Skip to main content

LG Dresden, Beschl. v. 17.04.2013 – 15 Qs 34/12 – „Funkzellenabfrage bei Dritten“

ZVR-Online Dok. Nr. 37/2013 – online seit 30.05.2013

§ 100a StPO, § 100g StPOD, § 129 StGB

Leitsatz der Redaktion

Die fehlende Dokumentation der Erforderlichkeit einer Funkzellenabfrage bzw. der Umschreibung des Tatvorwurfs in dem die Maßnahme gestattenden Beschluss kann nicht mehr durch nachträgliche Ergänzungen geheilt werden.Rn. 1

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen ist zulässig, hat aber in der Sache nur im Hinblick auf den angegriffenen Beschluss 270 Gs 711/11 Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.Rn. 2
I.
Im Zusammenhang mit dem 66. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg wurden für den 19.02.2011 drei rechtsextremistische Veranstaltungen - eine Demonstration und zwei Kundgebungen - angemeldet. Dagegen formierte sich ein breites Spektrum von Gegendemonstranten. Unter ihnen befanden sich auch erwartungsgemäß Mitglieder des Sächsischen Landtages, wie der hier Betroffene, Mitglieder anderer Landesparlamente sowie des Deutschen Bundestages. Verschiedene Kirchengemeinden hatten zur Durchführung von Mahnwachen aufgerufen. Über das Ereignis wurde durch eine Vielzahl vor Ort befindlicher Journalisten Bericht erstattet.Rn. 3
Tatsächlich befanden sich an diesem Tag rund 3.000 rechtsextremistische Versammlungsteilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet und auch aus dem Ausland, davon nach Einschätzung der Polizei (Blatt 635 der Akte) etwa 1.000 gewaltbereite, im Stadtgebiet. Weitere ca. 2.000 Rechtsextremisten schafften es nicht, in die Stadt zu gelangen.Rn. 4
Dem standen rund 12.500 Gegendemonstranten gegenüber. Unter diesen befanden sich nach Schätzungen der Polizei (a.a.O.) etwa 3.500 gewalttätige Linksextremisten.Rn. 5
Insgesamt waren ca. 4.000 Polizeibeamte im Einsatz.Rn. 7
Von beiden politischen Lagern, sowohl von der rechtsextremistischen als auch von der linksextremistischen Seite, ging bei den Versammlungen eine extrem hohe Gewalt aus. Die Staatsanwaltschaft Dresden bezeichnete die Lage in der Stadt in ihrer Stellungnahme vom 07.03.2012 zu dem Antrag des Betroffenen als "bürgerkriegsähnliche Zustände" und meinte, dass in Dresden "die Hölle los" gewesen sei.Rn. 8
Die Gewalt richtete sich u.a. gegen die Einsatzkräfte der Polizei. So wurden Beamte mit Steinen beworfen, mit Latten und Eisenstangen auf sie eingeschlagen und Feuerwerkskörper gezündet. Es wurden etwa 70 Beamte zum Teil schwer verletzt.Rn. 9
Weiterhin kam es zu gegenseitigen Körperverletzungen, auch wurden Unbeteiligte an ihrer Gesundheit geschädigt. Es wurden Barrikaden errichtet, Mülltonnen und Fahrzeuge in Brand gesetzt und Busse beschädigt. Die Gewaltaktionen eskalierten über mehrere Stunden. Betroffen waren vorwiegend die Stadtbezirke südlich des Hauptbahnhofs, Dresden-Coschütz sowie Dresden-Cotta.Rn. 10
Im Rahmen der Ermittlungen wurde bekannt, dass es zwei sogenannte "Info-Telefone" geben solle, bei denen der Verdacht bestand, dass sie zur Koordinierung der "linken" Gewaltstraftaten benutzt wurden. Durch Beschlüsse des Amtsgerichts Dresden wurde zu diesen Telefonanschlüssen die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs (§ 100a StPO) und der Einsatz eines sogenannten "IMSI-Catchers" (§ 100i StPO) angeordnet.Rn. 11
Den polizeilichen Ermittlungen zufolge war die Rufnummer 01xxx-xxxxxxx seit dem 19.02.2011, 08.00 Uhr, aktiv. Auf dem Mobiltelefon meldeten sich gewaltbereite linksorientierte Gruppen an. Es wurden Gespräche geführt, die zum Gegenstand hatten, dass linksorientierte Gruppen zur Erhöhung der Personenstärke anderer linksorientierter Gruppen zu Orten gelotst wurden, an denen sich Personen der rechten Szene aufhalten sollten. Aus den überwachten Telefonaten ergab sich, dass gewalttätige Aktionen gegen Personen und Busse erfolgen sollten, ohne dass zunächst eine konkrete Zuordnung zu begangenen Straftaten erfolgen konnte.Rn. 12
Durch den Einsatz des IMSI-Catchers wurde das Telefon im Objekt "xxx", xxx Straße xx, geortet.Rn. 13
Noch am 19.02.2011 wurde der Gebäudekomplex xxx Straße xx in Dresden durchsucht.Rn. 14
Um 15.51 Uhr des 19.02.2011 wurden auf der Coschützer Straße 12 in Freital die Scheiben zweier dort geparkter Reisebusse eingeschlagen, mit denen Personen der rechten Szene zur Demonstration in Dresden angereist waren. Darüberhinaus kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsgerichteten Personen in Freital, Höhe Finanzamt Freital, Coschützer Straße 8.Rn. 15
