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OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 14.03.2012 – 3 L 56/09 – „Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen“

ZVR-Online Dok. Nr. 27/2012 – online seit 25.07.2012

Art. 8 Abs. 2 RL 91/439/EWG, Art. 8 Abs. 4 RL 91/439/EWG, § 46 FeV, § 3 StVG

Leitsätze

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG (juris: EGRL 439/91) die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor. Diese Bestimmung erlegt den Mitgliedstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. u. a. EuGH, Urt. v. 01.03.2012 - C-467/10 - „Akyüz“). Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG (juris: EGRL 439/91) gestattet den Mitgliedstaaten jedoch, sich unter bestimmten Umständen und insbesondere aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs auf ihre innerstaatlichen Vorschriften über die Einschränkung, die Aussetzung, den Entzug oder die Aufhebung der Fahrerlaubnis gegenüber jedem Inhaber eines Führerscheins zu berufen, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet hat.Rn. 1
2. Ein Zugriffsrecht des Mitgliedstaates des gewöhnlichen Aufenthalts im vorgenannten Sinne besteht z. B. auch dann, wenn der neue Führerschein unter Missachtung der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzungen ausgestellt worden ist.Rn. 2
3. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich weiter, dass es einem Aufnahmemitgliedstaat jedoch verwehrt ist, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern, wenn nicht anhand von Informationen des Aufnahmemitgliedstaats, sondern aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 91/439/EWG (juris: EGRL 439/91) vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht beachtet wurde.Rn. 3
4. Als der ordentliche Wohnsitz im Sinne der Richtlinie ist der Ort zu verstehen, den der Betroffene als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Mit dem Kriterium „ständig“ wird dabei auf die Voraussetzung verwiesen, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Betroffenen an dem entsprechenden Ort mindestens 185 Tage im Kalenderjahr umfasst. Die Nichterfüllung des Wohnsitzerfordernisses ergibt jedoch nicht "unbestreitbar" aus einer Meldebescheinigung des Ausstellerstaates, aus der sich rechnerisch ein Aufenthalt von weniger als 185 Tagen im Kalenderjahr ergibt, da es nicht als unbestreitbar gesichert gelten kann, dass der Zeitpunkt der behördlichen Anmeldung einer Person an einem Ort mit dem Tag identisch ist, an dem sie dort einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG (juris: EGRL 439/91) begründet hat, denn der europäische Richtliniengeber hat bei der Definition des ordentlichen Wohnsitzes im Sinne dieser Regelung keinen Verweis auf melderechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten aufgenommen.Rn. 4

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von ihrer in Polen erworbenen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.Rn. 5
Die Klägerin war Inhaberin einer deutschen Fahrerlaubnis der vormaligen Klassen 3, 4 und 5. Der Landrat des Kreises Gütersloh entzog der Klägerin die Fahrerlaubnis mit Verfügung vom 26. Juni 2000, da sie an einem Aufbauseminar für mehrfach auffällige Kraftfahrer nicht teilgenommen hatte. Zur Teilnahme an diesem Aufbauseminar war sie aufgefordert worden, weil die für sie im Verkehrszentralregister erfassten Verkehrszuwiderhandlungen mit 16 Punkten bewertet worden waren.Rn. 6
Nach der Entziehung der Fahrerlaubnis wurde die Klägerin am 2. Februar 2001 vom Amtsgericht Halle/Westfalen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe verurteilt sowie eine Fahrerlaubnissperre bis zum 21. August 2001 und ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt. Am 25. Juni 2001, 24. April 2002 und am 30. September 2002 wurde die Klägerin vom Amtsgericht Halle/Westfalen erneut jeweils wegen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und zudem eine Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bis zum 23. Juni 2004 erteilt.Rn. 7
Am 19. Mai 2004 sprach die Klägerin in der Fahrerlaubnisbehörde des Kreises Gütersloh vor und trug vor, Inhaberin einer polnischen Fahrerlaubnis zu sein und beantragte unter Angabe ihres Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland die Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis. Der Klägerin wurde daraufhin mitgeteilt, dass die vom Amtsgericht Halle/Westfalen festgesetzte Sperre erst am 23. Juni 2004 ablaufe und sie daher keinen Gebrauch von der polnischen Fahrerlaubnis im Bereich der Bundesrepublik Deutschland machen dürfe.Rn. 8
Am 6. September 2004 legte die Klägerin bei der Straßenverkehrsbehörde in Gütersloh eine polnische Fahrerlaubnis der Klasse B vor. Dieser Führerschein ist am 4. August 2004 ausgestellt worden. Als ausstellende Behörde ist der Landrat (Starosta) des Powiat (Landkreis) Jeleniogorski genannt. Als Wohnort der Klägerin in Polen wird in der Fahrerlaubnis M-Stadt angegeben. Mit Schreiben vom 27. März 2009 übersandte das Kraftfahrt-Bundesamt an die Beklagte eine Bescheinigung der Verwaltung von Jelenia Góra im Landkreis Jeliniogorski vom 17. März 2009, wonach die Klägerin vom 9. Juni 2004 bis zum 8. September 2004 unter der in der Fahrerlaubnis genannten Adresse in Polen gemeldet war.Rn. 9
