Skip to main content

VG Berlin, Urt. v. 26.09.2013 – 3 K 269.12, 3 K 270.12, 3 K 271.12 – „Kein Anspruch auf deutsche Mitschüler“

ZVR-Online Dok. Nr. 11/2014 – online seit 07.05.2014

Art. 1 GG, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, § 1 AGG, § 3 AGG, § 8 AGG, § 9 AGG, § 10 AGG, § 56 Abs. 5 SchulG BE, § 59 Abs. 3 Satz 5 SchulG BE, § 31 Abs. 2 SekIV BE, § 31 Abs. 3 SekIV BE, § 31 Abs. 6 SekIV BE, § 20 Abs. 5 SekIV BE

Leitsätze

1. Die Bildung von Klassen und die Zuweisung einzelner Schüler zu bestimmten Klassen sind Maßnahmen der Schulorganisation, die ihre rechtliche Grundlage im Erziehungsauftrag des Staates und in dem sich daraus ableitenden Organisationsrecht der Schule finden, und bei denen die Schule einen weiten Gestaltungsspielraum hat, um einen effektiven Unterrichtsablauf zu gewährleisten.Rn. 1
2. Es besteht kein individualrechtlich ausgestalteter Anspruch auf eine hinsichtlich der Herkunftssprache bestmögliche Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die einzelnen Klassen einer mehrzügig ausgestalteten Jahrgangsstufe.Rn. 2
3. Werden Klassenverbände nicht nach der Herkunftssprache der Schüler zusammengestellt, führt dies nicht zu einer strukturellen Diskriminierung; denn es ist nicht zu belegen, dass ein höherer Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in einer Schulklasse für den einzelnen Schüler dieser Klasse zu einer ihm nicht zuzurechnenden Leistungsminderung führt.Rn. 3
4. Aus statistisch ermittelten "Kompositionseffekten" kann ein einzelner Schüler keinen Anspruch auf eine bessere Benotung oder gar einen Versetzungsanspruch trotz dafür ausreichender Leistungen herleiten.Rn. 4

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Nichtversetzung.Rn. 5
Die am 2... 1999 in Berlin geborene Klägerin, die die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde von ihren Eltern im Mai 2004 zum Besuch der Vorklasse angemeldet. Bei der schulärztlichen Untersuchung wurde festgestellt, dass sie die deutsche Sprache nur mit gravierenden Mängeln beherrscht. Bei einer in der Folgezeit durchgeführten Sprachstanderhebung sah man eine Förderung als erforderlich an.Rn. 6
Vom Schuljahr 2005/2006 an besuchte die Klägerin sechs Jahre die Z...-Grundschule im Bezirk Neukölln. Die ihr dort erteilten Zeugnisse enthielten jeweils Noten zwischen 1 und 3. Auch ihr Arbeits- und Sozialverhalten wurde stets positiv beurteilt. Während des Grundschulbesuchs nahm sie an Fördermaßnahmen für deutsche Sprachkenntnisse teilt.Rn. 7
In einer Förderprognose vom 25. Januar 2011 bestätigte ihr die Grundschule eine Durchschnittsnote von 2,15 und empfahl für den weiteren Schulbesuch das Gymnasium oder eine integrierte Sekundarschule. Ihre Eltern meldeten sie im Januar 2011 an der L...-Schule (Gymnasium) an. Dort wurden für die 7. Jahrgangsstufe acht Parallelklassen eingerichtet. Entsprechend ihrem Wunsch, Französisch als zweite Fremdsprache zu lernen, wurde sie einer Klasse zugewiesen, in der die anderen Schüler sich ebenso entschieden hatten.Rn. 8
Nachdem die Klägerin in dem Halbjahreszeugnis vom 27. Januar 2012 in sechs Fächern die Note mangelhaft erhalten hatte, vereinbarte die Schule Mitte Februar 2012 mit den Eltern der Klägerin einen Förderplan für das Fach Englisch, in dem die Probleme bzw. Defizite der Klägerin dargestellt und Hinweise zu deren Bewältigung aufgelistet wurden. Im März 2012 erhielten ihre Eltern einen schriftlichen Hinweis der Schule, dass das Bestehen der Probezeit gefährdet sei, weil die Klägerin in vier Fächern (Deutsch, Englisch, Geschichte, Erdkunde) mangelhafte und in drei Fächern (Mathematik, Biologie, Musik) nur schwach ausreichende Leistungen zeige.Rn. 9
Mit Datum vom 5. Juni 2012 teilte die L...-Schule den Eltern der Klägerin schriftlich mit, dass diese die Probezeit in der 7. Klasse nicht bestanden habe, da ihre Leistungen in sechs Fächern nicht mehr ausreichend seien. Im Zeugnis vom 19. Juni 2012 erhielt die Klägerin in den Fächern Deutsch, erste Fremdsprache Englisch, Geschichte/Sozialkunde, Geografie, Mathematik und Chemie jeweils eine Benotung mit „mangelhaft“. In der Beurteilung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens vom selben Tag wurden ihre Lern- und Leistungsbereitschaft sowie ihre Zuverlässigkeit als „gering ausgeprägt“ bezeichnet und ihre Selbständigkeit, Verantwortungsbereitschaft, Teamfähigkeit, das Einhalten von Regeln und ihr freundliches und respektvolles Verhalten als „durchschnittlich ausgeprägt“.Rn. 10
Mit am 2. August 2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin, vertreten durch ihre gesetzlichen Vertreter, Fortsetzungsfeststellungsklage „wegen Nichtversetzung“ erhoben.Rn. 11
Sie trägt vor, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, da eine Erledigung dadurch eingetreten sei, dass eine Versetzung in die achte Klasse des Gymnasiums sinnlos geworden sei, nachdem sie die Schule verlassen habe. Sie strebe auch nicht an, ihre Schullaufbahn an der L...-Schule fortzusetzen, da sie aufgrund ihrer Nichtversetzung und der dortigen Diskriminierungserfahrungen psychisch zu sehr verunsichert sei. Vielmehr wolle sie auf der Sekundarschule zur Ruhe kommen, ihr Selbstvertrauen wieder aufbauen und damit erreichen, dass sie ihr Leistungspotenzial wieder abrufen könne.Rn. 12
Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass sich die Nichtversetzung negativ auf ihre Schullaufbahn und damit auf ihre Lebens- und Berufschancen auswirken könne. Auch wenn sie im späteren Verlauf ihrer Schullaufbahn auf ein Gymnasium wechsle, sei der Weg zum Abitur um ein Jahr länger.Rn. 13
Dadurch, dass man sie als Folge des Nichtbestehens der Probezeit an der Sekundarschule in einer „Rückläuferklasse“ mit Schülern zusammengefasst habe, die ebenfalls die Probezeit am Gymnasium nicht bestanden hätten, sei sie einer stigmatisierenden Situation ausgesetzt worden, nämlich Schülerin einer „Versagerklasse“ zu sein.Rn. 14
Da in ihrer Schullaufbahn erkennbar sei, dass sie das Gymnasium habe verlassen müssen, seien berufliche Nachteile nicht auszuschließen. Weil die Nichtversetzung auf die Zusammensetzung der Klasse mit einem zu hohen Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache zurückzuführen sei, stelle die Nichtversetzung zugleich einen Verstoß gegen die Antirassismusrichtlinie der EU dar.Rn. 15
Zur Begründung der Klage macht die Klägerin geltend, dass sie als Schülerin der L...-Schule in mehrfacher Weise diskriminiert worden sei, unter anderem dadurch, dass sie einer Klasse mit einem zu hohen Anteil überwiegend türkischsprachiger Schüler zugewiesen worden sei. Infolgedessen habe sie ihr Leistungsvermögen nicht in Leistung umsetzen können. Ihre Minderleistungen, die zum Nichtbestehen der Probezeit geführt hätten, beruhten daher nicht auf von ihr zu vertretenden Umständen.Rn. 16