Noch am Abend des 19.02.2011 wurde die Bildung einer polizeilichen Sonderkommission "19/2" angewiesen. Nach deren Ermittlungen ereigneten sich am 19.02.2011 57 Fälle des Landfriedensbruchs.Rn. 16
Mit drei Beschlüssen vom jeweils 25.02.2011 ordnete das Amtsgericht Dresden im vorliegenden Ermittlungsverfahren die sogenannte nichtindividualisierte Funkzellenabfrage gestützt auf § 100g Abs. 1 StPO an.Rn. 17
Die Funkzellenabfrage des Beschlusses 270 Gs 711/11 betraf den Schwerpunkt der gewalttätigen Auseinandersetzungen südlich des Hauptbahnhofs und dieser örtliche Bereich wurde ausweislich des Wortlauts des Beschlusses wie folgt beschrieben:
  • "nördliche Begrenzung: Fröbelstraße, 01159 Dresden,
  • westliche Begrenzung: Tharandter Straße/Altplauen, 01159 Dresden,
  • südliche Begrenzung: Kohlenstraße/Südhöhe, 01189 Dresden,
  • östliche Begrenzung: Wiener Straße/Gustav-Adolf-Platz, 01219 Dresden".
 
Rn. 18
Die Funkzellenabfrage erstreckte sich zeitlich auf eine Dauer von zwölf Stunden. Sie war für Samstag, den 19.02.2011, von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr, angeordnet.Rn. 19
Die Funkzellenabfrage des Beschlusses 270 Gs 712/11 betraf den Gewaltschwerpunkt Coschützer Straße 8 und 12, 01705 Freital. Die Funkzellenabfrage umfasste einen Zeitraum von vier Stunden. Sie war für Samstag, den 19.02.2011, von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr, angeordnet.Rn. 20
Die Funkzellenabfrage des Beschlusses 270 Gs 729/11 betraf die mutmaßliche Organisationszentrale der linksgerichteten Gewalttätigkeiten auf der xxx Straße xx, 01127 Dresden. Diese Funkzellenabfrage umfasste einen Zeitraum von 48 Stunden. Sie war für den 18.02.2011, 00.00 Uhr, bis zum 19.02.2011, 24.00 Uhr, angeordnet.Rn. 21
Alle Beschlüsse wurden mit dem Verdacht des Vorliegens einer Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1d StPO, nämlich der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 StGB begründet. Diese sollte ausweislich des Ermittlungsergebnisses aus einer linksorientierten Tätergruppe bestehen, die damals seit etwa einem Jahr in Dresden gewaltsame Übergriffe auf politisch Andersdenkende beging.Rn. 22
Als Beispiele für die von der kriminellen Vereinigung begangenen Straftaten wurden zwei in der Nacht vom 16. auf den 17.08.2010 gemeinschaftlich begangene gefährliche Körperverletzungen aufgeführt. Bei diesen waren die Geschädigten jeweils von einer Gruppe von sieben bis zehn Personen mit einem Steinwurf, einem Schlag mit einem Baseballschläger bzw. mit einem Teleskopschlagstock angegriffen und als "Nazis" betitelt bzw. gefragt worden, ob sie "Nazis" wären. Mehrere der Geschädigten mussten danach im Krankenhaus behandelt werden. Bei einem der Geschädigten war infolge der Gewalthandlungen ein Teil des Ohres abgerissen worden.Rn. 23
Hieraus wurde in allen Beschlüssen eine Strafbarkeit wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Bildung einer kriminellen Vereinigung, hergeleitet. Dieser Tatvorwurf wurde als auch im Einzelfall von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 100g Abs. 1 Nr. 1 StPO angesehen.Rn. 24
Ferner wurde in allen Beschlüssen ausgeführt, dass die Erhebung der Verkehrsdaten für die Erforschung des Sachverhalts erforderlich sei, weil andere Ermittlungsmöglichkeiten nicht bestünden.Rn. 25
Nur in den Gründen des Beschlusses betreffend die xxx Straße xx (270 Gs 729/11) wurde auf die Ereignisse am 19.02.2011 Bezug genommen, indem dort die Koordinierungsfunktion des genannten Mobiltelefons mit der Nummer 01xxx-xxxxxxx, wie oben dargestellt, geschildert wurde.Rn. 26
Im Hinblick auf den Inhalt und Wortlaut der Beschlüsse im Einzelnen wird im übrigen auf sie (Blatt 665f, 669f, 861f) verwiesen.Rn. 27
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 12.12.2011, eingegangen beim Amtsgericht Dresden am gleichen Tage, beantragt, gemäß § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO durch gerichtliche Entscheidung festzustellen, dass die angeordnete Funkzellenabfrage betreffend das Gebiet südlich des Hauptbahnhofs (270 Gs 711/11) rechtswidrig war.Rn. 28
Mit weiterem Schriftsatz vom 28.02.2012, eingangen beim Amtsgericht Dresden am gleichen Tage, hat der Beschwerdeführer darüberhinaus beantragt, durch gerichtliche Entscheidung festzustellen, dass auch die angeordnete Funkzellenabfrage betreffend die Großenhainer Straße 93 (270 Gs 729/11) rechtswidrig war und dass die Erhebung und Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten und der Bestandsdaten des Beschwerdeführers durch das Landeskriminalamt Sachsen auf der Grundlage dieses Beschlusses rechtswidrig war.Rn. 29
