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VG Osnabrück, Beschl. v. 27.06.2012 – 3 B 11/12 – „Ausgestaltung eines Beamtenverhältnisses“

ZVR-Online Dok. Nr. 52/2012 – online seit 08.10.2012

Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 33 Abs. 5 GG, § 5 Abs. 1 DRiG, § 35 Abs, 1 Satz NBG

Leitsätze der Redaktion

1. Dem Grundsatz des Berufsbeamtentums in dem Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG entspricht es, dass der Gesetzgeber für die Regelung des Beamtenverhältnisses, die Verteilung der Rechte und Pflichten, allein zuständig und verantwortlich ist.Rn. 1
2. Der einzelne Beamte hat keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses einzuwirken. Dies gilt ebenso zu Lasten wie zu Gunsten des Beamten.Rn. 2
3. Somit ist die gesetzliche Regelung der Beamtenpflichten zwar gegebenenfalls einer Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt oder eine innerdienstliche Weisung des Dienstherrn zugänglich, sie ist aber in dem Sinne zwingend und abschließend, dass weder durch Vereinbarung noch durch einseitige Erklärung des Dienstherrn oder des Beamten die gesetzlichen Pflichten abbedungen, in ihrem Inhalt verändert oder gesetzlich nicht vorgesehene Pflichten begründet werden können. Das Beamtenverhältnis ist daher einer Gestaltung durch Vereinbarung nur insofern zugänglich, als dafür eine gesetzliche Grundlage besteht.Rn. 3

Tatbestand

Der im September 1948 geborene Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes eine bestimmte dienstliche Verwendung und sucht die Verwendung einer Kollegin auf dem von ihm beanspruchten Dienstposten zu verhindern.Rn. 4
Der Antragsteller ist Beamter des gehobenen Dienstes im Dienste der Antragsgegnerin. Zuletzt wurde der Antragsteller zum 01. Februar 2005 zum Stadtoberamtsrat (Besoldungsgruppe A 13 BBesO) befördert (Blatt 59 und 60 der Beiakte A).Rn. 5
Als Personalrats- und Gesamtpersonalratsvorsitzender wurde er seit dem 01. Februar 2005 für Personalratstätigkeiten vollständig freigestellt (Blatt 200 der Beiakte B).Rn. 6

Der damalige Oberbürgermeister der Antragsgegnerin, Herr C., schloss am 30. September 2004 mit dem Antragsteller eine schriftliche Vereinbarung (Blatt 6 der Gerichtsakte) mit folgendem Wortlaut:

„Vereinbarung

zwischen der Stadt Lingen (Ems)

und

Herrn D.

  1. Herr E. läßt sich vorbehaltlich der Beschlussfassung im PR/GPR zum 01.02.2005 für die Personalratstätigkeit freistellen. Der bisherige Fachdienst 60 wird mit dem 31.01.2005 aufgelöst.
     
  2. Herrn E. wird zugesichert, dass er, soweit die Freistellung für die Personalratstätigkeit aus welchen Gründen auch immer endet, eine amtsangemessene Verwendung als Leitung der Stabsstelle Recht im Fachbereich 3 erhält.
     
  3. Herr E. erhält nach Beschlussfassung in den politischen Gremien, die schnellstmöglich herbeigeführt werden, mit dem Zeitpunkt der Freistellung das Beförderungsamt nach A 13.
     
  4. Herr E. behält als freigestelltes Personalratsmitglied den Informationszugang wie bisher, d.h. insbesondere er nimmt an den Verwaltungskonferenzen teil, er erhält die Ratspost sowie die Protokolle des VV; daneben hat er Zugangsrecht zu allen Projekt- und Arbeitsgruppen.
     
  5. Den Mitarbeiter/Innen des bisherigen Fachdienstes 60 entstehen durch die Auflösung des Fachdienstes 60 keine Nachteile. Sie haben insoweit bei personalwirtschaftlichen Veränderungen die gleichen Möglichkeiten wie bisher. Frau F. wird mit Auflösung des Fachdienstes 60 unter Berücksichtigung ihrer Personalratstätigkeit im Fachbereich 3 im erweiterten Sekretariat (BAT VI b Tätigkeit) eingesetzt.

    Herr G. wird im Rahmen der persönlichen und personalwirtschaftlichen Verhältnisse bei weiteren Entwicklungsplanungen berücksichtigt.

