Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. | Rn. 11 |
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die in Ziffer 1 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 30.1.2013 getroffene Auflage wird nicht wieder hergestellt (§ 80 Abs. 5 VwGO). An der Rechtmäßigkeit der Auflage bestehen keine Zweifel. | Rn. 12 |
Nach § 15 Abs. 1 SächsVersG kann die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses des Bescheides erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die in dieser Regelung angesprochenen Auflagen, die keine Nebenbestimmungen i.S.d. § 36 VwVfG, sondern eigenständige Regelungen sind, dienen dazu, Versammlungen und Aufzüge zu ermöglichen, die aus rechtlichen Gründen ansonsten nicht zugelassen werden könnten. Ihre Rechtmäßigkeit setzt voraus, dass sie zur Gefahrenbekämpfung geeignet, erforderlich und angemessen sind und mit der Rechtsordnung übereinstimmen. | Rn. 13 |
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die vom Antragsteller angefochtene Auflage rechtmäßig. | Rn. 14 |
Die vom Antragsteller angemeldete Versammlung ist in ihrer ursprünglich beabsichtigten Form geeignet, die öffentliche Sicherheit unmittelbar zu gefährden. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst die Summe aller Normen zum Schutz des Staates, seiner Einrichtungen und seiner Rechtsordnung. Hierzu zählen, wie die Antragsgegnerin zutreffend anführt, sowohl die Regelungen in § 2 Abs. 2 SächsVersG und in § 22 SächsVersG als auch das mit Strafe bewehrte Verbot, öffentlich oder in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften zu einer rechtswidrigen Tat aufzufordern (§ 111 Abs. 1 StGB). Gemäß § 2 Abs. 2 SächsVersG hat bei öffentlichen Versammlungen und Aufzügen jedermann Störungen zu unterlassen, die bezwecken, die ordnungsgemäße Durchführung zu verhindern. Gemäß § 22 SächsVersG wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, u.a. grobe Störungen verursacht. | Rn. 15 |
Es sind hinreichende Anhaltspunkte festzustellen, die darauf hinweisen, dass der Antragsteller ein sog. Blockadetraining durchführen möchte als Vorbereitung für die beabsichtigte Blockade von Demonstrationen des rechten Lagers am 13.2.2013 bzw. zur Blockade derartiger Demonstrationen mobilisieren möchte. Dies ergibt sich aus den Aussagen des (Presse)Sprechers des Antragstellers im Rahmen des Kooperationsgespräches in Verbindung mit den zuvor abgegebenen Erklärungen im Rahmen einer Pressekonferenz des Antragstellers im Januar 2013, auf denen die Darstellungen in den dem Gericht vorliegenden Zeitungsartikeln beruhen dürften, und nicht zuletzt aus dem Internetauftritt des Antragstellers, der als Bündnis auch für das Verteilen von Plakaten/Aufklebern mit dem Aufruf zur Blockade verantwortlich zeichnet. Ziel des Antragstellers ist es, möglichst viele Dresdner zu mobilisieren, rechte Versammlungen am 13.2.2013 flächendeckend und dauerhaft zu blockieren. Zu diesem Zweck wurden vom Antragsteller bei den jährlichen Demonstrationsgeschehen im Februar in den vergangenen Jahren Blockadeteilnehmern mehrere Anlaufpunkte in der Innenstadt Dresdens benannt, die gleichzeitig besetzt werden sollten, um eine hinreichende Gewähr dafür zu haben, die Laufstrecke des Aufzugs des anderen Lagers rechtzeitig zu erreichen bzw. möglichst sich bereits auf der Strecke zu versammeln. Damit soll erreicht werden, dass das rechte Lager in Dresden künftig nicht mehr demonstriert, weil es sein Demonstrationsrecht nicht mehr tatsächlich ausüben und durchsetzen kann. Insofern ist bereits der Name des Antragstellers „Programm“. | Rn. 16 |
