Die Polizei kann ohne Kenntnis der betroffenen Person Telekommunikationsinhalte und -umstände in einem informationstechnischen System durch den Einsatz technischer Mittel nur erheben, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerlässlich ist.

(2) Erhebungen personenbezogener Daten nach Absatz 1 dürfen außer bei Gefahr im Verzuge nur durch den Richter angeordnet werden. § 17 Abs. 4b bis 4e, Abs. 5 Satz 2 bis 9, Abs. 5a, 7 und 8 sowie § 17b Abs. 3 und 5 Satz 1 und 2 gelten entsprechend.

(3) Es ist technisch sicherzustellen, dass
  1. an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind,
  2. nur Telekommunikationsinhalte und -umstände nach Beginn und vor Abschluss des Telekommunikationsvorgangs erhoben werden und
  3. die vorgenommenen Veränderungen an dem informationstechnischen System bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.

    Das eingesetzte technische Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Erhobene Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Nutzung zu schützen.
(4) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren:
  1. die Bezeichnung des technischen Mittels sowie Beginn und Ende seines Einsatzes,
  2. die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
  3. die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und
  4. die Behörde, die die Maßnahme durchführt.
 
Rn. 10
§ 33 Unterbrechung und Verhinderung von Kommunikationsverbindungen

(1) Die Polizei kann von jedem Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 des Telekommunikationsgesetzes verlangen, Kommunikationsverbindungen zu unterbrechen oder zu verhindern, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Die Unterbrechung oder Verhinderung der Kommunikation ist unverzüglich herbeizuführen und für die Dauer der Anordnung aufrechtzuerhalten.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann die Polizei technische Mittel einsetzen, um Kommunikationsverbindungen zu unterbrechen oder zu verhindern.

(3) Kommunikationsverbindungen Dritter dürfen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 nur unterbrochen oder verhindert werden, wenn dies nach den Umständen unvermeidbar ist. Den örtlichen Bereich, Zeit und Umfang der Maßnahmen ordnet der Behördenleiter oder ein von ihm Beauftragter an. Die Polizei beantragt unverzüglich eine richterliche Bestätigung über die Fortdauer der Kommunikationsverbindungsunterbrechung oder -verhinderung. Die Anordnung tritt außer Kraft, wenn nicht binnen zwei Tagen vom Richter die Fortdauer der Maßnahme bestätigt wird. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die antragstellende Polizeidienststelle ihren Sitz hat. Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Zielte die Maßnahme auf die Unterbrechung oder Verhinderung bestimmter Kommunikationsverbindungen, findet § 17 Abs. 7 entsprechend Anwendung.


(4) Für die Entschädigung oder Vergütung der Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden.
Rn. 11
§ 41 Abs. 6 SOG LSA (6) Eine Person kann körperlich untersucht werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von ihr eine Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person ausgegangen ist, weil es zu einer Übertragung besonders gefährlicher Krankheitserreger gekommen sein kann, die Kenntnis des Untersuchungsergebnisses zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist und kein Nachteil für die Gesundheit der oder des Betroffenen zu befürchten ist. Absatz 5 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Eine Verwendung der Untersuchungsdaten ist nur für den in Satz 1 bezeichneten Zweck zulässig. Die Untersuchungsdaten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zu dem in Satz 1 bezeichneten Zweck nicht mehr benötigt werden.Rn. 12
§ 94a SOG LSA Alkoholgefahren

(1) Das für öffentliche Sicherheit und Ordnung, Sperrzeitrecht und Glücksspiele zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem für Wirtschaftsrecht zuständigen Ministerium zur Abwehr abstrakter Gefahren oder zur Gefahrenvorsorge durch Gefahrenabwehrverordnung für Schank-und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten eine Sperrzeit allgemein festsetzen. In dieser Gefahrenabwehrverordnung ist zu bestimmen, dass die Sperrzeit bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse allgemein oder für einzelne Betriebe verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden kann.

(2) Kreisfreie Städte, Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden können zur Abwehr abstrakter Gefahren oder zur Gefahrenvorsorge durch Gefahrenabwehrverordnung für Teile ihres Bezirkes und beschränkt auf bestimmte Zeiten verbieten, auf öffentlichen Straßen alkoholische Getränke zu verzehren oder zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle bereitzuhalten.

(3) Im zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich eines Verbotes nach Absatz 2
  1. dürfen Verkaufsstellen keine alkoholischen Getränke und Glasgetränkebehältnisse verkaufen und
  2. ist es verboten, Glasgetränkebehältnisse mitzuführen.
(4) Das Verbot nach Absatz 3 Nr. 2 gilt nicht für
  1. Sicherheitsbehörden, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst,
  2. a) das Mitführen von Glasgetränkebehältnissen im geschlossenen Fahrgastraum eines Fahrzeugs oder in einem am Fahrzeug befestigten verschlossenen Behältnis,

    b) das Mitführen von Glasgetränkebehältnissen in Fahrzeugen, soweit der Geltungsbereich eines Verbotes nach Absatz 2 ohne Fahrtunterbrechung mit Ausnahme verkehrsbedingten Haltens durchfahren wird,
  3. das Mitführen von Glasgetränkebehältnissen durch Gewerbetreibende, deren Betrieb in dem Geltungsbereich eines Verbotes nach Absatz 2 liegt, sowie deren Angestellte und Zulieferer zum Zwecke der betrieblichen Versorgung,
  4. das Mitführen von original verschlossenen Glasgetränkebehältnissen in einem Behältnis, welches aufgrund der Geschlossenheit einen unmittelbaren Zugriff verhindert,
  5. die Verwendung von Trinkgläsern auf solchen Flächen, die aufgrund einer entsprechenden straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis oder einer diese ersetzenden, nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts für eine übermäßige Straßennutzung erteilten Erlaubnis oder Ausnahmegenehmigung genutzt werden. Darüber hinaus können allgemein oder im Einzelfall Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 3 Nr. 2 zugelassen werden.“
 