Bei der Klassenzusammensetzung habe der Beklagte gegen die Vorschrift des § 15 Abs. 1 SchulG verstoßen, wonach Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache mit anderen Schülerinnen und Schülern gemeinsam unterrichtet würden. Aus einer dem Zweck der Vorschrift entsprechenden weiten Auslegung folge, dass die Verteilung von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache auf die Klassen einer Jahrgangsstufe etwa gleichmäßig erfolgen müsse. Stattdessen habe der Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in ihrer Klasse 63 % betragen, während er in den beiden Klassen, die für Schüler gebildet worden seien, die Latein als zweite Fremdsprache gewählt hätten, nur 13 bzw. 29 % ausgemacht habe. Zudem seien von den 14 Schülern, die wie sie von der Z...-Grundschule mit einem Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache von 80,1 % an die L...-Schule wechselten, allein 11 ihrer Klasse zugewiesen worden. In dieser Klasse hätten 12 Schüler untereinander regelmäßig Türkisch gesprochen. Außer der Klägerin seien sechs weitere Schüler nicht versetzt worden, mehr als in anderen Klassen. Der Beklagte habe mangels entsprechender gesetzlicher Vorgabe nicht an die Wahl der zweiten Fremdsprache anknüpfen dürfen. Vielmehr hätten die Klassen jeweils für den Unterricht der zweiten Fremdsprache getrennt werden können.Rn. 17
Gestützt auf zwei Gutachten von Alexander Klose von Juli 2012 und September 2013 lässt die Klägerin vortragen, dass es erwiesen sei, dass türkischstämmige Schüler hinsichtlich ihrer Bildungschancen strukturellen Nachteilen unterliegen. So hätten der Pisa-Studie von 2000 zufolge etwa 48,3 % türkischstämmiger Schüler nur eine Hauptschule und nur etwa 12,5 % ein Gymnasium besucht. In Berlin sei bei 47,5 % der türkischstämmigen Schüler eine verzögerte Schullaufbahn, sei es durch Späteinschulung oder eine Klassenwiederholung, festgestellt worden. Erreiche der Anteil von Schülern einer gemeinsamen ethnischen Herkunft in einer Klasse mehr als 30 %, sei eine kritische Marke dafür überschritten, dass sich die Klassenzusammensetzung negativ auf die Leistungen der Gruppe auswirke. Hinzu komme, dass bei der Bewertung schriftlicher Arbeiten Lehrkräfte dazu neigten, Arbeiten von Schülern mit türkischem Namen tendenziell schlechter zu bewerten.Rn. 18
Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 Satz 1 der Sekundarstufe I-Verordnung (Sek I-VO), wonach für einzelne Schüler Ausnahmen von den Versetzungsanforderungen zugelassen werden könnten, wenn Minderleistungen auf besondere, von den Betroffenen nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen seien und zu erwarten sei, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer bisherigen Leistungsentwicklung erfolgreich in der nächsthöheren Jahrgangsstufe mitarbeiten könnten.Rn. 19
Die Minderleistungen der Klägerin, die zur Nichtversetzung geführt hätten, habe sie nicht zu vertreten, vielmehr seien sie auf die Klassenzusammensetzung, die damit verbundene strukturelle Diskriminierung und darauf zurückzuführen, dass erforderliche Fördermaßnahmen unterblieben seien. Die der Klägerin von der Grundschule erteilte Gymnasialempfehlung zeige, dass sie die erforderliche Leistungsfähigkeit besitze, um erfolgreich in der nächsthöheren Jahrgangsstufe mitarbeiten zu können. Das dem Beklagten nach § 31 Abs. 6 Sek I-VO zustehende Ermessen sei auf eine zugunsten der Klägerin zu treffende Entscheidung reduziert.Rn. 20
Die Nichtversetzungsentscheidung sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin entgegen § 31 Abs. 8 Satz 1 Sek I-VO nicht ausreichend gefördert worden sei. Zwar seien ihren Eltern die individuellen Defizite dargestellt und bestimmte Ratschläge gegeben worden. Außer Nachhilfeunterricht im Fach Englisch habe die Schule jedoch keine speziellen Fördermaßnahmen ergriffen. Soweit die Vorschrift besage, dass Versäumnisse bei der Umsetzung der Fördermaßnahmen keinen Rechtsanspruch auf Versetzung begründen, sei sie wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG nichtig.Rn. 21
Jedenfalls hätte der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, die siebte Klasse zu wiederholen, um ihre Leistungsfähigkeit am Gymnasium nachweisen zu können.Rn. 22
Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Nichtversetzung der Klägerin am Ende des Schuljahres 2011/2012 in die 8. Jahrgangsstufe der L...-Schule (Gymnasium) rechtswidrig war,
Rn. 23
hilfsweise,

festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass der Klägerin nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Schuljahr 2012/2013 das Probejahr an der L...-Schule (Gymnasium) in der Jahrgangsstufe 7 zu wiederholen.
Rn. 24
Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
Rn. 25
Nach seiner Auffassung ist die Klage bereits unzulässig. Dem Feststellungsbegehren der Klägerin stehe der Grundsatz der Subsidiarität entgegen, da die Klägerin das Begehren auf Bestehen der Probezeit und Versetzung in die 8. Jahrgangsstufe durch eine Verpflichtungsklage hätte verfolgen können.Rn. 26
Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehle es an einem erledigenden Ereignis; denn die von der Klägerin geltend gemachte Erledigung sei nicht objektiv eingetreten, sondern die Klägerin habe lediglich erklärt, dass sie kein Interesse mehr an der Rückkehr an das Gymnasium habe. Bei einem erfolgreichen Verpflichtungsbegehren hätte die Klägerin an ein Gymnasium zurückkehren können. Ein Feststellungsinteresse liege nicht vor, da die Erledigung bereits vor Klageerhebung eingetreten sei.Rn. 27
Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Entscheidung über die Nichtversetzung der Klägerin und damit über das Nichtbestehen der Probezeit sei rechtmäßig, da die Klägerin in sechs Fächern mangelhafte Leistungen erbracht habe. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmeentscheidung nach § 31 Abs. 6 Sek I-VO seien nicht gegeben. Die Minderleistungen der Klägerin seien nicht auf besondere, von ihr nicht zu vertretende Umstände zurückzuführen, insbesondere nicht darauf, dass sie durch die Klassenzusammensetzung diskriminiert worden sei. Die Zusammensetzung der von der Klägerin besuchten Klasse 7.5 habe den rechtlichen Vorgaben entsprochen. Die Bildung der Klassen sei eine schulorganisatorische Maßnahme, bei der der Schule ein weites Ermessen zustehe. An der L...-Schule sei hierbei maßgeblich auf die Wahl der zweiten Fremdsprache, den Teilnahmewunsch am evangelischen oder katholischen Religionsunterricht, eine Leistungsdurchmischung nach der Förderprognose zum Übergang in die Sekundarstufe I, eine möglichst ausgewogene Geschlechterverteilung und auf Wünsche der Schüler, Freundschaften aus der Grundschule zu berücksichtigen, abgestellt worden. Dies sei nicht willkürlich, sondern sachgerecht und ermessensfehlerfrei.Rn. 28
Auch sei die Zusammensetzung der Klasse 7.5 nicht kausal für die zur Nichtversetzung der Klägerin führenden Noten gewesen. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass in der Parallelklasse 7.6 mit einem gleichhohen Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache nur ein Schüler die Probezeit nicht bestanden habe. Zum anderen zeige der Vergleich mit der Klasse 7.2 mit einem Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache von nur 13 %, dass dies nicht zwangsläufig zu besseren Ergebnissen führe, da diese Klasse unter den acht Parallelklassen den zweithöchsten Anteil von Schülern aufgewiesen hätte, die die Probezeit nicht bestanden.Rn. 29
