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VG Karlsruhe, Urt. v. 26.04.2012 – 3 K 2151/11 – „Kastrationspflicht für frei laufende Katzen“

ZVR-Online Dok. Nr. 44/2012 – online seit 18.09.2012

Art. 2 Abs. 2 GG, Art.9 Abs. 1 GG, Art. 20a GG, § 42 VwGO, § 43 VwGO, 10 PolG BW

Leitsatz

Zur (fehlenden) Klagebefugnis eines Katzenschutzvereins auf Feststellung der Befugnis der beklagten Stadt zum Erlass einer Verordnung über die Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht für frei laufende Katzen.Rn. 1

Tatbestand

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der sich den Schutz von Katzen zum Ziel gesetzt hat.Rn. 2
In der Satzung des Klägers heißt es hierzu:

„Zweck des Vereins ist der Schutz von Katzen. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch
  1. Kastration, Fütterung und medizinische Versorgung von Straßenkatzen.
  2. Die Aufnahme, medizinische Versorgung und Vermittlung von Fund-, Unfall- und Abgabekatzen.
  3. Beratung, aktive Hilfe in Tierschutzfragen sowie Hilfe bei der Suche nach vermissten Tieren.
  4. Aufklärung der Öffentlichkeit über die Probleme von Straßenkatzen sowie der Haltung von Katzen und Tieren im Allgemeinen.“.
 
Rn. 3
Wiederholt wandte sich der Kläger in den vergangenen Jahren an die Beklagte und regte unter Hinweis auf die Problematik der zunehmenden Katzenpopulation den Erlass einer Kastrationsverordnung nach dem Modell einer von der Stadt Paderborn erlassenen Verordnung an. Die Verordnung soll nach der Vorstellung des Klägers die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei laufenden Katzen ab dem fünften Lebensmonat zum Gegenstand haben und bewirken, dass Katzenhalter, die ihrer Katze Zugang zum Freien gewähren, diese zuvor von einem Tierarzt kastrieren und mittels Tätowierung oder Mikrochip kennzeichnen lassen müssen. Eine Ausnahme von der Kastrationspflicht solle auf Antrag für die Zucht von Rassekatzen möglich sein, wenn eine Kontrolle und Versorgung der Nachzucht glaubhaft dargelegt werde.Rn. 4
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 01.06.2010 mit, dass nicht unerhebliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der Einführung einer Kastrationspflicht und einer Kennzeichnungspflicht bestünden. Entsprechende Rechtsgrundlagen im Tierschutzgesetz seien nicht vorhanden. Bei den Rechtsgrundlagen nach dem Polizeigesetz sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich. Sofern man diese überhaupt bejahen könne, scheine weder die Kennzeichnung einerseits noch die Kastration andererseits geeignet und erforderlich, um das vorgesehene Ziel zu erreichen. Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen habe sich aufgrund verschiedener Anfragen von mehreren Kommunen ebenfalls mit dem Thema befasst und komme zum gleichen Ergebnis. Der Beklagte sehe sich daher nicht in der Lage, eine Polizeiverordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei lebenden Katzen zu erlassen. Mit Schreiben vom 12.11.2010 erklärte die Beklagte, sie sei weiterhin um eine Lösung des Problems bemüht und werde deshalb bei den Haushaltsberatungen für einen deutlich erhöhten Zuschuss für die Kastration von herrenlosen Katzen plädieren sowie dafür, den Zuschuss auch für kranke Tiere zu öffnen. Diese Möglichkeit werde als mittelfristige Übergangslösung angesehen, bis auf Bundesebene eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Tierschutzgesetzes mit Aufnahme einer Ermächtigung für eine Rechtsverordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht Erfolg habe. Mit weiterem Schreiben vom 21.07.2011 erklärte die Beklagt erneut, dass weder die Vorschriften des Tierschutzgesetzes noch § 10 Polizeigesetz Baden-Württemberg die Rechtsgrundlage böten, die gewünschte Polizeiverordnung zu erlassen. Auch lägen keine Zahlen vor, die die vom Kläger dargestellte drastische Zunahme der herrenlos und verwildert lebenden Katzenpopulation und daraus resultierende unhaltbare Zustände belegten. Für eine von der bisherigen Rechtsauffassung abweichende Position gebe es daher keine sachlichen Gründe. Eine Anfrage beim Städtetag Baden-Württemberg habe die rechtliche Einschätzung bestätigt.Rn. 5