Mit Schreiben vom 20. April 2005 forderte der Landrat des Kreises Gütersloh die Klägerin auf, ein medizinisch-psychologisches Eignungsgutachten zu der Frage „Ist zu erwarten, dass die Untersuchte zukünftig erheblich gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird?“ vorzulegen, um die sich aus den wiederholten Verkehrsverstößen in den Jahren 2000 bis 2002 ergebenden Eignungszweifel zu beseitigen. Mit dem Wohnsitzwechsel der Klägerin nach Magdeburg übersandte der Landrat des Kreises Gütersloh der Beklagten die Fahrerlaubnisunterlagen der Klägerin.Rn. 10
Mit Bescheid vom 21. Februar 2006 entzog die Beklagte der Klägerin die Fahrerlaubnis, da die Klägerin das angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist vorgelegt hatte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis habe die Wirkung der Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Die Beklagte forderte die Klägerin ferner auf, innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung der Verfügung die polnische Fahrerlaubnis zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen, ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an und drohte für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- € an.Rn. 11
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 21. Januar 2007 Widerspruch ein, den das Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 30. Juli 2008 als unzulässig zurückwies.Rn. 12
Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 24. März 2006 entzog die Beklagte der Klägerin erneut die Fahrerlaubnis, da aus Sicht der Beklagten eine Zustellung des Bescheides vom 21. Februar 2006 an die Klägerin nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Dieser Bescheid ist mit Ausnahme des Datums mit dem vom 21. Februar 2006 identisch. Den Bescheid vom 24. März 2006 stellte die Beklagte am selben Tage öffentlich zu. Die ausgehängte Benachrichtigung enthielt keinen Hinweis, dass durch die Zustellung Fristen in Gang gesetzt werden können, nach deren Ablauf Rechtsverlust drohen könnte. Am 21. September 2007 übersandte die Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Bescheid vom 24. März 2006. Am 4. Oktober 2007 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. März 2006 ein, den das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2008 als unzulässig zurückwies.Rn. 13
Hiergegen hat die Klägerin am 25. März 2008 vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben. Zur Begründung der Klage trug sie im Wesentlichen vor, die Klage sei zulässig, insbesondere sei sie auch fristgerecht erhoben worden. Sie sei nicht gehalten, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, weil sie mit einem solchen Testverfahren nicht vertraut sei. Die Anordnung, den polnischen Führerschein innerhalb von fünf Tagen vorzulegen, sei unverhältnismäßig. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz nach Polen verlegt. Deshalb bestünde keine Gefahr, dass sie von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch machen werde. Die Beklagte sei nicht befugt, die in Polen erworbene Fahrerlaubnis zu entziehen bzw. das Recht abzuerkennen, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis im Jahre 2004 ihren Wohnsitz in Polen gehabt.Rn. 14
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2008 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Rn. 15
Die Beklagte hat zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.Rn. 16
Mit Urteil vom 19. Januar 2009 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2006 insoweit aufgehoben, als darin die Klägerin verpflichtet wurde, ihren Führerschein fünf Tage nach Zustellung der Verfügung zur Eintragung vorzulegen und ihr ein Zwangsgeld angedroht wurde.Rn. 17
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klage zulässig sei. Insbesondere sei der Bescheid nicht wegen eines verfristeten Widerspruchs bestandskräftig, denn der Bescheid sei der Klägerin erstmals am 21. September 2007 bekannt geworden. Die öffentliche Zustellung sei unwirksam, weil entgegen §§ 1 Abs. 1 VwZG LSA, 10 Abs. 2 Satz 3 VwZG die Beklagte in der Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung nicht darauf hingewiesen habe, dass durch sie Fristen in Gang gesetzt werden, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen könnten. Die Klage sei jedoch nur teilweise begründet. Die Aufforderung zur Vorlage des Führerscheins und die Zwangsgeldandrohung seien wegen Verstoßes gegen die örtliche Zuständigkeit gemäß § 73 Abs. 2 und 3 FeV rechtswidrig. Die Klägerin habe im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheides am 21. September 2007 ihren Wohnsitz wieder im Kreis Gütersloh gehabt. Dieser Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit sei gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA, 46 VwVfG auch nicht unbeachtlich. Bei den Entscheidungen handele es sich nicht um gebundene, sondern um Ermessensentscheidungen.Rn. 18
Die Aberkennung des Rechts von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen sei jedoch rechtmäßig. Der Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG, § 46 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 FeV stehe insbesondere nicht das Recht der Europäischen Union entgegen. Der Aufnahmemitgliedstaat könne die Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis, die nach einer auf seinem Hoheitsgebiet verfügten Entziehung der früheren Fahrerlaubnis erworben worden sei, jedenfalls dann verweigern, wenn aufgrund der Angaben im Führerschein oder anderen vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass die in Artikel 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG vorgeschriebene Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung des ausländischen Führerscheins nicht erfüllt gewesen sei. Im Zeitpunkt