Von daher könne keine Rede davon sein, dass die Klägerin es nicht zu vertreten habe, dass ihre Leistungen in verschiedenen Fächern mit mangelhaft zu bewerten gewesen seien. Auch sei nicht zu erwarten, dass sie aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer bisherigen Leistungsentwicklung erfolgreich in der nächsthöheren Jahrgangsstufe würde mitarbeiten können. Die Förderprognose der von ihr besuchten Grundschule sei insoweit nicht aussagekräftig; denn sie habe sich für das Gymnasium nicht bewahrheitet, wie sich aus den zahlreichen mangelhaften Leistungen im Halbjahreszeugnis und im Jahreszeugnis sowie aus der Information über das Arbeits- und Sozialverhalten ergebe.Rn. 30
Aus der Klassenzusammensetzung als schulorganisatorischer Maßnahme seien keine Leistungsansprüche im Hinblick auf das Bestehen der Probezeit herzuleiten. Allein aus der Tatsache, dass die acht Klassen der Jahrgangsstufe 7 an der L...-Schule hinsichtlich des Anteils von Schülern mit nichtdeutscher Herkunftssprache unterschiedlich zusammengesetzt gewesen seien, ergebe sich nicht, dass gegen das auch im Schulgesetz verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen worden sei. Die der Klägerin während ihres Schulbesuchs gebotene Möglichkeit, sich von Schülern der gymnasialen Oberstufe in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch bei der Aufarbeitung des Unterrichts und der Anfertigung von Hausarbeiten unterstützen zu lassen, habe bei ihr nicht zu einer Verbesserung ihrer Leistungen geführt, da sie selten ihre Hausaufgaben erledigt, sich kaum am Unterrichtsgeschehen beteiligt habe und den nötigen Fleiß und Bildungswillen habe vermissen lassen.Rn. 31
Mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage könne schließlich auch der Hilfsantrag keinen Erfolg haben; denn nach § 59 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 56 Abs. 5 Satz 1 SchulG sei eine Wiederholung der Klasse nach Nichtversetzung am Ende der Jahrgangsstufe 7 ausgeschlossen; jedenfalls habe darüber nicht die Schule zu entscheiden gehabt.Rn. 32
Die Klägerin wurde im Schuljahr 2012/2013 in einer achten Klasse der A...-Schule, einer Integrierten Sekundarschule, unterrichtet und erzielte dort gute und befriedigende Noten.Rn. 33
Der Schulleiter der ...-Schule hat in der mündlichen Verhandlung seine im Klageverfahren bereits schriftlich vorgelegte dienstliche Stellungnahme, insbesondere zur Vorgehensweise bei der Zusammenstellung der Klassenverbände und zu den Förderangeboten, erläutert.Rn. 34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, und auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.Rn. 35

Entscheidungsgründe

Die Klage ist abzuweisen.Rn. 36
I. Bereits gegen die Zulässigkeit der als Fortsetzungsfeststellungsklage erhobenen Klage bestehen erhebliche Bedenken.Rn. 37
1. Fraglich ist hier insbesondere, ob der angegriffene Verwaltungsakt, also die Entscheidung, dass die Klägerin nicht in die Jahrgangsstufe 8 des Gymnasiums versetzt wird, tatsächlich erledigt ist. Erledigt hat sich ein Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO "anders" als durch Zurücknahme, wenn seine Regelungswirkung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG entfallen ist (vgl. zur Erledigung einer Schulordnungsmaßnahme nach einem Schulwechsel: OVG NRW, Beschluss vom 11. September 2012 – 19 A 928/10 – juris, Rn. 21 ff.). Die Ansicht der Klägerin, es sei schon dann von einer Erledigung auszugehen, wenn die Aufhebung des Verwaltungsaktes (für die Klägerin) sinnlos sei, überzeugt nicht (so wohl auch Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Ergänzungslieferung 2012, § 113 Rn. 81 f. mit Hinweis auf den Streitstand). Die Erledigung muss objektiv vorliegen. Daran fehlt es, wenn ein Kläger lediglich das Interesse an der Aufhebung des ihn belastenden Verwaltungsakts verloren hat (Änderung der Motivationslage); denn er hat nicht die Wahl zwischen Aufhebungs- und Feststellungsantrag (ebenda). Zwar ist jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die in der Nichtversetzung in die nächsthöhere Jahrgangsstufe liegende Beschwer entfallen, da die Klägerin inzwischen die 8. Klasse durchlaufen hat. Gegen ein erledigendes Ereignis spricht aber, dass die Entscheidung über die Nichtversetzung insofern fortwirkt, als der Klägerin damit zugleich (weiterhin) der weitere Besuch eines Gymnasiums versagt wird (§ 8 Abs. 1 Sek I-VO).Rn. 38
2. Allerdings kann die Klägerin, gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Nichtversetzung daraus herleiten, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die angegriffene Entscheidung sich auf die weitere schulische oder berufliche Laufbahn nachteilig auswirkt, ohne dass ein solcher Nachteil unmittelbar bevorstehen oder sich konkret abzeichnen muss (BVerwG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 – 6 B 61/06 –, NVwZ 2007, 227).Rn. 39
Soweit der Beklagte hingegen geltend macht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts nur dann anzuerkennen, wenn die Erledigung erst nach Klageerhebung eingetreten sei, dürfte dies nur auf den Fall zutreffen, in dem das Feststellungsinteresse aus der Präjudizialität für einen Schadensersatz oder Entschädigungsanspruch hergeleitet wird, weil in diesen Fällen dem Betroffenen zuzumuten ist, unmittelbar den dafür einschlägigen Zivilrechtsweg zu beschreiten.Rn. 40
3. In Frage steht jedoch auch das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die Regelung der Fortsetzungsfeststellungsklage in § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO soll es einem Kläger ermöglichen, dort, wo eine Aufhebung des gegen ihn ergangenen Verwaltungsakts wegen dessen Erledigung nicht mehr in Betracht kommt und eine Anfechtungsklage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses nunmehr unzulässig wäre, seinen Anfechtungsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts umzustellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 113, Rn. 95). Diese Regelung nimmt folglich darauf Rücksicht, dass der Kläger trotz einer außerprozessualen Veränderung der Sach- oder Rechtslage zu seinen Lasten, die die er nicht beeinflussen kann und die für sich betrachtet die Abweisung seiner Klage rechtfertigen würde, die Möglichkeit behalten soll, die bisherigen Verfahrensergebnisse noch einer gerichtlichen Entscheidung zuzuführen (vgl. Kopp/Schenke a.a.O., Rn. 96).Rn. 41
Die Klägerin hingegen nahm, nachdem ihr bekanntgegeben wurde, dass sie nicht in die 8. Jahrgangsstufe des Gymnasiums versetzt werde und daher das Probejahr nicht bestanden habe, den in dieser Situation gebotenen Rechtsschutz nicht in Anspruch. Weder legte sie Widerspruch gegen diese Entscheidung ein, noch verfolgte sie ihr Begehren mit einer auf Verpflichtung des Beklagten, sie in die 8. Jahrgangsstufe des Gymnasiums zu versetzen, gerichteten Verpflichtungsklage bzw. mit einer auf Neubescheidung ihres dahingehenden Begehrens gerichteten Klage, noch versuchte sie, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO, eine vorläufige Regelung dahin zu erreichen, dass sie bis zu einer Entscheidung über ihr Hauptsachebegehren an der L...-Schule verbleiben könne. Dies spricht dafür, dass ihr von Anfang an nicht daran gelegen war, eine Wiederherstellung des aus ihrer Sicht rechtmäßigen Zustandes zu erreichen. Sie wurde also nicht durch äußere Umstände oder durch Zeitablauf an der Geltendmachung primären und damit effektiven Rechtsschutzes gehindert, sondern hat von vornherein darauf verzichtet.Rn. 42