Am 10.08.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, dass seine Haupttätigkeit der Schutz von Katzen sei. Er versorge und überwache jährlich mehr als 500 Straßenkatzen, die regelmäßig gefüttert und bei Bedarf medizinisch betreut würden. Der Verein übernehme die Kosten für Hunderte von Kastrationen aus eigenen Mitteln. Allein im Jahr 2010 seien 306 Kastrationen erfolgreich durchgeführt worden. Ziel dieser Maßnahme sei die Eindämmung einer „Katzenüberproduktion“ mit den damit einhergehenden Folgen.Rn. 6
Eine „Katzenüberproduktion“ sei mit folgenden Beeinträchtigungen verbunden: Für die streunenden Katzen bestehe die Gefahr der Unterernährung bis hin zum Verhungern und es bestehe ein hohes Risiko lebensbedrohlicher Erkrankungen wie Katzenschnupfen oder Katzenleukose. Durch die hohe Fertilitätsrate wachse die Population weiter an. Die Katzenüberproduktion führe auch zu einer Zunahme an tierquälerischer Haltung, weil vermehrt Katzen in inkompetenten Händen landeten, mit der Folge, dass die Tiere unter Inanspruchnahme behördlicher Hilfe wieder aus den Haushalten geholt werden müssten, was aber häufig zu spät erfolge, so dass nur noch bleibe, die Tiere einzuschläfern. Mit der Zunahme der Katzenpopulation steige auch das Krankheitsrisiko bei bisher gesunden Freigängerkatzen. Kleinsäuger und Vögel würden durch die hohe Katzendichte bis zur Hälfte ihres Nachwuchses verlieren. Für den Menschen ergäben sich im Stadtgebiet unhygienische Zustände durch die Ausscheidungen der streunenden Katzen auf Spielplätzen, Parks und Liegewiesen. Infektionserreger könnten auf den Menschen übertragen werden; eine besondere Gefahr von Erkrankungen ergebe sich bei Kindern.Rn. 7
Die Klage sei zulässig. Gegenstand des Verfahrens sei die verbindliche Feststellung, dass die Beklagte als Kommune die Kompetenz bzw. Befugnis besitze, eine Verordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei lebenden Katzen zu erlassen, sich die Beklagte also nicht auf eine fehlende Ermächtigungsgrundlage stützen könne. Hierdurch solle erreicht werden, dass die Beklagte in die materielle Prüfung der Voraussetzungen des § 10 Polizeigesetz einsteige. Aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null führe dies zu einer Pflicht der Beklagten zum Erlass einer solchen Verordnung.Rn. 8
Die Feststellungsklage sei nicht subsidiär gegenüber einer Gestaltungsklage; etwaige Bestimmungen über Fristen und Vorverfahren würden nicht umgangen. Mit dem Gesuch solle der Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung durch die Beklagte erreicht werden. Eine Verpflichtungsklage, gerichtet auf den Erlass eines Verwaltungsakts mit ähnlichem Inhalt, könne nicht zum gewünschten Erfolg führen, weil ein Verwaltungsakt zur Regelung eines Einzelfalls nicht geeignet sei, das Ziel der Vermeidung eines übermäßigen Ansteigens der Katzenpopulation auf Dauer zu erreichen. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Berechtigung der Beklagten, die streitgegenständliche Verordnung erlassen zu dürfen. Es handele sich bei ihm um einen Idealverein, der keine wirtschaftlichen Interessen verfolge. Seine Mitglieder seien Tierschützer, die sich auf freiwilliger Basis primär im Katzenschutz engagierten. Ein Teil ihrer Arbeit bestehe darin, das friedliche Zusammenleben von Menschen und Katzen zu fördern und zu wahren, indem sie Konfliktsituationen entgegen wirkten, die sich aus der Existenz von herrenlosen Katzen ergäben. Um Gesundheitsgefahren für den Menschen entgegenzuwirken, treffe er, der Kläger, die notwendigen Maßnahmen durch die Impfung und Kastration von Straßenkatzen, wobei zu betonen sei, dass die hierfür erforderlichen Mittel von ihm selbst zur Verfügung gestellt würden. Allerdings würden alle diese Maßnahmen zur Verhinderung einer Überpopulation nicht ausreichen, solange sich nicht kastrierte Freigängerkatzen oder ausgesetzte Hauskatzen mit herrenlosen Katzen massenhaft vermehren könnten. Die