der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis im August 2004 habe die Klägerin ihren Wohnsitz im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, Art. 9 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG noch nicht an einem polnischen Wohnort gehabt. Als ordentlicher Wohnsitz im Sinne der Richtlinie gelte hiernach der Ort, an dem ein Fahrerlaubnisinhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohne. Die Klägerin habe am 19. Mai 2005 (gemeint ist offensichtlich 2004, Beiakte A Bl. 149) gegenüber der damals zuständigen deutschen Fahrerlaubnisbehörde noch ihren in Deutschland befindlichen Wohnsitz angegeben. Es könnten daher im August 2004 noch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen haben, dass die Klägerin zumindest 185 Tage im Kalenderjahr in Polen wohne. Vorliegend sei es im August 2004 auch für die ausstellende polnische Behörde ersichtlich gewesen, dass sich die Klägerin zumindest damals überwiegend in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten habe. Allein aus dem Umstand, dass die polnische Behörde bei der Ausstellung des Führerscheins einen polnischen Wohnsitz eingetragen habe, könne noch nicht gefolgert werden, dass die Klägerin im Jahre 2004 185 Tage dort gewohnt habe. Dem Gericht sei aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt, dass zumindest noch im Jahr 2004 die polnischen Behörden, ohne dass die Voraussetzung eines polnischen Wohnsitzes vorgelegen hätte, deutschen Staatsangehörigen, die ausschließlich im Bundesgebiet gewohnt hätten, Fahrerlaubnisse erteilt hätten. Seien daher die nationalen Vorschriften uneingeschränkt anwendbar, habe die Beklagte die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung zu Recht darauf gestützt, dass die Klägerin das angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht habe. Gemäß §§ 46 Abs. 3 und 4, 11 Abs. 8 FeV dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser sich weigere, sich untersuchen zu lassen oder zu Recht von ihm angeforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringe und auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden sei. Zu Recht habe die Fahrerlaubnisbehörde die Klägerin aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorzulegen. Wegen der Vielzahl der Verkehrszuwiderhandlungen bestünden Zweifel an der Kraftfahreignung. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig. Der Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit sei unbeachtlich, weil es sich bei dieser Maßnahme um eine gebundene Entscheidung gehandelt habe.Rn. 19
Mit der vom Senat mit Beschluss vom 16. Februar 2010 zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor, dass das angefochtene Urteil in dem Umfange, in dem es die Klage abweise, unrichtig sei. Die Beklagte habe nicht die Befugnis gehabt, der Klägerin das Recht abzusprechen, von der polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Dies ergebe sich bereits aus der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union. Es gebe keine vom Ausstellerstaat Polen herrührenden unbestreitbaren Informationen, aus denen sich schließen lasse, dass die Klägerin das Wohnsitzerfordernis im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheines nicht erfüllt habe. Im Übrigen weist die Klägerin darauf hin, dass ihr der am 4. August 2004 ausgestellte Führerschein bei einem Wohnungseinbruch gestohlen worden sei. Die zuständige Behörde in Polen habe ihr am 2. Oktober 2009 eine Zweitausfertigung des Führerscheins ausgestellt.Rn. 20
Die Klägerin beantragt,
das auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2009 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 1. Kammer - abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2008 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Rn. 21
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass es entgegen dem Vortrag der Klägerin unbestreitbare Informationen des Ausstellerstaates gebe, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins ihren Wohnsitz nicht in Polen gehabt habe. Nach einer Mitteilung von Interpol Warschau vom 21. Juni 2010 sei die Klägerin im dortigen zentralen Einwohnerregister nicht verzeichnet. Nach Rücksprache mit dem Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt gebe es Informationen, dass polnische Ausweise in Verbindung mit Führerscheinen häufig gefälscht worden seien. Ferner sei die Klägerin auch nicht im polnischen Zentralregister für Fahrzeuge und Fahrzeugführer als Fahrzeugführerin registriert. Weiter sei nach einer Auskunft des gemeinsamen Zentrums der deutsch-polnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Swiecko festgestellt worden, dass für die Klägerin keine polnische Fahrerlaubnis/Führerschein ausgestellt worden sei.Rn. 22
Der Senat hat über das Kraftfahrt-Bundesamt eine amtliche Auskunft von polnischen Behörden zu der Frage eingeholt, ob der Klägerin in Polen eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist. Hinsichtlich des Inhalts der Auskunft, welche von der Behörde in Jelenia Góra erteilt worden ist, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.Rn. 23

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Januar 2009 ist zulässig und begründet.Rn. 24
Die Klage ist zulässig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage insbesondere nicht wegen eines verspätet eingelegten Widerspruchs unzulässig ist, da die öffentliche Bekanntmachung des Bescheides vom 24. März 2006 nicht geeignet war, die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen.Rn. 25
Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 20. Februar 2008, soweit er Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Bescheide insoweit rechtmäßig sind, als der Klägerin das Recht aberkannt worden ist, von der polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.Rn. 26
Maßgeblich für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, also des Erlasses des Widerspruchsbescheides (BVerwG, Urt. v. 25.02.2010 - 3 C 15.09 -, NJW 2010, 1828). Anzuwenden sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310) und die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vom 18. August 1998 (BGBl. I S. 2214). Der unionsrechtliche Maßstab ergibt sich aus der Richtlinie des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein 91/439/EWG (ABl. EG L Nr. 237 S. 1), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABl. EU L Nr. 284 S. 1). Dagegen ist die sog. dritte EU-Führerscheinrichtlinie, die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl EU L Nr. 403 S. 18) im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar (zur Abgrenzung: BVerwG, Urt. v. 25.08.2011 - 3 C 25.10 -, NJW 2012, 96). Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 1. März 2012 (C-467/10, „Akyüz“, Rdnr. 32) nunmehr entschieden hat, dass Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG, welcher nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie ab dem 19. Januar 2009 gilt, unabhängig davon anwendbar ist, ob der Führerschein ausgestellt wurde, bevor diese Vorschrift wirksam wurde, sind diese Ausführungen jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die polnische Fahrerlaubnis vor dem 19. Januar 2009 ausgestellt worden ist und auch die streitigen behördlichen Maßnahmen vor dem 19. Januar 2009 getroffen worden sind.Rn. 27
Als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis kann nur § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG und § 46 Abs. 1 und 5 Satz 2 FeV in der im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 20. Februar 2008 geltenden Fassung herangezogen werden. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Wenn es sich wie vorliegend um eine ausländische Fahrerlaubnis handelt, hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis; bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.Rn. 28
Der Klägerin ist am 4. August 2004 in Polen eine Fahrerlaubnis mit der Dokumentennummer (…) ausgestellt worden. Der Senat ist aufgrund der dem Senat mit Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 1. Juni 2011 übermittelten Unterlagen der Kreisverwaltung Jelenia Góra überzeugt, dass der Klägerin die hier streitige Fahrerlaubnis mit der Vordrucknummer (F…) erteilt worden ist, welche unter dem 2. Oktober 2009 durch den Ersatzführerschein mit der Vordrucknummer (K…) ersetzt worden ist. Soweit durch die Beklagte im gerichtlichen Verfahren hiervon abweichende Auskünfte von Interpol Warschau und des deutsch-polnischen Zentrums für Polizei- und Zollzusammenarbeit in Swiecko vorgelegt worden sind, ist nicht auszuschließen, dass diese Auskünfte aufgrund von unzutreffenden Datenübermittlungen entstanden sind. Der Senat sieht die von ihm ausgeholte Auskunft der den streitigen Führerschein ausstellenden polnischen Behörde als beweiskräftiger als die vom Beklagten vorgelegten Informationen an. Bei dem am 2. Oktober 2009 und damit nach Inkrafttreten des Art. 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG ausgestellten polnischen Führerschein, welcher ebenfalls die Dokumentennummer (…) trägt, handelt es sich um eine Zweitschrift des aufgrund eines Diebstahls der Klägerin abhanden gekommenen Führerscheins. Mit der Ausstellung des Zweitdokumentes war ersichtlich keine erneute Überprüfung der Voraussetzungen der Ausstellung der Fahrerlaubnis verbunden.Rn. 29
Das Verwaltungsgericht hat zwar zutreffend entschieden, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen für die angefochtene Beschränkung der polnischen Fahrerlaubnis erfüllt waren. Der Beklagte durfte nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen, weil diese das in rechtmäßiger Weise geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht fristgerecht beigebracht hatte, sondern sich mit Schreiben vom 3. November 2005 vielmehr geweigert hatte, ein solches Gutachten vorzulegen. Für die Begutachtung bestand auch ein hinreichender Anlass im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, da die Klägerin nach der Entziehung der Fahrenserlaubnis mehrfach wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist.Rn. 30
Der Aberkennung des Rechts, von der polnischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen steht jedoch das Recht der Europäischen Union entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sieht Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor. Diese Bestimmung erlegt den Mitgliedstaaten eine klare und unbedingte Verpflichtung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. u. a. EuGH, Urt. v. 01.03.2012 - C-467/10 - „Akyüz“, Rdnr. 40 und v. 19.05.2011 - C 184/10 - „Grasser“ Rdnr. 19). Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere die Voraussetzungen in Art. 7 Abs. 1, 9 der Richtlinie 91/439/EWG hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht befugt, die Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag seiner Ausstellung diese Voraussetzungen erfüllte (vgl. EuGH, Urt. v. 19.05.2011, a. a. O., Rdnr. 21). Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG gestattet den Mitgliedstaaten jedoch, sich unter bestimmten Umständen und insbesondere aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs auf ihre innerstaatlichen Vorschriften über die Einschränkung, die Aussetzung, den Entzug oder die Aufhebung der Fahrerlaubnis gegenüber jedem Inhaber eines Führerscheins zu berufen, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet hat.Rn. 31
