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OVG Koblenz, Beschl. v. 03.05.2013 – 7 A 10188/13 – „Keine Schießerlaubnis für Damwildzüchter in Ortsnähe“

ZVR-Online Dok. Nr. 61/2013 – online seit 19.10.2013

§ 8 Abs. 1 WaffG, § 10 Abs. 5 WaffG

Leitsatz der Redaktion

Im Rahmen der Abwägung des waffenrechtlichen Bedürfnisses nach § 8 WaffG bedarf es einer rechtlichen Würdigung, ob angesichts der Einzelfallumstände eine Gefährdung Dritter mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war. Dies hat das Verwaltungsgericht aus der Sicht des erkennenden Senats unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der betroffenen hochrangigen Rechtsgüter zu Recht verneint.Rn. 1

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe der in § 124 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art greifen nicht durch.Rn. 2
Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) teilt der Senat nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Schießerlaubnis (§ 10 Abs. 5 WaffG) abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch darauf nicht zustehe. Er habe dafür nicht das in § 8 Abs. 1 WaffG vorgesehene Bedürfnis nachweisen können. Nach dieser Bestimmung sei der Nachweis eines Bedürfnisses (nur) erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besonders anzuerkennende persönliche und wirtschaftliche Interessen, u. a. als Jäger, Sportschütze, Brauchtumsschütze glaubhaft gemacht sei. Daran fehle es unter den vorliegenden örtlichen Bedingungen bei dem vom Kläger geltend gemachten Belang, für seine im Damtiergehege in A gehaltenen Tiere von der an sich nach der Tierschutz-Schlachtverordnung (Anlage 3 zu § 13 Abs. 6 Teil I) zugelassenen schonenden Schlachtungsmethode durch Kugelschuss Gebrauch zu machen. Wenn danach im Sinne des Antrags des Klägers vorgesehen sei, in einer Schussentfernung von weniger als 25 m einen Kugelschuss auf Kopf oder Hals der Tiere von einem bis zu 4 m hohen Hochstand in dem geschlossenen Gehege mit einer Büchsenmunition .22 Magnum oder .22 Hornet abzugeben, könne im Rahmen der als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehenden Damtierhaltung zwar ein Interesse des Klägers nachvollzogen werden, das auf anerkennenswerten Motiven beruhe, indessen sei angesichts der vorliegenden örtlichen Verhältnisse bei der im Rahmen der Bedürfnisprüfung nach § 8 WaffG vorzunehmende Abwägung der Belang der öffentlichen Sicherheit und Ordnung höher zu gewichten, da das Gehege zu nah an der bebauten Ortslage gelegen sei und die nächstgelegene Wohnbebauung bei Errichtung des Hochstandes an der breitesten Stelle des Geheges lediglich 180 m entfernt sei. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen B vom 18. Juli 2011 werde zwar bei der vorgesehenen Schussabgabe eine aus dem Tierkörper wiederaustretende Kugel vom Erdboden aufgefangen, der gewachsene Boden reiche danach als Kugelfang auch aus, wenn ein Schuss auf diese Art das Tier verfehle. Nach Auffassung des Gerichts sei aber bei einem Fehlverhalten des Schützen auch nicht auszuschließen, dass eine Kugel wesentlich weiter fliege und somit nicht mehr innerhalb des Geländes des Geheges verbleibe. Es könne zudem zu Abprallern an Steinen oder am Schädel bzw. Knochen eines Tieres kommen. Da auch nicht unwahrscheinlich sei, dass Spaziergänger und Hundehalter in die Nähe des Geheges kommen könnten und schließlich der Kläger weder Jäger noch Sportschütze sei und bisher wenig Schießerfahrung habe, würden die Sicherheitsbedenken nicht durch das Gutachten des Sachverständigen ausgeräumt, der nur eine Schussabgabe unter den geplanten idealen Bedingungen in seine Betrachtung einbezogen habe.Rn. 3
Die dagegen geltend gemachten Bedenken des Antrags teilt der Senat nicht, sondern schließt sich den Ausführungen in dem angegriffenen Urteil an. Soweit der Antrag geltend macht, die Annahmen des Verwaltungsgerichts zum Sachverhalt seien widersprüchlich, soweit zum einen dem Kläger ausdrücklich die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 4 WaffG zuerkannt werde, andererseits aber unterstellt werde, es könne auch aufgrund der geringen Schießerfahrung des Klägers zu Fehlschüssen kommen, können damit Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht aufgezeigt werden. Die Zuverlässigkeit wird in § 5 WaffG durch die Rechtstreue eines Antragstellers definiert, während es bei der vom Verwaltungsgericht angestellten Gefahrenprognose um besondere Anforderungen an den Schützen im Umgang mit der Waffe geht. Im Übrigen führt das Verwaltungsgericht dieses Kriterium letztlich nicht einmal entscheidungserheblich an, da es für die erhöhte Gefahr maßgeblich auf die zu große Nähe zu der Ortslage eingeht, die angesichts eines nie ganz zu vermeidenden Abweichens von den geplanten idealen Maßgaben zu einer nicht hinnehmbaren Steigerung der Gefahren für Leib und Leben Dritter führt. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass für die Gefahrenprognose auf die Fähigkeiten des Inhabers der Schießerlaubnis abgestellt werden kann (vgl. VGH BW, NVwZ-RR 2010, 380 - juris Rn. 38). Es bedurfte - anders als der Zulassungsantrag annehmen will - auch keiner weiteren Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht, weil der Sachverhalt hinreichend geklärt war und die Verneinung des waffenrechtlichen Bedürfnisses nicht auf einem vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend aufgeklärten Sachverhalt, sondern auf einer rechtlichen Bewertung beruht. Dass bei einem Fehlverhalten des Schützen angesichts der Nähe zur Ortslage eine Schädigung Dritter nicht auszuschließen ist, hat der Kläger selbst nicht in Frage gestellt. Dabei geht es nicht um ballistische oder waffentechnische Fragen, die eine weitere Aufklärung erfordert hätten. Vielmehr bedurfte es im Rahmen der Abwägung des waffenrechtlichen Bedürfnisses nach § 8 WaffG einer rechtlichen Würdigung, ob angesichts der Einzelfallumstände eine Gefährdung Dritter mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war. Dies hat das Verwaltungsgericht aus der Sicht des erkennenden Senats unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der betroffenen hochrangigen Rechtsgüter zu Recht verneint.Rn. 4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, 52 Abs. 2 GKG.Rn. 5