    Herr H. und Herr I. werden amtsangemessen eingesetzt und finden weiterhin in den vorhandenen Rahmenbedingungen bei personalwirtschaftlichen Überlegungen Berücksichtigung.
     
  6. Soweit die Beschlüsse des PR/GPR bzw. der politischen Gremien nicht zustande kommen, ist die Vereinbarung gegenstandslos.“
 
Rn. 7
Die Hintergründe des Zustandekommens dieser Vereinbarung erschließen sich nicht aus den Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin.Rn. 8
Die Personalratstätigkeit des Antragstellers endete durch Wahl zum 30. April 2012.Rn. 9
Durch das bevorstehende Ausscheiden des Antragstellers aus dem Personalrat und dem Gesamtpersonalrat stellte sich die Frage der künftigen dienstlichen Verwendung des Antragstellers.Rn. 10
Durch Schreiben vom 27. Februar 2012 (Bl. 11 der Gerichtsakte) beantragte der Antragsteller anwaltlich vertreten eine amtsangemessene Beschäftigung als Leitung der Stabsstelle Recht im Fachbereich 3 und setzte eine entsprechende Frist.Rn. 11
Die Leitung des Fachbereiches 3 Bürgerservice, Recht und Ordnung sieht nach der Stellenbeschreibung der Antragsgegnerin die Qualifikation der Befähigung zum Richteramt vor, da diese Stelle auch die gerichtliche Vertretung der Antragsgegnerin vor dem erkennenden Gericht, dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht sowie in den Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit beinhaltet.Rn. 12
Unter dem 29. März 2012 ersuchte die Antragsgegnerin ihren Personalrat um Zustimmung zu einem sofortigen Einsatz des Antragstellers zu 0,5 seiner Arbeitszeit auf der Sachbearbeiterstelle Rechtsangelegenheiten im Fachbereich 3; ab dem 16. April 2012 sollten der Antragsteller mit seiner vollen Arbeitszeit entsprechend eingesetzt werden (Blatt 69 Beiakte A). Diese Stelle war nach Besoldungsgruppe A 13 gehobener Dienst bewertet.Rn. 13
Durch Schreiben vom 11. April 2012 des Gesamtpersonalrates, das der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Personalratsvorsitzender selbst unterschrieben hat (Blatt 81 ff. Beiakte A), teilte der Gesamtpersonalrat der Antragsgegnerin und dem Oberbürgermeister Folgendes mit:Rn. 14
„In Ihrem Schreiben vom 29.03.2012 bieten Sie Herrn E. eine Stelle als Sachbearbeiter für Rechtsangelegenheiten im FB 3 an. Die Besetzung soll mit 0,5 Stunden sofort und ab dem 16.04.2012 zu 100% erfolgen. Die Stadt Lingen (Ems), vertreten durch den Oberbürgermeister Herrn H. C., hat am 30.09.2004 mit dem Unterzeichner die anliegende und der Dienststelle bereits vorliegende Vereinbarung abgeschlossen. Unter Ziffer 2 sichert die Dienststelle dem Unterzeichner zu, dass bei Beendigung der Freistellung er die Leitung der Stabstelle Recht im FB 3 erhält. Zum damaligen Zeitpunkt wurde in einem persönlichen Gespräch festgelegt, dass die Stabstelle direkt dem Oberbürgermeister unterstellt sein sollte. Voraussetzung für die Zusicherung war das Einverständnis zur Auflösung des Bauverwaltungsamtes. Wenn weiterer Erklärungsbedarf erforderlich ist, ist der Unterzeichner gerne bereit, hierzu vorzutragen. Die Vereinbarung wurde seinerzeit durch den Personalrat sowie dem Gesamtpersonalrat abgesegnet. Vor 4 Jahren erklärte der Unterzeichner, dass er lediglich noch 20 Stunden der Freistellung in Anspruch nehmen will, dem die v.g. Gremien auch zustimmten. Eine entsprechende Mitteilung erhielt auch die Dienststelle. Es dürfte bekannt sein, dass der Unterzeichner ein Anrecht auf eine seiner Besoldung entsprechende Tätigkeit hat, auch wenn es sich nur um eine 0,5 Stelle gehandelt hat. Trotz mehrfacher Erinnerungen ist die Dienststelle diesem Anspruch jedoch nicht gerecht geworden, sondern hat vielmehr die Angelegenheit ausgesessen und somit eine Steuerverschwendung in einer Höhe von ca. 70.000 € erzeugt. Aufgrund der seinerzeit geschlossenen Vereinbarung, Herrn E. eine Sachbearbeiterstelle im FB 3 anzubieten, entspricht in keinem Fall den Vorgaben. Etwas merkwürdig erscheint auch die Tatsache, dass Herrn E. erst nachdem die Leiterstellen 1 und 10 vergeben waren, erfahren konnte, welche Stelle für ihn Hals über Kopf bereitgestellt werden kann. Der Personalrat sieht diese Aktion als eine Schlechterstellung gegenüber der damaligen Leitungsstelle an. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Personalrat Herrn E. mit 20 Stunden für die gesamte Wahlperiode freigestellt hat. Hierbei wird es auch bleiben. Der Personalrat lehnte den Antrag der Dienststelle einstimmig ab. Da die Vereinbarung die Stelle, den Zeitraum sowie die Person benennt, wäre eine Ausschreibung eine Farce.“Rn. 15