Gegen den Beschluss 270 Gs 712/11 betreffend die Coschützer Straße in Freital begehrte der Beschwerdeführer keinen Rechtsschutz.Rn. 30
Ferner teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Beschwerdeführers in diesem Schriftsatz mit, dass er mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Dresden vom 22.02.2012, bei ihm eingegangen am 24.02.2012, u.a. darüber benachrichtigt worden sei, dass die Telekommunikationsverkehrsdaten und Bestandsdaten des Beschwerdeführers durch das Landeskriminalamt Sachsen in dem vorliegenden Ermittlungsverfahren aufgrund der genannten Beschlüsse erhoben und gespeichert worden seien. Ihm war desweiteren bekanntgegeben worden, dass die Löschung der Daten des Beschwerdeführers gemäß § 101 Abs. 8 Satz 3 StPO lediglich für die gerichtliche Überprüfung der Maßnahme zurückgestellt worden sei, die Daten nur zu diesem Zweck verwendet werden dürften und entsprechend gesperrt worden seien.Rn. 31
Der Beschwerdeführer beanstandet die angegriffenen Beschlüsse dahingehend, dass darin die Eingriffsgrundlage nicht vollständig genannt sei, dass sich aus den Beschlüssen nicht ergebe, welche tatbestandsmäßigen Handlungen konkret am 19.02.2011 bzw. am 18.02.2011, an welchen Orten, zu welchen Zeiten vorgenommen und welche Straftatbestände dadurch jeweils erfüllt worden sein sollen. Weiterhin sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Anordnung der Funkzellenauswertung gerade für den in den Beschlüssen räumlich bestimmten Bereich erfolgte. Auch der in den Beschlüssen genannte Zeitraum für die Verkehrsdatenerhebung sei nicht nachvollziehbar. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei zudem in dem Beschluss nicht ausreichend begründet worden.Rn. 32
Soweit in den Beschlüssen auf Straftaten Bezug genommen werde, die sich sechs Monate zuvor in der Nacht vom 16.08.2010 zum 17.08.2010 in Dresden-Löbtau ereignet haben sollen, sei nicht ersichtlich, inwieweit diese geeignet wären, die für den 19.02.2011 angeordnete Verkehrsdatenerhebung für andere Gebiete zu begründen.Rn. 33
Desweiteren sieht der Beschwerdeführer durch die angegriffenen Beschlüsse den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als mißachtet an. Der Polizei hätten durch am 19.02.2011 angefertigte umfangreiche Videoaufnahmen und in erheblichem Umfang vorgenommene Identitätsfeststellungen gleich wirksame, aber das Grundrecht des Telekommunikationsgeheimnisses nicht beeinträchtigtende Mittel zur Aufklärung und effektiven Verfolgung von Straftaten zur Verfügung gestanden.Rn. 34
Außerdem seien die Anordnungen der Auskunftserteilung auch deshalb unzulässig gewesen, weil in dem in Rede stehenden Zeitraum Mobilfunkverkehr von tatunbeteiligten Dritten in erheblichem Umfang stattgefunden habe, so dass vorliegend das Ausmaß der Betroffenheit Dritter unangemessen wäre. Dies gelte hier umso mehr, als die Anordnungen durch einen Einschüchterungseffekt hier zugleich in das Recht der Versammlungsfreiheit eingriffen.Rn. 35
Schließlich seien die getroffenen Anordnungen auch unter dem Aspekt unzulässig, dass zahlreiche Mitglieder des Deutschen Bundestages, des Sächsischen Landtages und anderer Landesparlamente und eine Vielzahl von Journalisten von der Verkehrsdatenerhebung betroffen waren, ohne dass die Vorschrift des § 160a StPO zum Schutz der genannten Berufsgeheimnisträger im Sinne des § 53 Abs. 1 StPO beachtet worden wäre.Rn. 36
Wegen der weiteren Einzelheiten des Antragsvorbringens wird auf die Schriftsätze des Beschwerdeführers vom 12.12.2011 und vom 28.02.2012 verwiesen.Rn. 37
Ebenfalls lediglich für die gerichtliche Überprüfung der Maßnahme auf Antrag des Beschwerdeführers wurden für die von ihm genannte eigene Handynummer sämtliche für den 19.02.2011 erhobenen Verbindungsdaten vollständig ausgefiltert. Daraus ergab sich, dass im Hinblick auf die Handynummer des Antragstellers Verbindungsdaten für den Bereich südlich des Hauptbahnhofs und für den Bereich Großenhainer Straße 93 im Rahmen der Beschlüsse 270 Gs 711/11 und 270 Gs 729/11 erhoben worden waren.Rn. 38
Das Amtsgericht Dresden erklärte daraufhin mit Beschluss vom 28.05.2012 die Beschlüsse des Amtsgerichts Dresden vom 25.02.2011, Az. 270 Gs 711/11, 270 Gs 712/11 und 270 Gs 729/11 für rechtmäßig. Desweiteren erklärte es auch die Art und Weise des Vollzugs der Beschlüsse für rechtmäßig.Rn. 39
Das Amtsgericht konkretisierte in diesem Beschluss die Eingriffsgrundlage und nannte insoweit § 100g Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StPO und machte zum Vorliegen der Voraussetzungen dieser Normen weitere Ausführungen.Rn. 40
