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OVG Münster, Urt. v. 11.12.2019 – 4 A 68/17 – „Anspruch auf Veröffentlichung von gerichtlichen Entscheidungen“

ZVR-Online Dok. 2/2020 – online seit 20.05.2020

Art. 6 Abs. 1 EMRK, § 43 VwGO, § 113 Abs. 1 VwGO, § 173 Abs. 2 VwGO, § 198 Abs. 4 GVG

Leitsätze der Einsenders*:

1.In der Rechtsprechungsdatenbank NRWE werden gemäß der ständigen Verwaltungspraxis der nordrhein-westfälischen Gerichte nicht nur instanzabschließende Urteile und Beschlüsse, sondern auch Zwischenentscheidungen veröffentlicht.Rn. 1
Aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG unterliegt die Justizverwaltung einer Selbstbindung, Veröffentlichungsersuchen in NRWE auch insoweit zu entsprechen, als die Veröffentlichung nicht instanzabschließender Entscheidungen begehrt wird, soweit kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht.Rn. 2
2. Ein überwiegendes öffentliches Interesse gegen eine Veröffentlichung ist nur bei solchen Beschlüssen anzunehmen, die ohne inhaltliche Begründung geblieben sind oder Verfahrensbeteiligte eine Veröffentlichung von für die Öffentlichkeit nicht relevanten Entscheidungen aus rein individuellen Interessen begehren.Rn. 3
3. Der Justizverwaltung obliegt die Prüfung, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht auch dann, wenn die Veröffentlichungsanfrage durch einen Rechtsanwalt ergeht, der zugleich publizistisch tätig ist. Hierin liegt auch unter der Annahme, dass eine solche Prüfung entfällt, wenn das Veröffentlichungsgesuch durch einen Richter oder Staatsanwalt ergeht, keine sachgrundlose Ungleichbehandlung.Rn. 4
4. Erkennt das beklagte Land in der Berufungsinstanz den auf die Veröffentlichung zweier Beschlüsse aus einem arbeitsgerichtlichen Verfahren gerichteten Klageantrag an, besteht keine Wiederholungsgefahr, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen könnte, wenn sich eine vergleichbare Ausgangskonstellation als unwahrscheinlich darstellt.Rn. 5
5. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 173 S. 2 VwGO i.V.m. § 198 Abs. 4 S. 1 GVG ableiten, da die Feststellung als Wiedergutmachung auf andere Weise aus dem Entschädigungsrecht einem anderem Regelungskreis als dem Verfahrensrecht der VwGO entspringt.Rn. 6
6. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Justizverwaltung die lange Verfahrensdauer vor den Verwaltungsgerichten für ein Aussitzen instrumentalisiert, besteht unterhalb der Schwelle eines Rehabilitationsinteresses kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse.Rn. 7
7. Auch der aus Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitete Anspruch auf eine Entscheidung in angemessener Zeit ist den Fallgruppen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses entzogen, wenn der Kläger sein ursprüngliches Klageziel letztlich voll erreicht hat.Rn. 8

Entscheidung

Die Entscheidung kann hier aufgerufen werden.

Fußnoten

* Einsender ist RA Dr. Marin Riemer, Brühl.