Wohltätigkeit des Vereins werde dadurch erheblich beeinträchtigt, seine Ziele würden im Ergebnis ausgehebelt. Würde eine Polizeiverordnung existieren, die es den Katzenbesitzern verbiete, ihre Tiere ins Freie zu lassen, ohne dass sie zuvor kastriert worden seien, erhöhten sich die Erfolgsaussichten für das Ziel des Vereins deutlich. Damit bestehe ein schutzwürdiges Interesse ideeller Art an der Klärung der Frage nach einer Handlungsmöglichkeit der Beklagten bezüglich des Erlasses einer Polizeiverordnung. Das schutzwürdige Interesse müsse nicht notwendig ein subjektives Recht sein, vielmehr genüge die Geltendmachung eines konkreten Klärungsbedarfs zwischen den Beteiligten in Bezug auf einen konkreten Sachverhalt.Rn. 9
Die Klage sei auch begründet. § 10 PolG biete der Beklagten eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Polizeiverordnung über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht frei lebender Katzen. Spezielle Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass einer solchen Verordnung gebe es nicht. Insbesondere seien solche nicht im Tierschutzgesetz, insbesondere nicht in § 6 Abs. 4 TierSchG, § 2 a TierSchG oder § 16 a TierSchG enthalten. Auch im Übrigen stehe das Tierschutzgesetz dem Erlass einer Kennzeichnungs- und Kastrationsverordnung nicht entgegen. Durch streunende Katzen bestehe eine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Erlass der begehrten Verordnung sei zur Erreichung des legitimen Ziels der Eindämmung der Katzenpopulation geeignet, erforderlich und angemessen. Ziel sei der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren wie auch der Schutz der streunenden Katzen, der Schutz der mit ihnen in Berührung kommenden Hauskatzen und der Schutz anderer Tiere vor Schmerzen und Leiden; dieses Ziel sei sowohl einfachgesetzlich als auch in Art. 20 a GG verankert. Die Verordnung sei aufgrund ihres verbindlichen Charakters und insbesondere wegen der eventuell vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten für Verstöße ein geeignetes Mittel, die genannten Nachteile für Bevölkerung und Tiere zu vermeiden. Angesichts der stetig wachsenden Katzenpopulation sei die Anordnung auch erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel sei nicht ersichtlich. Die Rechtsgüter, deren Schutz bezweckt werde, seien in hohem Maße schutzwürdig und der Eingriff in die Freiheit der Katzenhalter gering. Daher ergebe sich kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, wenn gewissen Grundrechtsaspekten - wie etwa dem Eigentumsschutz von Katzenhaltern oder der Berufsfreiheit der Züchter von Rassekatzen - durch die Schaffung von Ausnahmeregelungen genügend Rechnung getragen werde. Zwar sei der Polizeibehörde für den Erlass einer Verordnung grundsätzlich ein Ermessensspielraum eingeräumt. Erhebliche Gefahren könnten jedoch zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen und eine Pflicht zum Einschreiten begründen. Der Gesundheitsschutz stelle eine bedeutsames, durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschütztes Grundrecht dar. In ihrer Polizeiverordnung zum Schutz der öffentlichen Anlagen verbiete es die Beklagte, Hunde auf Kinderspielplätzen und Spiel- und Liegewiesen zu führen oder laufen zu lassen. Die konsequente Verfolgung des Schutzzwecks dieser Polizeiverordnung gebiete den Erlass einer Folgeverordnung über die Kastrationspflicht bei frei lebenden Katzen. Als Verein habe der Kläger auch eine durch das Grundgesetz in Art. 9 GG geschützte Grundrechtsposition, die es dem Staat und den Gemeinden gebiete, die Tätigkeit mit ihr zumutbaren und möglichen Mitteln zu unterstützen. Letztlich komme es aber auf die Frage einer Ermessensreduzierung auf Null nicht an, weil allein die Feststellung begehrt werde, dass die Beklagte zum Erlass einer solchen Verordnung berechtigt sei.Rn. 10
Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Beklagten für den Erlass einer Verordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei laufenden Katzen eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht.