Insbesondere zum Vorliegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Absatz 1 StGB als Katalogtat i.S.d. § 100a Absatz 2 Nr. 1d StPO führte das Amtsgericht weiter aus, dass die zwei in den Beschlüssen vom 25.02.2011 genannten Taten vom August 2010, nur zwei beispielhaft genannte Taten von weitaus mehr Taten seien, derer die kriminelle Vereinigung verdächtigt werde. Der Tatverdacht im Hinblick auf diese weiteren Taten wird in dem Beschluss ausführlich dargestellt.Rn. 41
Insbesondere wird in dem Beschluss vom 28.05.2012 auch ausdrücklich ein Bezug zu den Ereignissen am 19.02.2011 hergestellt. Dies war zuvor lediglich in dem Beschluss 270 Gs 729/11 betreffend die xxx Straße xx angeklungen, indem dort die Koordinierungsfunktion des genannten Mobiltelefons dargelegt wurde.Rn. 42
Das Amtsgericht ging vor dem Hintergrund des Verdachts der bisherigen Aktivitäten der Gruppe als fast sicher davon aus, dass es auch am 18./19.02.2011 zu erneuten Aktivitäten der Gruppe gekommen sei. Angesichts des Verdachts der bisherigen kriminologisch ähnlich gelagerten Straftaten, die zuletzt gerade am 13.02.2011 begangen worden sein sollen, eben dem Jahrestag, an dem auch regelmäßig die rechtsextremistischen Kundgebungen stattfinden, die hier am 19.02.2011 nachträglich begangen wurden und angesichts des ermittelten Mobilfunktelefons zur Koordination gewalttätiger Aktionen gegen Personen der rechten Szene leitete das Amtsgericht den Verdacht her, dass der als kriminelle Vereinigung verdächtigte Personenkreis auch an den am 19.02.2012 in großer Zahl und in großer Intensität begangenen gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt gewesen sei.Rn. 43
Das Amtsgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss auch damit auseinandergesetzt, dass in den Beschlüssen vom 25.02.2011 teilweise jeweils nur von einem Beschuldigten die Rede ist und auch nur ein Beschuldigter im Rubrum des Beschlusses aufgeführt wurde. Das Amtsgericht hat insoweit begründet, warum sich der in den Beschlüssen vom 25.02.2011 tatsächlich gemeinte Tatverdacht nicht nur gegen diese eine Person, sondern die gesamte Personengruppe gerichtet habe.Rn. 44
Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ferner umfassend begründet, warum seiner Ansicht nach die in Rede stehenden Straftaten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung i.S.d. § 100g Absatz 1 Nr. 1 StPO seien. Es hat auch die Erforderlichkeit der Erhebung der Verkehrsdaten für die Erforschung des Sachverhalts, dass diese nämlich auf andere Weise aussichtslos wäre, bejaht, desgleichen ein angemessenes Verhältnis der Erhebung der Daten zu der Bedeutung der Sache.Rn. 45
Das Amtsgericht hat somit ausweislich der Gründe des Beschlusses sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 100g Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 StPO einer eingehenden Prüfung unterzogen.Rn. 46
Breiten Raum innerhalb der Begründung des Beschlusses nahmen ferner die Ausführungen des Amtsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im engeren Sinne ein.Rn. 47
Den Tatbestand des § 160a Absatz 1 Satz 1 StPO sah das Amtsgericht durch die Funkzellenabfragen nicht als erfüllt an, weil sich die Maßnahmen nicht gegen die dort genannten Berufsgeheimnisträger gerichtet hätten.Rn. 48
Schließlich setzte sich das Amtsgericht auch ausführlich mit der Art und Weise des Vollzugs der Beschlüsse vom 25.02.2011 auseinander und fand daran nichts zu beanstanden. Es stellte die Art der von den Netzbetreibern erlangten Daten dar, die Menge der erlangten Verkehrsdatensätze, die Menge der erhobenen Bestandsdaten und das Konzept der Ermittlungsbehörden zur Reduzierung der Verkehrs- und Bestandsdaten.Rn. 49
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses Bezug genommen.Rn. 50
Der Beschluss vom 28.05.2012 wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 05.06.2012 zugestellt. Mit Schriftsatz vom selben Tage, eingegeangen beim Amtsgericht am 06.06.2012, legte der Beschwerdeführer gegen den Beschluss sofortige Beschwerde ein. Darin machte er geltend, dass anderweitige - etwa in den Ermittlungsakten enthaltene - Sachverhalte nicht nachträglich zur Ergänzung der vor dem Amtsgericht Dresden am 25.02.2011 getroffenen Sachverhaltsfeststellungen herangezogen werden könnten, um dann auf dieser Grundlage die Rechtmäßigkeit der erlassenen Anordnungen zu beurteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt der Beschwerdebegründung vom 25.06.2012 Bezug genommen.Rn. 51
Die Staatsanwaltschaft Dresden hat mit Schriftsatz vom 17.07.2012 nebst Anlagen zu der sofortigen Beschwerde Stellung genommen. Auf den Inhalt dieses Konvoluts wird ebenfalls Bezug genommen.Rn. 52

II.