Durch Schreiben vom 25. April 2012 (Blatt 14 der Gerichtsakte) teilte der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er ab dem 27. April 2012 im Fachbereich Bürgerservice, Recht und Ordnung auf der Stelle Rechtssachbearbeitung eingesetzt werde, die nach der Besoldungsgruppe A 13 bewertet sei. Durch Ergänzungsschreiben vom gleichen Tage teilte der Oberbürgermeister dem Antragsteller mit, dass insoweit eine vorläufige Regelung nach § 74 NPersVG getroffen werde.Rn. 16
Der neu zusammengesetzte Personalrat der Antragsgegnerin hat der beabsichtigten Verwendung des Antragstellers auf dem nach A13 BBesO bewerteten Dienstposten eines Sachbearbeiters im Fachbereich 3 mittlerweile durch Beschluss vom 2. Mai 2012 zugestimmt (Blatt 64 der Gerichtsakte).Rn. 17
Der Antragsteller hat durch Schriftsatz vom 20. April 2012 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.Rn. 18
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass er aufgrund der geschlossenen Vereinbarung einen Anspruch darauf habe, als Leiter des Fachbereiches Recht und Ordnung der Antragsgegnerin (gemeint ist der Fachbereich Bürgerservice, Recht und Ordnung) verwendet zu werden. Denn die Beteiligten hätten durch die geschlossene Vereinbarung ausdrücklich und endgültig für die Dauer der Dienstzeit des Antragstellers bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand vereinbart, welche Beschäftigungsform für den Antragsteller amtsangemessen sei. Aufgrund der Vereinbarung sei es ausgeschlossen, ihn irgendwo im Bereiche der Antragsgegnerin als Sachbearbeiter einzusetzen. Amtsangemessen sei für ihn aufgrund der getroffenen Vereinbarung allein die Stelle des Leiters des Fachbereiches Recht und Ordnung. Die Antragsgegnerin sei nach der Vereinbarung jedenfalls verpflichtet, dem Antragsteller in ihrem Hause eine (andere) Fachbereichsleiterstelle selbst dann zuzuweisen, wenn sie diese Stelle erst schaffen müsse. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf berufe, dass die Fachbereichsleiterstelle dem Fachbereich Bürgerservice, Recht und Ordnung nach der Besoldungsgruppe A 14 bewertet und dem höheren Dienst zugeordnet sei, sei dies unerheblich, da die Wertigkeit eines Dienstpostens bei der Personalorganisation der Antragsgegnerin in der Vergangenheit noch nie eine Rolle für die Stellenbesetzung gespielt habe. Den damaligen Oberbürgermeister C. sei die Bewertung der von ihm - dem Antragsteller beanspruchten Fachbereichsleiterstelle Recht und Ordnung nach A 14 im Übrigen bekannt gewesen. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die hier geschlossene Vereinbarung zugleich eine Zusicherung in dem Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG darstelle. - Da er – der Antragsteller - einen Anspruch auf Beschäftigung als Fachbereichsleiter des Fachbereiches Recht und Ordnung habe, verbiete sich gleichzeitig auch für die Antragsgegnerin die Besetzung der Fachbereichsleiterstelle mit der Beigeladenen, sodass dies den Antrag zu 2. rechtfertige.Rn. 19
Der Antragsteller beantragt,
  1. Der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn den Antragsteller - solange als Leiter des Fachbereichs Ordnung und Recht zu beschäftigen, wie er bei ihr bedienstet ist;

    hilfsweise,

    der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn den Antragsteller - solange als Fachbereichsleiter zu beschäftigen, wie er bei ihr bedienstet ist;

    hilfsweise,

    der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn den Antragsteller - entsprechend seines statusrechtlichen Amtes eines Baurates (Besoldungsgruppe A 13) zu beschäftigen;

    hilfsweise,

    der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn den Antragsteller - so lange amtsangemessen zu beschäftigen, wie dieser bei ihr bedienstet ist.
     