Rn. 13
2. Die Antragsteller sind der Ansicht, dass es mehrere der zur Überprüfung gestellten Regelungen bereits an der Gesetzgebungskompetenz des Landes mangele und sie deshalb verfassungswidrig seien.Rn. 14
2.1. In Bezug auf § 16 Abs. 3 SOG LSA lasse bereits die Gesetzesbegründung die kompetenzrechtliche Problematik der gesetzlichen Neuregelung erkennen. Die Maßnahme werde dort einerseits (auch durch die Änderung in der Überschrift zu § 16 (vgl. § 1 Nr. 7 lit. a ÄndG 2013) als Instrument der Eigensicherung bezeichnet. Die neue Befugnis solle durch eine „Erhöhung des Verhaltensdrucks bei den Betroffenen dem Schutz der Polizeibeamten dienen“. Andererseits werde dort ausgeführt, dass die bloße Anfertigung von Bildaufnahmen nicht geeignet sei, das verfolgte Ziel auch zu erreichen. Nur eine Anfertigung von Bildaufzeichnungen und die Möglichkeit diese auch zum Zwecke der Strafverfolgung und zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung nutzen zu können (§ 16 Abs. 5 [neu]) sei geeignet, die beabsichtigte Verhaltenssteuerung zu erreichen (Entwurfsbegründung, LT-Drucks. 6/1253, 39). Fraglich sei daher, was „Hauptzielrichtung“ der Maßnahme sein solle, nach der sich die Gesetzgebungskompetenz richte. Während eine gefahrenabwehrrechtliche Norm eindeutig in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fällt, unterliegen repressiv-polizeiliche Normen einschließlich der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.Rn. 15
Anders als die meisten Landespolizeigesetze beschränke § 2 Abs. 1 Satz 1 SOG LSA die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten auf deren Verhütung, wohingegen die Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten nur zulässig sei, wenn die Vorschriften des Zweiten Teils des SOG LSA dies besonders regeln. Dies schließe Zweckänderungen im Rahmen des § 16 Abs. 5 Satz 3 SOG LSA nicht aus. Fraglich sei aber, ob die Norm nicht faktisch vorrangig einer „versteckten“ Verfolgungsvorsorge diene, weil sie eine Verhaltenssteuerung nur schwerlich und allenfalls als Sekundärzweck erreichen könne. Die Einordnung als Maßnahme der Verfolgungsvorsorge werde durch die Polizeipraxis und die tatsächliche Nutzung der Maßnahme nach verbreiteten Angaben von Polizeibeamtinnen und -beamte bestätigt so dass davon ausgegangen werden könne, dass die Norm ganz überwiegend der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten diene und daher keine Maßnahme der Gefahrenverhütung oder Gefahrenabwehr, sondern eine Maßnahme repressiv-polizeilicher Natur darstelle, welche nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes falle, der eine einschlägige und abschließende Regelung in § 100h Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 StPO getroffen habe.Rn. 16
Eine Gefahrenabwehr durch Dokumentation sei entgegen der Gesetzesbegründung nicht möglich; deren Sinn und Zweck könne allein die Sicherung von Beweismitteln sein, so dass eine repressiv-polizeiliche Zielrichtung zugrunde liege.Rn. 17
Im Übrigen habe der Landesgesetzgeber selbst durch § 2 Abs. 1 Satz 2 SOG LSA klargestellt, dass Maßnahmen der Verfolgungsvorsorge nur dann zulässig seien, wenn dies „gesondert“ geregelt sei. Dies sei hier nicht der Fall, weil auf diese Zielrichtung in § 16 Abs. 3 SOG LSA nicht hingewiesen werde und auch die Gesetzesbegründung diese Zielrichtung nicht eigens aufführe. § 16 Abs. 3 SOG LSA sei daher mit Art. 74 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1, Art. 46 Abs. 1 Satz 2 LVerf nicht vereinbar, weil es sich um eine Maßnahme repressiv-polizeilicher Natur handle, für die dem Land mit Blick auf die bereits vorhandene Regelung in § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO die Gesetzgebungskompetenz fehle.Rn. 18
Überschreite der Landesgesetzgeber seine Gesetzgebungsbefugnisse durch die unzulässige Schaffung von Eingriffsbefugnissen in Grundrechte, so verstoße er damit gegen Art. 41 Abs. 1 Satz 2 und Art. 77 LVerf in Verbindung mit den eingeschränkten Grundrechten. Das Landesverfassungsgericht sei daher auch dazu berufen, über die Frage der Gesetzgebungskompetenz zu entscheiden.Rn. 19
2.2. Auch für die in § 17b SOG LSA getroffene Regelung fehle dem Land die Gesetzgebungskompetenz. In seiner Entscheidung zum niedersächsischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz habe das Bundesverfassungsgericht zu einer ähnlichen Regelung ausführlich dargelegt, dass die Landesgesetzgeber nur in geringem Umfang befugt seien, Regelungen zur präventiven Telekommunikationsüberwachung zu erlassen, weil der Bundesgesetzgeber in der Strafprozessordnung abschließend von seiner Gesetzgebungsbefugnis aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG Gebrauch gemacht habe, die Verfolgung von Straftaten durch Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung zu regeln. Die Länder seien deshalb nicht befugt, die Polizei zur Telekommunikationsüberwachung zum Zwecke der Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten zu ermächtigen.Rn. 20
§ 17b Abs. 1 SOG LSA trage den klaren Grenzen der Landesgesetzgebungskompetenz zwar insofern Rechnung, als für die Tatbestandsvoraussetzungen qualifizierte gefahrenabwehrrechtliche Anknüpfungspunkte gewählt worden seien. Es sei aber zu berücksichtigen, dass in Fällen, in denen Gefahren „gegenwärtig“ verursacht werden, das schädigende Ereignis bereits begonnen habe oder „unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ (§ 3 Nr. 3b SOG LSA) bevorstehe. Der Schaden sei folglich bereits eingetreten oder liege so nah, dass er nicht ohne außergewöhnliche Maßnahmen abgewendet werden könne. Bei gegenwärtigen Gefahren für Leib oder Leben einer Person bedeute dies zugleich, dass die Verursacher regelmäßig bereits eine schwerwiegende Straftat mindestens im Versuchsstadium begangen haben, die auch eine strafprozessuale Telekommunikationsüberwachung gemäß § 100a StPO ermöglichen würde. Bezüglich des Verursachers der gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person „verdoppele“ die neue Vorschrift somit gleichsam die Eingriffsbefugnisse. Eine solche faktische Dopplung einer bereits aufgrund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafprozessrecht vorhandenen Regelung sei aber von der Gesetzgebungskompetenz des Landes für die allgemeine Gefahrenabwehr nicht mehr gedeckt.Rn. 21
Problematisch sei diese Dopplung auch deshalb, weil der Adressatenkreis gegenüber § 100a StPO erheblich ausgeweitet werde, indem § 17b Abs. 3 Nr. 3 und Satz 2 faktisch alle Menschen zu potentiellen Adressaten der Maßnahmen mache, unabhängig von einer materiell-rechtlichen Anknüpfung an die polizeilichen Verantwortlichkeit. Damit komme der Maßnahme eine hohe Streubreite mit einer Vielzahl von potentiell Betroffenen zu, was ihr Eingriffsgewicht deutlich erhöht. Bedenklich sei auch die Absenkung der Verfahrensvorkehrungen gegenüber den bundesrechtlichen Regelungen in § 100b Abs. 1 StPO, denen zufolge die vorläufige Anordnung bei „Gefahr im Verzug“ nur durch die Staatsanwaltschaft erfolgen darf. § 17b Abs. 4 SOG LSA ermöglich dagegen bei „Gefahr im Verzug“ die Anordnung durch die ausführende Polizei, so dass jedwede Vorab-Kontrolle der Rechtmäßigkeit von außen in diesen Fällen fehle.Rn. 22
2.3. Auch in Bezug auf § 17c SOG LSA ist nach Ansicht der Antragsteller die Gesetzgebungskompetenz des Landes zweifelhaft. Der Bundesgesetzgeber habe bisher – auch im Hinblick auf die Eingriffsintensität – bewusst auf die Schaffung einer strafprozessrechtlichen Eingriffsbefugnis für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) verzichtet. Bestehende StPO-Vorschriften kämen nicht als Eingriffsgrundlage für eine strafprozessuale Quellen-TKÜ mit Zugriff auf das informationstechnische System der Zielperson in Betracht.Rn. 23
Die neu geschaffene Norm des § 17cSOG LSA sei zwar tatbestandlich auf den ersten Blick der Gefahrenabwehr zuzuordnen („Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person“). Es handle sich indes um eine doppelfunktionale Maßnahme, da Gefahrverursacher, die für eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person verantwortlich sind, in der Regel bereits schwerwiegende Straftaten zumindest im Versuchsstadium begangen hätten. Das Bundesrecht gebe derzeit nur dem Bundeskriminalamt eine eng umgrenzte Befugnis für Eingriffe in die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (§ 20k BKA-Gesetz), wobei die Verfassungsmäßigkeit dieser Eingriffsbefugnis ebenfalls zweifelhaft sei.Rn. 24
Die Schaffung einer landesrechtlichen Eingriffsbefugnis für die Quellen-TKÜ durchkreuze damit faktisch die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, auf eine strafprozessrechtliche Regelung zu verzichten. Sie mache die nach dem SOG LSA gewonnenen Daten gleichsam „durch die Hintertür“ auch in strafprozessualen Verfahren nutzbar, was kompetenzrechtlich unzulässig sei.Rn. 25
2.4. In Bezug auf die in § 41 Abs. 6 SOG LSA getroffene Regelung, die bei Anhaltspunkten für die Übertragung von besonders gefährlichen Krankheitserregern die Anordnung einer Untersuchung ermöglicht, sind die Antragsteller der Ansicht, dass insoweit von einem Vorrang der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG auszugehen sei und dass der Bundesgesetzgeber von dieser Kompetenz mit Erlass des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) auch abschließend Gebrauch gemacht habe.Rn. 26
Die in der Entwurfsbegründung der Landesregierung angeführte Argumentation, der Bundesgesetzgeber habe dabei „den Einzelnen, der einem Übertragungsrisiko ausgesetzt war, vorwiegend als Gefahrenquelle für weitere Übertragungen im Blick, nicht aber im Hinblick auf die Verhinderung einer Erkrankung bei ihm selbst“ (LT-Drucks. 6/1253 v. 04.07.2012, S. 63), verkenne den ganzheitlichen Ansatz der bundesrechtlichen Regelungen. Die Zusammenführung zuvor verstreuter Regelungsansätze im Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Jahr 2000 habe eine Vereinheitlichung und Professionalisierung der behördlichen Abläufe bezweckt, die der Landesgesetzgeber nicht durchbrechen dürfe. Die Aufgabe, nötigenfalls Untersuchungen wegen Ansteckungsgefahr durchzuführen, obliege nach § 25 Abs. 3 IfSG den Gesundheitsämtern. Zusätzliche gefahrenabwehrrechtliche Spezialregelungen, wie sie jetzt in § 41 Abs. 6 SOG LSA vorgesehen sind, konterkarieren dieses bundesrechtliche Koordinationskonzept, die Zuständigkeit der Gesundheitsämter und die insofern abschließenden bundesrechtlichen Regelungen. Die Neuregelung ist daher von der Landesgesetzgebungskompetenz nicht gedeckt und verstößt gegen Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG i. V. m. Art. 41 Abs. 1 Satz 2, Art. 77 LLVerf und den eingeschränkten Grundrechten.Rn. 27
2.5. Schließlich beanstanden die Antragsteller auch in Bezug auf die in § 94a SOG LSA getroffenen Regelungen zumindest teilweise das Bestehen einer Gesetzgebungszuständigkeit des Landes. Dies betrifft die in Absatz 1 getroffene Sperrzeitregelung. Diese Materie falle zwar nach der Föderalismusreform gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Das Land Sachsen-Anhalt habe jedoch bislang kein eigenes Gaststättengesetz erlassen, so dass das Bundesgaststättengesetz gem. Art. 125a Abs. 1 GG weiter in Geltung sei und als abschließende Regelung des Gaststättenrechts der Regelung in § 94a SOG LSA entgegenstehe. Für eine „Teilersetzung“ des Gaststättenrechts des Bundes fehle es an einem abgrenzbaren Regelungsgegenstand.Rn. 28
3. In materiell-rechtlicher Hinsicht halten die Antragsteller die angegriffenen Regelungen ebenfalls für verfassungswidrig.Rn. 29
3.1. In Bezug auf § 16 Abs. 3 SOG LSA sind die Antragsteller der Ansicht, dass die Regelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit nicht genügt. Diese Anforderungen dienten dazu, das Verhalten der Verwaltung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß zu begrenzen. Dies setze voraus, dass hinreichend klare Maßstäbe bereitgestellt werden, die sich auch nach Art und Schwere des Eingriffs richten. Die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit der Bürgerinnen und Bürger dürfe nicht einseitig in das Ermessen der Polizei gestellt sein. Dem Gesetz komme im Hinblick auf den Handlungsspielraum der Exekutive eine begrenzende Funktion zu, die rechtmäßiges Handeln des Staates sichern und dadurch auch die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger schützen solle. Nicht hinreichend bestimmt sei bereits das Merkmal der Personen- oder Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum, das vom Gesetz nicht näher definiert werde. Unklar sei dabei insbesondere, ob hierunter nur Maßnahmen nach dem SOG LSA fallen oder auch solche, die auf anderer Rechtsgrundlage durchgeführt werden, beispielsweise nach der StPO oder dem Versammlungsrecht. Bejaht man letzteres, ist zudem unklar, ob es sich dann (vorrangig) um eine Maßnahme der Beweissicherung oder der Gefahrenabwehr handeln solle.Rn. 30
Nicht hinreichend bestimmt sei auch das Tatbestandsmerkmal der Lageerkenntnisse. Dieses entspreche nicht der polizeirechtlichen Eingriffsschwelle der Gefahr und ihrer qualitativen und quantitativen Steigerungsformen. So genannte Lageerkenntnisse würden nicht anhand hergebrachter rechtlicher Maßstäbe der Gefahrenabwehr gewonnen, die der vollen gerichtlichen Überprüfung zugänglich seine (dazu wird auf BVerwGE 45, 51, 57 f. verwiesen) sondern von der Polizei selbst produziert und somit selbstbezüglich. Die zur Überprüfung gestellte Norm beinhalte damit keine hinreichend bestimmte und ausreichend hohe Eingriffsschwelle. Fraglich sei auch, ob solche Lageerkenntnisse einer vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen. Das Gesetz begründe auch keine Pflicht, die Lageerkenntnisse zu dokumentieren, was deren gerichtliche Überprüfbarkeit erst ermöglichen würde. Der Verweis in der Gesetzesbegründung (a.a.O. S. 39), dass es sich um „aktenkundige Lageerkenntnisse“ handele, habe im Wortlaut des Gesetzes keinen Niederschlag gefunden. Eine hinreichende Präzisierung oder Einschränkung findet auch nicht etwa dadurch statt, dass die Maßnahme (nur) dann zulässig ist, wenn diese im Einzelfall zur Abwehr einer [konkreten] Gefahr für Leib oder Leben von Polizeibeamten erforderlich ist. Eine solche Beschränkung habe der Gesetzgeber offenkundig nicht beabsichtigt, weil sonst der Verweis auf Lageerkenntnisse keinen Sinn machen würde.Rn. 31
§ 16 Abs. 3 SOG LSA verstoße auch deshalb gegen die Landesverfassung, weil die neue polizeiliche Eingriffsmaßnahme nicht verhältnismäßig sei. Die Maßnahme sei bereits nicht geeignet, das vom Gesetzgeber verfolgte Schutzziel der Eigensicherung zu erreichen. Der Gesetzgeber habe insoweit den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten. Ziel von Maßnahmen der Eigensicherung müsse es sein, Gefahren für Leib oder Leben der handelnden Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten abzuwehren. Dieses Ziel solle in der Polizeipraxis durch taktisch richtiges Verhalten im Einsatz zur Verhinderung bzw. Reduzierung von Gefährdungen für Einsatzkräfte gewährleistet werden. Unstreitig dürfe aber sein, dass die Fertigung von Bildaufzeichnungen eine Gefahr nicht unmittelbar abwehren könne. Die Begründung des Gesetzentwurfs (a.a.O. S. 39) weise darauf hin, dass die Maßnahme nur indirekt, nämlich durch Verhaltenssteuerung beim Betroffenen wirken solle. Ob indes Maßnahmen der Bildaufzeichnung überhaupt eine Verhaltenssteuerung bewirken können, sei in der Literatur und Begleitforschung, die sich insbesondere mit Maßnahmen der polizeilichen Videoüberwachung im öffentlichen Raum befasse, seit Jahren erheblich umstritten (dazu wird auf Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Rn. G 202 und Roggan, in: ders./Kutscha, Handbuch zum Recht der Inneren Sicherheit, 2. Aufl. 2006, S. 215 ff. sowie den Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt, Stellungnahme vom 10.12.2012, S. 2 verwiesen). Soweit die Eignung von Videoaufnahmen oder -aufzeichnungen zu Zwecken der Verhaftung von Straftaten (und um diese geht es hier im Ergebnis bei der Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben) überhaupt bejaht werde, werde dies argumentativ darauf gestützt, dass im Falle einer Bildaufnahme oder -aufzeichnung die Videokamera dazu genutzt werden könne, Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen und dann seitens der Polizei einzuschreiten (Nachweise: Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Rn. G 202; Roggan, a.a.O., S. 216). Genau diese Wirkung könne und solle durch § 16 Abs. 3 SOG aber nicht erreicht werden, weil sich die kontrollierenden Polizeibeamtinnen und -beamten regelmäßig außerhalb des Fahrzeugs befänden und das aufgezeichnete Geschehen auch nicht unmittelbar in der Kontrollsituation auf einem Monitor im Polizeifahrzeug oder in der Einsatzzentrale dargestellt werde.Rn. 32
Völlig unklar sei darüber hinaus der legislatorische Ansatz, der offenbar nicht die konkrete Einsatzsituation berücksichtigt sehen wolle, sondern eine Vorabentscheidung durch den Behördenleiter, da § 16 Abs. 3 Satz 1 vorschreibe, dass die Maßnahme (nur) zulässig ist, wenn aufgrund von Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass dies zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben der Polizeibeamtinnen und -beamten erforderlich ist. Sodann verweist Satz 2 auf § 14 Abs. 3 Satz 3, nach dem Ort, Zeit und Umfang der Maßnahmen durch den Behördenleiter oder einen von ihm beauftragten Angehörigen des höheren Dienstes angeordnet werden. Es gehe demnach nicht darum, dass bei einer potentiell gefährlichen Situation die Polizeibeamtinnen oder -beamten vor Ort über die Zulässigkeit der Maßnahme entscheiden, weil diese im Rahmen der polizeilichen Gefahrenprognose nach den Maßstäben des polizeilichen Gefahrenbegriffs zu der Ansicht gelangt seien, dass eine Gefahr für Leib oder Leben vorliegt. Stattdessen entscheide der Behördenleiter hierüber abstrakt, vorab und aus der Ferne. Es sei daher nicht erkennbar, wie so das vorgegebene Ziel der Eigensicherung erreicht werden solle und könne.Rn. 33
Die Regelung sei auch unverhältnismäßig im engeren Sinne. Es gehe bei § 16 Abs. 3 SOG LSA darum, einen Ausgleich zwischen dem Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und Datenschutz auf Seiten der von der polizeilichen Bildaufzeichnung Betroffenen und des Rechts auf einen wirksamen Schutz von Leib und Leben bei den eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten zu erzielen, das nicht nur ein Individualinteresse darstelle, sondern mit Blick auf die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und das Vorhandensein einer funktionierenden Polizei, die auch in Gefahrensituationen nicht vor dem Einsatz zurückschreckt, als Gemeinwohlbelang anzusehen sei.Rn. 34
Die Installierung eines Behördenleitervorbehaltes durch den Verweis auf § 14 Abs. 3 Satz 3 SOG LSA bewirke allerdings, dass nicht konkret im Einzelfall über den Einsatz eines Bildaufzeichnungsgeräts entschieden werde, weil eine (konkrete) Gefahr besteht, sondern die Zulässigkeit des Einsatzes wird aus der Ferne und völlig unabhängig vom konkreten Einsatzgeschehen vor Ort getroffen werde. Damit könne jede Bürgerin und jeder Bürger unabhängig vom eigenen Verhalten und unabhängig davon, ob sie oder er hierzu Anlass gegeben hat, einem Eingriff in gewichtige Grundreche ausgesetzt werden. Weder besteht sofern man die Maßnahme wie hier als (vorgezogene) repressiv-polizeiliche Maßnahme ansieht ein Anfangsverdacht, noch ist die Person Verhaltensverantwortlicher i.S.v. § 7 SOG LSA, weil der Behördenleiter nicht aus der Ferne eine konkrete Gefahr wird bejahen können. Damit werden die Betroffenen einer Maßnahme unterzogen ohne Verantwortlicher zu sein, ohne dass (im Regelfall) die Voraussetzungen einer Inanspruchnahme nach § 10 SOG LSA vorliegen werden.Rn. 35
Die Regelung sei zudem nicht mit der durch Art. 12 LVerf geschützten Versammlungsfreiheit vereinbar, weil die Maßnahme auch bei Kontrollen nach § 20 Abs. 2 Nr. 6 lit. b SOG LSA zulässig sei. Dieser gestatte Personenkontrollen an Kontrollstellen im öffentlichen Verkehrsraum bei der Anreise zu einer Versammlung. Dies stelle einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit dar, den § 11 Nr. 7 SOG LSA seit der Novelle sogar ausdrücklich gestatte, was mit Blick auf die Spezialität des Versammlungsrechts für Eingriffe in die Versammlungsfreiheit erheblichen Bedenken begegne und kaum zuverlässig gegenüber den Befugnissen aus § 18 VersammlG LSA abgegrenzt werden könne.Rn. 36
