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OVG Münster, Beschl. v. 20.07.2012 – 5 A 2601/10 – „Leinenzwang im Wald“

ZVR-Online Dok. Nr. 22/2013 – online seit 25.02.2013

§ 2 Abs. 3 LFoG NRW, § 50 Abs. 4 LFoG NRW

Leitsatz der Redaktion

Die von der Kompetenz einer Sonderordnungsbehörde ausgehende Sperrwirkung gegenüber einem gleichgerichteten Tätigwerden der allgemeinen Ordnungsbehörde besteht unabhängig davon, ob diese bereits ausgeübt wurde.Rn. 1

Gründe

I.

Die Klägerin ist Halterin eines Hundes, den sie unter anderem im Stadtwald der Beklagten ausführt. Sie wendet sich gegen einen durch die 4. und 5. Änderung der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt I. (nachfolgend OBV) begründeten Leinenzwang für Hunde im Stadtwald.Rn. 2
Der Stadtwald der Beklagten ist ein beliebtes Naherholungsgebiet insbesondere auch für Hundebesitzer. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 des Landesforstgesetzes (LFoG NRW) dürfen Hunde im Wald außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden.Rn. 3
Teile des Stadtwaldes sind im Landschaftsplan des Kreises N. gemäß §§ 19, 20 Landschaftsgesetz (LG NRW) als Naturschutzgebiete ausgewiesen, welche sich vollständig innerhalb des FFH-Gebiets "I. -T. " befinden. In diesen Naturschutzgebieten ist es nach den Festsetzungen des Landschaftsplans generell untersagt, Hunde unangeleint laufen zu lassen.Rn. 4
In den letzten Jahren kamen Hundehalter in zunehmender Zahl zum Teil von weit her, um ihre Hunde im Stadtwald der Beklagten – häufig ohne Leine – auszuführen. Das führte verstärkt zu Konflikten. Erholungssuchende beschwerten sich bei der Beklagten über eine Gefährdung durch frei laufende Hunde; Schafe und Wildtiere wurden gerissen. Ein im Zeitraum März bis September 2009 durchgeführtes Rangerprojekt, das auf Aufklärung uneinsichtiger Besucher durch vor Ort eingesetzte Ranger setzte, führte nicht zu erheblichen Verbesserungen.Rn. 5
Daraufhin beschloss der Rat der Beklagten am 17. März 2010 eine 4. Änderung der OBV, mit der der für bestimmte näher bezeichnete Bereiche im Stadtgebiet bereits bestehende Leinenzwang für Hunde mit Wirkung vom 1. April 2010 um den Bereich des Stadtwaldes erweitert wurde. Hierzu wurde in § 5 Abs. 3 der OBV der Passus "... und in den durch Beschilderung ausgewiesenen Bereichen des Stadtwaldes" eingefügt. Verstöße gegen Vorschriften der OBV können nach deren § 14 Abs. 2 mit einer Geldbuße nach den Bestimmungen des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der jeweils gültigen Fassung geahndet werden, soweit sie nicht nach Bundes- oder Landesrecht mit Strafe bedroht sind.Rn. 6
In den Erläuterungen und Begründungen der Beschlussvorlage wird unter anderem ausgeführt, die nach dem Landschaftsplan bereits bestehende Anleinpflicht in den Naturschutzgebieten sei nicht praktikabel, da sie nur Teilflächen betreffe und damit auch auf den Wegen immer nur abschnittsweise bestehe. Zwar bestehe rechtlich auch die Möglichkeit, nach dem Landesforst- oder Landschaftsgesetz eine Anleinpflicht im Stadtwald vorzuschreiben. Es erscheine jedoch allein aufgrund der räumlichen Entfernung der hierfür zuständigen Behörden wenig sinnvoll und Erfolg versprechend, diese durch die Landschafts- oder Forstbehörde durchzusetzen. Diese Behörden seien zwar "inhaltlich eigentlich originär zuständig", doch sähen sie sich nach eigenen Angaben personell nicht in der Lage, wirksam einzugreifen. Es sei sinnvoll, die Anleinpflicht kommunal festzusetzen, da im Rahmen durchgeführter Kontrollen festgestellte Verstöße unmittelbar als Ordnungswidrigkeit mit einem Verwarnungsgeld geahndet werden könnten.Rn. 7