Soweit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) darauf hingewiesen wird, dass dem Feststellungsinteresse eines Klägers nicht entgegenzuhalten sei, dass er nicht versucht habe, die für ihn nachteiligen Wirkungen einer Nichtversetzung wirkungsvoll und zeitnah durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO mit dem Ziel der vorläufigen Versetzung abzuwenden und dadurch effektiven Rechtsschutz zu erlangen, kann weder dieser Entscheidung noch vergleichbaren Entscheidungen (vgl. Urteil des BVerwG vom 14. Juli 1978 - VII C 11.76 -, zitiert nach juris; Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 29. März 2006 - 19 A 3643/05, zitiert nach juris) entnommen werden, dass von vornherein, d. h. schon vor Eintritt der Erledigung, auch auf die gebotene Verpflichtungsklage verzichtet werden könne.Rn. 43
Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in seinem Urteil vom 14. Juli 1999 (6 C 7/87, NVwZ 2000, 63) mit Entschiedenheit bezweifelt, ob bei einer nicht von vornherein als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobenen Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts überhaupt entsprechend auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zurückzugreifen sei, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines vorprozessual erledigten Verwaltungsakts möglicherweise im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO zu verfolgen sei. Die allgemeine Feststellungsklage steht aber gemäß § 43 Abs. 2 VwGO unter dem Vorbehalt, dass der Kläger seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof hält in einem Beschluss vom 10. Januar 2011 (8 A 1779/10, zitiert nach juris) das berechtigte Interesses eines Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dann für zweifelhaft, wenn der Kläger die Entscheidung, deren Rechtswidrigkeit er festzustellen wünscht, „zunächst ohne Reaktion hingenommen“ hat.Rn. 44
Letztlich kann die Frage der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch dahinstehen, weil die Klage jedenfalls nicht begründet ist.Rn. 45
II. Die Entscheidung der Klassenkonferenz der L...-Schule, die Klägerin nicht in die 8. Jahrgangsstufe zu versetzen mit der (gesetzlich geregelten) Folge, dass sie das Gymnasium zu verlassen hatte, war nicht rechtswidrig. Sie entsprach den gesetzlichen Vorgaben.Rn. 46
1. Gemäß § 56 Abs. 5 des Schulgesetzes - SchulG - vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26) in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 13. Juli 2011 (GVBl. S. 347) wechseln Schüler, die im Gymnasium am Ende der Jahrgangsstufe 7 nicht versetzt werden, in die Jahrgangsstufe 8 der Integrierten Sekundarschule. § 7 der Verordnung über die Schularten und Bildungsgänge der Sekundarstufe I (Sek I-VO) vom 31. März 2010 (GVBl. S. 175) formuliert dies dahin, dass endgültig in das Gymnasium (nur) aufgenommen ist, wer das Probejahr mit Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 31 erfolgreich durchlaufen hat. Gemäß § 31 Abs. 2 Sek I-VO ist Voraussetzung für die Versetzung in die nächsthöhere Jahrgangsstufe am Gymnasium, dass der betreffende Schüler in höchstens einem Fach mangelhafte Leistungen bei ansonsten mindestens ausreichenden Leistungen erzielt hat. Versetzt wird auch, wer für mangelhafte Leistungen in höchstens zwei Fächern einen Notenausgleich nach Abs. 3 nachweisen kann. Danach können mangelhafte Leistungen in zwei Fächern durch mindestens befriedigende Leistungen in zwei anderen Fächern ausgeglichen werden, wobei allerdings eines der Ausgleichsfächer ein Kernfach (Deutsch, Mathematik, 1. oder 2. Fremdsprache) sein muss, wenn eine der beiden mangelhaften Leistungen auf ein Kernfach entfällt. Bei mangelhaften Leistungen in mehr als einem Kernfach ist ein Ausgleich ausgeschlossen (§ 31 Abs. 3 Satz 1 Sek I-VO).Rn. 47
Die während des gesamten Schuljahres erbrachten schulischen Leistungen der Klägerin (vgl. § 20 Abs. 5 Satz 2 Sek I-VO) in den Fächern Geschichte/Sozialkunde, Geografie und Chemie sowie in den Kernfächern Deutsch, 1. Fremdsprache (Englisch) und Mathematik wurden von den jeweiligen Fachlehrern mit der Note „mangelhaft“ bewertet. Die Klägerin erfüllte damit (bei weitem) nicht die Voraussetzungen, um am Gymnasium versetzt zu werden. Durchgreifende Einwendungen gegen die in dieser Weise erfolgte Bewertung ihrer Leistungen macht sie nicht geltend.Rn. 48
Gemäß § 20 Abs. 5 Sek I-VO werden die Zeugnisnoten im ersten Halbjahr einer Jahrgangsstufe aufgrund der Leistungen dieses Schulhalbjahres festgesetzt. Im zweiten Schulhalbjahr werden der Zeugnisnote die Leistungen des gesamten Schuljahres unter besonderer Berücksichtigung der Lern-, Leistungs- und Kompetenzentwicklung zugrunde gelegt (Jahresnote). Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 Sek I-VO gehen bei den Fächern, in denen Klassenarbeiten geschrieben werden, sämtliche schriftlichen Leistungen etwa zur Hälfte in die Zeugnisnote ein. Die Erteilung von Zeugnisnoten ist das Ergebnis einer höchstpersönlichen fachlich-pädagogischen Wertentscheidung der jeweiligen Lehrkraft über die in dem Schuljahr von dem Schüler erbrachten Leistungen und deshalb gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die beurteilende Lehrkraft Verfahrensvorschriften verletzt hat, von falschen Tatsachen ausgegangen ist, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat oder die Bewertung willkürlich ist (ständige Rechtsprechung der Kammer). Stellt sich dabei heraus, dass eine Bewertung fehlerhaft festgesetzt wurde, so wären die in diesem Fach erbrachten Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten; das Gericht dürfte die Bewertung wegen des fachlich-pädagogischen Beurteilungsspielraums des Lehrers nicht selbst anderweitig festsetzen. Hier sind Bewertungsfehler, deren Vorliegen das Gericht hätte prüfen können, von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.Rn. 49
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts findet die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts ihre Grenze dort, wo das Klagevorbringen keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet (Urteil vom 24. November 1981 - BVerwG 9 C 251.81 -, zitiert nach juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, die Tatsachengerichte sollten sich nicht "gleichsam ungefragt" auf Fehlersuche begeben (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 7. September 1979 - BVerwG 4 C 7.77 - Buchholz 406.11 § 10 BBauG Nr. 10; Beschluss vom 1. April 1997 - BVerwG 4 B 206.96 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 35; Beschluss vom 20. Juni 2001 - BVerwG 4 BN 21.01 - NVwZ 2002, 83). Dies gilt insbesondere im Prüfungsrecht, wenn also - wie hier - ein Kläger die Bewertung seiner Leistungen vor Gericht beanstandet (vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Aufl., Rn. 855 m.w.N.). Er darf sich nicht darauf beschränken, die Bewertung als „falsch“ zu bezeichnen, sondern er muss konkrete und substantiierte Einwendungen gegen bestimmte Wertungen vorbringen und er kann sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht ohne einen konkreten Hinweis die Benotung auf Fehler hin untersucht (ebenda).Rn. 50