  2. Der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die Stelle der Leitung des Fachbereiches Recht und Ordnung auch für die Zeit ab dem 01.05.2012 vorläufig mit der bisherigen Vertretungskraft Frau J. oder einem anderen oder einer anderen Bediensteten zu besetzen.
 
Rn. 20
Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.
Rn. 21
Sie behauptet, dass der Antragsteller mit der ihm übertragenen Sachbearbeiterstelle eines Rechtssachbearbeiters in ihrem Fachbereich 3, die nach A 13 bewertet werde und die im übertragen worden sei, amtsangemessen beschäftigt werde.Rn. 22
Die Beigeladene hat sich nicht zu dem Verfahren geäußert.Rn. 23
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.Rn. 24

Gründe

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.Rn. 25
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Derjenige, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt, muss gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft machen, dass ihm der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ein Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht (Anordnungsgrund).Rn. 26
Der Antragsteller begehrt mit der im Hauptantrag zu 1. und dem hierzu gestellten ersten Hilfsantrag in dem Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Übertragung des Dienstpostens des Leiters des Fachbereiches 3 der Antragsgegnerin „Bürgerservice, Recht und Ordnung“ oder einer anderen, eventuell noch zu schaffenden Fachbereichsleiterstelle. Er begehrt damit eine Regelung seines Amtes im funktionellen Sinn, also seiner Verwendung in dem Sinne der Zuteilung bestimmter dienstlichen Aufgaben des Beamten (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007, - BVerwG 2 C 30.07 -, NVwZ-RR 2008, 268). Sein Begehren betrifft im Hauptantrag zu 1. und in dem hierzu gestellten ersten Hilfsantrag hierbei nicht das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, das an die Beschäftigung des Beamten in einem abstrakten Sinne dergestalt anknüpft, dass der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis gemeint ist, der einem Inhaber dieses Stausamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007, - BVerwG 2 C 30.07 -, NVwZ-RR 2008, 268; Tegethoff, in: Kugele (Hrsg.), BBG, Münster 2011, § 10 BBG Rn. 9), also nicht die abstrakte Amtsstelle / den Amtsposten. Das Begehren des Antragstellers bezieht sich auf sein konkret-funktionelles Amt, also die dem Beamten tatsächlich übertragene Funktion, seinen Aufgabenbereich (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2007, - BVerwG 2 C 30.07 -, NVwZ-RR 2008, 268).Rn. 27
Mit den weiteren beiden Hilfsanträgen des Hauptantrages zu 1. begehrt der Antragsteller demgegenüber seine amtangemessene Beschäftigung und mit dem Hauptantrag zu 2. sucht er die Besetzung des Dienstpostens des Leiters des Fachbereiches 3 der Antragsgegnerin „Bürgerservice, Recht und Ordnung“ durch die Beigeladene vorläufig abzuwenden.Rn. 28
Die gestellten Anträge sind teilweise bereits unzulässig (1.), jedenfalls aber sämtlich unbegründet (2.).Rn. 29
1. Der Hauptantrag ist – soweit der Hauptantrag zu 1. und die zu diesem gestellten Hilfsanträge die Übertragung bestimmter Dienstposten auf den Antragsteller im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes solange verlangen, „wie er [der Antragsteller] bei ihr [der Antragsgegnerin] beschäftigt ist“, - also bis zu dem Eintritt des Antragstellers in den gesetzliche Ruhestand gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 NBG - bereits wegen des Verbotes der Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig.Rn. 30
Eine einstweilige Anordnung in Form der begehrten Regelungsanordnung darf nur ergehen, wenn eine Regelung nötig erscheint, zum Beispiel um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Eine einstweilige Anordnung in Form einer Regelungsanordnung setzt damit voraus, dass die begehrte Regelung dringlich ist. Diese Dringlichkeit, der sogenannte Anordnungsgrund, muss gem. § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht werden. Trotz Dringlichkeit einer Regelung darf die einstweilige Anordnung jedoch grundsätzlich die Hauptsache nicht vorwegnehmen. Sie darf einem Antragsteller grundsätzlich nicht schon in vollem Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erreichen könnte (BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999, - BVerwG 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258 - 268). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.Rn. 31