Voraussetzung dafür, dass die dem Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes gegenüber dem Inhaber eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins durch Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG erteilte Befugnis zur Anwendung seiner innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis auf den Inhaber dieses Führerscheins ausgeübt werden kann, ist weiter, dass Anhaltspunkte dafür bestehen müssen, dass die Fahreignung des Inhabers dieses Führerscheins aufgrund von Umständen in Zweifel zu ziehen ist, die im Zusammenhang mit einem Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb seines Führerscheins in einem anderen Mitgliedstaat stehen, der seine Fahreignung in Frage stellt (EuGH, Beschl. v. 02.12.2010 - C-334/09 - „Scheffler“, Rdnr. 75). Solche Umstände hat die Beklagte hier nicht vorgetragen, da sie die Eignungszweifel ausschließlich mit Verkehrszuwiderhandlungen begründet hat, die zeitlich vor der Erteilung der polnischen Fahrerlaubnis lagen.Rn. 32
Die in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehene Befugnis der Mitgliedstaaten ist eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine und ist aus diesem Grund eng auszulegen (vgl. EuGH, Beschl. v. 02.10.2010, a. a. O., Rdnr. 63). Die Ausnahmen, die von der Pflicht bestehen, in anderen Mitgliedstaaten erteilte Fahrerlaubnisse ohne Formalitäten anzuerkennen und mit denen ein Gleichgewicht zwischen diesem Grundsatz und dem Grundsatz der Sicherheit im Straßenverkehr hergestellt wird, dürfen nämlich nicht weit verstanden werden, da sonst der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der in den Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellten Fahrerlaubnisse völlig ausgehöhlt würde (vgl. EuGH, Beschl. v. 09.07.2009 - C 445/08 - „Wierer“, Rdnr. 52).Rn. 33
Ein Zugriffsrecht des Mitgliedsstaates des gewöhnlichen Aufenthalts im vorgenannten Sinne besteht auch dann, wenn der neue Führerschein unter Missachtung der von der Richtlinie aufgestellten Wohnsitzvoraussetzungen ausgestellt worden ist. Hierbei kann schon allein die Nichtbeachtung der den ordentlichen Wohnsitz betreffenden Voraussetzung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG die Weigerung eines Mitgliedstaats rechtfertigen, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein anzuerkennen (vgl. EuGH, Urt. v. 13.10.2011 - C 224/10 - „Apelt“, Rdnr. 34). Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich weiter, dass Art. 1 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 Buchst. b sowie Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG es einem Aufnahmemitgliedstaat jedoch verwehren, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu verweigern, wenn nicht anhand von Informationen des Aufnahmemitgliedstaats, sondern aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 91/439/EWG vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht beachtet wurde (vgl. EuGH, Urt. v. 19.05.2011, a. a. O., Rdnr. 33). Der Gerichtshof hat dies damit begründet, dass die Wohnsitzvoraussetzung ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung des Führerscheintourismus sei. Außerdem sei sie unerlässlich, um die Kraftfahreignung zu überprüfen. Aus Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie 91/439/EWG ergebe sich zudem, dass jede Person nur Inhaber eines einzigen von einem Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins sein könne, weshalb auch diesbezüglich die Einhaltung der Wohnsitzvoraussetzung von Bedeutung sei.Rn. 34
Hierbei ist es Behörden und Gerichten nicht untersagt, beim Ausstellerstaat - hier Polen - nach der Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses nachzufragen, um Informationen zu bitten und diese Informationen zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen. Informationen, die ein Ausstellerstaat auf Grund einer Nachfrage des Aufnahmestaates erteilt, sind für Behörden und Gerichte verwertbar. Zwar sind die Aufnahmestaaten wie oben bereits ausgeführt, grundsätzlich nicht befugt, die Beachtung der in der Richtlinie 91/439/EWG aufgestellten Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen, wenn die Behörden des Ausstellerstaates einen Führerschein nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellt haben. Dieses Verbot bezieht sich jedoch nur auf eine „Nachprüfung“. D.h., dem Aufnahmemitgliedstaat ist es verwehrt, selbst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis nach seinem oder dem Recht des Ausstellerstaates eingehalten wurden. Dem Aufnahmestaat ist es jedoch nicht verwehrt, den Sachverhalt zu ermitteln und Informationen des Ausstellerstaates anzufordern, auf deren Grundlage er dann beurteilen kann, ob „unbestreitbare Informationen“ für eine mögliche Verletzung des Wohnsitzerfordernisses nach der Richtlinie 91/439/EWG vorliegen. Allerdings dürfen im Hinblick auf den unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz derartige Ermittlungen nicht „ins Blaue hinein“ angestellt werden, sondern nur dann, wenn ernstliche Zweifel bestehen, dass der Erwerber der Fahrerlaubnis bei deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellermitgliedstaat hatte (BVerwG, Urt. v. 25.02.2010, a. a. O.).Rn. 35