Die Klägerin hat jedoch keine substantiierten Einwendungen gegen die ihr erteilten mangelhaften Benotungen erhoben. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich insbesondere nicht, dass und ggf. aus welchen Gründen sie in den oben genannten einzelnen Fächern statt der ihr jeweils erteilten Note „mangelhaft“ eine bessere Benotung hätte erhalten müssen. Insbesondere legt sie nicht dar, inwieweit diese (zusammenfassenden) Jahrgangsnoten auf nach ihrer Ansicht fehlerhaft bewerteten schriftlichen und/oder mündlichen Leistungen beruhen könnten. Sie beschränkt sich vielmehr auf die pauschale Behauptung, ihre mit mangelhaft bewerteten Leistungen seien nicht das Ergebnis fehlender Leistungsbereitschaft oder fehlenden Leistungsvermögens, sondern kausale Folge der von ihr beanstandeten Zusammensetzung der von ihr besuchten Klasse 7.5. der 7. Jahrgangsstufe der L...-Schule. Damit dringt sie nicht durch. Weder war die Klassenzusammensetzung rechtswidrig oder „strukturell diskriminierend“, noch lässt sich belegen, dass die Klassenzusammensetzung dazu führte, dass die Klägerin daran gehindert war, die für eine Versetzung erforderlichen schulischen Leistungen zu erbringen, und selbst dann hätte nicht anders entschieden werden dürfen, als die Klägerin nicht zu versetzen.Rn. 51
2. Die von der Klägerin beschriebene, von der L...-Schule für das Schuljahr 2011/2012 vorgenommene Einteilung der Klassen der 7. Jahrgangsstufe war weder von der Vorgehensweise noch vom Ergebnis her rechtlich zu beanstanden. Die in § 15 Abs. 1 SchulG statuierte Pflicht, Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache mit allen anderen Schülerinnen und Schülern grundsätzlich gemeinsam zu unterrichten, enthält keine konkreten Vorgaben für die Zusammensetzung einer Klasse. Insbesondere kann dieser Vorschrift nicht entnommen werden, dass bei mehrzügig eingerichteten Klassen eine gleichmäßige Verteilung der Schüler mit deutscher und mit nichtdeutscher Herkunftssprache vorgenommen werden müsste; denn es ist nicht erkennbar, dass ansonsten ernst zu nehmende Benachteiligungen für die betroffene Schülerschaft entstünden, die nicht anders als durch eine solche Verteilung zu verhindern wären. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - die Einteilung der Klassen nicht zu einer mehr oder weniger vollständigen Separierung der beiden Schülergruppen führt.Rn. 52
Die Bildung von Klassen und die Zuweisung der einzelnen Schüler zu bestimmten Klassen sind Maßnahmen der Schulorganisation, die ihre rechtliche Grundlage im Erziehungsauftrag des Staates und in dem sich daraus ableitenden Organisationsrecht der Schulen finden (vgl. Art. 7 Abs. 1 GG). Sie stehen wie jede andere schulorganisatorische Maßnahme grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Schule, die hier - wie bei allen Entscheidungen über die organisatorische Gliederung - einen weiten Spielraum hat (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1 Schulrecht, 4. Aufl., Rn. 754 ff.). Dies gilt vor allem, soweit es nicht um die allgemeine Gliederung des Schulsystems, sondern - wie hier - um Maßnahmen geht, die dem organisatorischen Ablauf des Schulbetriebs dienen (ebenda). Zwar muss Rücksicht darauf genommen werden, dass das elterliche Erziehungsrecht und Grundrechte der Schüler auch durch schulorganisatorische Maßnahmen nicht übermäßig und in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden (ebenda), jedoch ist die Schule nicht nur berechtigt, sondern durch den staatlichen Erziehungsauftrag auch verpflichtet, sich insoweit in erster Linie von pädagogischen Überlegungen und davon leiten zu lassen, dass sie einen effektiven Unterrichtsablauf zu gewährleisten hat. Dies gilt für die hier in Rede stehende Frage der Klasseneinteilung nicht zuletzt deshalb, weil - jedenfalls noch im Sekundarbereich I - das Schulverhältnis durch den Klassenverband geprägt ist, in dem der Schüler der besonderen Aufmerksamkeit und Zuwendung des Lehrers bedarf, dem die Beobachtung und Kontrolle des Lernerfolgs bei dem einzelnen Schüler obliegt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Oktober 2003 – 13 ME 343/03 –, juris).Rn. 53
Diesen Maßgaben entsprach die Entscheidung des Schulleiters der L...-Schule, der gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 SchulG die Gesamtverantwortung für die Arbeit der Schule trägt, bei der Einteilung der zum Schuljahr 2011/2012 aufgenommenen 261 Schülerinnen und Schüler auf einzelne Klassenverbände nach den von ihm in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 28. August 2012 im einzelnen dargestellten und in der mündlichen Verhandlung näher erläuterten Gesichtspunkten vorzugehen. Die hierbei zugrunde gelegten Kriterien waren sachgerecht, pädagogisch sinnvoll und erkennbar darauf ausgerichtet, auf der Grundlage der ihm über die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stehenden Informationen und unter Berücksichtigung des ihm für den Unterrichtseinsatz zur Verfügung stehenden Lehrpersonals Stundenpläne für alle Klassen zu erstellen, die dem Schulprogramm, den inhaltlichen und quantitativen Vorgaben der Rahmenpläne und Stundentafeln gerecht wurden und im Schulalltag auch realisierbar waren, und damit einen geordneten Schulbetrieb für das bevorstehende Schuljahr sicherzustellen. Danach war es nicht zu beanstanden, die Zusammensetzung der Klassen vorrangig an den von den Schülern bzw. ihren Eltern gewählten Fächern, hier insbesondere der zweiten Fremdsprache, und ihrer Entscheidung für den Besuch desselben Religionsunterrichts auszurichten, sich dabei aber auch von dem Ziel leiten zu lassen, eine weitgehend gleichmäßige Verteilung der Geschlechter und der - orientiert an den Förderprognosen der jeweiligen Grundschulen - unterschiedlichen Leistungsstärken zu erreichen sowie nicht zuletzt auch Wünsche nach Aufrechterhaltung gewachsener Bindungen (ein gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 der Grundschulverordnung schützenswerter Aspekt) zu respektieren. Einleuchtend erscheint dem Gericht nicht nur, dass die begrenzten personellen, räumlichen und zeitlichen Ressourcen hier wenig Alternativen zuließen, sondern dass es auch pädagogisch sinnvoll war, eine Grundlage dafür zu schaffen, dass der Unterricht in verschiedenen Fächern (wie z. B. Geschichte/Sozialkunde, Geografie) im gesamten Klassenverband inhaltlich auf die von diesen Schülern gewählte, an mehreren Wochentagen zu unterrichtende zweite Fremdsprache abgestimmt werden konnte. Dies und die vom Schulleiter dargestellte knappe Ausstattung mit Lehrpersonal sprachen dagegen, Klassenverbände ohne Rücksicht auf die gewählte zweite Fremdsprache zu bilden und sie für den insoweit durchzuführenden Unterricht jeweils zu trennen. Auch wenn der Schulleiter eingeräumt hat, dass nach seinen Erfahrungen arabisch- und türkischstämmige Schüler häufiger Französisch als zweite Fremdsprache wählen, war er rechtlich nicht gehindert, bei der Zusammenstellung der Klassenverbände auf die gewählte zweite Fremdsprache als eines der maßgeblichen Kriterien abzustellen, etwa weil - wie klägerseits behauptet worden ist - dies zwangsläufig zu einer einseitigen Verteilung der Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache geführt habe; denn er hat andererseits glaubhaft darauf verweisen können, dass auch türkische Schüler nicht nur in Einzelfällen Latein als zweite Fremdsprache wählten.Rn. 54