Rn. 11
Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
Rn. 12
Sie ist der Auffassung, die Klage sei als allgemeine Feststellungsklage bereits mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses nicht statthaft und daher unzulässig. Mit der Klageart der Feststellungsklage könne die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, das durch das Bestehen subjektiver Rechte oder Pflichten gekennzeichnet sei. Solche subjektiven Rechte und Pflichten ließen sich dem in Frage stehenden Feststellungsantrag nicht entnehmen. Es gehe dem Kläger um die Klärung der abstrakten Rechtsfrage, ob eine Polizeiverordnung eines bestimmten Inhalts auf der Grundlage von § 10 PolG erlassen werden könne. Die Feststellungsklage solle aber gerade nicht einer Entscheidung über abstrakte Rechtsfragen im Sinne bloßer Rechtsgutachten dienen. Darüber hinaus verfüge der Kläger nicht über die erforderliche Klagebefugnis. Dass es dem Katzenschutzverein um die Verwirklichung eigener Rechte gehe, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Feststellungsklage sei auch zulässig, wenn ein Anspruch auf Normerlass geltend gemacht werde. Dies setze aber ein subjektiv öffentliches Recht auf Erlass der konkret begehrten Norm voraus, dessen Verletzung möglich erscheine. Dies genüge dann zur Begründung eines hinreichend konkretisierten und damit feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses sowie der Klagebefugnis. Allerdings sei ein Anspruch auf Erlass einer Polizeiverordnung nach § 10 PolG nicht gegeben. Die vom Kläger angeführten Belange beträfen nicht dessen Individualrechtsgüter. Die Belange des allein im öffentlichen Interesse stattfindenden Tierschutzes seien hier ebenso wenig relevant wie etwaige Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung. Im Bereich des Tierschutzes gebe es auch kein Verbandsklagerecht, mit dem die Verletzung tierschutzrechtlicher Bestimmungen gerügt oder gar ein bestimmtes behördliches Einschreiten erzwungen werden könnte. Der Erlass einer Polizeiverordnung stehe im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch auf ein Einschreiten sei nur gegeben, wenn die sogenannte Schädlichkeitsschwelle überschritten und der Bürger auf polizeiliche Hilfe existenziell angewiesen sei. Diese Voraussetzungen seien schon mangels Betroffenheit individueller Rechtsgüter nicht gegeben. Die Klage sei daher als unzulässig abzuweisen. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hinzuweisen, dass es keine Rechtsgrundlage für eine Verordnung über eine Kastrationspflicht gebe. Eine solche Rechtsgrundlage ergebe sich weder aus dem Tierschutzgesetz noch aus § 10 PolG. Eine abstrakte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch den weiteren Anstieg der Population frei lebender Katzen sei nicht nachgewiesen. Eine Verordnung über eine Kennzeichnungspflicht sei nach § 2 a Abs. 1 b TierSchG vom Bund zu erlassen.Rn. 13
Dem Gericht liegt ein Heft Akten der Beklagten vor. Auf dieses, die Gerichtsakten und auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.Rn. 14

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist unzulässig.Rn. 15
Mit der als Feststellungsklage erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass der Beklagten für den Erlass einer Verordnung zur Regelung der Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei laufenden Katzen eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht. Auszugehen ist dabei von den in der mündlichen Verhandlung konkretisierten und zuletzt gestellten Klageanträgen. Über den damit vom Kläger mit seinem Vorbringen bestimmten Streitgegenstand darf das Gericht gemäß § 88 VwGO nicht hinausgehen, auch wenn es an die Fassung der Anträge als solche nicht gebunden ist. Gegenstand der Klage ist mithin nicht - worauf der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat - die Feststellung des Bestehens eines Anspruchs des Klägers auf Erlass einer solchen Verordnung, sondern allein die Frage nach dem Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage für den vom Kläger für sinnvoll erachteten Erlass der Verordnung (zur Zulässigkeit einer Normerlassklage auf Änderung oder Erlass einer untergesetzlichen Rechtsnorm siehe BVerwG, Urt. v. 04.07.2002 - 2 C 13.01 -, NVwZ 2002, 1505).Rn. 16