Damit eine Information eines Ausstellermitgliedstaats, wonach der Inhaber eines Führerscheins dort bei dessen Ausstellung nicht wohnhaft war, als unbestreitbar eingestuft werden kann, muss sie von einer Behörde dieses Staates herrühren (vgl. EuGH, Urt. v. 01.03.2012, a. a. O., Rdnr. 67). Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung steht einer auf irgendeine andere Information gestützten Weigerung entgegen. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass die - wie hier - von den Einwohnermeldebehörden des Ausstellermitgliedstaats erlangten Informationen als solche Informationen angesehen werden können. Hingegen können Erläuterungen oder Informationen, die der Inhaber eines Führerscheins im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaats obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat, nicht als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen qualifiziert werden, die beweisen, dass der Inhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung seines Führerscheins seinen Wohnsitz nicht in diesem Mitgliedstaat hatte (EuGH, Beschl. v. 09.07.2009, a. a. O., Rdnr. 54). Das Gericht des Aufnahmestaates kann im Rahmen seiner Beurteilung der ihm vorliegenden, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen alle Umstände des bei ihm anhängigen Verfahrens berücksichtigen. Es kann insbesondere auch den etwaigen Umstand berücksichtigen, dass die vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen darauf hinweisen, dass sich der Inhaber des Führerscheins im Gebiet dieses Staates nur für ganz kurze Zeit aufgehalten und dort einen rein fiktiven Wohnsitz allein zu dem Zweck errichtet hat, der Anwendung der strengeren Bedingungen für die Ausstellung eines Führerscheins im Mitgliedstaat seines tatsächlichen Wohnsitzes zu entgehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist jedoch hervorzuheben, dass der Inhaber eines Führerscheins von dem den Unionsbürgern durch Art. 21 Abs. 1 AEUV verliehenen und von der Richtlinie 91/439/EWG anerkannten Recht Gebrauch macht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, wenn er seinen Wohnsitz in einem bestimmten Mitgliedstaat zu dem Zweck errichtet, hinsichtlich der Bedingungen für die Ausstellung des Führerscheins von weniger strengen Rechtsvorschriften zu profitieren, so dass diese Tatsache für sich genommen nicht die Feststellung zulässt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht erfüllt und die Weigerung eines Mitgliedstaats, einen in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein anzuerkennen, daher gerechtfertigt ist (EuGH, Urt. v. 01.03.2012, a. a. O., Rdnr. 76).Rn. 36
Gemessen an diesen Maßstäben erweisen sich die streitgegenständlichen Bescheide als rechtswidrig. Es steht nämlich weder auf Grund der Angaben im polnischen Führerschein, in dem ein polnischer Wohnsitz eingetragen ist, noch auf Grund anderer vom Ausstellermitgliedstaat Polen herrührenden unbestreitbaren Informationen fest, dass die Klägerin, der zuvor ihre deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war, ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht in Polen hatte.Rn. 37
Als Nachweis dafür, dass die Republik Polen bei der Erteilung der Fahrerlaubnis an die Klägerin am 4. August 2004 gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG verstoßen hat, kommt nur die in der Bescheinigung der Verwaltung von Jelenia Góra vom 17. März 2009 enthaltene Angabe in Betracht, dass die Klägerin vom 9. Juni 2004 bis zum 8. September 2004, mithin 92 Tage unter der im Führerschein genannten Adresse in Polen gemeldet war. Aus der von der Beklagten vorgelegten Mitteilung von Interpol Warschau vom 21. Juni 2010 ergibt sich lediglich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht im Zentralen Einwohnerregister der Republik Polen verzeichnet war. Diese Information erlaubt mithin keinen Rückschluss auf den zeitlichen Umfang des Aufenthalts der Klägerin in Polen im Jahr 2004.Rn. 38
Die Tatsache, dass die Klägerin nach der Bescheinigung aus Jelenia Góra im Jahr 2004 nur knapp drei Monate dort gemeldet war und zudem der Führerschein nur knapp zwei Monate nach Beginn des in der Bescheinigung aufgeführten Zeitraums ausgestellt worden ist, bildet zwar ein Indiz dafür, dass sich ihr ordentlicher Wohnsitz am 4. August 2004 nicht in Polen befand, sondern dass sie sich nur zum Zweck des Erwerbs einer polnischen Fahrerlaubnis dort angemeldet hatte. In eindeutiger, unbestreitbarer Weise belegt wird das Fehlen eines ordentlichen Wohnsitzes in Polen hierdurch indes nicht. Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG ist nicht so zu verstehen, dass ein ordentlicher Wohnsitz im Sinne dieser Vorschrift erst ab dem Tag besteht, von dem an eine Person an 185 Tagen an einem Ort gewohnt und sie hierbei die in Art. 9 Satz 1 der Richtlinie aufgestellten weiteren Voraussetzungen erfüllt hat (so auch BayVGH, Beschl. v. 22.02.2010 - 11 CS 09.1934 -, juris).Rn. 39
Für diese Auffassung spricht bereits der Wortlaut des Art. 9 Satz 1 der Richtlinie. Diese Regelung definiert den ordentlichen Wohnsitz als den Ort, an dem ein Führerscheininhaber „gewöhnlich wohnt, sofern das aufgrund von Bindungen geschieht, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen“. Das Merkmal „gewöhnlich“ konkretisiert Art. 9 Satz 1 der Richtlinie dahingehend, dass sich der Betroffene im Laufe eines Kalenderjahres an mindestens 185 Tagen an dem fraglichen Ort unter Umständen aufhalten muss, die als „Wohnen“ bezeichnet werden können. Die Feststellung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, setzt nicht zwingend voraus, dass der 185-Tage-Zeitraum bereits verstrichen ist. Lässt sich eine Person an einem Ort, an dem sie über persönliche (sowie ggf. zusätzlich über berufliche) Bindungen verfügt, in einer Weise nieder, die es als gesichert erscheinen lässt, dass sie dort während des Kalenderjahres an 185 Tagen wohnen wird, ist davon auszugehen, dass sie schon von dem Augenblick an, ab dem die mit den erforderlichen engen Bindungen einhergehende Aufenthaltnahme begonnen hat, einen ordentlichen Wohnsitz begründet haben könnte.Rn. 40