Der Ansicht der Klägerin, dass ohne Rücksicht auf den damit einhergehenden organisatorischen und personellen Mehraufwand die Zuordnung der Schülerinnen und Schüler zu den zu bildenden Klassenverbänden primär nach deren Herkunftssprache hätte vorgenommen werden müssen, kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass dem Schulleiter nach dessen glaubhaften Vortrag zu der Zeit, in der er die Klasseneinteilungen vorzunehmen hatte, die bis dahin bei den Grundschulen geführten Schülerbögen noch nicht vorlagen, denen er ggf. nähere Hinweise auf Herkunft und Herkunftssprache hätte entnehmen können, sondern nur die für die Schüler erteilten Förderprognosen und die von deren Eltern bei der Schulanmeldung gemachten Angaben, spricht nichts dafür, dass es allein sachgerecht gewesen wäre, auf die Herkunftssprache abzustellen. In Rechnung zu stellen ist dabei, dass sich eine Schülerschaft mit nichtdeutscher Herkunftssprache sowohl im Hinblick auf die jeweilige Sprache als auch hinsichtlich der durchaus unterschiedlich ausgeprägten Deutschkenntnisse nicht als homogene Gruppe darstellen dürfte und man ihr daher mit einer schematischen Einteilung nach der Herkunftssprache nicht gerecht würde.Rn. 55
3. Es gibt auch keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass die Vernachlässigung des Kriteriums „Herkunftssprache“ bei der Zusammenstellung der einzelnen Klassenverbände diejenigen Schülerinnen oder Schüler einer gravierenden Ungleichbehandlung aussetzte, die sich in Klassen mit einem höheren Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache wiederfanden, als er sich in anderen Klassen ergeben hatte, und daher von einer strukturellen Diskriminierung gesprochen werden könnte. Von einer Diskriminierung ist auszugehen bei der Benachteiligung von Menschen aufgrund eines schützenswerten Merkmals, wie Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität, ohne sachliche Rechtfertigung (vgl. §§ 1, 3, 8 bis 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz - AGG -). Davon kann im vorliegenden Zusammenhang keine Rede sein. Weder wurde die Klasse, in der die Klägerin unterrichtet wurde, in Anknüpfung an die ethnische Herkunft der Schüler zusammengesetzt, noch wurde die Klägerin wegen ihrer Herkunft diesem Klassenverband zugeordnet. Auch stellt die Zuordnung zu einem Klassenverband mit einem so hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund bzw. nichtdeutscher Herkunftssprache wie hier keine rechtlich fassbare Benachteiligung dar, weil nicht zu belegen ist, dass dadurch die Teilhabe am Bildungsangebot der Schule eingeschränkt oder der einzelne Schüler daran gehindert wäre, Leistungen zu präsentieren, die ihm das Fortkommen an dieser Schule ermöglichen.Rn. 56
Dass die Klassenzusammensetzung allein nach sachlichen Gesichtspunkten vorgenommen wurde und dass sich die unterschiedlich hohe Verteilung der Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache in den acht Parallelklassen allenfalls als ein zufälliges Ergebnis darstellte, ist oben bereits dargelegt worden.Rn. 57
Daher besteht auch kein individualrechtlich ausgestalteter Anspruch auf eine hinsichtlich der Herkunftssprache bestmögliche Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf eine mehrzügig ausgestaltete Jahrgangsstufe, gegen den hier verstoßen worden wäre. Noch viel weniger folgt aus einer von der Schule vorgenommenen Klasseneinteilung, die diesen Aspekt nicht in den Vordergrund stellt, ein wie auch immer gearteter Anspruch auf eine Anhebung der Bewertung der Benotung für die in dieser Klasse erbrachten schulischen Leistungen oder auf Versetzung trotz dafür nicht ausreichender Leistungen, wie ihn die Klägerin zu haben meint.Rn. 58
Die Klägerin hat weder belegen können, dass mit einem höheren Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in einer Schulklasse für den einzelnen Schüler dieser Klasse eine ihm nicht zuzurechnende Leistungsminderung einhergeht, noch bestehen ansonsten hinreichende Anhaltspunkte dafür, von einem derartigen „Kompositionseffekt“ auszugehen. Insbesondere spricht nichts dafür, dass Minderleistungen in einem Ausmaß, wie sie hier zu Tage traten, nicht auf individuelles Leistungsversagen, sondern auf äußere Umstände wie die Klassenzusammensetzung zurückzuführen wären. Dies gilt trotz der immer wieder geäußerten Bedenken gegen die Notengebung als geeignetes Instrumentarium für eine „gerechte“ Bewertung schulischer Leistungen.Rn. 59
Je nach Einzugsbereich einer Schule ist es denkbar, dass es zu einer Klassenbildung mit einem hohen Anteil von Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache keine Alternative gibt. Auch in einem solchen Fall wäre es nicht zulässig, für die Bewertung der schulischen Leistungen der Schüler andere rechtliche Vorgaben zu machen, als sie ansonsten bestehen. Ebenso wenig ist es zulässig, aus statistisch ermittelten Leistungsunterschieden bei unterschiedlich zusammengesetzten Klassen rechtliche Vorgaben dahin abzuleiten, dass diese Leistungsunterschiede zu eliminieren wären. Gerade die vom Beklagten dargestellten Beispiele der sehr unterschiedlichen Entwicklung der verschiedenen Klassen der 7. Jahrgangsstufe der L...-Schule hinsichtlich der Quote der Schüler, die das Ziel der Versetzung in die 8. Jahrgangsstufe nicht erreichten, zeigen, dass aus statistischen Erkenntnissen über das Leistungsniveau von Schülern in unterschiedlich zusammengesetzten Klassenverbände keine zuverlässige Korrelation für den Einzelfall hergeleitet werden kann.Rn. 60
Die Klägerin beruft sich insoweit im Wesentlichen darauf, dass nach verschiedenen, in den von ihr vorgelegten Gutachten von Alexander Klose wiedergegebenen, statistischen Erhebungen festgestellt worden sei, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund, insbesondere solche mit nichtdeutscher Herkunftssprache, zu einem höheren Anteil als andere Schülerinnen und Schüler eine verzögerte Schullaufbahn aufwiesen, weil sie zu einem hohen Prozentsatz später eingeschult würden und bei ihnen das Risiko höher als bei anderen sei, dass sie eine Klasse wiederholen müssten. Ferner gehe aus diesen Untersuchungen hervor, das Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund überproportional häufig in Hauptschulen anzutreffen und an Gymnasien unterrepräsentiert seien. Dies sei besonders ausgeprägt bei Schülerinnen und Schülern türkischer Herkunft. Sie hätten nicht nur Schwierigkeiten, in höhere Schulen überzugehen, sondern auch, sich dort zu halten, d.h. die Probezeit am Gymnasium zu bestehen.Rn. 61