Eine Feststellungsklage ist nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft, wenn der Kläger die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die - hier nicht im Streit stehende - Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt und wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht. Durchgreifende Bedenken hinsichtlich der Statthaftigkeit der Feststellungsklage ergeben sich vorliegend schon im Hinblick auf das Bestehen eines nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses. Jedenfalls aber ist die Klage unzulässig, weil dem Kläger die Klagebefugnis für die begehrte Feststellung fehlt.Rn. 17
Ein nach § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt nur dann vor, wenn zwischen den Beteiligten rechtliche Beziehungen derart bestehen, dass der eine von dem anderen auf Grund von Rechtsnormen des öffentlichen Rechts ein bestimmtes Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen) oder die Anerkennung eines Rechtsstatus verlangen kann. Feststellungsfähig sind Rechtsverhältnisse in ihrer Gesamtheit, aber auch einzelne aus ihnen folgende Rechte oder Pflichten. Nicht feststellungsfähig sind dagegen einzelne rechtliche oder tatsächliche Elemente von Rechtsverhältnissen, unselbständige Teile oder Vorfragen von Rechtsverhältnissen, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründen, sondern nur Voraussetzungen solcher Rechte und Pflichten sind (Kopp/Schenke, VwGO, Komm. 17. Aufl. 2011, § 43 Rn. 13). Für die rechtlichen Beziehungen, die ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründen, ist es wesensnotwendig, dass sie zumindest ein subjektiv-öffentliches Recht zum Gegenstand haben (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 11). Außerdem kann ein Rechtsverhältnis nur dann Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn es durch besondere Umstände bereits hinreichend konkretisiert ist, mithin also die begehrte Feststellung in Bezug auf einen hinreichend bestimmten, bereits überschaubaren Sachverhalt ergehen soll oder - mit anderen Worten - dass ein Sachverhalt vorliegt, der die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsnorm erfüllt, welche das subjektive Recht begründet (Kopp/Schenke, a.a.O., § 43 Rn. 17).Rn. 18
Hiervon ausgehend ist schon kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gegeben. Zwar trägt der Kläger mit seiner Schilderung der nachteiligen Folgen einer wachsenden Katzenpopulation einen Lebenssachverhalt vor, der seiner Auffassung nach die Voraussetzungen für den Erlass einer Verordnung zur Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht von frei laufenden Katzen erfüllt. Allerdings begehrt der Kläger damit die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage. Dies ergibt sich aus der im Klageantrag verwendeten Formulierung, „festzustellen, dass der Beklagten für den Erlass einer Verordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von frei laufenden Katzen eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht“. Der Kläger benennt keine Norm, die seiner Ansicht nach die Beklagte zum Erlass einer Verordnung zur Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht von frei laufenden Katzen ermächtigt. Er möchte vielmehr durch das Verwaltungsgericht geklärt wissen, ob der Beklagten aufgrund irgendeiner öffentlich-rechtlichen Norm ein Normgebungsrecht eingeräumt ist. Diese Frage ist nicht Gegenstand oder Bestandteil einer konkreten Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und einzelnen Rechtssubjekten, sie beantwortet sich vielmehr abstrakt direkt aus der Rechtsordnung. Dass der Kläger mit dem Klageantrag ohne Nennung einer konkreten Norm eine gerichtliche Feststellung über „eine taugliche Ermächtigungsgrundlage“ begehrt, macht überdies deutlich, dass er eine umfassende Prüfung - gleichsam im Wege eines Rechtsgutachtens - durch das Gericht dazu begehrt, ob es überhaupt eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der von ihm gewünschten Norm gibt. Der Kläger kann indes nicht verlangen, dass das Gericht diese abstrakte Rechtsfrage beantwortet und die Rechtsordnung daraufhin untersucht, ob der Beklagten eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung steht, aufgrund derer sie eine Verordnung zur Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht von frei laufenden Katzen erlassen könnte.Rn. 19