1.
Die gemäß § 101 Absatz 7 Satz 3 StPO statthafte sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28.05.2012 ist zulässig, insbesondere gemäß § 311 Absatz 2 StPO rechtzeitig eingelegt worden.Rn. 53
2.
a) Die sofortige Beschwerde im Hinblick auf den Beschluss vom 25.02.2011 (270 Gs 711/11) ist begründet, weil die in dem Beschluss vorhandenen formalen Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs durch den Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28.05.2012 und im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden können.Rn. 54
In dem Beschluss 270 Gs 711/11 wird kein Bezug zu den schweren gewalttätigen Ausschreitungen am 19.02.2011 hergestellt, diese werden mit keinem Wort erwähnt, so dass sich die Erforderlichkeit der Funkzellenabfrage aus dem Wortlaut des Beschlusses nicht ergibt. Die Kammer hat dabei bedacht, dass letztlich versäumt wurde, den eigentlichen Grund des Beschlusses, der durch die Presse u.a. allgemeinkundig war, schriftlich niederzulegen. Auch wenn diese Intention wegen Allgemeinkundigkeit mehr oder weniger offensichtlich war, kann ihre vollkommen fehlende schriftliche Dokumentation in dem Beschluss nicht mehr durch nachträgliche Ergänzung geheilt werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Durchsuchung (BVerfG Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats vom 20.04.2004 - 2 BvR 2043/03 NJW 2004, 3171, BVerfG Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 05.03.2012 - 2 BvR 1345/08). Diese zur Durchsuchung ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt für die Funkzellenabfrage entsprechend. Auch hier liegt eine zum Zeitpunkt der Entscheidung nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO und zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zuvor durch Vollziehung erledigte Maßnahme vor. Nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs im Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden. Zwar prüft das Beschwerdegericht auf ein zulässiges Rechtsmittel die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang nach; es tritt grundsätzlich an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts und trifft eine eigene Sachentscheidung. Das gilt auch dann, wenn die angefochtene Entscheidung sich aus anderen Gründen als denjenigen, auf die das Erstgericht abgestellt hatte, als zutreffend erweist. Bei der Überprüfung einer durch Vollzug erledigten Durchsuchung und somit auch bei der Überprüfung einer durch Vollzug erledigten Funkzellenabfrage sind Prüfungsmaßstab und Heilungsmöglichkeiten des Beschwerdegerichts aber beschränkt. Das Beschwerdegericht trifft keine eigene Entscheidung über eine Durchsuchungsanordnung bzw. eine Funkzellenabfrage. Seine Entscheidung kann die zuvor erledigte Vollziehung der Maßnahme nicht mehr beeinflussen. Eine Nachbesserung der ermittlungsrichterlichen Durchsuchungsgestattung bzw. hier der ermittlungsrichterlichen Anordnung einer Funkzellenabfrage ist mit Blick auf dessen Umgrenzungsfunktion nicht mehr möglich. Im Hinblick auf diese verfassungsrechtlich unabdingbare Umgrenzung des Tatvorwurfs konnte das vorhandene Defizit in der Begründung des Beschlusses 270 Gs 711/11 auch nicht wie von dem Amtsgericht Dresden in dem Beschluss vom 28.05.2012 in der Weise nachgebessert werden, dass erst durch eine Gesamtschau mit dem Beschluss 270 Gs 729/11, in dem die Ereignisse vom 19.02.2011 erwähnt sind, diese auch in den Beschluss 270 Gs 711/11 hineininterpretiert werden können. Eine solche Konstruktion, die im Wortlaut des Beschlusses 270 Gs 711/11 keine Stütze findet, würde der verfassungsrechtlich gebotenen Umgrenzung des Tatvorwurfs nicht gerecht werden. Außerdem geht es in dem Beschluss 270 Gs 729/11 in Bezug auf den 19.02.2011 um das genannte Mobilfunktelefon, über das die gewaltbereiten linksorientierten Gruppen koordiniert wurden. Auch im Hinblick auf dieses Mobilfunktelefon fehlt es an jeglichem dargetanen Zusammenhang zu den Ereignissen südlich des Hauptbahnhofs, um die es im Beschluss 270 Gs 711/11 geht.Rn. 55