Hätte der europäische Richtliniengeber festlegen wollen, dass ein ordentlicher Wohnsitz erst dann besteht, wenn ein Führerscheininhaber sich an mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr am Ort der persönlichen (und beruflichen) Bindungen aufgehalten hat, hätte es nahe gelegen, das Verb „wohnen“ im Perfekt zu gebrauchen. Nicht nur die deutsche, sondern auch die englische sowie die französische Fassung des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG bedienen sich jeweils einheitlich des Präsens („wohnt“, „lives“, „demeure“). Ferner hat der Gerichtshof der Europäischen Union hinsichtlich einer niederländischen Vorschrift, welche vorsah, dass der Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein, der diesen Führerschein in den Niederlanden registrieren lassen wollte, den Nachweis dafür zu erbringen hatte, dass er im Jahr der Erteilung dieses Führerscheins während mindestens 185 Tagen in dem Mitgliedstaat, der diesen Führerschein ausgestellt hat, gewohnt hatte (Hervorhebung durch den Senat), ausgeführt, dass ein solches nationales Erfordernis - neben den damit verbundenen Problemen bei der Umsetzung - tatsächlich sogar die Verweigerung der Anerkennung der von den anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine darstelle, da es darauf hinauslaufe, ein zweites Mal nachzuprüfen, ob der Inhaber dieses Führerscheins die in den Artikeln 7 Absatz 1 Buchstabe b und 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Erteilung erfüllt habe (EuGH, Urt. v. 10.07.2003 - C-246/00 - „Kommission/Niederlande“ Rdnr. 74).Rn. 41
Die von der Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretene Auffassung hätte ferner zur Folge, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union einem aus dem Ausland zugezogenen Angehörigen eines anderen EU-Mitgliedslandes auch dann, wenn die persönlichen (sowie ggf. zusätzlich die beruflichen) Bindungen dieser Person bereits ab dem Tag der Aufenthaltnahme zweifelsfrei im Land des Zuzugs liegen, erst nach 185 Tagen eine Fahrerlaubnis erteilen dürfte. Eine solche Auslegung des Wohnsitzerfordernisses in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG ist im Hinblick auf den Grundsatz der Freizügigkeit der Unionsbürger (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a, Art. 21 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1, Art. 49 Satz 1 AEUV) nicht mit dem erklärten Ziel der Richtlinie vereinbar. Das Gebot der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) dient gerade der erleichterten Wahrnehmung dieser unionsrechtlichen Grundfreiheit (vgl. EuGH, Urt. v. 01.03.2012, a. a. O., Rdnr. 76).Rn. 42
Weiter ergibt sich aus Art. 9 Sätze 2 und 3 der Richtlinie 91/439/EWG, dass ein ordentlicher Wohnsitz auch dann vorliegen kann, wenn sich der Betroffene an einem Ort im Laufe eines Kalenderjahres weniger als 185 Tage lang aufhält. Nach Art. 9 Satz 2 der Richtlinie hat ein Führerscheininhaber, dessen berufliche und dessen private Bindungen an verschiedenen Orten bestehen, seinen ordentlichen Wohnsitz am Ort der persönlichen Bindungen, sofern er regelmäßig dorthin zurückkehrt. Ferner entfällt nach Art. 9 Satz 3 der Richtlinie sogar das Erfordernis der regelmäßigen Rückkehr an den Ort der persönlichen Bindungen, wenn sich ein Führerscheininhaber in einem Mitgliedstaat nur zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält.Rn. 43
Ferner hat der Gerichtshof in einer neueren Entscheidung (EuGH, Beschl. v. 02.12.2010, a. a. O., Rdnr. 76) den Begriff des „ordentlichen Wohnsitzes“ im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG im gleichen Sinne wie den Begriff des „gewöhnlichen Wohnsitzes“ verwandt, den der Gerichtshof unter anderem bereits in den Urteilen vom 7. Juni 2007 (C-156/04 „Kommission/Griechenland, Rdnr. 45), vom 26. April 2007 (C-392/05 „Alevizos“, Rdnr. 57) und vom 12. Juli 2001 (C-262/99 „Louloudakis“, Rdnr. 51) zur Interpretation des Begriffs des „gewöhnlichen Wohnsitzes“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG des Rates vom 28. März 1983 (ABl. EG L 105 vom 23.04.1983, S. 59) bzw. im Sinn von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 (ABl. EG L 105 vom 23.04.1983, S. 64) näher definiert hat. Art. 7 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 dieser o. g. steuerrechtlichen Richtlinien stimmen mit Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG nahezu wortgleich überein. Die deutschen Fassungen der beiden steuerrechtlichen erstgenannten Normen sprechen vom „gewöhnlichen“ (und nicht vom „ordentlichen“) Wohnsitz. Die englische, französische, italienische, niederländische, rumänische und spanische Fassung aller drei Richtlinien verwenden hingegen eine einheitliche Ausdrucksweise („normal residence“, „résidence normale“, „residenza normale“, „gewone verblijfplaats, „domiciliu stabil“, „residencia normal“), was dafür spricht, dass der teilweise divergierende Sprachgebrauch außer Betracht zu bleiben hat (so auch BayVGH, Beschl. v. 22.02.2010, a. a. O.).Rn. 44
