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AGH Hamm, Urt. v. 10.06.2020 – 1 AGH 31/19 – „Stickerei auf Anwaltsrobe; hier: Irdische Richter sind fehlbar“

ZVR-Online Dok. 11/2020 – online seit 05.09.2020

§ 27 BRAO, § 119 BRAO, § 8 UWG

Leitsätze des Klägers und Einsenders (Dr. Martin Riemer, Brühl):

1. Nimmt ein Rechtsanwalt, der im Bezirk der beklagten Rechtsanwaltskammer eine weitere Kanzlei gem. § 27 Abs. 2 BRAO unterhält, diese auf negative Feststellung in Anspruch, dass die von ihm beabsichtigte Bestickung seiner Anwaltsrobe nicht gegen anwaltliches Wettbewerbsrecht verstößt, so handelt es sich jedenfalls dann um eine verwaltungsrechtliche Anwaltssache, die gem. § 112a BRAO den Rechtsweg zur Anwaltsgerichtsbarkeit eröffnet, wenn der Kläger vorträgt, einem berufsrechtlichen Aufsichtsverhältnis durch die Beklagte zu unterliegen. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs zur Anwaltsgerichtsbarkeit ist maßgeblich auf den Klägervortrag abzustellen.

Rn. 1

2. Die Rüge der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit beinhaltet nicht zugleich die Rüge der Zulässigkeit des Rechtswegs (§ 17a Abs. 3 GVG).

Rn. 2

3. Eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist gem. § 17a Abs. 4 Satz 4 -6 GVG i.V.m. § 112a Abs. 2 Nr. 2 BRAO nur anfechtbar, wenn die Beschwerde zum Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs zugelassen wird.

Rn. 3

4. Fehlt es an einem ausdrücklich bekundeten Willen einer Rechtsanwaltskammer, einen ihr nicht mitgliedschaftlich angehörenden Rechtsanwalt wegen Aktivitäten in ihrem Bezirk wettbewerbsrechtlich in Anspruch zu nehmen, ist eine vorbeugende Feststellungsklage i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klage der Klärung eines öffentlich-rechtlichen Wettbewerbsverhältnisses oder der Vorbeugung von Beseitigungs- und Wiederholungsunterlassungsansprüchen nach § 8 UWG dienen soll.

Rn. 4

5. Berufsrechtliche Schritte seitens einer Rechtsanwaltskammer, der ein Rechtsanwalt nicht angehört, braucht dieser nicht zu fürchten, da sich die Aufsichtsgewalt von Rechtsanwaltskammern nur auf den Kreis ihrer Mitglieder erstreckt.

Rn. 5

6. Die Doppelmitgliedschaft eines Rechtsanwalts in zwei Rechtsanwaltskammern ist nicht möglich.

Rn. 6

7. Der Auffangstreitwert gem. §§ 194 Abs. 1 S. 1 BRAO, 52 Abs. 2 GKG von 5.000 € ist pro Klageantrag anzusetzen.

Rn. 7

Entscheidung

Die Entscheidung kann hier aufgerufen werden. Die Klageschrift, die weitere verfahrensbezogene Informationen enthält, kann mit Einverständnis des Verfassers über die Redaktion von ZVR-Online angefordert werden.