Vorliegend begehrt der Antragsteller mit seinem Hauptantrag zu 1. Und dem hierzu gestellten ersten Hilfsantrag die Übertragung der Leitung des Fachbereiches 3 der Antragsgegnerin „bis zum Eintritt in den Ruhestand“ und damit das zu seinem Begehren in einem Hauptsacheverfahren identische Rechtsschutzziel. Sein Begehren bleibt nicht hinter dem des Hauptsacheverfahrens zurück, sondern erledigt für diesen Zeitraum dieses Hauptsacheverfahren. Die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache steht damit der Zulässigkeit des Begehrens entgegen.Rn. 32
Dass das für eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO grundsätzlich geltende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Einzelfall ausnahmsweise vorliegend deshalb überwunden werden könnte, weil durch das Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen würden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, wobei der Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes dabei Rechnung zu tragen ist (BVerfG, Beschluss vom 30. April 2008 - 2 BvR 338/08 -, Juris [Rn. 3]), vermag die Kammer weder zu erkennen noch ist dies vorgetragen. Nachteile, die für den Antragsteller schwer oder unzumutbar oder gar grundrechtsbeeinträchtigend wären, liegen offensichtlich nicht vor.Rn. 33
2. Die gestellten Anträge sind darüber hinaus allesamt unbegründet. Denn es fehlt jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs durch den Antragsteller.Rn. 34
a. Grundsätzlich entscheidet der Dienstherr unabhängig von vorherigen Aufgabenwahrnehmungen durch einen Beamten über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten, wobei es seinem organisatorischen, nur durch das Willkürverbot begrenzten Ermessen unterliegt, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und mit wem er ihn besetzt (Nordrhein-Westfälisches OVG, Beschluss vom 10. März 2009, - 1 B 1518/08 -, Juris). Willkür in diesem Sinne liegt erst dann vor, wenn sich der Dienstherr von dem Sinn und Zweck des ihm eingeräumten Organisationsermessens so weit entfernt hat, dass die Begründung seiner Entscheidung den Zusammenhang mit diesem nicht mehr hinreichend erkennen lässt und unter keinem insoweit denkbaren Gesichtspunkt verständlich ist (so für die Anwendung von Rechtsnormen durch Gerichte BVerwG, Urteil vom 14. September 1994, - BVerwG 6 C 42.92 -, BVerwGE 96, 350 - 355). Für eine Willkür in diesem Sinne ist für die Kammer nichts ersichtlich oder vorgetragen, zumal der dem Antragsteller übertragene Dienstposten offensichtlich seiner Befähigung und seinem statusrechtlichen Amt entspricht. Dem Entgegenstehendes hat der Antragsteller nicht substantiiert behauptet.Rn. 35
b. Das beschriebene Organisationsermessen der Antragsgegnerin ist vorliegend insbesondere auch nicht durch die von dem ehemaligen Oberbürgermeister der Antragsgegnerin mit dem Antragsteller am 30. September 2004 geschlossene Vereinbarung (Blatt 6 der Gerichtsakte) gebunden. Denn diese Vereinbarung ist gemäß § 1 NdsVwVfG, § 59 Abs. 1 VwVfG in Verbindung mit § 134 BGB, Art. 33 Abs. 5 GG nichtig. Für die Annahme einer solchen Nichtigkeit ist es nicht erforderlich, dass das genannte Verbot ausdrücklich ausgesprochen wird; es genügt, dass sich das Verbot aus dem Zweck und dem Zusammenhang einer Regelung hinreichend deutlich ergibt (Kopp / Ramsauer, VwVfG, 12. Auflage München 2011, § 59 VwVfG Rn. 9).Rn. 36
Zwar haben sich der ehemalige Oberbürgermeister C. und der Antragsteller - ohne dass aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich ist, was die Grundlage dieser Vereinbarung gewesen sein könnte - in der Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und unter Wahrung der hierfür vorgesehenen Schriftform des § 57 VwVfG in Verbindung mit § 1 NdsVwVfG dahingehend geeinigt, dass dem Antragsteller die Leitung der Stabsstelle Recht im Fachbereich 3 übertragen werden solle.Rn. 37