3.2. Die Adressatenregelung in § 17b Abs. 3 SOG LSA sei mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 LVerf) folgenden Bestimmtheitsgebot unvereinbar. Der Wortlaut der Vorschrift fasse den Personenkreis, dem gegenüber dieser Grundrechtseingriff möglich ist, so weit, dass potentiell alle Bürgerinnen und Bürger betroffen sein könnten. Eine hinreichend klare Beschränkung auf die Kommunikation von Personen, die Gefahren unmittelbar verursachen, fehle. Der Gesetzentwurf liefere keine Begründung für diese weite und unbestimmte Formulierung, so dass nicht ersichtlich sei, was die Entwurfsverfasser bewogen habe, den Adressatenkreis derart weit zu formulieren, dass ohne nähere materielle Voraussetzungen die gesamte Bevölkerung einbezogen werden könnte.Rn. 37
Bereits § 17b Abs. 3 Nr. 2 SOG LSA führe zu einer erheblichen Ausweitung des Adressatenkreises über die Gefahrenverursacher (Zielpersonen) hinaus, indem Personen einbezogen werden, die für die Gefahrenverursacher Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben (Nachrichtenmittler) oder deren Anschluss die Gefahrenverursacher auch ohne ihr Wissen benutzen. Diese an § 100a Abs. 3 StPO angelehnte Formulierung ermöglicht zum Nachteil der genannten Personenkreise gravierende Grundrechtseingriffe, ohne dass diese dafür notwendig einen Anlass gesetzt haben oder überhaupt von der Gefahr wissen.Rn. 38
§ 17b Abs. 3 Nr. 3 SOG LSA verstoße gravierend gegen das Bestimmtheitsgebot. Die Möglichkeit, eine Telekommunikationsüberwachung gegen jede Person zu richten, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr nach Absatz 1 unerlässlich ist, verzichte auf jegliche Tatbestandsvoraussetzung zur Konkretisierung des Zusammenhangs zwischen den Adressaten der Maßnahme und der gegenwärtigen Gefahr. Damit bleibe die Vorschrift weit hinter den Anforderungen zurück, die das Polizeirecht sonst an die Inanspruchnahme von Nichtstörern stelle.Rn. 39
Weder die Personen, in deren Fernmeldegeheimnis auf gravierende Weise eingegriffen werden könne, noch die handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten könnten der neuen Vorschrift hinreichend konkrete Anhaltspunkte entnehmen, aus denen sich ergebe, unter welchen Voraussetzungen die Einbeziehung einer Person in die Überwachungsmaßnahme zulässig sein solle. Die besondere Hervorhebung der Unerlässlichkeit und damit des Verhältnismäßigkeitskriteriums der Erforderlichkeit könne diesen gravierenden Bestimmtheitsmangel nicht heilen. Auch die im Regelfall geforderte richterliche Anordnung könne den Bestimmtheitsmangel nicht kompensieren, da das Gesetz auch dem kontrollierenden Richter keine näheren materiell-rechtlichen Anhaltspunkte für die Auswahl der zu überwachenden Personen an die Hand gebe. Zudem ermögliche die Vorschrift es der Polizei, bei Gefahr im Verzuge sogar ohne richterliche Anordnung zu handeln. Das BVerfG habe mehrfach entschieden, dass Gefahr im Verzug-Klauseln nicht so konstruiert sein dürften, dass die richterliche Vorabkontrolle bei gravierenden Grundrechtseingriffen faktisch zum Ausnahmefall werde.Rn. 40
Im Hinblick auf die in § 17b Abs. 1 SOG LSA geforderte gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben sei zu befürchten, dass die richterliche Vorabkontrolle in der Praxis in den allermeisten Fällen zugunsten einer Gefahr im Verzug-Anordnung durch die handelnde Polizeidienststelle ersetzt werde. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Wohnungsdurchsuchungen und zur Blutentnahme zeige, dass die Praxis von Sicherheitsbehörden bisweilen leichtfertig bereit sei, Verfahrensvorkehrungen wie den Richtervorbehalt vermeintlichen Sachzwängen des Alltags zu opfern (dazu wird auf Möllers, NJW 2001, 1397 f. verwiesen).Rn. 41
Auch die Regelung des § 17b Abs. 3 Satz 2 SOG LSA, der zufolge die Erhebung auch zulässig ist, wenn dritte Personen unvermeidbar betroffen werden, sei mit dem Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar. Zwar fänden sich ähnliche Formulierungen in verschiedenen polizei-und strafprozessrechtlichen Vorschriften, insbesondere im Zusammenhang mit Bildaufnahmen im öffentlichen Raum, bei denen nicht immer vermeidbar sei, dass Bilder unbeteiligter Dritter mit aufgenommen werden. Bei der Telekommunikationsüberwachung könne es sich aber allenfalls um Personen außerhalb der in Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Kategorien (Gefahrenverursacher, Nachrichtenmittler, Anschlussinhaber) handeln, die mit den dort genannten Personen kommunizieren, ohne selbst den genannten Kategorien anzugehören. Um eine Ausweitung auf andere Personen zu verhindern, gebiete die Bestimmtheitsanforderung zumindest, diese einzig in Frage kommende Personenkategorie auch konkret zu benennen.Rn. 42
Unter Bestimmtheitsmängeln leide auch die Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung in § 17b Abs. 5 SOG LSA. Die Regelung beachte nicht hinreichend die Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht für schwerwiegende Eingriffe in den Kern der Privatsphäre gezogen habe (dazu wird auf BVerfGE 109, 279 verwiesen). Danach dürften Überwachungsmaßnahmen nicht in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingreifen. § 17b Abs. 5 weiche diese klare Anforderung dadurch auf, dass er den Kernbereichsschutz unter den Vorbehalt des technisch Möglichen stelle.Rn. 43
Auch die Regelungen in § 17 Abs. 4b Satz 2, die nach § 17b Abs. 5 auch auf die TKÜ entsprechend anzuwenden sind, werden nach Ansicht der Antragsteller den Anforderungen an einen wirksamen Kernbereichsschutz nicht gerecht, da sie zulassen, Äußerungen aus dem Kernbereich bei automatisierter Speicherung mit zu erfassen.Rn. 44
Zwar habe das Bundesverfassungsgericht bei der Strafverfolgung die automatisierte Datenerhebung in manchen Fällen im Hinblick auf die wirksame Aufklärung schwerster Straftaten für unvermeidlich gehalten. Jedoch könne diese Annahme nicht unmittelbar auf die Gefahrenabwehr übertragen werden. Denn bei der Abwehr einer bereits gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person gebiete die Schutzpflicht des Staates für das Grundrecht der Gefährdeten auf Leben und körperliche Unversehrtheit, wirksame Maßnahmen schnellstmöglich einzuleiten. Eine automatisierte Aufzeichnung, die erst später ausgewertet wird, könne daher nicht zur effektiven Abwehr einer bereits gegenwärtigen Gefahr beitragen. Die bloße Übernahme der strafprozessrechtlichen Regelungen aus § 100a Abs. 4 StPO, wie sie in § 17 Abs. 4c SOG LSA erfolgt sei, werde den Anforderungen an einen klaren und bestimmten Kernbereichsschutz nicht gerecht.Rn. 45
Die Vorschrift verstoße außerdem gegen die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Der Gesetzgeber habe Vorschriften zur präventiven Telekommunikationsüberwachung mit erheblicher Eingriffsintensität erlassen, ohne dass hierfür eine Erforderlichkeit bestehe. Jedenfalls im Hinblick auf den extrem weiten Adressatenkreis, der letztlich die Einbeziehung der gesamten Bevölkerung ermögliche, habe der Gesetzgeber den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum weit überschritten. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz habe im Gesetzgebungsverfahren zutreffend beanstandet, dass der Bedarf für so weit reichende Eingriffsmaßnahmen im Gesetzgebungsverfahren durch den Entwurf und die gesetzgebende Landtagsmehrheit nicht hinreichend konkretisiert werde, was z. B. durch Angaben über die Zahl der Fälle hätte erfolgen können, in denen Gefahren in der Vergangenheit mit einer solchen Eingriffsbefugnis effektiver hätten abgewehrt werden können.Rn. 46
Der Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers entbinde diesen nicht von der Pflicht, die praktische Erforderlichkeit von sicherheitsbehördlichen Eingriffsbefugnissen, die gravierende Grundrechtseingriffe ermöglichen, mit empirisch plausiblen Erwägungen zu begründen.Rn. 47
Schließlich verstoße die außerordentlich weite Adressatenregelung auch gegen das Übermaßverbot. Die neu geschaffene Eingriffsbefugnis ermögliche die Überwachung sowohl der Telekommunikationsumstände als auch ihrer Inhalte. Damit handele es sich um einen Grundrechtseingriff erheblicher Tragweite. Zwar verfolge die Vorschrift das Ziel, Gefahren für die hochrangigen Schutzgüter Leib oder Leben von Personen abzuwehren. Dennoch verstoße die Regelung aufgrund der kaum überschaubaren Reichweite des potenziell durch die Regelung erfassten Personenkreises auch gegen das Übermaßverbot.Rn. 48
3.3. § 17c SOG LSA genüge unter mehreren Aspekten nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit und Normenklarheit von Vorschriften, die intensive Grundrechtseingriffe ermöglichen. Dies gelte vor allem für die Adressatenregelung, die auf § 17b Abs. 3 SOG LSA verweise. Der zu § 17b Abs. 3 Nr. 3 SOG LSA geltend gemachte Bestimmtheitsmangel sei in Bezug auf § 17c SOG LSA aufgrund der zusätzlichen Beeinträchtigung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme als noch gravierender einzustufen.Rn. 49
Darüber hinaus genügten auch die Regelungen zur technischen Durchführung der Quellen-TKÜ nicht dem Bestimmtheitsgebot. Durch die Verwendung des Begriffs Einsatz technischer Mittel bleibe gänzlich offen, durch welche Art der Infiltration die Quellen-TKÜ durchgeführt werden solle. Dies sei angesichts der Reichweite des Grundrechtseingriffs kein technisches Detail, das der Verwaltungspraxis überlassen werden dürfe.Rn. 50
Besonders unbestimmt seien die in § 17c Abs. 3 SOG LSA formulierten technischen Anforderungen an die Durchführung der Quellen-TKÜ. In Anbetracht des erheblichen Risikos, dass durch die Quellen-TKÜ, sei es unbeabsichtigt oder beabsichtigt, auch auf andere Inhalte des informationstechnischen Systems zugegriffen und damit in weitere Grundrechte eingegriffen werden könne erscheine die Formulierung von § 17c Abs. 3 Nr. 2 keinesfalls hinreichend präzise, um eine rechtsstaatliche Anwendung der Vorschrift sicherzustellen.Rn. 51
Die Anforderung, Veränderungen an dem infiltrierten informationstechnischen System nach Beendigung der Maßnahme automatisiert rückgängig zu machen (§ 17c Abs. 3 Nr. 3), wird bereits im Gesetzeswortlaut unter den Vorbehalt des technisch Möglichen gestellt, und damit nicht nur inhaltlich relativiert, sondern auch auf gravierende Weise unbestimmt.Rn. 52
§ 17c SOG LSA verletze auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bereits die Geeignetheit der Quellen-TKÜ für die Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit einer Person sei so zweifelhaft, dass die Regelung den Einschätzungsspielraum der gesetzgebenden Landtagsmehrheit erheblich überschreite. Die Durchführung einer Quellen-TKÜ sei technisch sehr aufwendig, da entweder ein durch § 17c SOG LSA nicht gedecktes Eindringen in die Wohnung der Zielperson, deren aktive Mitwirkung oder die Ausnutzung einer technischen Schutzlücke in dem infiltrierten informationstechnischen System erforderlich seien. Daher sei nicht ersichtlich, wie eine solche Maßnahme zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren geeignet sein könne. Im Gegenteil wäre es gerade bei gegenwärtigen Gefahren für die hochwertigen Schutzgüter Leib oder Leben kaum mit der grundrechtlichen Schutzpflicht für das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit vereinbar, wenn eine polizeiliche Einsatzleitung wertvolle Personalkapazitäten mit zeitaufwendigen und nur wenig aussichtsreichen Versuchen vergeuden würde, die informationstechnischen Systeme der Gefahrenverursacher zu infiltrieren. Dies gelte umso mehr, weil es kaum möglich sei, den Nutzen der möglicherweise zu erlangenden Informationen für die effektive Abwehr der gegenwärtigen Gefahr seriös zu prognostizieren.Rn. 53
§ 17c SOG LSA verstoße auch gegen das Übermaßverbot. Das Bundesverfassungsgericht habe anschaulich dargelegt, dass die heimliche Infiltration informationstechnischer Systeme einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstelle (BVerfGE 120, 274). Auch für die Abwehr von Gefahren für gewichtige Schutzgüter wie Leib, Leben oder Freiheit einer Person kommt die Quellen-TKÜ daher nicht in Betracht. Da bereits die Geeignetheit der Maßnahme zweifelhaft ist, können schwerwiegende Grundrechtseingriffe in das Fernmeldegeheimnis und in die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme durch die in § 17c Abs. 1 definierten Schutzgüter nicht gerechtfertigt werden. Ein Wertungswiderspruch sei zudem im Gesetzgebungsverfahren dadurch entstanden, dass die Schutzgüter, die eine herkömmliche TKÜ für die Gefahrenabwehr rechtfertigen, auf Leib oder Leben einer Person reduziert wurden (§ 17b Abs. 1); bei dem noch gravierenderen Eingriff gemäß § 17c dagegen die Freiheit einer Person als Schutzgut nicht gestrichen wurde, obwohl hier zusätzlich in die Integrität informationstechnischer Systeme eingegriffen werde.Rn. 54
Mit dem Übermaßverbot unvereinbar sei weiter die sehr weite Fassung des Kreises potentieller Adressaten, insbesondere vor dem Hintergrund der restriktiven Anforderungen, die in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt worden seien (BVerfG, Urteil v. 24.04.2013, 1 BvR 1215/07, Absatz-Nr. 165).Rn. 55
3.4. Ausschließlich materiell-rechtliche Bedenken tragen die Antragsteller zu § 33 SOG LSA vor. Die dort getroffene gesetzliche Regelung sei nicht hinreichend bestimmt, soweit sie gestatte, dass die Polizei nach § 33 Abs. 1 SOG LSA von jedem TK-Diensteanbieter verlangen könne, Kommunikationsverbindungen zu unterbrechen oder zu verhindern und sie diese nach § 33 Abs. 2 SOG LSA selbst durch technische Mittel unterbrechen oder die Kommunikation verhindern könne.Rn. 56
Bereits der Begriff der Kommunikationsverbindung sei problematisch und im SOG LSA nicht definiert. Anders als zum Beispiel § 29b ASOG Berlin, der nur gestatte, dass die Polizei bei „einer dringenden Gefahr für Leib oder Leben im Nahbereich einer Sprengvorrichtung“ zur Entschärfung den Mobilfunkverkehr blockieren könne, sei der Begriff der Kommunikationsverbindung deutlich weiter und tatbestandlich nicht auf den Telekommunikations- oder gar Mobilfunkverkehr beschränkt.Rn. 57
Zwar solle hinsichtlich des Begriffs der Kommunikationsverbindung offenbar eine weitere Spezifizierung über den Verweis auf § 3 Nr. 6 TKG stattfinden, der jedoch nicht den Begriff der Kommunikationsverbindung definiert, sondern nur den des Dienstanbieters, wobei auch dieser Begriff erst durch weitere Bestimmung in ñ 3 Nr. 24 i.V.m. Nr. 27 TKG endgültig Gestalt annimmt und Nr. 24 sogar auf Übertragungsdienste in Rundfunknetzen verweise; diese Form der Kettenverweisung entspreche nicht den Erfordernissen der Normenbestimmtheit. Damit sei anders als z.B. nach Berliner Landesrecht völlig unklar, in welche Kommunikationsverbindungen indirekt nach Absatz 1 oder direkt seitens der Polizei nach Absatz 2 (durch Handy-Blocker /-Jammer o.ä.) eingegriffen werden dürfe. Auf eine Eingrenzung sei im Gesetzgebungsverfahren durch Nr. 7 des Änderungsantrags der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (LT-Drucksache 6/1819 vom 19.02.2013) erfolglos hingewirkt worden.Rn. 58
Hinzu komme, dass die technische Reichweite der gesetzlichen Befugnis völlig offen sei. Zwar werde in der Entwurfsbegründung (a.a.O. S. 59) darauf verwiesen, dass die Kommunikationsverbindungen „eines bestimmten Mobilfunkendgeräts oder in einer bestimmten Mobilfunkzelle“ unterbrochen werden könne. Einen Niederschlag im Gesetzeswortlaut habe diese Beschränkung aber auch unter Berücksichtigung von § 33 Abs. 3 Satz 1 SOG LSA nicht gefunden, obwohl auf diesen Mangel im Gesetzgebungsverfahren hingewiesen worden sei (durch Gusy, Stellungnahme vom 10.12.2012, S. 4).Rn. 59
§ 33 Abs. 3 Satz 1 SOG LSA fordere zwar, dass Kommunikationsverbindungen Dritter nur betroffen sein dürfen, soweit dies unvermeidbar ist; dies sei aber bei der Blockierung einer Mobilfunkzelle stets für eine Vielzahl von Menschen der Fall, weshalb hierin eine verfassungsrechtlich hinreichende Präzisierung des Adressatenkreises nicht gesehen werden könne. Es könne nicht ausreichen, für eine eventuelle beschränkende (verfassungskonforme) Auslegung der Befugnis auf die Entwurfsbegründung zu verweisen. Diese entfalte für die Polizei als anordnende Behörde, die noch dazu unter großer Eile handelt, keine bindende Wirkung.Rn. 60
Die Maßnahmen nach § 33 Abs. 1 und 2 SOG LSA seien weiter auch unverhältnismäßig. Zur Geeignetheit der Maßnahmen seien im Gesetzgebungsverfahren Angaben oder empirische Belege nicht vorgelegt worden. Damit hat die gesetzgebende Landtagsmehrheit den ihr zustehenden Einschätzungsspielraum auch in diesem Fall überschritten.Rn. 61
Ein deutlich geringerer und mit Blick auf die Zielrichtung ausweislich der Entwurfsbegründung auch ausreichender Eingriff wäre die Beschränkung auf den Mobilfunk einerseits und auf wesentlich engere Tatbestände gewesen, wie sie sich etwa in § 29b ASOG Berlin oder im Änderungsantrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (s.o.) finden. Nicht erkennbar sei, welche Gefahren dem Bestand oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes drohten und wie diese durch die hier zu betrachtenden Maßnahmen abgewehrt werden könnten; hierzu schweige auch die Entwurfsbegründung (a.a.O., 59 f.).Rn. 62
Es bestehe mit Blick auf den Wortlaut des § 33 SOG LSA auf jeden Fall die Möglichkeit einer ausufernden Auslegung durch die Exekutive. Eine Beschränkung auf das unbedingt Erforderliche (Gefahr für Leib oder Leben) sei dem Tatbestand nicht zu entnehmen, was die Maßnahme auch unangemessen mache und zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot führe.Rn. 63
Auch Eingriffe in den Mobilfunkverkehr durch die Polizei im Versammlungsvorfeld und während der Versammlung seien nach der gesetzlichen Regelung nicht auszuschließen.Rn. 64
Vertrete die Polizei in einem bestimmten Einsatzgeschehen die Auffassung, dass gewalttätige Angriffe gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte drohten, seien die Tatbestandvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 SOG LSA erfüllt und eine Unterbindung des Mobilfunkverkehrs nach Absatz 1 oder 2 könne dem Wortlaut der Vorschrift nach eingesetzt und damit massiv in ein Versammlungsgeschehen eingegriffen werden, indem deren Binnenkommunikation gestört oder unterbunden werde, was durch die Novelle auch mit Blick auf § 11 Nr. 7 SOG LSA ermöglicht werde.Rn. 65
Diese vom Gesetz eröffnete Möglichkeit sei mit Art. 12 LVerf nicht vereinbar und verstoße zudem gegen das Übermaßverbot, weil sich die flächendeckende Maßnahme nicht gezielt gegen einzelne (mutmaßliche) Gewalttäter richte, sondern gegen die gesamte Versammlung und damit regelmäßig in der Mehrzahl gegen Nichtverantwortliche im Sinne des Gefahrenabwehrrechts, die sich auf den Schutz eines gewichtigen Grundrechts berufen können und in dessen Ausübung durch die Polizei behindert würden.Rn. 66
3.5. Die in § 41 Abs. 6 SOG LSA neu eingefügte Regelung ist nach Ansicht der Antragsteller ebenfalls verfassungswidrig, weil es ihr an der ausreichenden Bestimmtheit fehle und sie zudem unverhältnismäßig sei. Die neu eingeführte Befugnis diene laut Entwurfsbegründung dem Zweck, den Schutz von Personen zu verbessern, „die einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt waren“, wobei als zu schützende Zielgruppe „vor allem Polizeivollzugskräfte und Rettungshelfer“ genannt würden, die mit Körperflüssigkeiten von Festzunehmenden oder Unfallopfern in Berührung gekommen seien (LT-Drucks. 6/1253 v. 4.7.2012, S. 62). Die in leicht veränderter Form verabschiedete Eingriffsbefugnis erlaube eine Zwangsuntersuchung und greife damit in das Recht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit (Art. 5 Abs. 2 LVerf), in deren Datenschutz-Grundrecht (Art. 6 Abs. 1 LVerf) sowie in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht ein (Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 LVerf). Aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung dieser Landesgrundrechte mit den parallelen Bundesgrundrechten könne die auf die Bundesgrundrechte bezogene Rechtsprechung und Literatur ergänzend zur Auslegung herangezogen werden.Rn. 67
Staatlich angeordnete Zwangsuntersuchungen zur Erlangung von Blut oder Körpergewebe griffen in das Recht auf körperliche Unversehrtheit ein (Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 87; BVerfGE 5, 13, 16, BVerfGE 16, 194, 198). Die Erhebung und die Verarbeitung von Untersuchungsdaten, die ebenfalls von der Vorschrift zugelassen werden, greife zudem in das Datenschutz-Grundrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 LVerf ein. Darüber hinaus betreffe die zwangsweise Untersuchung mit dem Ziel der Feststellung, ob die betroffene Person eine Krankheit habe, auch weitere Aspekte der Privatsphäre, die sowohl durch das Datenschutz-Grundrecht als auch durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt seien.Rn. 68