b) Die sofortige Beschwerde im Hinblick auf den mit Beschluss vom 28.05.2012 für rechtmäßig erklärten Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 25.02.2011 (270 Gs 729/11) sowie der desgleichen für rechtmäßig erklärten Art und Weise des Vollzugs des Beschlusses ist unbegründet. Die Kammer hält den angegriffenen Beschluss vom 25.02.2011 - 270 Gs 729/11 - betreffend die xxx Straße xx für materiell rechtmäßig. Auch dieser Beschluss ist zwar unzureichend begründet, jedoch liegen hier keine verfassungsrechtlich unabdingbaren Defizite vor, die keiner Heilung mehr zugänglich sind. Die in dem Beschluss vorhandenen Mängel sieht die Kammer durch die Ergänzung der Begründung im Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28.05.2012 und in der Beschwerdeentscheidung der Kammer als behoben an. Defizite in der Bergründung des zugrundeliegenden Tatverdachts und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme können nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nachgebessert werden (BVerfG 2. Senat 3. Kammer, Beschluss vom 20.04.2004, 2 BvR 2043/03, 2 BvR 2104/03).Rn. 56
Die Rechtsgrundlage für die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage stellt im vorliegenden Fall § 100 g Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 StPO dar.Rn. 57
Es liegt ein hinreichend konkreter Verdacht des Vorliegens einer Katalogtat i.S.d. § 100 a Abs. 2 Nr. 1 d StPO vor, nämlich im Hinblick auf die Bildung einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 StGB. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH vom 03.12.2009, Az. 3 StR 277/09) hängt das Vorliegen einer kriminellen Vereinigung von verschiedenen personellen, organisatorischen, voluntativen sowie zeitlichen Kriterien ab.Rn. 58
In personeller Hinsicht genügt auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ein Zusammenschluss von mindestens 3 Personen. Vorliegend traten wiederholt durch Vermummung auffallende Personengruppen mit 3 Teilnehmern, aber auch mehrfach mit bis zu 20 Teilnehmern auf. Die Ermittlungen führten auch zu der Annahme eines harten Kerns mehrerer Personen.Rn. 59
In organisatorischer Hinsicht wird vorausgesetzt, dass ein Mindestmaß an fester Organisation mit einer gegenseitigen Verpflichtung der Mitglieder besteht. Die innere Organisation muss so stark sein, dass sich die Durchsetzung der Ziele der Vereinigung nach bestimmten Gruppenregeln vollzieht und der individuelle Gestaltungseinfluss des Einzelnen dahinter zurücktritt. Die entsprechenden Straftaten müssen vor diesem Hintergrund stattfinden. Erforderlich ist dabei ein mitgliedschaftliches Zusammenwirken zu einem gemeinsamen Zweck mit verteilten Rollen und einer abgestimmten koordinierten Aufgabenverteilung.Rn. 60
Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis gibt es Personen der Gruppe, denen eine koordinierende Führungsrolle zugeordnet wird. Die einzelnen genannten Körperverletzungshandlungen wurden unter gegenseitiger Absicherung und mit einem hohen Maß an körperlicher Fitness und Kampferfahrung durchgeführt, Kommandos oder Absprachen während der Tatausführung waren nicht zu verzeichnen, sodass auch die Annahme, dass sich die Teilnehmer kennen und eine gewisse innere Organisation Grundvoraussetzung für das geschilderte Geschehen ist, gegeben ist. Dass die verübten Straftaten vor diesem Hintergrund stattfinden und damit die Gruppierung auf die Begehung erheblicher Straftaten gerichtet ist, ergibt sich aus den polizeilichen Ermittlungen. So kam es wiederholt zu nicht spontanen, sondern organisierten Überfällen, häufig vermummter linker Personen auf Personen des rechten Spektrums, wobei der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung teilweise beabsichtigt war.Rn. 61
In zeitlicher Hinsicht umfassen die vergleichbar begangenen Straftaten den Zeitraum von Mai 2009 bis Februar 2011. Diese nicht nur kurzfristige Zusammenarbeit zur offenbar beabsichtigten Störung und Schwächung der rechten Szene belegt nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes das Vorliegen des notwendigen Gemeinschaftswillens regelmäßig.Rn. 62
Damit liegt der nach § 100 g Abs. 1 Nr. 1 StPO erforderliche Verdacht des Vorliegens einer Katalogstraftat gemäß § 100 a Abs. 2 Nr. 1 d StPO vor. Daneben liegt auch der Verdacht der tateinheitlichen Begehung gefährlicher Körperverletzungen nach den §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB vor.Rn. 63
Die Straftat der Bildung einer kriminellen Vereinigung und die damit tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzungen stellen Straftaten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung i.S.d. § 100 g Abs. 1 Nr. 1 StPO dar. In diesem Beschluss betreffend die xxx Straße xx wurde durch die Darlegungen zu dem Mobilfunktelefon, das dort geortet worden war und über das gewaltbereite linksorientierte Gruppen gelotst und instruiert worden waren, der Tatverdacht auch auf die am 19.02.2011 begangenen Straftaten erstreckt. Das Amtsgericht Dresden hat insoweit in dem Beschluss vom 28.05.2012 das Vorliegen des Tatverdachts der Beteiligung der kriminellen Vereinigung auch an den schweren gewalttätigen Ausschreitungen am 19.02.2011 zutreffend begründet.Rn. 64