Diese Vereinbarung ist jedoch aufgrund der genannten Normen unwirksam.Rn. 38
Denn die dort von dem ehemaligen Oberbürgermeister C. eingegangene Verpflichtung konnte deswegen nicht rechtswirksam eingegangen werden, weil sie in unzulässiger Weise von der gesetzlichen Regelung der Pflichten und Rechte des Beamten durch Begründung einer gesetzlich nicht vorgesehenen Verpflichtung abweicht (hierzu BVerwG, Urteil vom 26. November 1992, - BVerwG 2 C 11.92 -, BVerwGE 91, 200 - 205). Denn Wesen und Eigenart des Beamtenrechts und insbesondere auch einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums in dem Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG entspricht es, dass der Gesetzgeber für die Regelung des Beamtenverhältnisses, die Verteilung der Rechte und Pflichten, allein zuständig und verantwortlich ist; der einzelne Beamte hat keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses einzuwirken. Dies gilt ebenso zu Lasten wie zu Gunsten des Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. November 1992, - BVerwG 2 C 11.92 -, BVerwGE 91, 200 - 205). Somit ist die gesetzliche Regelung der Beamtenpflichten zwar gegebenenfalls einer Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt oder eine innerdienstliche Weisung des Dienstherrn zugänglich, sie ist aber in dem Sinne zwingend und abschließend, dass weder durch Vereinbarung noch durch einseitige Erklärung des Dienstherrn oder des Beamten die gesetzlichen Pflichten abbedungen, in ihrem Inhalt verändert oder gesetzlich nicht vorgesehen Pflichten begründet werden können. Das Beamtenverhältnis ist daher einer Gestaltung durch Vereinbarung nur insofern zugänglich, als dafür eine gesetzliche Grundlage besteht (BVerwG, Urteil vom 26. November 1992, - BVerwG 2 C 11.92 -, BVerwGE 91, 200 - 205).Rn. 39
An einer derartigen gesetzlichen Grundlage fehlt es vorliegend. Die Vereinbarung verstößt daher gegen den genannten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, der eine Regelung der Rechte und Pflichten durch Gesetz und nicht durch Vereinbarung vorsieht.Rn. 40
Folgende Kontrollüberlegung bestätigt das gefundene Ergebnis: Es ist nicht ersichtlich, aus welcher - z.B. persönlichen oder politischen - Motivationslage heraus der damalige Oberbürgermeister C. der Antragsgegnerin noch dazu in dem Konglomerat mit der Freistellung des Antragstellers und dessen ausschreibungsloser (Art. 33 Abs. 2 GG) Beförderung heraus - mit dem Antragsteller eine derartige Vereinbarung geschlossen hat. Geht man davon aus, dass der damalige Oberbürgermeister derartige Vereinbarungen mit einer Mehrzahl von Beschäftigten geschlossen hätte, so würde trotz Ende seiner Amtszeit und Wahl eines neuen Oberbürgermeisters die Gestaltungsfreiheit des neuen Behördenleiters und aller seiner Nachfolger in organisationsrechtlicher Hinsicht gegen Null tendieren, da ein ehemaliger Oberbürgermeister die Einsatzmöglichkeiten der Beamten als auch die Gliederung der Verwaltung durch Vereinbarungen über das Ende seiner Amtszeit hinaus festgeschrieben hätte, und zwar wie in diesem Fall ja auch von dem Antragsteller gerichtlich beansprucht - bis zum Ende der jeweiligen Dienstzeit der vertraglich gebunden Beschäftigten. Das Organisationsermessen des jeweiligen Behördenleiters würde damit letztendlich sowohl in Bezug auf den ressourcenoptimierenden Einsatz der Bediensteten, die Gliederung der Verwaltung und auch die Aufgabenabtretung – etwa in dem Wege der interkommunalen Zusammenarbeit (§ 165 Abs. 5 Satz 1 NKommVG) - leerlaufen. Derartige Beschränkungen künftiger Entscheidungen durch vertragliche Vereinbarungen sind daher nicht möglich.Rn. 41
Ob sich darüber hinaus aus der Beförderungsvereinbarung in Ziffer 3. des Vertrages Nichtigkeitsgründe ergeben, kann daher vorliegend offen bleiben.Rn. 42
c. Eine Zusicherung in dem Sinne des § 38 VwVfG in Verbindung mit § 1 NdsVwVfG liegt nicht vor. Die Beteiligten der Vereinbarung haben ausdrücklich die Rechtsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages gewählt.Rn. 43