Die zentralen Tatbestandsvoraussetzungen der neu eingefügten Vorschrift genügten nicht den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots und seien daher mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 LVerf) unvereinbar. Die Tatbestandsvoraussetzung „gefährlicher Krankheitserreger“ lasse weder für die Betroffenen noch für die handelnden Polizeibeamtinnen und -beamten erkennen, welche Arten von Krankheitserregern gemeint sind. Die Vorschrift lehne sich offenbar an ähnlich formulierte, aber auch ähnlich problematische Vorschriften in § 53 Abs. 4 SOG Mecklenburg-Vorpommern, § 22 Abs. 4 SOG Niedersachsen und § 60 Abs. 4 PolG Baden-Württemberg an. Die in den dortigen Regelungen sowie in der Entwurfsfassung zum vorliegenden Gesetz (LT-Drucks. 6/1253, v. 4.7.2012, 17) noch enthaltene Eingrenzung durch Regelbeispiele – „insbesondere Hepatitis-B-Virus, Hepatitis-C-Virus oder Humanes Immundefizienzvirus (HIV)“ – wurde im Gesetzgebungsverfahren aus der Vorschrift gestrichen, da Sachverständige und Abgeordnete hierin eine Diskriminierung von Personen erblickten, denen unterstellt werde, sich mit einer dieser Krankheiten infiziert zu haben. Bereits das Aufführen von drei Regelbeispielen hätte zu äußerst schwierigen Auslegungsfragen hinsichtlich der eventuellen Einbeziehung weiterer ähnlich gefährlicher Krankheiten geführt. Durch die Streichung der Regelbeispiele leide die Vorschrift aber nun erst recht unter einem Bestimmtheitsmangel, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, ab welcher Schwelle ein Krankheitserreger „besonders gefährlich“ sei.Rn. 69
Unklar und damit zu unbestimmt sei weiterhin, welche Arten von Tatsachen die Annahme rechtfertigen könnten, dass es zu einer Infizierung gekommen sein könne. Die Entwurfsbegründung beziehe sich hier wenig erhellend auf „bestimmte Umstände [, die] eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit begründen“ (LT-Drucks. 6/1253, v. 4.7.2012, S. 63). Worin solche „Umstände“ gesehen werden könnten, bleibe sowohl im Gesetzestext als auch in der Entwurfsbegründung offen. Aus der unbestimmten Formulierung entstehe die Gefahr, dass in der Praxis de facto diskriminierende Kriterien als Tatsachen verwendet werden, die ein Infektionsrisiko indizieren, z. B. anknüpfend an die vermutete Zugehörigkeit zu bestimmten Milieus (z. B. Drogenabhängige oder Prostituierte), gesellschaftlichen Gruppen (z. B. Homosexuelle) oder an die Herkunft aus Ländern, in denen bestimmte ansteckende Krankheiten stärker verbreitet sind. Weder der Gesetzestext noch die Begründung auf Seite 63 („wenn bestimmte Umstände eine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit begründen“) seien insoweit hinlänglich konkret und somit tatsächlich unbestimmt.Rn. 70
Zu unbestimmt und nicht mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Normenklarheit vereinbar sei auch die Tatbestandsvoraussetzung, dass es zu einer „Übertragung ... gekommen sein kann“. Die Übertragung von Krankheitserregern hänge von der Art der Krankheit ab. Während manche Krankheiten nur durch direkte Vermischung von Blut oder anderen Körperflüssigkeiten übertragen werden, reiche für andere bereits eine flüchtige Begegnung in der Nähe oder ein Niesen der erkrankten Person. Durch die hypothetische Formulierung „gekommen sein kann“ erhalte die Vorschrift einen völlig unbestimmten und potentiell extrem weiten Anwendungsbereich.Rn. 71
Zu unbestimmt sei schließlich auch die Regelung zur Gefahrenprognose, der zufolge von der möglicherweise kranken Person eine „Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person“ ausgegangen sein könnte und „die Kenntnis des Untersuchungsergebnisses zur Abwehr der Gefahr erforderlich“ sein müsse. Die Auslegung dieser Vorschrift erfordere medizinische Hintergrundkenntnisse über die Gefährlichkeit von Krankheiten, das Ansteckungsrisiko und die Inkubationszeit, die Betroffene wie auch Polizeibeamtinnen und -beamte nur dann haben dürften, wenn sie über eine spezielle medizinische Vorbildung verfolgen. Mangels äußerer Anzeichen für eine Erkrankung dürfte eine Gefahrenprognose bei den meisten Krankheiten ohne zusätzliche medizinische Untersuchungen kaum seriös und diskriminierungsfrei möglich sein.Rn. 72
Diese Bestimmtheitsmängel wögen auch deshalb besonders schwer, weil die Untersuchungsanordnung aufgrund des Verweises von § 41 Abs. 6 S. 2 SOG LSA auf Absatz 5 Satz 2 bis 5 bei „Gefahr im Verzug“ nicht einmal vorab durch einen Richter überprüft werden muss, sondern von der Polizei selbst ausgesprochen werden könne.Rn. 73
Darüber hinaus sei § 41 Abs. 6 SOG LSA auch mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unvereinbar. Die gesetzgebende Landtagsmehrheit hat ihren Einschätzungsspielraum bei der Schaffung der Vorschrift erheblich überschritten. Denn eine für die Betroffenen mit so weitreichenden Grundrechtseingriffen verbundene Befugnisnorm sei für die angegebenen Regelungszwecke weitgehend ungeeignet und insbesondere nicht erforderlich. Für die neu geschaffene Vorschrift bleibe allenfalls eine sehr kleine Zahl von Anwendungsfällen übrig, in denen die Ansteckungsgefahr von einer Person ausgehe, ohne dass diese eine Ansteckung anderer beabsichtige. In diesen wenigen Fällen komme vorrangig die freiwillige Mitwirkung der Betroffenen in Betracht.Rn. 74
Die neu geschaffene Zwangsbefugnis begründe in Kombination mit den gravierenden Bestimmtheitsmängeln der Vorschrift die Gefahr, dass es in der Praxis zu einer unnötigen und möglicherweise diskriminierenden Anwendung dieser Befugnis und damit zu gravierenden Grundrechtsverletzungen komme.Rn. 75
§ 41 Abs. 6 SIG LSA verstoße schließlich auch gegen das Übermaßverbot. Zwar scheine der Gesetzeswortlaut auf den ersten Blick die hochrangigen Rechtsgüter „Leib oder Leben einer anderen Person“ zu schützen. Jedoch erweise sich dies vor dem Hintergrund der Bestimmtheitsmängel und der fehlenden Erforderlichkeit der Vorschrift als wenig überzeugend. Keinesfalls könnten andere in der Gesetzesberatung angeführte Zwecke so weitreichende Grundrechtseingriffe wie eine Zwangsuntersuchung und die damit verbundene Datenerhebung rechtfertigen – wie zum Beispiel der erleichterte Nachweis eines Dienstunfalls – gegenüber dem Dienstherrn durch Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte.Rn. 76
3.6. Materiell-rechtliche verfassungsrechtliche Bedenken tragen die Antragsteller schließlich zu § 94a Absätze 2 bis 4 SOG LSA vor.Rn. 77
3.6.1. Die in Absatz 2 normierte Verordnungsermächtigung verletze die Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips an die Bestimmtheit von Normen, die Grundrechte einschränken. Die Anforderung des Art. 79 Abs. 1 Satz 2 LVerf, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung hinreichend bestimmt sein müssten, sei auf die Ermächtigung zum Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen entsprechend anzuwenden.Rn. 78
Bereits die Zielrichtung der Verordnungsermächtigung bleibe im Unklaren und überlasst es dem Verordnungsgeber, ob dieser eine Verordnung zur Abwehr abstrakter Gefahren oder zur Gefahrenvorsorge erlassen möchte oder gar beides zugleich. Dies stelle eine bisher einmalige Offenheit tatbestandlicher Anforderungen im deutschen Polizeirecht dar. Unter welchen Voraussetzungen die Maßnahme zulässig sein solle bleibe in der Verordnungsermächtigung ebenso offen wie Anhaltspunkte dafür fehlten, wann die ermächtigten Stellen entweder eine Verordnung zur Abwehr abstrakter Gefahren oder eine solche zur Gefahrenvorsorge erlassen dürfen. Damit bleibe es vollständig der Exekutive überlassen, die Erforderlichkeit einer (konkreten oder abstrakten) Gefahr nach Absenkung der Eingriffsschwelle nun dadurch zu kompensieren, dass die Maßnahme als solche der Gefahrenvorsorge deklariert werde, wobei nicht weiter festgelegt sei, ob hierunter jedwedes Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung fallen könne.Rn. 79
Nach herkömmlicher polizeirechtlicher Dogmatik seien der Begriff der Gefahr und der der Gefahrenvorsorge strikt zu trennen. Eine Gefahr könne konkret oder abstrakt sein, beide würden in § 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a resp. lit. f SOG LSA im Einklang mit der herrschenden Meinung legal definiert. Der konkreten Gefahr begegnen Polizei und andere Gefahrenabwehrbehörden auf Grundlage polizeilicher Eingriffsbefugnisse, abstrakten Gefahren kann nur der Gesetz- oder Verordnungsgeber begegnen. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts unterscheide sich bei konkreter und abstrakter Gefahr nach herrschender Auffassung nicht (dazu wird auf BVerwGE 116, 347 (351 f.) sowie Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, Rn. E 97 verwiesen).Rn. 80
Auch unterhalb der Ebene der abstrakten oder konkreten Gefahr, führe das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung aus, könne eine (gesetzliche) Regelung zur Abwehr prognostizierter Gefahren zulässig sein. Das Gericht unterscheide dabei jedoch sehr deutlich die Abwehr von Gefahren einerseits und die Vorsorge gegen mögliche Gefahren: „Allein der Gesetzgeber ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen die Rechtsgrundlagen für Grundrechtseingriffe zu schaffen, mit denen Risiken vermindert werden sollen, für die – sei es aufgrund neuer Verdachtsmomente, sei es aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels oder einer veränderten Wahrnehmung in der Bevölkerung – Regelungen gefordert werden. Das geschieht üblicherweise durch eine Absenkung der Gefahrenschwelle in dem ermächtigenden Gesetz von der "Gefahrenabwehr" zur "Vorsorge" gegen drohende Schäden (vgl. etwa § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, § 6 Abs. 2 GenTG, § 7 BBodSchG). Demgegenüber ist in § 55 NGefAG ausschließlich von "Gefahrenabwehr", nicht hingegen von "Vorsorge" oder "Vorbeugung" die Rede. Auch darin zeigt sich positivrechtlich, dass dem Gefahrenbegriff nicht aus sich heraus eine Erstreckung auf die Aufgabe der Risiko-oder Gefahrenvorsorge innewohnt“ (BVerwGE 116, 347, 353).Rn. 81
Hervorzuheben sei zunächst, dass das Gericht ausschließlich auf Normen aus dem besonderen Verwaltungsrecht, nicht aber aus dem allgemeinen Polizeirecht verweise. Dies sei konsequent, weil der Gedanke der Risiko- oder Gefahrenvorsorge aus dem besonderen Verwaltungsrecht, insbesondere dem Umweltrecht stamme und nicht aus dem allgemeinen Polizeirecht. Bereits in der Sachverständigenanhörung sei darauf hingewiesen worden, dass der Begriff der Gefahrenvorsorge im Polizeirecht allenfalls im Rahmen von Maßnahmen der polizeilichen Informationserhebung gebraucht werde (vgl. Gusy, Stellungnahme vom 10.12.2012, S. 4 f.). Auch wenn nach der zitierten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Gefahrenvorsorge grundsätzlich den Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen zu legitimieren vermöge, müsse die Verordnungsermächtigung doch hinreichend bestimmt das Ziel solcher Verordnungen und auch deren materiell-rechtlichen Voraussetzungen angeben. Dies sei mit Blick auf die Offenheit der Formulierung („können zur Abwehr abstrakter Gefahren oder zur Gefahrenvorsorge“) gerade nicht der Fall. Der Gesetzgeber mache keine Vorgaben, ob die für den Verordnungserlass zuständigen Stellen diese zur Abwehr abstrakter Gefahren oder zur Gefahrenvorsorge oder zu beiden Zwecken gleichzeitig erlassen können und überlasse damit der Exekutive die Ausfüllung dieser tatbestandlichen Offenheit nach eigenem Ermessen, was dem Bestimmtheitsgebot widerspreche.Rn. 82
3.6.2. Die Antragsteller halten weiterhin die in den Absätze 3 und 4 getroffenen Regelungen für verfassungswidrig, weil sie an Bestimmtheitsmängeln litten und unverhältnismäßig seien.Rn. 83
Nicht mit hinreichender Bestimmtheit sei zunächst für die Inhaber und Angestellten in Verkaufsstellen wie auch für deren Kunden erkennbar, ob nach Absatz 3 Nr. 1 der Verkauf jedweder Glasgetränkebehältnisse verboten werden solle und was unter diesem Begriff überhaupt zu verstehen sei. Ein generelles Verbot des Verkaufs von Glasgetränkebehältnissen wäre jedoch nicht mit der Zielrichtung in Absatz 2 vereinbar, der sich nicht auf die Gefahren der Nutzung von Glasgetränkebehältnissen selbst beziehe, sondern ausschließlich den Erwerb und Verzehr von Alkohol begrenzen solle, wie auch die Überschrift zu ñ 94a hinreichend deutlich macht. Ob das Verbot sich damit nur auf Glasgetränkebehältnisse mit alkoholischem Inhalt bezieht, ist ebenso wenig dem Wortlaut zu entnehmen wie Abgrenzungen von echten und unechten Glasgetränkebehältnissen, die es nach Ansicht der Entwurfsbegründung (LT-Drucks. 6/1253, S. 72) offenkundig auch gebe: „Es werden aber auch solche Glasbehältnisse erfasst, die zwar vom Hersteller nicht als Getränkebehältnis vorgesehen sind, aber faktisch als solche benutzt werden.“ Obwohl Zuwiderhandlungen eine Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 SOG LSA darstellten, könnten die Normadressaten aus der Norm nicht erkennen, ob sie sich einem Sanktionsrisiko aussetzen oder nicht, was mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar sei.Rn. 84
Auch die in Absatz 4 geregelten Ausnahmen begegneten Bedenken, weil auch hier wie in Absatz 3 der Begriff des Glasgetränkebehältnisses Verwendung finde und der Norm bereits nicht hinreichend bestimmt entnommen werden kann, auf welche Glasgetränkebehältnisse sich die Ausnahmen beziehen sollen und wann deren Mitführung unter Umständen eine Ordnungswidrigkeit nach ñ 107 Abs. 1 SOG LSA darstelle.Rn. 85
Zudem könne dem Wortlaut des Absatz 4 Nr. 2 lit. a nicht mit hinreichender Bestimmtheit entnommen werden, was ein am Fahrzeug befestigtes verschlossenen Behältnis sein solle. Unklar sei mit Blick auf diese Ausnahmeregelung aber auch, ob zum Beispiel eine Kiste Bier im verschlossenen Kofferraum eines PKW transportiert und dieses Fahrzeug geparkt werden dürfe, weil der Kofferraum offenkundig nicht zum Fahrgastraum gehöre. Zudem sei fraglich, ob es sich beim (dauerhaften) Parken um den Fall eines zulässigen verkehrsbedingten Haltens im Sinne von Absatz 2 Nr. 2 lit. b handle; dazu wird auch auf § 12 StVO verwiesen, der Halten und Parken näher bestimmt.Rn. 86
Die in Absatz 4 Nr. 4 getroffene Regelung sei aus sich heraus nicht zu verstehen und widerspreche dem Bestimmtheitsgebot. Es müsse sich (a) offenbar um ein original verschlossenes Glasgetränkebehältnis handeln, dieses allerdings müsse (b) zusätzlich in einem weiteren Behältnis mitgeführt werden, das aufgrund seiner Geschlossenheit einen unmittelbaren Zugriff auf ersteres Behältnis verhindere. Ausweislich der Entwurfsbegründung (LT-Drucks. 6/1253, 72) handle es sich bei diesem weiteren Behältnis um ein[e] zur Aufnahme von Sachen dienendes und sie umschließendes Raumgebilde. Ein nach oben offenes, nicht verschließbares Behältnis, wie etwa eine handelsübliche Tragetasche aus dem Supermarkt, sei daher kein verschlossenes Behältnis in diesem Sinne. Ebenfalls stellten Kleidungsstücke, auch wenn sie verschließbare Taschen aufweisen, kein geschlossenes Behältnis dar. Vielmehr sei darunter eine mitgeführte Tasche, ein Rucksack oder eine sonstige verschließbare Transportmöglichkeit zu verstehen.Rn. 87
Die umständlichen Erläuterungen in der Gesetzesbegründung, derer es nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber selbst davon ausgegangen wäre, dass der Begriff für die Polizei und die betroffenen Bürgerinnen und Bürger auch nur einigermaßen klar ist, belegten hinreichend deutlich, dass diese Unterscheidungen für die zum Beispiel eine Flasche Wein oder Bier (oder auch deren mehrere) durch eine Verbotszone im Sinne von § 94a Absatz 2 SOG LSA transportierenden Bürgerinnen und Bürger selbst kaum nachvollziehbar und diese Differenzierungen willkürlich seien. Vor allem aber könne aus der Norm nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, was erlaubt sei und was nicht, so dass die Norm fehlinterpretierende Bürgerinnen oder Bürger unter Umständen einen Verstoß gegen § 107 Abs. 1 Nr. 5 SOG LSA allein deshalb begingen, weil sie am Abend Gäste zum Wein eingeladen hätten und den Einkauf in einer Verbotszone im Sinne von § 94a Abs. 2 SOG LSA getätigt hätten oder gar dort wohnten. Im letzteren Falle wäre den rechtschaffenen Bürgerinnen oder Bürgern auf jeden Fall die Anschaffung eines abschließbaren Transportbehältnisses angeraten, wenn diese Glasgetränkebehältnisse transportieren wollten, um in den Genuss der Ausnahmeregelung in § 94a Abs. 4 Nr. 4 zu kommen.Rn. 88
Die Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen nach § 94a Abs. 2 und die hieran anknüpfenden Verbote in § 94a Abs. 3 sind nach Ansicht der Antragsteller auch unverhältnismäßig.Rn. 89
Die Ermächtigung sei bereits nicht geeignet, das Ziel zu erreichen, weil die danach zulässigen Alkoholkonsum- und -verkaufsverbote den Alkoholkonsum nur sehr eingeschränkt und partiell steuern könne, da dieser in Gaststätten, Verkaufsstellen, auf lizenzierten Freiflächen wie auch im gesamten häuslichen Bereich zulässig bleibe.Rn. 90
Es sei weder ersichtlich noch von der gesetzgebenden Landtagsmehrheit belegt worden, dass gerade der von einem Verbot nach § 94a Abs. 2 und 3 SOG LSA erfasste Alkoholkonsum zu Gefahren für die öffentliche Sicherheit führe, nicht aber der an anderen Orten oder zumindest, dass der Konsum an den von einem Verbot erfassten Orten besonders geeignet wäre, zu Alkoholexzessen und aus diesen heraus entstehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu führen. Auch eine allgemeine Bekämpfung des Alkoholkonsums, die sicherlich wünschenswert wäre, werde durch die Maßnahme nicht erreicht, sondern dieser werde nur an andere Orte, wie z.B. Gaststätten und Wohnungen, verdrängt. Zudem wäre der Ansatzpunkt für eine Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs sicherlich im besonderen Ordnungsrecht und nicht im SOG zu suchen gewesen.Rn. 91
Die Regelung und daran anknüpfende allgemeine Alkoholverbote seien auch nicht erforderlich, weil Störungen der öffentlichen Sicherheit durch Betrunkene jederzeit durch polizeiliche Maßnahmen gegen die Verursacher beseitigt werden könnten. Hierzu sei es nicht notwendig, durch ein flächendeckendes Verbot auch gegen Nichtstörer vorzugehen und es diesen unmöglich zu machen, ihre Freiheitsrechte im öffentlichen Raum friedlich und allein oder gemeinsam mit anderen auch mit einem Bier oder einem Wein zu genießen.Rn. 92
Ein Verbot des Alkoholkonsums in der Öffentlichkeit aus Gründen der Gefahrenvorsorge verletze zudem das Übermaßverbot. Betroffen von zulässigen Alkoholverboten seien, anders als bei einem zielgerichteten polizeilichen Einschreiten gegen Betrunkene, die zudem Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen, nicht zielgerichtet die Verursacher von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, sondern alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig davon, ob diese einen angemessenen und verantwortungsbewussten Gebrauch von alkoholischen Getränken machten oder nicht. Auch wenn man eine Kompetenz des Gesetzgebers zum Erlass von Regelungen zur Gefahrenvorsorge grundsätzlich bejahen wollte, könne dieser von seiner Kompetenz nur Gebrauch machen, wenn er dabei die Freiheitsrechte der (hier ganz überwiegenden) Anzahl der sich gesetzmäßig verhaltenden Bürgerinnen und Bürger wahrt (dazu wird auf OVG Thüringen, ThürVBl. 2013, 8, 12 verwiesen).Rn. 93
Weiterhin führen die Antragsteller aus, dass § 94a Abs. 2 bis 4 SOG LSA in besonders problematischer Weise die in der Rechtsprechung ganz überwiegend anzutreffende Verneinung des Vorliegens einer abstrakten Gefahr auf Grund von Alkoholkonsum im öffentlichen Bereich gleichsam auf den Kopf stelle. Stattdessen solle allein die begrifflich nicht näher bestimmte Gefahrenvorsorge solche Verbote legitimieren. Dies werde tatbestandlich nicht etwa auf bestimmte hochrangige Schutzgüter wie Leib und Leben begrenzt, sondern sei ohne jegliche tatbestandliche Begrenzung zulässig. Hieraus folge im Ergebnis, dass die Vorsorge gegen eine noch so geringe Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausreiche, um eine Alkoholverbotszone einzurichten, also auch marginale Verstöße gegen beispielsweise das Landesstraßenrecht, abfallrechtliche Vorschriften, Vorschriften zum Schutz von Grünanlagen usw. Dies sei mit dem Übermaßverbot nicht vereinbar.Rn. 94
Die Antragstellerinnen und Antragsteller beantragen,