Das Amtsgericht ist schließlich in dem Beschluss vom 28.05.2012 auch zurecht davon ausgegangen, dass sich der Tatverdacht in dem Beschluss vom 25.02.2011 entgegen des missverständlichen Wortlautes nicht nur gegen einen Beschuldigten, sondern gegen eine größere Anzahl von Beschuldigten richtete. Dies ergab eine Auslegung des Wortlauts des Beschlusses selbst. Der Vorwurf einer kriminellen Vereinigung setzt denknotwendig das Zusammenwirken mehrerer Beschuldigter voraus.Rn. 65
Dieser demnach bestehende Tatverdacht ist auch nach Ansicht der Kammer auf Straftaten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung i.S.d. § 100 g Abs. 1 Nr. 1 StPO gerichtet. Die Taten wiegen deshalb schwer, weil die kriminelle Vereinigung dem sich aus den Ermittlungen ergebenden Verdacht zufolge organisierte und zielgerichtete Angriffe auf politisch Andersdenkende verübte, verbunden mit massiv begangener Gewalt aus der Gruppe heraus, bei der die Opfer zum Teil krankenhausreif geschlagen wurden. Vor allem wurde die kriminelle Vereinigung jedoch auch verdächtigt, an den schweren Gewalttätigkeiten am 19.02.2011 mitgewirkt zu haben, die zu "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" in Dresden eskalierten. Hierbei handelt es sich um den mindestens auf Straftaten mittlerer Kriminalität gerichteten Verdacht, den § 100 g Abs. 1 Nr. 1 StPO voraussetzt (Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 100 g, Rn. 13).Rn. 66
Dass auch die Voraussetzungen des § 100 g Abs. 1 Nr. 2 StPO erfüllt waren, nämlich der Verdacht der Begehung von Straftaten mittels Telekommunikation bestand, ergab sich im Hinblick auf den Beschluss 270 Gs 729/11 schon aus dem Umstand des Einsatzes des soeben genannten Mobilfunktelefons. Es war zu erwarten, dass die Mitglieder der kriminellen Vereinigung sich bei einem darartigen gewalttätigen Großereignis mittels Mobilfunktelefonen - wie z. B. über das genannte zentrale Mobilfunktelefon - abstimmen würden.Rn. 67
Die Erhebung der Verkehrsdaten war i.S.d. § 100 g Abs. 1 Satz 1 StPO für die Erforschung des Sachverhaltes erforderlich und die Erforschung des Sachverhaltes wäre auf andere Weise aussichtslos i.S.d. § 100 g Abs.1 Satz 2, Abs. 2 StPO gewesen.Rn. 68
Die Erreichung des Ermittlungsziels der Erforschung des Sachverhaltes war im vorliegenden Fall nicht bereits deshalb von vornherein aussichtslos, weil der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zufolge die Ermittlungsbehörden die allgemeine Erfahrung gemacht haben, dass gewaltbereite linke Straftäter grundsätzlich konspirativ vorgehen und bei gewalttätigen Großereignissen nur sogenannte "saubere" Mobilfunktelefone benutzen, das heißt, Telefone, bei deren Anschlussinhabern es sich um real nicht existente Personen handelt. Trotz dieses allgemeinen Erfahrungssatzes bestand konkret angesichts der Vielzahl der möglicherweise handelnden Personen der kriminellen Vereinigung ausreichend Grund zu der Annahme, dass Einzelne womöglich die grundsätzlichen Regeln der Konspiration gerade in Anbetracht der Hektik des Geschehens verletzen würden. Mit alternativen Ermittlungsansätzen allein war den in der mutmaßlichen Organisationszentrale operierenden Tätern nicht beizukommen. Zwar wurden in dem Gebäudekomplex der xxx Straße xx in Dresden am 19.02.2011 gegen 19.30 Uhr Durchsuchungen durchgeführt und dort vorgefundene Mobilfunktelefone sichergestellt und dort angetroffene Personen erkennungsdienstlich behandelt. Die sich daraus ergebenden etwaigen alternativen Ermittlungsansätze spiegeln jedoch nur den Moment der Durchsuchung. Es können jedoch dort in dem mutmaßlichen Lagezentrum ebenfalls weitere Personen mit weiteren Mobilfunktelefonen vor oder nach der Durchsuchung die Gewalttätigkeiten koordinierend gewirkt haben. Dies konnte allenfalls nur durch die Funkzellenabfrage festgestellt werden.Rn. 69
Die nach § 100 g Abs. 2 Satz 2 StPO geforderte räumliche Bezeichnung der Telekommunikation ist in dem Beschluss 270 Gs 729/11 gewahrt, jedoch fehlt es auch insoweit an jeglicher Begründung. Der Beschluss betraf die mutmaßliche Organisationszentrale der linksgerichteten Gewalttätigkeiten auf der xxx Straße xx in Dresden, wo das genannte maßgebliche Mobilfunktelefon geortet worden war.Rn. 70