Die späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhoben mit Schreiben vom 26. April 2010 rechtliche Bedenken gegen die Regelung, die sich vor allem gegen deren Bestimmtheit sowie die Zuständigkeit der Beklagten richteten.Rn. 8
In seiner Sitzung vom 12. Mai 2010 beschloss der Rat der Beklagten die am 10. Juni 2010 in Kraft getretene 5. Änderung der OBV. Diese ergänzte die bisherige Regelung des § 5 Abs. 3 OBV um den folgenden Satz 2: "Die das Gebiet der Anleinpflicht darstellende Karte wird der Verordnung als Anlage beigefügt".Rn. 9
Mit Schreiben vom 8. Juni 2010 bat die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf die bereits zuvor geltend gemachten Mängel der Neuregelung um Bestätigung, dass sie ihren Hund im gesamten Gebiet des Stadtwaldes unangeleint auf den Wegen führen dürfe. Der Bürgermeister der Beklagten lehnte eine solche Bestätigung unter dem 14. Juni 2010 ab, da er an die vom Rat beschlossene Anleinpflicht nach der 4. und 5. Änderung der OBV gebunden sei.Rn. 10
Die Klägerin hat am 3. Juli 2010 Feststellungsklage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Die Klage sei zulässig. Ein streitiges Rechtsverhältnis bestehe, da sie im Gegensatz zur Beklagten der Auffassung sei, ihren Hund unangeleint auf den Wegen des Stadtwaldes (außerhalb von FFH-Gebieten) ausführen zu dürfen, ohne ein Bußgeld zu riskieren. Sie habe auch ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil es ihr nicht zugemutet werden könne, erst gegen einen Bußgeldtatbestand zu verstoßen, um eine Klärung der Rechtslage zu erreichen. Die Klage sei auch begründet. Die Beklagte sei für ein Anleingebot auf Waldwegen nicht zuständig. § 2 Abs. 3 LFoG NRW regele die Nutzung des Waldes durch Spaziergänger mit Hund dahin, dass Hunde auf den Wegen ohne Leine geführt werden dürften. Für eine gemeindliche Regelung bleibe daher kein Raum. Lediglich die Forstbehörden seien befugt, nach § 50 LFoG NRW eine abweichende Regelung zu treffen. In einer ordnungsbehördlichen Verordnung nach dieser Vorschrift könne insbesondere das Verhalten der Waldbesucher geregelt werden (§ 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 LFoG NRW). Die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 25 und 27 OBG NRW seien nicht erfüllt. Den Nachweis einer abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit habe die Beklagte nicht erbracht. Die Regelung sei darüber hinaus nicht hinreichend bestimmt. Wo Hunde anzuleinen seien, ergebe sich nicht aus der Norm selbst, sondern erst aus dem Lageplan. Zudem dürften ordnungsbehördliche Verordnungen nicht nur deshalb erlassen werden, um den Behörden die Arbeit zu erleichtern. Das sei aber erklärtes Ziel der Regelung. § 14 Abs. 2 OBV sei unwirksam, weil er zur Bestimmung der Geldbuße eine dynamische Fremdverweisung enthalte, die § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f Gemeindeordnung (GO NRW) verbiete.Rn. 11
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass sie in dem Bereich des Stadtwaldes der Beklagten, soweit dieser nicht zu den sogenannten FFH-Gebieten gehört, ihren Hund auf den Wegen unangeleint führen darf, hilfsweise festzustellen, dass ihr für ein unangeleintes Führen ihres Hundes auf den Wegen innerhalb des Stadtwaldes der Beklagten keine Geldbuße nach der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt I. in Verbindung mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz auferlegt werden darf.Rn. 12
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.Rn. 13