§ 16 Abs. 3, § 17b, § 17c, § 33, § 41 Abs. 6 und § 94a des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) vom 23.09.2003 (GVBI. LSA S. 214), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 17.06.2014 (GVBl. LSA S. 288, 340) gemäß Art. 75 Nr. 3 LVerf i. V. m. § 2 Nr. 4, § 39 Nr. 1 LVerfGG LSA für unvereinbar mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und nichtig zu erklären.
Rn. 95
4. Die Landesregierung tritt der Argumentation der Antragsteller im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die in der Begründung des Gesetzesentwurfs vorgetragenen Argumente entgegen.Rn. 96
4.1. Für die § 16 Abs. 3 SOG LSA getroffene Regelung bestehe die Gesetzgebungskompetenz des Landes, da es sich um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr handle. Das folge unter anderem daraus, dass die Eigensicherung der Polizeibeamten im Vordergrund stehe. Der mit der Videoüberwachung verbundene Eingriff in das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 LVerf sei gerechtfertigt. Soweit unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet würden, seien diese auslegbar. Die Regelung erstrecke sich auf alle rechtlich zulässigen Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum. Das Tatbestandsmerkmal der Lageerkenntnis finde sich bereits in § 14 Abs. 3 SOG LSA sowie in Bestimmungen der Polizeigesetze anderer Länder. Dazu gebe es eine umfangreiche Rechtsprechung, die auch zu § 16 Abs. 3 SOG LSA herangezogen werden könne. Die Regelung sei auch geeignet, da sie gegenüber gewaltbereiten Personen einen zusätzlichen Verhaltensdruck erzeuge. Da es um den Schutz von Gesundheit und Leben der Einsatzbeamten gehe, sei die Regelung zudem auch angemessen. Ein Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 12 LVerf liege nicht vor. Der Gesetzgeber verfolge mit der Regelung keine versammlungsbezogenen Zwecke.Rn. 97
4.2. Auch in Bezug auf die in § 17b SOG LSA getroffene Regelung bestehe die Gesetzgebungskompetenz des Landes, denn auch diese Regelung diene nach ihrem Hauptzweck der Gefahrenabwehr. Zudem sei die Regelungen an entsprechenden Regelungen im Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz ausgerichtet, die durch den dortigen Verfassungsgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht gebilligt worden seien. Der Gesetzesentwurf sei sich der Grenzen dieser Kompetenz nach der Rechtsprechung des BVerfG bewusst gewesen und habe dies bei der Ausgestaltung der Norm beachtet. Es reiche für die Annahme eines Vorrangs der bundesgesetzlichen Regelungen zur Telekommunikationsüberwachung in der StPO nicht aus, dass in bestimmten Fällen zugleich ein Anfangsverdacht für eine Straftat bestehe, für die nach der Strafprozessordnung eine Telekommunikationsüberwachung möglich sei.Rn. 98
Die Regelung sei zudem ausreichend bestimmt gefasst und der Adressatenkreis hinreichend begrenzt. Das Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ in Absatz 3 Nr. 3 entspreche in seinem Regelungsgehalt den in § 10 SOG LSA verankerten Anforderungen. Für den Schutz des absolut geschützten Kernbereichs der privaten Lebenssphäre habe man in Absatz 5 die in vielen anderen Gesetzen etablierten Standards verwendet, die durch das Bundesverfassungsgericht und die Landesverfassungsgerichte anderer Bundesländer bestätigt worden seien. Das gelte auch für die automatisierte Überwachung.Rn. 99
4.3. Die in § 17c SOG LSA getroffene Regelung fällt nach Ansicht der Landesregierung aus den gleichen Gründen in die Gesetzgebungszuständigkeit des Landes wie § 17b SOG LSA. Sie entspreche wegen des sehr eng gefassten Anwendungsbereichs und den anspruchsvollen verfahrensrechtlichen Maßgaben auch den Anforderungen, die Art. 14 Abs. 2 LVerf an eine Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses und Art. 6 Abs. 1 LVerf an Eingriffe in das Datenschutzgrundrecht stelle. Es spiele keine Rolle für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung, dass es derzeit noch keine technischen Instrumente (Software) gebe, die den Anforderungen der Norm genügen.Rn. 100
4.4. Auch die in § 33 SOG LSA getroffene Regelung folge dem Vorbild entsprechender Regelungen in der Polizeigesetzen anderer Bundesländer. Sie sei aber bewusst als eigenständige Regelung und nicht als Teil von Vorschriften normiert worden, die Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung regeln, weil nicht auf Kommunikationsinhalte zugegriffen werde. Betroffen sei nur die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 LVerf. Das Tatbestandsmerkmal der Kommunikationsverbindung sei hinreichend bestimmt. Durch eine vorübergehende Abschaltung von Mobilfunkzellen werde nicht in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit eingegriffen. Versammlungsbeschränkende Auswirkungen habe der Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Soweit im konkreten Fall Auswirkungen auf eine Versammlung zu erwarten seien, müsse dies bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden.Rn. 101
4.5. Für die in § 41 Abs. 6 SOG LSA eröffnete Möglichkeit, in bestimmten Fällen einer möglichen Übertragung von besonders gefährlichen Krankheitserregern eine Untersuchung anzuordnen, um eine entsprechende Behandlung der betroffenen Person(en) zu ermöglichen, besteht nach Absicht der Landesregierung ebenfalls die Gesetzgebungskompetenz des Landes. Der Bundesgesetzgeber im Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) keine abschließende Regelung getroffen. Die vom Bundesgesetzgeber getroffenen Regelungen bezögen sich auf den Schutz der Allgemeinheit und schlössen Regelungen der Länder zum Schutz einzelner Personen in konkreten Gefährdungslagen nicht aus. Die Befugnisse der Gesundheitsämter seien entsprechend auch beschränkt. Der Landesgesetzgeber sei deshalb zu ergänzenden Regelungen befugt.Rn. 102
Die getroffenen Regelungen dienten dem Gesundheitsschutz vor allem, aber nicht nur von Polizeibeamten und Rettungskräften und rechtfertigten damit auch die Beschränkung der Grundrechte der untersuchten Personen. Das Gesetz verlange eindeutig „Tatsachen“, die den Verdacht einer entsprechenden Übertragung von Krankheitserregern begründen. Das sei eine ausreichend bestimmte und überprüfbare Anforderung. Trotz des Verzichts auf Regelbeispiele sei es möglich, die besonders gefährlichen Krankheitserreger zu bestimmen. Durch einen Richtervorbehalt werde die Beachtung der hohen Eingriffsvoraussetzungen verfahrensrechtlich abgesichert. Die kleine Zahl möglicher Anwendungsfälle spreche nicht gegen die Eignung und Verhältnismäßigkeit der Regelung. Dem Gesetzgeber sei es darum gegangen, eine möglichst klare gesetzliche Grundlage für die Anordnung der Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Da die Ergebnisse der Untersuchung nur im Interesse der möglicherweis infizierten Personen genutzt werden dürften, komme es auch nicht zu einem Konflikt mit strafprozessualen Regelungen.Rn. 103
4.6. Die Landesregierung führt schließlich aus, dass auch die in § 94a SOG LSA getroffenen Regelungen formell und materiell verfassungsmäßig seien. In Bezug auf die in Absatz getroffene Sperrzeitenregelung stehe dem Land die Gesetzgebungszuständigkeit auf Grund der aus Art. 125a Abs. 1 GG i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG folgenden Ersetzungsbefugnis zu. Mit dem Sperrzeitrecht werde ein abgrenzbarer Teilbereich neu geregelt; das sei als zulässig anerkannt.Rn. 104
Mit den weiteren Regelungen verfolge der Gesetzgeber das Ziel, die von Alkoholkonsum ausgehenden Gefahren einschließlich der Verletzungsgefahren, die von Glasbehältnissen ausgehen können, einzudämmen. Dabei werde den an bestimmten Orten beobachteten Verhaltensweisen spezifisch Rechnung getragen. Die Rechtsprechung habe den Erlass von Gefahrenabwehrverordnungen in diesen Fällen bislang mit dem Hinweis auf das Fehlen einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung zur Gefahrenvorsorge für unzulässig gehalten. Diese Lücke werde durch die neue Regelung geschlossen. Das Bundesverwaltungsgericht habe anerkannt, dass der Gesetzgeber die Schwelle für Maßnahmen der Gefahrenabwehr in Richtung auf eine Gefahrenvorsorge absenken könne. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung sei auch eine Konkretisierung des Begriffs der Gefahrenvorsorge möglich, ohne dass es eine Legaldefinition bedürfe. Entgegen der Ansicht der Antragsteller seien auch die in Absatz 3 normierten Ausnahmeregelungen für die Normadressaten hinreichend bestimmt und führten nicht zu Verhaltensunsicherheiten.Rn. 105
5. Der Landtag hat sich zu dem Verfahren nicht geäußert.Rn. 106

Entscheidungsgründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.), und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (2.). Im Übrigen hat er keinen Erfolg.Rn. 107
1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.Rn. 108
1.1. Nach Art. 75 Nr. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt – LVerf – vom 16.07.1992 (GVBl. S. 600) i. V. m. § 2 Nr. 4, §§ 39 bis 41 des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht (LVerfGG) vom 23. August 1993 (GVBl. S. 441) entscheidet das Landesverfassungsgericht bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung.Rn. 109
Diese Zuständigkeit ist vorliegend gegeben, weil die Antragsteller die im Antrag genannten Normen des Gesetzes über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt – SOG LSA – für nicht mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt vereinbar halten. Eine Antragsfrist ist nicht zu beachten.Rn. 110
1.2. Die Antragssteller sind auch berechtigt, den Normenkontrollantrag zu stellen. Nach Art. 75 Nr. 3 LVerf i. V. m. § 2 Nr. 4, § 39 LVerfGG LSA entscheidet das Landesverfassungsgericht auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Landtages oder auf Antrag der Landesregierung. Der 6. Landtag von Sachsen-Anhalt hat 105 Mitglieder, so dass bereits 27 Abgeordnete antragsberechtigt sind. In diesem Verfahren stellen 37 Abgeordnete den Antrag.Rn. 111
1.3. Es liegt auch ein tauglicher Antragsgegenstand vor. Nach Art. 75 Nr. 3 LVerf i. V. m. § 2 Nr. 4, § 39 LVerfGG entscheidet das Landesverfassungsgericht bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Landesverfassung. Die angegriffenen Normen sind Gesetz im formellen und materiellen Sinne, und damit zulässiger Antragsgegenstand.Rn. 112
1.4. In Bezug auf alle angegriffenen Regelungen ist auch ein ausreichend dargelegter Antragsgrund gegeben. Nach Art. 75 Nr. 3 LVerf entscheidet das Landesverfassungsgericht bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung. Vorliegend sind die Antragsteller überzeugt, dass die angegriffenen Normen mit der Landesverfassung unvereinbar und nichtig sind und haben dies ausreichend begründet. Aus ihren Ausführungen ergibt sich ein objektives Klarstellungsinteresse, das durch ihre Überzeugung von der Unvereinbarkeit der angegriffenen Normen mit der Landesverfassung hinreichend deutlich wird.Rn. 113
2. Der Antrag ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.Rn. 114
2.1. Kontrollmaßstab in den Verfahren der Normenkontrolle vor dem Landesverfassungsgericht ist gem. Art. 75 Nr. 3 LVerf die Landesverfassung. Soweit das Fehlen einer Gesetzgebungskompetenz des Landes als Grund für die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wird, können auch die Kompetenzverteilungsregelungen des Grundgesetzes in die Prüfung des Landesverfassungsgerichts einbezogen werden. Landesverfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt der Prüfung ist in diesen Fällen das in Art. 2 Abs. 1 LVerf verankerte Rechtsstaatsprinzip, das auch verlangt, dass der Landesgesetzgeber nur im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeiten Gesetze erlässt. Da nach der Regelungssystematik der föderalen Ordnung des Grundgesetzes das Bestehen einer Gesetzgebungskompetenz der Länder nur mit Blick auf die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen in den Art. 70 ff. GG sowie die darauf beruhende Gesetzgebungstätigkeit des Bundes bestimmt werden kann, erweist sich die Einbeziehung der einschlägigen Normen des Grundgesetzes sowie der Gesetzgebungstätigkeit des Bundes als unerlässlich, um die von der Landesverfassung auferlegte Rechtsbindung zu überprüfen (LVerfG, Urt. v. 12.07.2005 - LVG 6/04 – Rn. 58, LVerfGE 16, S. 583 f. m.w.N.). Soweit es dabei um die Auslegung von Vorschriften des Grundgesetzes geht ist die vorrangige Interpretationszuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für das Grundgesetz zu beachten und in Zweifelsfällen eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 3 GG erforderlich. Die in Bezug auf mehrere der zur Prüfung gestellten Normen gerügte fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes kann – und muss – innerhalb dieses rechtlichen Rahmens durch das Landesverfassungsgericht geprüft werden.Rn. 115
2.2. Die in § 16 Abs. 3 SOG LSA geregelte zusätzliche Befugnis, bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum Bildaufzeichnungen zu erheben, beschränkt das Datenschutzgrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 LVerf (2.2.1.). Für diese Regelung besteht eine Gesetzgebungszuständigkeit des Landes (2.2.2.); die in § 16 Abs. 3 SOG LSA normierten Befugnisse sind auch inhaltlich mit der Verfassung vereinbar, insbesondere verhältnismäßig (2.2.3.).Rn. 116
2.2.1. Gemäß Art. 6 Abs. 1 LVerf hat jeder das Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. In dieses Recht darf nur durch oder auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden. Dabei sind insbesondere Inhalt, Zweck und Ausmaß der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der personenbezogenen Daten zu bestimmen.Rn. 117
Durch § 16 Abs. 3 SOG LSA wird mit der Ermächtigung zur Durchführung von Bildaufzeichnungen jedenfalls insoweit in das durch Art. 6 Abs. 1 S. 1 LVerf geschützte Recht eingegriffen, als die Bildaufnahmen nicht unmittelbar nach der Aufzeichnung wieder gelöscht werden und damit für weitere verhaltenslenkende Zwecke, insbesondere Maßnahmen der Strafverfolgung, genutzt werden können. Dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung ist dabei genügt.Rn. 118
2.2.2. Der Landesgesetzgeber war auch befugt, eine solche Regelung zu treffen. Die gesetzliche Ausgestaltung der Strafverfolgung durch den Erlass von repressiv-polizeilichen Normen sowie der damit verbundenen sog. Vorsorge für die Verfolgung von Straftaten fällt in den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Damit ist aber nicht jede gesetzliche Regelung durch die Länder ausgeschlossen, die sich auf das Verhalten im Vorfeld einer (möglichen) Straftat bezieht. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 27.05.2005 ausgeführt hat, liegt „die Verhütung einer Straftat in der Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Gefahrenabwehr, und zwar auch dann, wenn sie vorbeugend für den Zeitraum vor dem Beginn einer konkreten Straftat vorgesehen wird. Wie weit der Gesetzgeber eine derartige Maßnahme in das Vorfeld künftiger Rechtsgutsverletzungen verlegen darf, ist eine Frage des materiellen Rechts, berührt aber nicht die Gesetzgebungskompetenz des Landes.“ (BVerfG, Urt. v. 27.05.2005, - 1 BvR 668/04 -, BVerfGE 113, 348, 368).Rn. 119
Anders verhält es sich jedoch dann, wenn der Landesgesetzgeber ebenfalls eine der vorbeugenden Strafverfolgung dienende Regelung erlässt und für diesen Bereich der Bundesgesetzgeber eine abschließende Regelung getroffen hat. Einen solchen Fall hat das Bundesverfassungsgericht in der in Bezug genommenen Entscheidung für die Telekommunikationsüberwachung angenommen (BVerfG, a.a.O. – BVerfGE 113, 348, 372).Rn. 120
Vorliegend „nutzt“ der Landesgesetzgeber für seine Regelung zwar den „Effekt“ einer wirksameren Strafverfolgung, die durch Bildaufzeichnungen von den Personen- und Fahrzeugkontrollen ermöglicht wird. Weil er sich damit aber nicht in Widerspruch zu einer Regelung des Bundesgesetzgebers setzt und überdies nachvollziehbar das Ziel des präventiven Rechtsgüterschutzes in Bezug auf die handelnden Polizeibeamten verfolgt, wird der Bereich der Landesgesetzgebungskompetenzen für das Recht der Gefahrenabwehr, wie ihn das Bundesverfassungsgericht umschrieben hat, nicht verlassen.Rn. 121
Der Bundesgesetzgeber hat in der Strafprozessordnung die Anfertigung von Bildaufnahmen außerhalb von Wohnungen nicht mit dem gleichen Anspruch einer abschließenden Regelung normiert, wie dies vom Bundesverfassungsgericht für den Bereich der Telekommunikationsüberwachung festgestellt worden ist (BVerfG, a.a.O, - BVerfGE 113, 348, 372). Eine Regelung zu Bildaufnahmen außerhalb von Wohnungen findet sich nur in § 100h StPO. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass in dieser Regelung ein abschließendes normatives Konzept für Maßnahmen der Bildaufnahmen im Vorfeld von (schweren) Straftaten zum Ausdruck gebracht werden sollte, das zusätzliche Regelungen der Länder untersagen will. Es fehlt deshalb bereits an einer vollständigen Sperrwirkung. Zudem ist auch ein Widerspruch der in § 16 Abs. 3 SOG LSA getroffenen Regelung zu einer bundesgesetzlichen Regelung nicht ersichtlich.Rn. 122
Darüber hinaus und vor allem ist auch der Hauptzweck der in § 16 Abs. 3 SOG LSA getroffenen Regelung nicht die vorsorgende Strafverfolgung, sondern die Gefahrenabwehr in der konkreten Gestalt des Schutzes von Leben und Gesundheit der Einsatzbeamten. Daran ändert auch die in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung zum Ausdruck kommende Überlegung nichts, nach der die Wirksamkeit der Bildaufnahmen zur Gefahrenabwehr vor allem dadurch begründet wird, dass die Zielpersonen mit einer wirksamen Beweisführung in einem möglichen Strafverfahren rechnen müssen. Die Nutzung dieses Effekts für die präventive Gefahrenabwehr schließt alleine die Regelungszuständigkeit der Länder nicht aus.Rn. 123
2.2.3. Die in § 16 Abs. 3 SOG LSA getroffene Regelung ist nicht hinreichend bestimmt und kann für einen Übergangszeitraum nur unter Beachtung von Interpretationsmaßgaben angewendet werden (2.2.3.1.). Bei Beachtung dieser Maßgaben ist er verhältnismäßig (2.2.3.2.) und bewirkt keinen Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (2.2.3.3.).Rn. 124
2.2.3.1. Soweit die Antragsteller rügen, der Anwendungsbereich der Norm sei durch die Tatbestandsmerkmale der „Personen- und Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum“ sowie der „Lageerkenntnisse“ nicht hinreichend bestimmt und genüge deshalb nicht rechtsstaatlichen Anforderungen, kann dem nur teilweise gefolgt werden.Rn. 125
In Bezug auf das Tatbestandsmerkmal „Personen- und Fahrzeugkontrollen im öffentlichen Verkehrsraum“ folgt aus dem Wortlaut mit hinreichender Klarheit, dass damit alle durch die Rechtsordnung ermöglichten derartigen Kontrollen gemeint sind und nicht nur Kontrollen auf Grund des SOG LSA. Da es maßgeblich darauf ankommt, dass die Kontrollen nach dem jeweiligen Gesetzesrecht zulässig sind, wird durch § 16 Abs. 3 SOG LSA insoweit auch keinerlei Unklarheit erzeugt. Wichtig für die Anwendung der Norm ist sowohl für die handelnde Behörde als auch die Adressaten lediglich, dass bei Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum die normierte Maßnahme der Eigensicherung unter den weiteren Voraussetzungen der Norm zulässig ist. Insoweit bestehen keine Zweifel an der Vorhersehbarkeit des behördlichen Handelns.Rn. 126
Bedenken in Bezug auf die hinreichende Bestimmtheit der Regelung bestehen indes in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der „Lageerkenntnis“. Dieses u.a. auch in § 14 Abs. 3 SOG LSA verwendete Tatbestandsmerkmal ist nicht für sich genommen unzulässig. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang vielmehr, dass die Bestimmung seines Regelungsgehalts durch den spezifischen systematischen Kontext seiner Verwendung erschwert wird.Rn. 127
Der Gesetzgeber hat in § 16 SOG LSA in den Absätzen 1, 2 und 5 die Durchführung von Bildaufnahmen jeweils davon abhängig gemacht, dass „tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten begangen werden“. Mit dieser Formulierung bringt der Gesetzgeber regelmäßig zum Ausdruck, dass hinreichend belastbare Informationen mit Bezug auf den Einzelfall vorliegen müssen, auf die eine Gefahrenprognose gestützt wird, die zu einer grundrechtsbeschränkenden Maßnahme ermächtigt. Dabei müssen diese Kenntnisse nicht durch die Einsatzbeamten gewonnen worden sein, sondern können auch im Vorfeld durch andere Stellen gewonnen und übermittelt worden sein, wie es bei Lageerkenntnissen ebenfalls regelmäßig der Fall ist.Rn. 128
Vorliegend hat der Gesetzgeber durch die Verwendung des Tatbestandsmerkmals „Lageerkenntnisse“ (nur) in Absatz 3 jedoch – ungewollt – eine Verunklarung der gesetzlichen Regelung bewirkt. Für den Normadressaten legt die abweichende Regelungstechnik zwingend die Vermutung nahe, dass damit eine von den Absätzen 1, 2 und 5 abweichende Regelung getroffen werden sollte. Dabei ist aus dem Blickwinkel eines objektiven Betrachters davon auszugehen, dass im Vergleich mit den hohen Anforderungen in den anderen Absätzen eine Absenkung der Voraussetzungen für die Durchführung von Bildaufzeichnungen angestrebt werden sollte. Dies ist aber weder in der Sache nicht zulässig.Rn. 129
Die Regelung leidet damit unter einem objektiven Bestimmtheitsmangel, der zur Unvereinbarkeit der Regelung mit der Verfassung führt. Angesichts der Regelungsintention des Gesetzgebers und der erheblichen Relevanz der getroffenen Regelung vor dem Hintergrund wachsender Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamten beschränkt das Landesverfassungsgericht den Rechtsfolgenausspruch auf die Feststellung der Unvereinbarkeit der Regelung mit der Maßgabe, dass eine die Unklarheiten beseitigende Regelung bis zum 31.12.2015 zu treffen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Regelung mit der Maßgabe, dass unter einer Lageerkenntnis „tatsächliche Anhaltspunkte“ zu verstehen sind, die „die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten begangen werden“, die sich gegen Leib oder Leben der Beamten richten, angewendet werden.Rn. 130
2.2.3.2. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Interpretationsmaßgabe genügt die Regelung auch den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus Art. 20 Abs. 2 S. 1 LVerf. Mit den Bildaufzeichnungen wird in Gestalt des Integritätsschutzes der Polizeibeamten ein legitimer Zweck verfolgt. Es bestehen auch keine Zweifel, dass durch die angekündigten Aufnahmen der Schutz der Einsatzbeamten verbessert wird und die Regelung deshalb geeignet ist. Eine vollständige Zweckverwirklichung ist dabei ohnehin nicht erforderlich; vielmehr genügt zur Feststellung der Eignung ein spürbarer Beitrag zur Zweckverwirklichung. Dies ist hier der Fall. Denn auch wenn man davon ausgehen muss, dass sich besonders gewaltbereite Personen auch durch Bildaufzeichnungen nicht davon abhalten lassen werden, Polizeibeamte anzugreifen, ist zugleich nicht von der Hand zu weisen, dass es auch zahlreiche potenzielle Täter gibt, die in einer solcher Situation zurückhaltender reagieren und von Gewalttaten ablassen.Rn. 131
Es ist auch kein gleich wirksameres milderes Mittel ersichtlich, das an Stelle der Bildaufzeichnungen eingesetzt werden könnte. Schließlich führt der hohe verfassungsrechtliche Wert von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Einsatzbeamten dazu, dass auch kein unangemessen schwerer Eingriff vorliegt. Da die Aufnahmen nach den allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften zu löschen sind, sobald der Zweck der Aufnahme erreicht ist, ist die Angemessenheit der Maßnahme auch insoweit gegeben.Rn. 132
2.2.3.3. Die Regelung greift nicht in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 LVerf ein. Die Antragsteller gehen insoweit zwar zutreffend davon aus, dass der sachliche Schutzbereich des Grundrechts auch den Weg zur Versammlung umfasst. Von der Durchführung von Bildaufzeichnungen zur Eigensicherung geht jedoch keine spezifische Abschreckungswirkung in Bezug auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus, wie sie für die Annahme eines Eingriffs erforderlich wäre.Rn. 133
Verkehrskontrollen mit einem sachlichen Bezug zu Versammlungen sind nach § 20 Abs. 2 Nr. 6 b) SOG LSA zulässig. Diese Regelung ist im vorliegenden Verfahren – obwohl dies möglich wäre – nicht angegriffen worden. Bei Kontrollen, die auf anderen rechtlichen Grundlagen beruhen, fehlt es bereits an einem Bezug zur Versammlungsfreiheit. Gerät eine Person, die sich auf dem Weg zu einer Versammlung befindet, in eine nach anderen Vorschriften zulässige Kontrolle, so liegt kein Eingriff in dieses Grundrecht vor. Es handelt sich vielmehr lediglich um eine Reflexwirkung. Bei Kontrollen nach § 20 Abs. 2 Nr. 6 b) SOG LSA wird durch das Anfertigen von Bildaufzeichnungen keine zusätzliche Abschreckungswirkung in Bezug auf die Versammlungsteilnahme erzeugt. Hinzu kommt, dass in beiden Fällen die eigentlichen Zielpersonen der Maßnahmen in Bezug auf die konkrete Versammlung nicht Träger des Grundrechts der Versammlungsfreiheit sind, da nach den der eine Kontrolle anordnenden Stelle vorliegenden Informationen von Verhaltensweisen auszugehen ist, die auf ein unfriedliches Verhalten bzw. das Mitführen von Waffen schließen lassen. Es reicht für die Annahme einer Abschreckungswirkung zudem nicht aus, dass überhaupt im Rahmen von Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum mit Bildaufnahmen gerechnet werden muss, soweit diese dem Integritätsschutz der Einsatzbeamten dienen. Es ist für jeden Versammlungsteilnehmer mit friedlicher Grundeinstellung einsichtig, dass eine solche Maßnahme nicht gegen die Versammlungsteilnahme gerichtet ist, sondern dem legitimen Schutz der Einsatzbeamten dient.Rn. 134
2.3. Für die in § 17b SOG LSA getroffene Regelung, auf deren Grundlage bis an die Grenze des Kernbereichs persönlicher Lebensführung in das Fernmeldegeheimnis aus Art. 14 LVerf eingegriffen werden kann (2.3.1.), besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Landes (2.3.2.) und sie ist grundsätzlich auch hinreichend bestimmt und verhältnismäßig (2.3.3.). Die in § 17b Abs. 3 Nr. 3 SOG LSA eröffnete Möglichkeit, „jede Person, soweit dies zur Abwehr einer Gefahr nach Absatz 1 unerlässlich ist“ in Anspruch zu nehmen, erweist sich jedoch als unverhältnismäßig und führt zur Teilnichtigkeit der Regelung (2.3.4.). Zudem darf von der Möglichkeit einer automatisierten Überwachung nur in seltenen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden (2.3.5.).Rn. 135
2.3.1. Art. 14 Abs. 1 LVerf schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Informationen und übernimmt insoweit im Verhältnis zum allgemeinen Datenschutzgrundrecht des Art. 6 Abs. 1 LVerf eine speziellere Garantie. Die besonderen Anforderungen, die Art. 6 Abs. 1 S. 2 und 3 LVerf an grundrechtsbeschränkende Maßnahmen stellt, sind indes auch im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 LVerf zu beachten. Hinzu kommt, dass für Eingriff in Kommunikationsabläufe, die dem Kernbereich persönlicher Lebensführung zuzuordnen sind, die besonderen Anforderungen zu beachten sind, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung zu Art. 13 Abs. 3 bis 5 GG entwickelt hat (sog. Kernbereichsschutz, BVerfG, Urt. v. 03.04.2004 - 1 BvR 2378/98, 1084/99 -, BVerfGE 109, 279, 333).Rn. 136
2.3.2. Entgegen der Ansicht der Antragsteller steht dem Land die Gesetzgebungskompetenz für die in § 17b SOG LSA getroffene Regelung zu, weil die Regelung erkennbar in erster Linie der Gefahrenabwehr dient und nicht jede präventive Maßnahme, die sich auf Handlungen bezieht, bei denen bereits von einer Strafbarkeit auszugehen ist, im Schwerpunkt als Maßnahmen der vorbeugenden Strafverfolgung zu qualifizieren sind.Rn. 137
Die Landesregierung hat sich in der Begründung des Gesetzesentwurfs (damals noch zu § 17a SOG LSA) ausdrücklich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Reichweite des Gebrauchmachens des Bundesgesetzgebers von seiner Gesetzgebungszuständigkeit für die Strafverfolgung auseinandergesetzt (LT-Drucks. 6/1253, S. 44) und vor diesem Hintergrund hervorgehoben, dass die neu eingeführte Ermächtigung der präventiven Gefahrenabwehr dienen soll. Dabei wird nicht in Abrede gestellt oder verkannt, dass die Personen, auf die sich die Telekommunikationsüberwachung als Zielpersonen bezieht, sich in den meisten (aber nicht in allen) Fällen bereits strafbar verhalten mit der Folge, dass auch Maßnahmen der vorbeugenden Strafverfolgung nach der Strafprozessordnung ihnen gegenüber zulässig wären.Rn. 138
Im Anschluss an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht so zu verstehen ist, dass die bloße Möglichkeit von Maßnahmen der vorbeugenden Strafverfolgung bereits ausschließt, dass der Landesgesetzgeber die Polizeibehörden zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr ermächtigen kann, die ggf. auch die gleichen Instrumente (etwa die TKÜ) zur Anwendung bringen. Hinzu kommt, dass durchaus Anwendungsfälle denkbar sind, in denen noch kein strafbares Vorhalten vorliegt. Vor dem Hintergrund dieser Konstellation hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz ausgeführt: „Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aber die Erwägung, dass selbst das Vorliegen eines solchen Anfangsverdachts nicht von vornherein die Vornahme (weiterer) präventiver Maßnahmen zur Abwehr noch fortbestehender dringender Gefahren für Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit ausschließt. Maßgeblich für die Bestimmung der Rechtsgrundlage konkreter Handlungen muss auch in einer solchen Situation der mit ihnen beabsichtigte Zweck sein. Besitzt er präventiven Charakter, verbleibt es bei der Regelungszuständigkeit der Länder, da das gerichtliche Verfahren im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht berührt wird“ (VerfGH Rh.-Pf., Urt. v. 29.07.2007 - VGH B 1/06 -, S. 16). Die dabei zugrunde gelegte Abgrenzung nach Maßgabe der primär verfolgten Zwecke wird der Überlappung der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder in den Bereichen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr alleine gerecht, weil nur so jeder Bereich in sich schlüssig und folgerichtig gesetzgeberisch gestaltet und praktisch umgesetzt werden kann. Würde die bloße Möglichkeit der Strafbarkeit und Strafverfolgung in Bezug auf ein Rechtsgüter gefährdendes Verhalten bereits die Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Gefahrenabwehr ausschließen bzw. einschränken, so würde dies zu kaum noch praktikablen Gesetzgebungstechniken und erheblichen Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung führen. Da aber der effektive Rechtsgüterschutz, der beiden Rechtsmaterien gemeinsam ist, von grundlegender Bedeutung für den demokratischen Verfassungsstaat ist, darf gerade in diesem Bereich das Kompetenzrecht nicht zur Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Staates führen, sondern muss im Sinne einer funktionsgerechten Auslegung diese sichern.Rn. 139
2.3.3. Die grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen sind durch ausreichend gewichtige Normzwecke gerechtfertigt (2.3.3.1.). Die einzelnen Regelungen sind in ihren wesentlichen Bestandteilen ausreichend bestimmt, d.h. die Normadressaten können erkennen, welche Maßnahmen die zuständigen Behörden ihnen gegenüber ergreifen können (2.3.3.2.).Rn. 140
2.3.3.1. § 17b Abs. 1 SOG Abs. 1 SOG LSA ermächtigt die Polizeibehörden, ohne Kenntnis der betroffenen personenbezogene Telekommunikationsinhalte und –umstände durch den Einsatz technischer Mittel (nur) zu erheben, wenn dies zur Abwehr eigener gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist. Damit werden grundrechtsbeschränkende Maßnahmen auf den Schutz ausreichend gewichtiger Rechtsgüter beschränkt.Rn. 141
Indem für diese Rechtsgüter eine „gegenwärtige Gefahr“ bestehen muss, beschränkt der Gesetzgeber die Handlungsmöglichkeiten der Polizei auf Fälle hoher Schadenswahrscheinlichkeit. Schließlich wird durch das Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ eine weitere Vorgabe für die Ermessensbetätigung im Sinne einer ultima ratio Vorgabe normiert.Rn. 142
Angesichts dieser restriktiven Vorgaben, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber dem allgemeinen Eingriffstatbestand.Rn. 143
2.3.3.2. Die bei Vorliegen einer Gefährdungslage im Sinne des Absatz 1 zulässigen Maßnahmen der Informationserhebung sind in Absatz 2 hinreichend bestimmt normiert. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale können jedenfalls im Wege der Auslegung hinreichend konkretisiert werden. Dies betrifft insbesondere die Verkehrsdaten, die neben den Kommunikationsinhalten erhoben werden dürfen.Rn. 144
Insoweit ist der Argumentation der Antragsteller zwar zu folgen, als durch die Bezugnahme auf § 3 Nr. 30 Telekommunikationsgesetz (TKG) alleine noch keine ausreichende Bestimmung des Verständnisses von Verkehrsdaten möglich ist. Im Wege der systematischen Auslegung von Absatz 2 i.V.m. Absatz 6 ist aber ersichtlich, dass es sich um die bei den Diensteanbietern anfallenden und abrufbaren Verkehrsdaten handelt.Rn. 145
2.3.4. Mit Ausnahme der in Absatz 3 Nr. 3 getroffenen Regelung genügen die den Behörden eingeräumten Befugnisse auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 2 S. 1 LVerf).Rn. 146
2.3.4.1. Die Telekommunikationsüberwachung der Verhaltensstörer (Abs. 3 Nr. 1) erweist sich aus dem Blickwinkel des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als unproblematisch. Die maßgeblichen Sicherungsmechanismen zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sind insoweit bereits in den Eingriffsvoraussetzungen des Absatzes 1 enthalten.Rn. 147
2.3.4.2. Über den unmittelbaren Kreis der Verhaltensverantwortlichen hinaus wird durch Absatz 3 Nr. 2 der Kreis der Personen, denen gegenüber eine Telekommunikationsüberwachung zulässig ist, auf Personen erweitert, die im weiteren Sinne als Störer zu qualifizieren sind. Insoweit werden von den Antragstellern ebenfalls keine Bedenken geltend gemacht.Rn. 148
Die Einbeziehung von Dritten, die „unvermeidbar betroffen sind“, wird durch Absatz 3 S. 2 legitimiert und begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.Rn. 149
2.3.4.3. Diese bestehen jedoch in Bezug auf die in Absatz 3 Nr. 3 getroffene Regelung. Danach kann „jede Person“ Ziel einer Überwachungsmaßnahme sein, „soweit dies zur Abwehr einer Gefahr nach Absatz 1 unerlässlich ist“.Rn. 150
Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs und der Äußerung der Landesregierung in der mündlichen Verhandlung soll durch diese Regelung § 10 SOG LSA „verdrängt“ werden. Dabei soll nach Ansicht der Landesregierung durch das Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ die gleiche Schutzfunktion erzeugt werden, wie durch die einzelnen Anforderungen, die sich in § 10 SOG LSA finden.Rn. 151
Dagegen spricht jedoch, dass die spezifischen begrenzenden Wertungen, die der Gesetzgeber für die Inanspruchnahme von nichtverantwortlichen Personen in § 10 SOG LSA in Übereinstimmung mit den Polizeigesetzen aller übrigen Länder und des Bundes normiert hat, aus dem Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ nicht abgeleitet werden können.Rn. 152
§ 10 SOG LSA liegt der Gedanke zugrunde, dass Personen, die weder an der Entstehung einer Gefahrenlage mitgewirkt haben, noch auf Grund anderer anerkannter Gründe, wie sie in der Zustandsverantwortlichkeit des § 8 SOG LSA normiert sind, zur Beseitigung einer Gefahrenlage verpflichtet werden können, auf Grund des allgemeinen Rechtsgedankens einer begrenzten solidarischen Einstandspflicht in besonderen Gefahrenlagen als ultima ratio zur Mitwirkung an der Gefahrenbekämpfung verpflichtet werden können. Der Regelung liegt ein ähnlicher Rechtsgedanke wie im Falle der unterlassenen Hilfeleistung des § 323c StGB zugrunde.Rn. 153
§ 10 SOG ist durch die Beschränkung der Möglichkeit der Inanspruchnahme auf Fälle einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr, die Unmöglichkeit der Heranziehung von Verantwortlichen nach § 7 und § 8 SOG LSA sowie fehlende eigene Handlungsmöglichkeiten der Behörden gekennzeichnet. Diese Voraussetzungen könnten bei entsprechender Interpretation auch im Tatbestandsmerkmal „unerlässlich“ im Wege der Auslegung verankert werden. § 10 Abs. 1 Nr. 4 SOG LSA verlangt aber zusätzlich eine Abwägung, die eine erhebliche eigene Gefährdung und eine Verletzung anderer höherwertiger Pflichten ausschließt. Diese für die Anwendung der Norm besonders bedeutsame Beschränkung kann aber aus dem Tatbestandsmerkmal unerlässlich nicht abgeleitet werden.Rn. 154
Es besteht kein Anhaltspunkt, warum diese in der sicherheitsrechtlichen Rechtsordnung allgemein anerkannte Schranke der Heranziehung von Nichtverantwortlichen im Falle des § 17b SOG LSA nicht gelten sollte. In ihr kommt eine allgemeingültige Konkretisierung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Ausdruck, die auch im vorliegenden Zusammenhang zu beachten ist. Aus diesem Grunde ist die in § 17b Abs. 3 Nr. 3 SOG LSA normierte Befugnis zur Inanspruchnahme von Nichtverantwortlichen, anders als die in Satz 2 normierte Erstreckung auf Dritte, der Einbeziehung unvermeidbar ist, verfassungswidrig und nichtig.Rn. 155
Die Teilnichtigkeit führt nicht zur Nichtigkeit der gesamten Norm, da die übrigen Regelungen ohne den nichtigen Bestandteil weiterhin sinnvoll anwendbar sind. Ein Rückgriff auf § 10 SOG LSA ist nicht ausgeschlossen, da die verdrängende Regelung keinen Bestand hat und damit die Verdrängungswirkung entfällt.Rn. 156
2.3.5. Soweit § 17b Abs. 5 S. 2 SOG LSA auch eine automatisierte Datenerhebung zulässt, bei der eine Erhebung von personenbezogenen Daten, die dem Kernbereich persönlicher Lebensführung zuzuordnen sind, nicht entsprechend den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urt. v. 03.04.2004 - 1 BvR 2378/98, 1084/99 -, BVerfGE 109, 279, 333) sogleich unterbrochen werden kann, darf von dieser Möglichkeit nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden. Der Vorbehalt des technisch möglichen ist insoweit keine ausreichende Rechtfertigung zur Beschränkung der Gewährleistung des Kernbereichsschutzes.Rn. 157
2.3.6. § 17b Abs. 4 SOG LSA unterstellt die Durchführung der Überwachungsmaßnahme grundsätzlich einem Richtervorbehalt, der jedoch in Satz 2 durch eine Verweisung auf § 17 Abs. 5 Satz 2 bis 9 und die Absätze 7 und 8 zugunsten einer Eilkompetenz der Polizei relativiert wird. In der Verweisung fehlt indes eine Bezugnahme auf § 17 Abs. 2 S. 3 SOG LSA mit der Folge, dass der dort normierte Behördenleitervorbehalt nicht zur Geltung kommt. Das hat zur Folge, dass die Eilentscheidung nach derzeitiger Rechtslage jedem Polizeibeamten zusteht. Dies wird der Bedeutung der Maßnahme und der vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzvorkehrung nicht gerecht. Die Regelung ist insoweit mit der Verfassung unvereinbar. Bis zu einer ergänzenden Regelung ist sie bis längstens zum 31.12.2015 mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur der Behördenleiter oder eine von ihm benannte Person die Eilentscheidung bei Gefahr im Verzuge treffen kann.Rn. 158
2.3.7. Soweit nach § 17b Abs. 6 SOG LSA Diensteanbieter im Sinne von § 3 Nr. 6 TKG in Anspruch genommen werden können, handelt es sich um eine zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 16 Abs. 1 LVerf. Die Verhältnismäßigkeit der Regelung ist vor allem auf Grund der in § 17 a Abs. 3 SOG LSA verankerten Entschädigungsregelung zu bejahen, auf die § 17b Abs. 6 S. 2 SOG LSA verweist.Rn. 159
2.4. Die in § 17c SOG LSA normierte Befugnis zur Erhebung von Telekommunikationsinhalten und –umständen in informationstechnischen Systemen schränkt das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 LVerf in unverhältnismäßiger Art und Weise ein und ist deshalb verfassungswidrig und nichtig.Rn. 160
2.4.1. Die Regelung zielt darauf ab, gezielt Kommunikationsvorgänge mit Hilfe von informationstechnischen Systemen zu erheben, ohne dabei den übrigen „Inhalt“ der betroffenen Geräte oder Systeme auszuspähen. Zu diesem Zweck sollen auf den Geräten „durch den Einsatz technischer Mittel“, in der Regel von Software die auf den Geräten installiert wird, entsprechende beschränkte Informationserhebungen ermöglicht werden. Neben den Kommunikationshalten (insbesondere Inhalte von E-Mail Verkehr) können auch die Kommunikationsumstände erhoben werden. Die besondere Vorgehensweise ist aus der Sicht des Gesetzgebers vor allem dann erforderlich, wenn die Informationen selbst verschlüsselt versendet werden mit der Folge, dass nur der Zugriff beim Verfassen und / oder Lesen der Nachrichten zu verwertbaren Informationen führt.Rn. 161
Durch eine solche Vorgehensweise wird – auch nach Ansicht des Gesetzgebers – in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses, das durch Art. 14 LVerf geschützt wird, eingegriffen. Eine Beschränkung unterliegt – wie bereits ausgeführt wurde – zusätzlich den Schranken des Art. 6 Abs. 1 S. 2 und 3 LVerf.Rn. 162
2.4.2. Das Land verfügt aus den gleichen Gründen, die zu § 17b SOG LSA angeführt wurden (2.3.2.), über die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass dieser Vorschrift, die hauptsächlich der Gefahrenabwehr dient.Rn. 163
2.4.3. Obwohl der Gesetzgeber mit dem Schutz von Leib, Leben oder Freiheit einer Person in Fällen einer gegenwärtigen Gefahr einen legitimen und zugleich ausreichend gewichtigen Zweck verfolgt, ist die getroffene Regelung zum derzeitigen Zeitpunkt und in der vorliegenden Form unverhältnismäßig, weil der Gesetzgeber keine verantwortliche Abwägungsentscheidung getroffen hat. Das ergibt sich aus dem in der mündlichen Verhandlung durch die Landesregierung bestätigten Umstand, dass es bislang noch keine technischen Mittel gibt, um die Norm umzusetzen. Der Gesetzgeber hat demnach die Polizei zu Maßnahmen und zum Einsatz von (technischen) Instrumenten ermächtigt, die er noch gar nicht kennen und bewerten konnte, weil es sie gar nicht gibt. Damit fehlt aber eine durch den Gesetzgeber verantwortete Abwägung, die für eine grundrechtsbeschränkende Maßnahme unverzichtbar ist.Rn. 164
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber allgemeine Vorgaben für den Einsatz der technischen Mittel in Absatz 3 formuliert hat. Diese alleine führen nicht dazu, dass er selbst eine Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der eingesetzten Instrumente und ihrer Grenzen treffen konnte. Bereits die Formulierung „es ist technisch sicherzustellen“ in Absatz 3 am Anfang sowie die mehrfache Bezugnahme auf das „technisch Mögliche“ machen deutlich, dass der Gesetzgeber nur sehr vage Vorstellungen davon hatte, was technisch möglich ist und welche Abstriche am Schutz von Vertraulichkeit der erhobenen Informationen sowie des Zugriffs auf andere Inhalte, die nicht vom Zweck der Norm erfasst sind, hinzunehmen sind.Rn. 165
In einer solchen Situation der Ungewissheit muss der Gesetzgeber entweder auf eine Regelung von Eingriffsbefugnissen verzichten oder einen von ihm ausgestalteten und parlamentarisch kontrollierbaren Entscheidungsprozess über die „Zulassung“ der technischen Instrumente in die gesetzliche Regelung integrieren. Ein blindes Vertrauen darauf, dass die Exekutive nur die den allgemeinen Vorgaben „entsprechenden“ Instrumente einsetzt, reicht in einer solchen Situation der Unwissenheit nicht aus, um eine verantwortbare Abwägung und Entscheidung zu treffen.Rn. 166
Aus diesem Grunde erweist sich die in § 17c SOG LSA getroffene Regelung jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt als verfassungswidrig und nichtig.Rn. 167
2.5. Gegen die in § 33 SOG LSA normierten Befugnisse zur Unterbrechung und Verhinderung von Kommunikationsverbindungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.Rn. 168
2.5.1. Die Regelung zielt darauf ab, die Kommunikationsverbindungen von Personen zu unterbrechen oder zu verhindern, von denen eine gegenwärtige Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person ausgeht. Nach Absatz 1 kann zu diesem Zweck ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zur „Abschaltung“ von einzelnen Teilnehmern verpflichtet werden, während Absatz 2 zum gleichen Zweck den Einsatz von „Störsendern“ durch die Polizei erlaubt. Absatz 3 regelt im einzelnen, unter welchen Voraussetzungen auch Kommunikationsnetze abgeschaltet werden dürfen, mit der Folge, dass auch Dritte von der Maßnahme betroffen sind.Rn. 169
Durch die eingeräumten Befugnisse wird – das ist unbestritten – (nur) in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 LVerf) der die Telekommunikationsdienste nutzenden Personen sowie in die Berufsausübungsfreiheit der Diensteanbieter (Art. 16 Abs. 1 LVerf) eingegriffen. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 12 LVerf) ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht betroffen, da sein sachlicher Schutzbereich nicht die Nutzung von Mobilfunknetzen im Zusammenhang mit der Durchführung von Versammlungen umfasst. Der Umstand, dass die Organisatoren von Versammlungen Mobiltelefone für die Koordination organisatorischer Abläufe nutzen reicht alleine nicht aus, um eine Betroffenheit des Schutzbereichs zu bejahen.Rn. 170
2.5.2. Die Regelungen des § 33 SOG LSA sind hinreichend bestimmt. Wo unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, lassen sich diese hinreichend genau interpretieren. Insbesondere kann der Begriff der Kommunikationsverbindung durch die Bezugnahme auf die von den nach Absatz 1 in Anspruch genommenen Diensteanbietern bereitgestellten Dienstleistungen nach dem Telekommunikationsgesetz hinreichend genau bestimmt werden.Rn. 171
2.5.3. Die getroffenen Regelungen erweisen sich auch als verhältnismäßig. Das hier betroffene Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit ist durch einen allgemeinen Gesetzesvorbehalt beschränkt, dem die in den Absätzen 1 und 3 normierten Eingriffsvoraussetzungen genügen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen nach Absatz 3 auch die Kommunikationsverbindungen Dritter abgeschaltet werden dürfen, weil eine insolierte Abschaltung der Kommunikationsverbindungen der Verhaltensstörer nicht möglich ist, weil deren Nummern und Diensteanbieter nicht bekannt sind. Es handelt sich dabei um einen spezialgesetzlich geregelten Fall der Beschränkung der Rechte von Nichtstörern, der durch den Behördenleiter- und Richtervorbehalt über das Schutzniveau des § 10 SOG LSA hinausgeht.Rn. 172
2.6. Die in § 41 Abs. 6 SOG LSA normierte Ermächtigung zur Anordnung von Untersuchungspflichten gegenüber Personen, durch die möglicherweise ein besonders gefährlicher Krankheitserreger auf andere Personen übertragen wurde, ist grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar. Verfassungswidrig ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit lediglich die in der Regelung vorgesehene Ausnahme vom Richtervorbehalt.Rn. 173
2.6.1. Die polizeiliche Anordnung einer ärztlichen Untersuchung stellt einen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 5 Abs. 2 LVerf) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 5 Abs. 1 LVerf) dar. Zudem liegt ein Eingriff in das Datenschutzgrundrecht vor (Art. 6 Abs. 1 LVerf).Rn. 174
2.6.2. Der Landesgesetzgeber war zur Normierung der Untersuchungspflicht befugt, weil der Bundesgesetzgeber insoweit keine abschließende Regelung im Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20.02.2007, BGBl. I S. 1045, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 36 und Art. 4 Abs. 21 G. v. 07.08.2013, BGBl. I S. 3154 getroffen hat.Rn. 175
Zweck dieses Gesetzes ist es ausweislich seines § 1, „übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern“. Zur Verwirklichung dieser Zwecksetzung etabliert das Gesetz ein umfangreiches Meldewesen (§§ 6 ff. IfSG) und ermächtigt die „zuständigen Behörden“ zu allgemeinen und besonderen Maßnahmen (§§ 16 f. IfSG). Dabei werden die Länder auch zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt (§ 17 Abs. 4, § 32 IfSG).Rn. 176
Die Ermächtigung zum Erlass allgemeiner Maßnahmen der zuständigen Behörde in § 16 Abs. 1 IfSG hat folgenden Wortlaut:

„(1) Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheit hierdurch drohenden Gefahren. Die bei diesen Maßnahmen erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nur für Zwecke dieses Gesetzes verarbeitet und genutzt werden.“
Rn. 177
Die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist im 5. Abschnitt des Gesetzes in §§ 24 ff. IfSG geregelt. Dort findet sich in § 25 Abs. 1 IfSG auch die folgende Ermächtigung:

„(1) Ergibt sich oder ist anzunehmen, dass jemand krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Ausscheider ist oder dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so stellt das Gesundheitsamt die erforderlichen Ermittlungen an, insbesondere über Art, Ursache, Ansteckungsquelle und Ausbreitung der Krankheit.“
Rn. 178
Damit wird deutlich, dass im Gesetz durchaus zu einzelfallbezogenen Maßnahmen ermächtigt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu beantworten, ob die Ermächtigungen einen abschließenden Charakter besitzen. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist dabei auf die folgenden Kriterien abzustellen (BVerfGE 113, 348, 371 f.):

„Inwieweit bundesgesetzliche Regelungen erschöpfend sind, kann nicht allgemein, sondern nur anhand der einschlägigen Bestimmungen und des jeweiligen Sachbereichs festgestellt werden (vgl. BVerfGE 109, 190 <229>). Es ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>). Der Bund macht von seiner Kompetenz nicht nur dann Gebrauch, wenn er eine Regelung getroffen hat. Vielmehr kann auch das absichtsvolle Unterlassen eine Sperrwirkung für die Länder erzeugen (vgl. BVerfGE 32, 319 <327 f.>; 98, 265 <300>). Zu einem erkennbar gewordenen Willen des Bundesgesetzgebers, zusätzliche Regelungen auszuschließen, darf sich ein Landesgesetzgeber nicht in Widerspruch setzen, selbst wenn er das Bundesgesetz für unzureichend hält (vgl. BVerfGE 32, 319 <327>; 36, 193 <211 f.>; 36, 314 <320>; 85, 134 <147>; 98, 265 <300>; 109, 190 <230>).“
Rn. 179
Der Eintritt einer Sperrwirkung zu Lasten der Länder setzt voraus, dass der Gebrauch der Kompetenz durch den Bund bei Gesamtwürdigung des Normenkomplexes hinreichend erkennbar ist. Hat der Bund einen Sachbereich in diesem Sinne abschließend geregelt, ist die Gesetzgebung den Ländern unabhängig davon versperrt, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen. Die rechtsetzenden Organe sind verpflichtet, ihre Regelungen so aufeinander abzustimmen, dass die Rechtsordnung nicht widersprüchlich wird. Konzeptionelle Entscheidungen des Bundesgesetzgebers dürfen durch die Landesgesetzgeber nicht verfälscht werden (vgl. BVerfGE 98, 265 <300 f.>).“Rn. 180
Entscheidend ist hier, ob der Bundesgesetzgeber zusätzliche Einzelfallmaßnahmen ausschließen wollte. Dafür könnte sprechen, dass das Gesetz an mehreren Stellen eine Ermächtigung zu Maßnahmen im Einzelfall enthält und dabei auch die Behörden bestimmt.Rn. 181
Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch, dass im Übergang vom Bundesseuchengesetz, das durch eine Vielzahl von Ermächtigungen zu einzelfallbezogenen Maßnahmen geprägt war, zum Infektionsschutzgesetz der Schwerpunkt auf die Etablierung eines systematischen Informations- und Meldeverfahrens verlagert wurde, um die Vorbeugungswirkung zu verstärken. Zugleich lassen die an mehreren Stellen normierten Rechtsverordnungsermächtigungen zugunsten der Länder erkennen, dass der Bundesgesetzgeber insgesamt keine erschöpfende oder abschließende Regelung treffen wollte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gefahrenabwehr dem Bund jeweils als Annex zur Sachgesetzgebungszuständigkeit zuwächst. Dementsprechend zielen auch die einzelfallbezogenen Ermächtigungen im Infektionsschutzgesetz vor allem darauf, die weitere Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern. Maßnahmen, die eine Heilbehandlung einer wahrscheinlich bereits infizierten Person ermöglichen sollen, sind damit erkennbar nicht vom Regelungsansatz erfasst und demnach auch nicht als Regelungsgegenstand der Landesgesetzgeber ausgeschlossen (so auch Gockelberger/Hero, LKRV 2008 161, 164). Eine Verfälschung der durch den Bundesgesetzgeber im Infektionsschutzgesetz getroffenen Regelungen droht durch § 41 Abs. 6 SOG LSA erkennbar nicht.Rn. 182
2.6.3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Untersuchung sind auch ausreichend bestimmt. Auch ohne Regelbeispiele lässt sich der Tatbestand „besonders gefährlicher Krankheitserreger“ durch Verwaltung und Rechtsprechung hinreichend genau bestimmen. Dabei ist davon auszugehen, dass eine besondere Gefährlichkeit insbesondere dann vorliegt, wenn der Krankheitserreger geeignet ist, eine Lebensgefahr oder dauerhafte Schädigung der Gesundheit zu verursachen. Die Abgrenzung im Einzelnen kann in diesem Fall wie bei vielen anderen unbestimmten Rechtsbegriffen der Rechtsprechung überantwortet werden.Rn. 183
2.6.4. Die Regelung ist grundsätzlich auch verhältnismäßig, insbesondere auch im Hinblick auf die Nutzung und Vernichtung der durch die Untersuchung gewonnenen personenbezogenen Daten.Rn. 184
Die Verhältnismäßigkeit der Regelung wird auch dadurch gewahrt, dass zur Anordnung der Untersuchung der Richtervorbehalt zu wahren ist. Dieser trägt dazu bei, dass die vorliegenden Erkenntnisse gegenüber einer unabhängigen Stelle dargelegt und durch diese überprüft werden müssen, bevor es zu dem schweren Grundrechtseingriff kommt. Dadurch wird auch zugleich die Gefahr einer missbräuchlichen und diskriminierenden Verdächtigung bestimmter Personengruppen minimiert.Rn. 185
Als verfassungsrechtlich unzulässig erweist sich die Relativierung des Richtervorbehalts durch die Verweisung auf Absatz 5 Satz 4, insoweit dadurch in Fällen der Gefahr im Verzug eine alleinige Entscheidungsbefugnis der Polizei begründet wird. Diese Regelung wird der Bedeutung des Grundrechtseingriffs nicht gerecht, der zumindest eine zwingende nachträglich richterliche Prüfung erforderlich macht, wie sie z.B. § 22 Abs. 4 S. 5 Nds SOG vorsieht. Die Verweisung in § 41 Abs. 6 S. 2 auf dessen Absatz 5 Satz 4 ist deshalb verfassungswidrig und nichtig.Rn. 186
2.7. Die in § 94a Abs. 1 SOG LSA getroffene Sperrzeitenregelung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich um einen Fall zulässiger Teilersetzung von Bundesrecht durch Landesrecht nach Art. 125a Abs. 1 GG.Rn. 187
Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat im Rahmen der sog. Föderalismusreform I im Jahr 2006 die Gesetzgebungszuständigkeit für das Gaststättengesetz aus der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) ausgeklammert und ausschließlich den Ländern zugewiesen (Kluth, Föderalismusreformgesetz. Einführung und Kommentierung, 2007, Art. 74, RdNr. 39). Damit galt das auf der Grundlage der bisherigen Kompetenz erlassene Bundesrecht – hier: das Gaststättengesetz des Bundes – zunächst fort, konnte aber (jederzeit) durch den Landesgesetzgeber nach Art. 125a Abs. 1 GG ersetzt werden.Rn. 188
Ein eigenes Gaststättengesetz hat das Land Sachsen-Anhalt jedoch erst im Jahr 2014 erlassen (Gaststättengesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 07.08.2014, GVBl. S. 386). Dieses Gesetz enthält keine eigene Sperrzeitenregelung sondern setzt die in § 94a Abs. 1 SOG LSA getroffene Regelung voraus.Rn. 189
Entgegen der Ansicht der Antragsteller durfte der Landesgesetzgeber die Sperrzeitenregelung in § 94a Abs. 1 SOG LSA auch vor der vollständigen Ersetzung des Gaststättengesetzes des Bundes durch ein Landesgesetz erlassen, weil es sich um eine abgrenzbare Teilmaterie des Gaststättenrechts handelt. Das Sperrzeitenrecht konnte der Bundesgesetzgeber auf Grund seiner Zuständigkeit für das Recht der Wirtschaft ohnehin nur auf Grund einer Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs für Aspekte der Gefahrenabwehr regeln. Das Sperrzeitenrecht dient der Vermeidung von Gesundheitsgefahren durch Lärmbelastungen, die von dem Betrieb von Gaststätten ausgehen. Bereits diese Besonderheit der Kompetenzbegründung zugunsten des Bundes nach alter Rechtslage lässt erkennen, dass es sich um eine abgrenzbare Teilmaterie handelt.Rn. 190
2.8. Die weiteren, in den § 94a Abs. 2 SOG LSA normierten Befugnisse, den Verzehr von Alkohol sowie das Bereitstellen von Alkohol zum sofortigen Verzehr an Ort und Stelle zu untersagen sowie die im Zusammenhang damit stehenden weiteren Verkaufsverbote des Absatzes 3 erweisen sich als unverhältnismäßige Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 LVerf) und der Berufsfreiheit (Art. 16 Abs. 1 LVerf) und sind deshalb verfassungswidrig und nichtig. Auf die ausreichende Bestimmtheit der in Absatz 4 normierten Ausnahmetatbestände kommt es insoweit nicht mehr an.Rn. 191
2.8.1. Ein Verbot, an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten (öffentlich) keinen Alkohol zu konsumieren sowie alkoholische Getränke und Glasgetränkebehältnisse zu verkaufen greift in die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 LVerf) bzw. das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit (Art. 16 Abs. 1 LVerf) ein. Beide Grundrechte können durch oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Dieser Anforderung ist vorliegend in formaler Hinsicht Rechnung getragen worden.Rn. 192
2.8.2. Soweit sich die Ermächtigung zum Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung jedoch alternativ auf das Vorliegen einer abstrakten Gefahr oder den Zweck der Gefahrenvorsorge bezieht, ohne dass deutlich wird, welche sachlichen Anforderungen an das Vorliegen einer Gefahrenvorsorge zu stellen sind, erweist sich die Regelung als unverhältnismäßig und verfassungswidrig, weil die Sachgründe für die Beschränkung der betroffenen Grundrechte nicht nachvollziehbar erkennbar und eine gebotene Abwägungsentscheidung nicht durchzuführen ist.Rn. 193
2.8.2.1. Hintergrund und Anlass für die in § 94a Abs. 2 SOG LSA getroffene Regelung ist die Rechtsprechung der (Ober-)Verwaltungsgerichte und insbesondere des OVG Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 17.03.2010 (Az. 3 K 319/09), wonach es keine eine abstrakte Gefahrenlage begründenden allgemeine Lebenserfahrung oder Erkenntnis fachkundiger Stellen (§ 3 Nr. 3 lit. f SOG LSA) gibt, auf die eine Gefahrenabwehrverordnung gestützt werden kann, die den Verzehr von Alkohol und der Verkauf von Glasgetränkebehältnissen deswegen untersagt, weil es daraufhin typischerweise zu einer erhöhten Gefahr von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen kommt. Das OVG Sachsen-Anhalt hatte unter RdNr. 45 seiner zitierten Entscheidung in Bezug auf eine entsprechende Gefahrenabwehrverordnung der Stadt Magdeburg ausführt:

„Weder die von der Antragsgegnerin vorgelegten Studien noch die von ihr vorgelegten statistischen Erhebungen über die Zahl der Straftaten im Bereich um den H-platz und den Willy-Brandt-Platz lassen den Schluss zu, dass gerade das unter Verbot gestellte Verhalten, nämlich der Genuss von Alkohol außerhalb der nach Gaststättenrecht konzessionierten Flächen, regelmäßig und typischerweise die Gefahr von Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und Lärmbelästigungen mit sich bringt.“
Rn. 194
Das Gericht hat zudem unter RdNr. 41 darauf hingewiesen, es sei

„Sache des zuständigen Gesetzgebers, sachgebietsbezogen darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Schadensmöglichkeiten vorsorgend entgegen gewirkt werden soll, die nicht durch ausreichende Kenntnisse belegt, aber auch nicht auszuschließen sind. Allein der parlamentarische Gesetzgeber ist befugt, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen die Rechtsgrundlagen für Grundrechtseingriffe zu schaffen, mit denen Risiken vermindert werden sollen, für die -sei es aufgrund neuer Verdachtsmomente, sei es aufgrund eines gesellschaftlichen Wandels oder einer veränderten Wahrnehmung in der Bevölkerung -Regelungen gefordert werden. Das geschieht üblicherweise durch eine Absenkung der Gefahrenschwelle in dem ermächtigenden Gesetz von der „Gefahrenabwehr“ zur „Vorsorge“ gegen drohende Schäden.“
Rn. 195
Damit wird mit der Vorsorge auf eine Rechtsfigur Bezug genommen, die sich insbesondere im Bereich des Umweltrechts etabliert hat, dort aber in einem völlig anderen Kontext von Erkenntnis und Abwägung Verwendung findet. Ausgangspunkt ist dabei vor allem der Umstand, dass die Gefährlichkeit von Emissionen und Immissionen im Umweltrecht ganz erheblich von der Wahl des Zeithorizonts für die Bewertung abhängig ist. Je weiter man den Betrachtungszeitraum in die Zukunft ausdehnt, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich im kürzeren Zeitverlauf als (noch) unschädlich einzustufende Belastungen von Umweltmedien (Wasser, Luft, Boden) als gefährlich erweisen. Indem das Umweltrecht durch die Orientierung am Grundsatz der Nachhaltigkeit, auch vermittelt durch Art. 20a GG, der Langzeitperspektive und damit auch den Interessen der künftigen Generationen eine größere Bedeutung beigemessen hat, war es naheliegend, auch den Bewertungsmaßstab für die Erteilung von Genehmigungen anzupassen. Dem trägt der Vorsorgegrundsatz Rechnung, indem nicht nur kurzfristige Schädigungen, sondern erst langfristig eintretende Schäden als relevant erachtet werden.Rn. 196
Auf das verhaltensbezogene Recht der Gefahrenabwehr kann dieser Grundgedanke jedenfalls nur dort übertragen und eine Gefahrenvorsorge etabliert werden, wo eine vergleichbare Kenntnis über Langzeitwirkungen vorliegt (Thiel, Die Entgrenzung der Gefahrenabwehr, 2010, S. 67 ff.). Mit anderen Worten: Der Übergang von Gefahrenabwehr zu Gefahrenvorsorge setzt regelmäßig ein Kausalitätswissen voraus, das sich auf den Schadenseintritt bezieht. Dabei können die inhaltlichen Anforderungen im Vergleich zu den herkömmlichen Anforderungen der Gefahrenabwehr zwar abgesenkt werden. Der Gedanke der Vorsorge wird jedoch verfehlt, wenn man davon ausgeht, dass bloße Vermutungen oder gesellschaftliche Leitbilder oder Wünsche ausreichen, um freiheitsbeschränkende Maßnahmen vorzuverlagern. Der Vorsorgegedanke verzichtet nicht auf das Wissen über den Wahrscheinlichkeitseintritt, sondern verlängert lediglich den Zeithorizont für die Beurteilung der Schadenswahrscheinlichkeit.Rn. 197
Auf den vorliegenden Fall bezogen hat dies zur Folge, dass durch das Abstellen auf den Topos der Gefahrenvorsorge die Pflicht des Gesetzgebers, grundrechtsbeschränkende Maßnahmen unter Hinweis auf belastbare Erkenntnisse zu Gefährdungswahrscheinlichkeiten auf Grund bestimmter Verhaltensweise nachvollziehbar und tragfähig zu begründen, nicht entfällt. Vielmehr kann der Übergang von der Gefahrenabwehr zur Gefahrenvorsorge nur damit begründet werden, dass es belastbares Wissen über eine Langzeitkausalität unterhalb der Schwelle des bisherigen Gefahrenkonzepts des SOG LSA gibt. Es reicht nicht aus, dass der Gesetzgeber eine solche Kenntnis postuliert. Insoweit ist seine Angewiesenheit auf Empirie oder Fachkenntnisse nicht weniger anspruchsvoll als im Falle einer abstrakten Gefahr.Rn. 198
Vorliegend ist indes nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber seine in § 94a Abs. 2 SOG LSA getroffene Regelung auf entsprechende (neue) Erkenntnisse gestützt hat. Er ist offenbar vielmehr davon ausgegangen, dass ihm insoweit ein begründungsfreies Abwägungs- und Gestaltungsrecht zusteht. Ein solches Recht lässt sich aus der Verfassung aber nicht ableiten. Vielmehr verlangt diese tragfähige und nachvollziehbare Sachgründe für grundrechtsbeschränkende Regelungen bzw. Regelungsermächtigungen.Rn. 199
Die Nichtigkeit der in § 94a Abs. 2 SOG LSA getroffenen Regelungen zieht die Nichtigkeit der daran anknüpfenden Folgeregelungen in den Absätzen 3 und 4 nach sich.Rn. 200
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 32 Abs. 1 und 3 LVerfGG. Den Antragstellern sind die notwendigen Auslagen durch das Land zu 75% zu erstatten.Rn. 211