Ebenso verhielt es sich mit der zeitlichen Bezeichnung der Telekommunikation. Diese erfolgte gemäß § 100 g Abs. 2 Satz 2 StPO hinreichend bestimmt, ließ nur eine Begründung vermissen. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat im Rahmen der Anhörung im Beanstandungsverfahren des Sächsischen Datenschutzbeauftragten vom 08.08.2011, deren Inhalt die Staatsanwaltschaft zum Gegenstand im vorliegenden Beschwerdeverfahren gemacht hat, erklärt, dass sich die zeitlichen Grenzen der Funkzellenabfragen aus den durch andere Beweismittel belegten Tatzeiträumen für die entsprechenden Tatorte ergeben hätten. Die im Beschluss 270 Gs 729/11 angeordnete Dauer der Funkzellenabfage von 48 Stunden begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass das Errichten der stabsmäßig organisierten Einsatzzentrale in der xxx Straße bereits am Vortag, also schon am 18.02.2011, begann.Rn. 71
Diese von der Staatsanwaltschaft nachgereichte Begründung ist nach Ansicht der Kammer plausibel und tragfähig, zumal die Beschlüsse vom 25.02.2011 erst nach den bereits stattgefundenen Krawallen am 19.02.2011 beantragt worden waren und damit bereits konkrete zeitliche und örtliche Anknüpfungspunkte vorlagen.Rn. 72
In Übereinstimmung mit der Auffassung des Amtsgerichts steht auch nach Ansicht der Kammer die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache gemäß § 100g Abs. 1 Satz 2 StPO. Die in dem Beschluss 270 Gs 729/11 angeordnete Funkzellenabfrage hält die Kammer im Ergebnis einer vorgenommenen Gesamtabwägung für verhältnismäßig im engeren Sinne. Insoweit schließt sich die Kammer den ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 28.05.2012 an. Die Kammer hat den durch die Anordnung vorgenommenen Eingriff in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 10 GG und in das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Abs. 1 GG i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG ) entwickelte Recht auf informationelle Selbstbestimmung deshalb als schwerwiegend erachtet, weil in Anbetracht der großen Zeitspanne der Funkzellenabfrage sowie der örtlichen Begebenheiten ein sehr hoher Umfang von Daten Unverdächtigter zu erwarten war. Hinzu kam, dass bei diesem schwerwiegenden Eingriff die Erfolgsaussichten der Ermittlungsmaßnahme dadurch geschmälert wurden, dass bei derartigen gewalttätigen Großereignissen die gewalttätigen linksorientierten Täter, denen die Maßnahme hier galt, ohnehin grundsätzlich nur sogenannte "saubere" Mobilfunkgeräte benutzen.Rn. 73
Auf der anderen Seite hat die Kammer jedoch berücksichtigt, dass der Eingriff in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses hier jedoch weitaus weniger intensiv ist, als bei der Überwachung der Telekommunikation, bei der auch auf die Inhalte der Kommunikation zurückgegriffen wird, was hier gerade nicht der Fall ist.Rn. 74
Den letzten Ausschlag für die Bejahung der Verhältnismäßigkeit gab die Schwere der aufzuklärenden Taten, insbesondere der Taten vom 19.02.2011, einem Tag, an dem in Dresden der Straßenkampf regierte. Das Aufklärungsinteresse an diesen schweren Straftaten ist aus generalpräventiven Gründen bedeutsam.Rn. 75
Schließlich teilt die Kammer auch die Ansicht des Amtsgerichts im Beschluss vom 28.05.2012, dass die Funkzellenabfragen vorliegend nicht von dem Erhebungsverbot aus § 160a Abs. 1 Satz 1 StPO erfasst sind. Von dem Erhebungsverbot nicht umfasst sind nämlich gegen andere Personen, als die dort genannten Berufsgeheimnisträger, gerichtete Maßnahmen; diese bleiben auch dann zulässig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann oder gar zu erwarten ist, das möglicherweise auch die Kommunikation mit den Berufsgeheimnisträgern betroffen sein wird (Meyer-Goßner StPO, 55. Auflage, § 160a Rn. 3). Für den Fall der zufälligen Betroffenheit eines Abgeordneten durch eine nicht gegen ihn gerichtete und daher zulässige Ermittlungsmaßnahme ordnet § 160a Abs. 1 Satz 5 StPO die entsprechende Geltung des Verwendungsverbots sowie der Löschungs- und Dokumentationspflicht an (Meyer-Goßner a.a.O. Rn. 7).Rn. 76
Auch die Art und Weise des Vollzugs des Beschlusses vom 25.02.2011 betreffend die xxx Straße xx ist nicht zu beanstanden. Insoweit wird wiederum auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts im Beschluss vom 28.05.2012 verwiesen. Es liegt inzwischen das in dem Beschluss dargestellte Konzept zur Datenreduzierung vor, das nicht von Anfang an bestand, um sich Flexibilität zu schaffen und die Datenreduzierung am Erkenntnisfortschritt zu orientieren.Rn. 77

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO.Rn. 78
Zitiervorschlag: LG Dresden, ZVR-Online Dok. Nr. 39/2013, Rn. #.