d. Im Übrigen weist die Kammer darauf hin, dass der Antragsteller für die von ihm beanspruchte Leiterstelle des Fachbereiches 3 der Antragsgegnerin nicht die nach der Stellenbewertung und -beschreibung notwendige Befähigung zum Richteramt und damit nicht die notwendige Befähigung aufweist. Gemäß § 5 Abs. 1 DRiG erwirbt die Befähigung zum Richteramt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Prüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt; die erste Prüfung besteht aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung. Ausweislich der der Kammer vorliegenden Personalakte hat der Antragsteller diese Befähigung nicht erworben. Ob – wie der Antragsteller vorträgt – Stellenbewertungen für die Antragsgegnerin in der Vergangenheit „noch nie eine Rolle für die Stellenbesetzung gespielt“ hätten, ist unerheblich, denn Art. 3 Abs. 1 GG gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1990, - BVerwG 6 C 54.88 -, Buchholz 236.1 § 20 a SG Nr. 2; BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993, - BVerwG 8 C 20.92 -, BVerwGE 92, 153).Rn. 44
Damit haben weder der gestellte Hauptantrag noch der hierzu gestellte erste Hilfsantrag Erfolg.Rn. 45
e. Die zum ersten Hauptantrag gestellten Hilfsanträge zu 2. und 3. haben ebenfalls keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er derzeit durch die nach der Besoldungsgruppe A 13 bewertete und ihm übertragene Sachbearbeiterstelle nicht amtsangemessen beschäftigt werde. Dies ist für die Kammer auch nicht ersichtlich.Rn. 46
f. Der Antrag zu 2. ist ebenfalls unbegründet. Ein irgendwie geartetes subjektives öffentliches Recht, sich gegen Entscheidungen des Dienstherrn in dem Rahmen des ihm eingeräumten Organisationsermessens zu wenden, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung nicht an Art. 33 Abs. 2 GG zu messen. Denn die Norm ist vorliegend unanwendbar. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010, - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746 - 748). Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010, - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746 - 748; Bochmann, Günter, Leistungsgrundsatz und Haushaltskonsolidierung, ZBR 2008, 397 [401]); er ist ein Strukturprinzip des Beamtenrechts (Schmidt-Aßmann, Eberhard, Leistungsgrundsatz des Art. 33 II GG und soziale Gesichtspunkte bei der Regelung des Zugangs zum Beamtenverhältnis, NJW 1998, 16 [16]). Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010, - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746 - 748; Bochmann, Günter, Leistungsgrundsatz und Haushaltskonsolidierung, ZBR 2008, 397 [398]). Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten oder Richter an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010, - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746 - 748); insoweit gewährleistet die Norm als "Ausdruck grundrechtlich demokratischer Gleichheit" ein grundrechtsgleiches Recht in dem Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG (Schmidt-Aßmann, Eberhard, Leistungsgrundsatz des Art. 33 II GG und soziale Gesichtspunkte bei der Regelung des Zugangs zum Beamtenverhältnis, NJW 1998, 16 [17]; Bochmann, Günter, Leistungsgrundsatz und Haushaltskonsolidierung, ZBR 2008, 397 [398]).Rn. 47
Art. 33 Abs. 2 GG erfasst indes - wie aus ihrem aufgezeigten Doppelcharakter folgt - nur Eingangs- und Beförderungsämter und ordnet (nur) für diese an, dass der Zugang zu diesen nach Art. 33 Abs. 2 GG an die Wahrung des Leistungsgrundsatzes gebunden ist. Eine Folgerung des Inhalts, dass die Norm auch für organisatorische Entscheidungen wie die hier vorliegende Geltung beanspruchen würde, ist nicht möglich.Rn. 48
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.Rn. 49
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG. Die Kammer ist insoweit bezüglich der beiden gestellten Hauptanträge von zwei selbständigen Begehren ausgegangen und hat (nur) für das erste Begehren von einer Halbierung des Regelstreitwertes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache abgesehen. Dies ergibt den genannten Streitwert.Rn. 50