Der Antragsteller geht irrig davon aus, dass Blockaden in der von ihm beabsichtigten Form rechtlich zulässig seien. Die Blockaden, die der Antragsteller anstrebt und zu denen er aufruft, sind nicht grundrechtlich durch Art. 8 GG geschützt. Der Antragsteller kann sich insofern nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts berufen, wonach Sitzblockaden eine Ausdrucksform zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung sind, die den Schutz des Art. 8 GG nicht schon dann verlieren, wenn es zu, auch gewollten, Behinderungen Dritter kommt (Stattgebender Kammerbeschluss vom 7.3.2011, Az. 1 BvR 388/05, zit. nach juris). Denn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verhält sich nicht zu den vom Antragsteller angestrebten „Verhinderungsblockaden“. Deren Ziel ist nicht nur die gewollte Behinderung anderer Versammlungen, sondern deren Verhinderung. Selbst in dem vom Antragsteller herangezogenen – in weiten Teilen nicht verständlichen – Urteil des OVG Münster vom 18.9.2012, Az. 5 A 1701/11 (zit. nach Juris), wird u.a. ausgeführt, dass eine angestrebte friedliche Blockade sich (nur) dann nicht als grobe Störung im Sinne von (dort) § 21 VersammlG NW darstellt, solange sie lediglich von begrenzter Dauer ist oder ein Ausweichen der anderen Demonstranten möglich ist (vgl. RdNr. 73). Im hier vorliegenden Fall strebt der Antragsteller im Rahmen des Demonstrationsgeschehens am 13.2.2013 dagegen an, die Aufzugstrecke des rechten Lagers umfänglich und dauerhaft zu blockieren. Sobald eine Ausweichstrecke bekannt wird, so zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre, wird diese Strecke zu Blockadezwecken vom Antragsteller über das Internet (teilweise auch Handy) bekannt gemacht und angestrebt. Für die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedarf es insoweit auch nicht eines Abwartens, ob die Blockade am 13.2.2013 erfolgreich sein wird und/oder dem rechten Lager ein Ausweichen ggf. über eine andere Strecke möglich sein wird. Darin läge nämlich bereits der Eintritt einer Störung der öffentlichen Sicherheit, dem durch die Gefahrenprognose des § 15 Abs. 1 SächsVersG gerade vorgebeugt werden soll. In den vergangenen Jahren, so auch 2012, wurden vermehrt Aufzüge des rechten Lagers, die im Zusammenhang mit der Erinnerung an die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 stehen, durch Blockadeaktionen verhindert. Der Antragsteller ruft – nach Kenntnis der Kammer als einzige Vereinigung – auch in diesem Jahr durch öffentliche Plakataktionen im Dresdner Stadtgebiet zu Blockadeaktionen auf und bereitet diese auch durch Trainingsangebote vor, die nicht im öffentlichen Raum stattfinden (Chemiefabrik, Keller unter der Trinitatiskirche). | Rn. 17 |
Unter diesen Umständen ist die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass es bei der am 2.2.2013 beabsichtigten Kundgebung „Innenstadttraining“ durch Blockadeübungen und Aufforderungen zur Teilnahme an Blockaden zur Verhinderung einer in naher Zukunft stattfindenden, nicht verbotenen Versammlung kommen könnte, gut nachvollziehbar dargelegt. Die vom Antragsteller beanstandete Auflage ist demnach zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowohl am 2.2.2013 als auch bei dem weiteren Demonstrationsgeschehen im Februar 2013 als milderes Mittel zu dem sich ansonsten aufdrängenden Verbot der Veranstaltung gerechtfertigt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 28.7.2011, Az. 11 LA 101/11). | Rn. 18 |
Die Auflage ist auch dem Wortlaut nach nicht zu unbestimmt. Soweit der Antragstellervertreter die Frage aufwirft, ob von dem Begriff „Probeblockaden“ auch ein Unterhaken im Stehen erfasst wird, ist dies ohne Weiteres zu bejahen, wenn es Blockadezwecken dienen soll. Es sind danach Probeblockaden jedweder Art untersagt. Allerdings wird in der Realität als wirksames Mittel regelmäßig die sog. Sitzblockade im Vordergrund stehen, weil eine stehende Blockadegruppe keine wirksame längerfristige Blockade durchführen kann. | Rn. 19 |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. | Rn. 20 |
Die Streitwertfestsetzung in Höhe von 5.000,- € folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick darauf, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers bei dem unmittelbaren zeitlichen Bevorstehen der Demonstration die Entscheidung in der Hauptsache im Ergebnis vorwegnimmt, war der Regelstreitwert nicht - wie sonst im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes üblich - zu halbieren. | Rn. 21 |