Nach der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der gewöhnliche Wohnsitz im Sinne der Richtlinien 83/182/EWG und 83/183/EWG als der Ort zu verstehen, den der Betroffene als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat. Mit dem Kriterium „ständig“ wird dabei auf die Voraussetzung verwiesen, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Betroffenen an dem entsprechenden Ort mindestes 185 Tage im Kalenderjahr umfasst. Zur Bestimmung des gewöhnlichen Wohnsitzes als des ständigen Mittelpunkts der Interessen des Betroffenen sind dabei alle erheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, d. h. insbesondere die körperliche Anwesenheit des Betroffenen, diejenige seiner Familienangehörigen, die Einrichtung einer Wohnung, der Ort des tatsächlichen Schulbesuchs der Kinder, der Ort der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten, der Ort, an dem die Vermögensinteressen liegen, und der Ort, an dem die verwaltungsmäßigen Beziehungen zu den staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Einrichtungen bestehen, soweit diese Faktoren den Willen des Betroffenen zum Ausdruck bringen, dem Ort, an dem die Bindungen bestehen, aufgrund einer Kontinuität, die aus einer Lebensgewohnheit und aus der Entwicklung normaler sozialer und beruflicher Beziehungen folgt, eine gewisse Beständigkeit zu verleihen (EuGH, Urt. v. 26.04.2007, a. a. O., Rdnr. 57). Ist diese Rechtsprechung, wonach unter dem Wohnsitz im Sinn von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 83/182/EWG bzw. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 83/183/EWG der Ort zu verstehen ist, den der Betroffene als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen gewählt hat, auch bei der Auslegung des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG zu berücksichtigen, so ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass sich die Nichterfüllung des Wohnsitzerfordernisses aus der Meldebescheinigung der Verwaltung von Jelenia Góra vom 17. März 2009 nicht in unbestreitbarer Weise ergibt. Es kann nicht als unbestreitbar gesichert gelten, dass der Zeitpunkt der behördlichen Anmeldung einer Person an einem Ort mit dem Tag identisch ist, an dem sie dort einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne von Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG begründet hat, denn der Richtliniengeber hat bei der Definition des ordentlichen Wohnsitzes im Sinne dieser Regelung keinen Verweis auf melderechtlichen Bestimmungen der Mitgliedsstaaten aufgenommen. Ein solcher Verweis ist auch nicht entbehrlich, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Mitgliedstaaten übereinstimmend in ihren melderechtlichen Bestimmungen den Begriff des ordentlichen Wohnsitzes - so er dort verwandt wird - in dem Sinne bestimmt haben bzw. auslegen, wie dies in Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG erfolgt ist. In den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bis auf das Vereinigte Königreich und Irland) sind zwar die Einwohner in Melderegistern verzeichnet (vgl. Grünbuch zur effizienten Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in der Europäischen Union, KOM (2008) 128, Seite 7). Diese Register werden jedoch auf unterschiedliche Weise geführt (vgl. Nachweise bei wikipedia.org unter Melderegister; Bericht der Kommission gemäß Art. 25 AEUV „Fortschritte auf dem Weg zu einer effektiven Unionsbürgerschaft 2007-2010“, KOM (2010), 603, S. 12), zumal eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Führung von Melderegistern innerhalb der Europäischen Union bislang nicht erfolgt ist. Die von der Verwaltung von Jelenia Góra über die Klägerin herrührenden Informationen können daher allenfalls als Indiz darauf hinweisen, dass die Klägerin nur vom 9. Juni 2004 bis zum 8. September 2004 in Polen ihren ordentlichen Wohnsitz begründet hat und sie sich nicht die erforderlichen 185 Tage in Polen aufgehalten hat. Diese vom Ausstellerstaat herrührenden Informationen sind jedoch nicht unbestreitbar im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, da es zum Beispiel auch möglich ist, dass sich die Klägerin unter Verstoß gegen die dortigen melderechtliche Bestimmungen in Polen aufgehalten hat, was der Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/429/EWG nicht generell entgegen stehen würde.Rn. 45
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.Rn. 46
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.Rn. 47
Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 21. September 2011 (3 B 28.11, juris) die Frage nicht abschließend geklärt hat, ob der Wohnsitz mindestens 185 Tage vor der Fahrerlaubniserteilung im Ausstellermitgliedstaat im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG (bzw. nunmehr Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG) begründet worden sein muss und ob eine unbestreitbare Information des Ausstellermitgliedstaates über die Verletzung des Wohnsitzerfordernisses auch dann vorliegt, wenn sich aus den eingeholten Auskünften aus den Melderegistern des Ausstellerstaates eine Mindestaufenthaltsdauer von 185 Tagen im Zeitpunkt der Ausstellung der Fahrerlaubnis nicht positiv belegen lässt. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 07.01.2011 - 3 A 700/08 -, juris) und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Urt. v. 22.02.2012 - 16 A 1456/08 -, juris) einerseits sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschl. v. 22.02.2010 - 11 CS 09.1934 -, juris) andererseits vertreten hierzu unterschiedliche Auffassungen.Rn. 48