Derartige Untersuchungsergebnisse sind kein Beleg dafür, dass allein oder vorwiegend der Migrationshintergrund bzw. die nichtdeutsche Herkunftssprache eines Schülers und seiner Mitschüler maßgebliche Ursachen der jeweils individuell festgestellten Minderleistungen wären, insbesondere, wenn diese so deutlich ausfallen, wie im vorliegenden Fall. So führen etwa die von der Klägerin herangezogenen Gutachten von Alexander Klose aus, dass es zur Erklärung des geringeren Schulerfolges von Schülern und Schülerinnen mit Migrationshintergrund durchaus verschiedene determinierende Faktoren gebe und dass hierbei auch die soziale Herkunft des Kindes maßgeblich sei, die mit dem Migrationshintergrund einhergehe. Hierbei sei davon auszugehen, dass Familien von Kindern mit Migrationshintergrund tendenziell über geringere sozioökonomische, kulturelle und soziale Ressourcen verfügten als einheimische, die sie in die Bildung ihrer Kinder investieren könnten. Schon hierdurch wird deutlich, dass weder der Migrationshintergrund als solcher noch die nichtdeutsche Herkunftssprache, sondern offenbar eher die intellektuelle und soziale Zusammensetzung der Klasse Auswirkungen auf die Lernleistungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler haben können.Rn. 62
Dies wird durch die in den Gutachten von Alexander Klose getroffene Feststellung, dass Kinder mit Migrationshintergrund überproportional häufig in Schulen und Klassen konzentriert würden, in denen ihr Anteil besonders hoch und das Leistungsniveau besonders niedrig sei, und dass dies zu geringeren Schulerfolgen führe, nicht widerlegt, zumal er einräumt, dass zwar die Existenz von Kompositionseffekten als bestätigt gelten könne, dass es aber nur wenige empirische Belege dafür gebe, auf welche Art und Weise diese ihre Wirkung entfalten würden, dass Kompositionsbedingungen in den seltensten Fällen direkt auf Lern- und Entwicklungsprozesse einwirkten und dass die bisherige Befundlage der Schuleffektivitätsforschung hinsichtlich der Art und Größe der Kompositionseffekte nicht schlüssig sei. Der Hinweis darauf, dass Lehrkräfte eine unangemessen niedrige Erwartungshaltung gegenüber Klassen hätten, in denen Kinder mit geringen Kenntnissen lernten, erklärt gerade nicht, dass die der Klägerin erteilten schlechten Noten nicht ihren tatsächlichen Leistungen entsprochen hätten.Rn. 63
Der Befund, dass an „Schulen mit insgesamt hohem Migrantenanteil“ vorwiegend Jugendliche zu finden seien, die in ihrer Familie und unter Freunden kein Deutsch, sondern ihre Herkunftssprache verwenden, ist allenfalls ein Hinweis darauf, dass die individuellen Ausgangsvoraussetzungen für schulischen Erfolg insoweit unterschiedlich sind, nicht aber darauf, dass von diesen Schulen leistungsmindernde Effekte ausgehen. Auch der von Alexander Klose wiedergegebene Befund einer Längsschnittstudie zur Leseleistung von Grundschülern in Klassen mit höherem Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund ist nicht geeignet, derart verallgemeinernde Schlüsse aus der Klassenzusammensetzung zu ziehen, mit denen die Klägerin aber ihre Klagebegründung stützt. Zwar verweist Alexander Klose auch darauf, dass sich bei einem Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund von mehr als 30 Prozent statistisch ein negativer Einfluss auf die Leseleistung gezeigt und bei über 70 Prozent als signifikant erwiesen habe; dies gelte aber nur für Schüler mit türkischem Hintergrund. Die Schlussfolgerung, von der die Klägerin offenbar ausgeht, dass ihre mit „mangelhaft“ bewerteten schulischen Leistungen auf diesen Effekt zurückzuführen seien, wird dadurch (und auch sonst) nicht belegt. Dies gilt auch für die verallgemeinernde Aussage in den Gutachten von Alexander Klose, bei einem Anteil von über 70 Prozent Schüler „einer bestimmten ethnischen Herkunft“ seien „kritische Klassenmilieus“ zu befürchten, „die außerordentlich schädliche Auswirkungen auf die Leistungsentwicklung von Jugendlichen“ hätten, zumal für diese Zuspitzung keine weiteren Belege angeführt werden. Abgesehen davon war schon vom Tatsächlichen her eine derartige Konstellation in der Klasse der Klägerin nicht gegeben.Rn. 64
Auch wenn man in den genannten Untersuchungsergebnissen eine allgemein bedenkenswerte Problembeschreibung und Erläuterung möglicher Ursachen für schulisches Versagen von Schülern mit Migrationshintergrund sehen kann, erlaubt es dies nicht, einem einzelnen Schüler statt der ihm nach den dafür gesetzlich vorgegebenen Maßgaben für seine Leistungen während eines Schuljahres erteilten Benotungen einen Anspruch auf eine jeweils bessere Benotung oder gar einen Versetzungsanspruch trotz dafür nicht ausreichender Leistungen zuzuerkennen. Denn den Untersuchungen ließe sich allenfalls entnehmen, dass bei einem bestimmten, statistisch ermittelbaren Anteil der betroffenen Schülerinnen und Schüler deren Migrationshintergrund und möglicherweise auch damit im Zusammenhang stehende Kompositionseffekte einen negativen Einfluss auf deren schulisches Leistungsvermögen haben könnten. Hierdurch ist jedoch zugleich ausgesagt, dass dies bei einem anderen Teil dieser Schüler nicht der Fall ist. Ebenso schließen diese Untersuchungsergebnisse keineswegs aus, dass die zu schlechten Benotungen führenden Leistungen eines Schülers auf andere als die genannten äußeren Bedingungen zurückzuführen sind. Unterstrichen wird dies durch die Ergebniszusammenfassung in den bereits zitierten Gutachten von Alexander Klose, dass empirische Untersuchungen gezeigt hätten, dass keiner der bisher entwickelten theoretischen Ansätze in der Lage sei, monokausal zu erklären, warum ein Migrationshintergrund in allen Stufen des deutschen Schulsystems zu Benachteiligungen führe. Vielmehr scheine der geringere Schulerfolg von Schülern mit Migrationshintergrund von verschiedenen Faktoren abzuhängen, wobei die ethnische Zusammensetzung der Schülerschaft für die statistisch nachzuweisenden Leistungsunterschiede (allenfalls) mitursächlich sei.Rn. 65
4. Aus alldem ergibt sich, dass auch die Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 Sek I-VO im Fall der Klägerin nicht vorlagen, die der Klassenkonferenz einen Ermessensspielraum dahin eröffnet hätten, eine Ausnahme von den Versetzungsanforderungen zuzulassen. Weder beruhten die Minderleistungen auf von der Klägerin nicht zu vertretenden Umständen (§ 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Sek I-VO), noch konnte erwartet werden, dass sie aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und bisherigen Leistungsentwicklung erfolgreich in der nächsthöheren Jahrgangsstufe würde mitarbeiten können (§ 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Sek I-VO).Rn. 66
Allein aus der Tatsache, dass eine andere Klassenzusammensetzung zu einem besseren Lernklima führen kann, weil mit einer an der Herkunftssprache orientierten Zusammensetzung der Klasse auch eine andere Zusammensetzung nach sozialer Herkunft einhergehen würde, kann nicht geschlussfolgert werden, dass die in den einzelnen Fächern mit mangelhaft bewerteten Minderleistungen der Klägerin von ihr nicht zu vertreten waren, wie dies etwa im Falle längerer krankheitsbedingter Ausfallzeiten der Fall hätte sein können. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass die von den jeweiligen Lehrkräften der Klägerin zugedachten Benotungen deren individuell ermittelten Leistungsstand entsprachen und damit auf einer tragfähigen Grundlage beruhten. Beleg hierfür ist nicht zuletzt das in den Informationen über das Arbeits- und Sozialverhalten dokumentierte Ergebnis über die nur gering ausgeprägte Lern- und Leistungsbereitschaft sowie Zuverlässigkeit und nur durchschnittlich ausgeprägte weitere für das Leistungsbild relevante Verhaltensweisen. Wenn überhaupt, könnte sich die Klägerin auf äußere Umstände nur dann berufen, wenn es ihr trotz größtmöglicher eigener Anstrengung nicht gelungen wäre, die geforderten Leistungen zu zeigen. Hierfür ist nichts ersichtlich.Rn. 67
