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BGH, Urt. v. 10.03.2014 – AnwZ (Brfg) 67/12 – „Berufsbildungspflichten einer Rechtsanwaltskammer“

ZVR-Online Dok. Nr. 9/2014 – online seit 07.05.2014

§ 34 BBiG, § 35 BBiG, § 71 BBiG, §76 BBiG. § 73 BRAO

Leitsätze (gebildet von Herrn RA Dr. Martin Riemer)

1. Die Regularien zur Organisation der Berufsausbildung sind bereichsspezifisch dem Berufsbildungsrecht zu entnehmen. Aus dem anwaltliche Berufsrecht (hier: §§ 73, 76 BRAO) können keine Befugnisse einer Rechtsanwaltskammer als gem. § 71 Abs. 4 BBiG „zuständigen Stelle“ zur Übertragung dieser Aufgaben auf Dritte hergeleitet werden.Rn. 1
2. Eine Rechtsanwaltskammer ist daher nicht berechtigt, für die Erledigung von Verwaltungsaufgaben im Zuge der beruflichen Bildung privatrechtlich organisierte Vereine (Anwaltvereine) heranzuziehen. Die gesetzliche Pflichtzuweisung von Aufgaben durch das BBiG an die berufsständische Kammer erfolgt gerade wegen deren Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts und angesichts dort gegebener besonderer Schweigepflichten (hier: § 76 Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO). Mitarbeiter von Anwaltsvereinen unterliegen hingegen keiner gesetzlichen Schweigepflicht und sind daher nicht in gleichem Umfang vertrauenswürdig wie Mitarbeiter einer Rechtsanwaltskammer.Rn. 2
3. Die Bestellung von „Ausbildungsbeauftragten“, welche mit Unterstützung der Geschäftsstellen von Anwaltsvereinen im Auftrag der Rechtsanwaltskammer das Berufsbildungsverzeichnis des § 34 BBiG bzw. personalisierte Ausbildungsakten führen, ist mit der Wertentscheidung des Berufsbildungsgesetzes nicht vereinbar.Rn. 3
4. Es ist daher unzulässig, die Führung der Akten betreffend sämtliche Ausbildungsverhältnisse für einen örtlich bestimmten Bereich und - damit verbunden - die Betreuung dieser Ausbildungsverhältnisse vollständig auf eine bestimmte Person („Ausbildungsbeauftragte“) mit einer bei einer privatrechtlich organisierten Vereinigung verselbständigten Geschäftsstelle zu übertragen.Rn. 4
5. Berufsausbilder haben in Anlehnung an § 29 VwVfG bei Vorliegen eines berechtigten Interesses bezüglich der von ihnen durchgeführten Ausbildungsverhältnisse einen Anspruch auf Akteneinsicht in das gem. § 34 BBiG zu führende Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse bzw. die damit vergleichbaren „Ausbildungsakten“. Schutzwürdigen Belangen der Auszubildenden ist dabei durch Schwärzung oder Herausnahme von Aktenbestandteilen Rechnung zu tragen.Rn. 5

Zur Entscheidung vom 10.03.2014 geht es hier.

ZVR-Online dankt Herrn RA Dr. Martin Riemer (www.dr-riemer.de) für die freundliche Einsendung.