Unabhängig davon ist die Klage aber jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Kläger keine Klagebefugnis in Form einer möglichen Verletzung eigener Rechte geltend machen kann. Zwar steht dem Kläger, der sich in seiner Satzung den Schutz von Katzen zum Ziel gesetzt hat, ein „berechtigtes Interesse“ im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zur Seite. Denn das "berechtigte Interesse", das § 43 Abs. 1 VwGO für die Zulässigkeit der Feststellungsklage voraussetzt, wird allgemein als umfassender angesehen als das nach § 256 ZPO zu fordernde "rechtliche Interesse" (Feststellungsinteresse) im Rahmen eines Zivilprozesses; insbesondere schließt das „berechtigte Interesse“ über ein „rechtliches Interesse“ hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Zweck der Vereinstätigkeit des Klägers ist der Schutz von Katzen, den er insbesondere durch solche Maßnahmen verfolgt, die das Anwachsen der Population frei lebender Katzen verhindern sollen. Dass dieser Vereinszweck, für dessen Verwirklichung sich die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Klägers in vielfältiger Weise einsetzen, ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse darstellt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erläuterung.Rn. 20
Aus dem Vorliegen eines berechtigten Interesses folgt aber nicht, dass jeder in diesem Sinne Interessierte auch ohne eigene Rechtsbetroffenheit Feststellungsklage erheben könnte. Vielmehr ist, wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung annimmt, auf die Feststellungsklage nach § 43 VwGO zur Vermeidung der dem Verwaltungsprozess fremden Popularklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO über die Klagebefugnis entsprechend anzuwenden. Auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtete Feststellungsklagen sind daher nach § 43 Abs. 1 VwGO nur zulässig, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung seiner Rechte geht, sei es, dass er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist, sei es, dass von dem Rechtsverhältnis immerhin eigene Rechte des Klägers abhängen (BVerwG, Beschl. v. 30.07.1990 - 7 B 71/90 -, juris, u. v. 18.05.1982 - 4 B 20/82 -, juris, jew. m.w.N.).Rn. 21
Dafür, dass es dem Kläger in dem Verfahren darum ginge, eigene Rechte gegenüber der Beklagten durchzusetzen, ist nichts ersichtlich. Weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht räumen dem Kläger im vorliegenden Zusammenhang eine solche eigene Rechtsposition ein.Rn. 22
Eine solche Rechtsposition folgt insbesondere nicht aus § 10 PolG. Diese Vorschrift schützt zwar Individualrechtsgüter Dritter. Individualrechtsgüter des als Verein organisiertem Kläger als solchem stehen hier aber gar nicht in Rede. Daran ändert auch der Satzungszweck des Klägers nichts. Anders wäre es nur dann, wenn ein Vereins- oder Verbandsklagerecht zu seinen Gunsten bestünde, welches ihn berechtigte, fremde Rechte in eigenem Namen geltend zu machen. Hieran fehlt es aber.Rn. 23
Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24.02.2011 - 1 C 10276/11 -, ZfBR 2011, 479, beruft, verkennt er, dass es dort um eine mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu vergleichende Situation geht. In diesem Urteil hatte das Oberverwaltungsgericht die Klagebefugnis eines Behindertenfürsorgevereins im Rahmen einer Klage gegen einen Bebauungsplan angenommen. Diese Klagebefugnis stützte sich aber auf die Nutzungsbefugnis des Vereins an einem von der Planung betroffenen Grundstück. Darum geht es hier nicht.Rn. 24