Ersichtlich ist ferner nicht, worauf abgestellt werden sollte, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Leistungsfähigkeit und bisherige Leistungsentwicklung der Klägerin eine erfolgreiche Mitarbeit in der Jahrgangsstufe 8 des Gymnasiums hätten erwarten lassen. Anders als im Falle eines auf längere Krankheit zurückzuführenden „Leistungseinbruchs“ bei ansonsten positiven Leistungen waren die Leistungen der Klägerin während des gesamten Schuljahres unzureichend, so dass sie nicht einmal für einen begrenzten Zeitraum belegen kann, dass sie den gymnasialen Anforderungen gewachsen war. Auf die Förderprognose der von ihr zuvor besuchten Grundschule kann sie sich insoweit nicht stützen. Dabei handelte es ich lediglich um eine Einschätzung der sie damals unterrichtenden Lehrkräfte aufgrund der Lern- und Kompetenzentwicklung während des Grundschulbesuchs. Mit dem durch zahlreiche mangelhafte Benotungen dokumentierten Misserfolg schon während des ersten Schulbesuchsjahres am Gymnasium hat die Klägerin vielmehr die ihr von der Klassenkonferenz der Grundschule gestellte Prognose widerlegt. Umso weniger Aussagekraft hat diese für die nächsthöhere Jahrgangsstufe.Rn. 68
5. Schließlich ist die Klägerin mit dem Einwand, die aus ihrer Sicht fehlerhafte Zusammensetzung der von ihr besuchten Klasse sei die maßgebliche Ursache für die zu mangelhaften Benotungen führenden Minderleistungen gewesen, nach Treu und Glauben auch deshalb ausgeschlossen, weil sie damit das Verfahren beanstandet, in dem sie die zu bewertenden schulischen Leistungen zu erbringen hatte und sich darauf erst beruft, nachdem das Schuljahr abgeschlossen und damit der Prozess der Leistungsermittlung und Bewertung abgeschlossen und ihr die Ergebnisse bekannt gegeben worden waren. Damit hat sie gegen ihre Mitwirkungsobliegenheit verstoßen, die jedem Prüfling und daher auch einem Schüler obliegt, dessen Leistungen geprüft und bewertet werden. Es stand der Klägerin nicht frei, die aus ihrer Sicht rechtswidrigen äußeren Bedingungen des Schulbetriebes, durch die sie sich gehindert sah, die für eine Versetzung erforderlichen Leistungen nachzuweisen, zunächst hinzunehmen und sie erst nach Bekanntgabe ihres Misserfolgs zu beanstanden, zumal sie bereits frühzeitig auf eine Versetzungsgefährdung hingewiesen wurde.Rn. 69
Im Prüfungsrecht gehört es grundsätzlich zu den Pflichten eines in seiner Leistungsfähigkeit, etwa durch Krankheit oder äußere Umstände, beeinträchtigten Prüflings, dies nicht nur anzuzeigen oder zu rügen, sondern - sofern Abhilfe nicht möglich ist oder nicht geschaffen wird - ohne schuldhaftes Zögern zu entscheiden, ob er aus diesem Grunde zurücktritt oder trotz der Beeinträchtigung diesen Teil der Prüfung gelten lassen will (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1988 - BVerwG 7 C 8.88 -Buchholz 421.0 Nr. 259 m.w.N.). Dies kann dahin verallgemeinert werden, dass die Gründe, die als Prüfungsverfahrensfehler zum Rücktritt berechtigen, zeitnah zu rügen sind und dass somit für die Geltendmachung von Umständen, derentwegen ein Prüfling die Prüfung nicht gegen sich gelten lassen will, eine Mitwirkungsobliegenheit besteht; denn das Erfordernis unverzüglicher Geltendmachung von Rücktrittsgründen dient auch dazu, dass die Prüfungsbehörde rechtzeitig weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben oder Abhilfe schaffen kann (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 2013 – 14 E 135/13 –, juris).Rn. 70
6. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Nichtversetzung auch nicht daraus, dass die Schule ihre Pflicht verletzt hätte, Fördermaßnahmen gemäß § 31 Abs. 8 Sek I-VO i.V.m. § 59 Abs. 2 Satz 2 SchulG festzulegen, nachdem sich für die Klägerin eine Gefährdung ihrer Versetzung abzeichnete. Abgesehen davon, dass der Klägerin die Möglichkeit geboten wurde, während der Monate November und Dezember 2011 sowie März und April 2012 durch Oberstufenschüler betreut zu werden und für sie im Februar 2012 für das Fach Englisch ein Förderplan erstellt und darin individuelle Fördermaßnahmen aufgezeigt wurden, hätte ein dahingehendes Unterlassen weder einen Anspruch auf Erteilung einer besseren Note noch auf Versetzung begründen können (vgl. schon OVG Berlin, Beschluss vom 16. November 2004 - OVG 8 S 130.04 - zum Bildungsplan). Für eine Nichtigkeit der gleichlautenden Aussage in § 31 Abs. 8 Satz 2 Sek I-VO spricht nichts. Die genannten Vorschriften sehen ein besonderes Verfahren vor, falls im Laufe des Schuljahres eine Nichtversetzung droht. Mit dieser Regelung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Nichtversetzungen auf das unabänderliche Maß zu beschränken und Misserfolgserlebnisse für die Schülerinnen und Schüler zu vermeiden. Alle an den Leistungsrückständen und der drohenden Nichtversetzung Beteiligten, d.h. Lehrkräfte, Schüler und deren Erziehungsberechtigte, sollen entsprechend ihrer Verantwortung dazu beitragen, dass die Leistungsrückstände zum Schuljahresende aufgeholt werden. Die Einbeziehung der Schüler und deren Erziehungsberechtigten soll die Akzeptanz und pädagogische Wirksamkeit dieser Maßnahmen erhöhen. Sind die Erziehungsberechtigten der Auffassung, dass die individuellen Fördermaßnahmen mängelbehaftet oder unzureichend sind, so haben sie die Obliegenheit, diese Mängel unverzüglich gegenüber der Schule anzuzeigen, da nur bei einer zeitnahen Klärung und Behebung etwaiger Mängel das Versetzungsziel erreicht werden kann (OVG Berlin, Beschluss vom 16. November 2004, a.a.O.). Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie oder ihre schon mit dem Halbjahreszeugnis vom 27. Januar 2012 über den schlechten Leistungsstand informierten Erziehungsberechtigten hinsichtlich der festgelegten Fördermaßnahmen Einwände erhoben oder Abhilfe begehrten.Rn. 71
7. Über das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren hatte die Klassenkonferenz der L...-Schule nicht zu entscheiden. Während § 7 Abs. 1 SchulG a.F. noch vorsah, dass die seinerzeit geltende halbjährige Probezeit am Gymnasium auf Beschluss der Klassenkonferenz im zweiten Schulhalbjahr zu wiederholen war, ist mit der Neuregelung, die den Verbleib am Gymnasium davon abhängig macht, dass eine Versetzung in die 8. Jahrgangsstufe erreicht wird, diese Möglichkeit weggefallen. Zwar kann nach § 59 Abs. 3 Satz 5 SchulG die Schulaufsichtsbehörde grundsätzlich auch von dem Verbot der Wiederholung der siebten Jahrgangsstufe in § 59 Abs. 3 Satz 2 SchulG suspendieren, jedoch fehlt es für die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit einer solchen Entscheidung schon daran, dass sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt mit einem entsprechenden Anliegen an die Schulaufsichtsbehörde gewandt hatte, und ihr daher das (erst bei einer ablehnenden Entscheidung gegebene) Rechtsschutzbedürfnis fehlt.Rn. 72
III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO erforderlichen Voraussetzungen sind nicht erfüllt.Rn. 73