Auch Grundrechte verschaffen dem Kläger hier keine Klagebefugnis. Zwar ist der Kläger als Verein organisiert und kann sich damit auf das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG berufen, das nicht nur den Vereinsmitgliedern, sondern auch dem Verein selbst zusteht. Der grundrechtliche Schutz erfasst neben der Existenz und Funktionsfähigkeit des Vereins als solchem auch die eine Verwirklichung der Vereinsziele erstrebende Betätigung. Daher ist auch das satzungsmäßige Betätigungsfeld des Klägers - der Schutz von Katzen - an sich grundrechtlich geschützt. Jedoch garantiert das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit nicht ein bestimmtes Ergebnis der satzungsmäßigen Betätigung oder gar deren optimale Entfaltung (BVerwG, Urt. v. 16.07.1980 - 7 C 23.78 - DÖV 1981, 268; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.03.1995 - 10 S 1052/93 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 23.04.2001 - 9 Q 147/00 - AS RP-SL 29, 170). Wird daher durch hoheitliche Maßnahmen lediglich die Verwirklichung von Vereinszwecken erschwert oder gar unmöglich gemacht, ohne dass diese Maßnahmen gegen die Existenz oder Betätigung des Vereins als solche gerichtet sind, so ist der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit hierdurch nicht berührt. Davon ausgehend ist hier festzustellen, dass die Beklagte durch den Nichterlass der vom Kläger gewünschten Verordnung zur Kennzeichnungs- und Kastrationspflicht von Katzen die satzungsgemäße Betätigung des Klägers und die Verwirklichung dessen Vereinszwecks nicht in grundrechtsrelevanter Weise behindert. Der Kläger mag das Fehlen einer solchen Verordnung zwar als Erschwernis seiner Tätigkeit empfinden. Ungeachtet dessen, dass die Beklagte den Erlass einer solchen Verordnung nicht für notwendig erachtet, kann der Kläger aber für den Tierschutz eintreten, die Öffentlichkeit aufklären und sich um Straßenkatzen kümmern, diese füttern, medizinisch versorgen und auch Kastrationen durchführen lassen.Rn. 25
Auch der im Grundgesetz verankerte Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, verschafft dem Kläger nicht eine eigene Rechtsposition, die Anknüpfungspunkt für die begehrte Feststellung sein könne. Nach der seit dem 01.08.2002 geltenden Fassung von Art. 20 a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Es handelt sich bei der Regelung des Art. 20 a GG aber um eine Staatszielbestimmung, die nicht subjektiv-rechtlich ausgestaltet ist und damit nicht dem Schutz des Einzelnen dient und auch kein zur gerichtlichen Verfolgung entsprechender Interessen legitimierendes Recht auf Erfüllung und Umsetzung des Staatsziels verleiht (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.09.2005, 1 S 261/05 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 23.04.2001, a.a.O.).Rn. 26
Schließlich kann sich der Kläger für eine Klagebefugnis auch nicht auf das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 GG, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Gesundheit, berufen. Zwar trägt er vor, der Erlass der Verordnung über eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für frei laufende Katzen diene dem Gesundheitsschutz von Tieren und vor allem von Menschen. Damit macht er aber Grundrechte anderer Grundrechtsträger, mithin also Rechte Dritter und nicht eigene Rechte geltend. Art. 2 Abs. 2 GG ist auf den Kläger selbst gar nicht anwendbar (Art. 19 Abs. 3 GG).Rn. 27
Fehlt es aber an der Klagebefugnis und erweist sich die Klage damit als unzulässig, ist dem Gericht die Prüfung verwehrt, ob der Beklagten eine taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Verordnung zur Kennzeichnung und Kastration von frei laufenden Katzen zur Verfügung steht.Rn. 28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.Rn. 29
Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO vorliegt (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).Rn. 30