Sie ist der Klage entgegengetreten. Ihre Regelungskompetenz hinsichtlich der Gefahrenabwehr für das Stadtgebiet im Allgemeinen ergebe sich aus § 27 OBG NRW. Eine abschließende forstrechtliche Regelung liege nicht vor. § 2 Abs. 3 LFoG NRW regele nur einen Leinenzwang für Hunde außerhalb der Wege. Der Umkehrschluss sei unzulässig. § 2 Abs. 1 Satz 1 LFoG NRW enthalte mit dem Halbsatz "soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben" eine Öffnung für andere Rechtsvorschriften wie etwa die streitige ordnungsbehördliche Verordnung. Diese beziehe sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur auf das Betreten des Waldes als solches, sondern auch auf die Verhaltenspflichten in § 2 Abs. 3 LFoG NRW. § 50 LFoG NRW greife nicht ein, weil die Forstbehörde den Stadtwald der Beklagten nicht als Erholungswald ausgewiesen habe. Eine derartige Ausweisung sei in Betracht gezogen, jedoch auf Anraten der unteren Forstbehörde nicht beantragt worden. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 27 OBG NRW seien erfüllt. Die ordnungsbehördliche Verordnung sei jedenfalls in der Fassung der 5. Änderungsverordnung auch hinreichend bestimmt. Die Verweisung in § 14 Abs. 2 OBV auf das Ordnungswidrigkeitengesetz in seiner jeweiligen Fassung sei nicht zu beanstanden.Rn. 14
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Oktober 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Hauptantrag sei zulässig, aber unbegründet. Die streitige Vorschrift weise keine Rechtsfehler auf. § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW stehe der Anordnung eines Anleinzwangs für Hunde durch ordnungsbehördliche Verordnung auf der Grundlage der gefahrenrechtlichen Generalklausel (§§ 25, 27 OBG NRW) nicht entgegen, weil er einen anderen Zweck verfolge als § 5 Abs. 3 OBV. Das in Ausfüllung der Rahmenregelung des Bundeswaldgesetzes erlassene Landesforstgesetz diene allein den in § 1 Nr. 1 bis 3 BWaldG genannten waldbezogenen Zielen. Der von § 5 Abs. 3 OBV bezweckte Schutz des Menschen (und Hunden) vor den von Hunden anderer ausgehenden Gefahren – also der Ausgleich zwischen Waldbesuchern mit und ohne Hund – falle darunter nicht. Der Rat der Beklagten sei auch vorrangig zum Schutz der Waldbesucher und nicht zum Schutz des Waldes selbst tätig geworden. Er habe dem Missstand begegnen wollen, dass Hunde "Wild hetzen – oder schlimmer – Waldbesucher belästigen". Ausweislich der Beschlussvorlage sei es darum gegangen, die gebotene Rücksichtnahme auf die berechtigten Erholungsansprüche anderer Waldbenutzer sicherzustellen. Der Zuständigkeit der Beklagten als örtlicher Ordnungsbehörde stehe auch § 50 LFoG NRW nicht entgegen, da der Stadtwald nicht als Erholungswald ausgewiesen sei. Die nicht ausgeübte, formal bestehende Befugnis nach § 50 Abs. 1 Satz 1 LFoG NRW begründe keine Sperrwirkung zu Lasten einer ordnungsbehördlichen Verordnung, weil die Beklagte im Rahmen ihrer örtlichen Angelegenheiten ausschließlich und eigenverantwortlich Träger der öffentlichen Verwaltung sei. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des §§ 25, 27 OBG NRW seien erfüllt; Ermessensfehler lägen nicht vor. § 5 Abs. 3 OBV in der 5. Änderungsfassung sei auch hinreichend bestimmt. Die Vorschrift diene ferner nicht lediglich dazu, anderen Behörden die Durchsetzung ihrer Aufgaben abzunehmen. Der Hilfsantrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig.Rn. 15
Durch Beschluss vom 20. April 2012 hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zugelassen.Rn. 16
Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen. Der Beklagten fehle die Verbandskompetenz für den Erlass eines Leinenzwangs im Wald. Der Landesgesetzgeber habe hierzu in § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW eine Regelung getroffen. Die Kompetenz zum Erlass einer abweichenden Regelung liege gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 LFoG NRW beim Land und seinen Behörden. Es gehe auch nicht um eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung, sondern um eine Regelung zur Gefahrenabwehr. Diese obliege nach § 52 Abs. 1 LFoG NRW den Forstbehörden, soweit Gefahren für die Funktionen des Waldes abzuwehren seien. Die angegriffene Regelung bezwecke den Schutz der Erholungsfunktion des Waldes. Insoweit habe der Landesgesetzgeber die Regelungskompetenz den Landesbehörden vorbehalten, wie sich aus § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 und § 2 Abs. 3 Sätze 1 und 2 LFoG NRW ergebe. Dass die zuständige Behörde mit einer Regelung durch die Beklagte ausdrücklich einverstanden sei, ändere an der fehlenden Zuständigkeit der Beklagten nichts. Auch der Hilfsantrag sei zulässig und begründet.Rn. 17
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Oktober 2010 abzuändern und nach dem Klageantrag erster Instanz zu entscheiden.Rn. 18
Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückweisen.
Rn. 19
Sie weist darauf hin, der Landesbetrieb Wald und Holz als Forstbehörde halte selbst nicht sich, sondern die Beklagte für den Erlass eines Leinenzwangs auf kommunalen Waldwegen für zuständig. Zur weiteren Begründung bezieht sie sich auf von ihr vorgelegte Stellungnahmen dieses Landesbetriebs sowie des Waldbesitzerverbandes der Gemeinden, Gemeindeverbände und öffentlich-rechtlichen Körperschaften in Nordrhein-Westfalen e. V., die sie sich zu Eigen macht:Rn. 20
Der Landesbetrieb Wald und Holz (im Folgenden: Landesbetrieb) hält den angegriffenen Leinenzwang wegen fehlender Regelungskompetenz für nichtig, soweit er sich auf den Wald außerhalb der Waldwege bezieht. Hinsichtlich der Waldwege sei er dagegen wirksam. Während § 2 Abs. 3 Satz 1 LFoG NRW alle möglichen Belästigungen durch das Verhalten von Erholungssuchenden erfasse, regele § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW das Verhalten der Erholungssuchenden, wenn sie einen Hund mit sich führen. Damit sei die Regelungskompetenz der Landesforstverwaltung abschließend umschrieben. Wenn der Gesetzgeber es für erforderlich gehalten hätte, den Landesbetrieb auch zu ermächtigen, per Verordnung eine Leinenpflicht auf Waldwegen anzuordnen, hätte es einer besonderen Ermächtigung bedurft. Der Forstschutz im Sinne von § 52 LFoG NRW umfasse u. a. den Schutz des Waldes vor den Menschen und den Schutz des Menschen vor dem Wald, nicht aber den Schutz des Menschen vor Haustieren, die sich unangeleint auf Waldwegen bewegten. Zur Regelung des Verhaltens von Menschen sei der Landesbetrieb nur aufgrund besonderer gesetzlicher Regelung befugt. Aus § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 LFoG NRW könne daher nicht abgeleitet werden, dass auch in nicht als Erholungswald ausgewiesenen Wäldern das Verhalten von Personen über § 2 Abs. 3 LFoG NRW hinaus forstrechtlich geregelt werden dürfe; zutreffend sei vielmehr der gegenteilige Schluss. Auch aus der Bußgeldbewehrung des § 2 Abs. 3 LFoG NRW in § 70 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b LFoG NRW folge nicht, dass der Landesbetrieb menschliches Verhalten über die bereits in § 2 Abs. 3 LFoG NRW enthaltenen Regelungen hinaus regeln dürfe. § 2 Abs. 4 Satz 2 LFoG NRW rechtfertige ebenfalls nicht den Schluss, dass der Landesbetrieb zur Förderung der Erholungsfunktion des Waldes das menschliche Verhalten auch außerhalb von organisierten Veranstaltungen beschränken dürfe. Dabei handele es sich um eine Sonderregelung, die ein Verbot organisierter Veranstaltungen im Wald oder eine Zulassung unter Auflagen ermögliche, wenn die Erholung der anderen Waldbesucher dadurch beeinträchtigt würde.Rn. 21
Der Waldbesitzerverband schließt sich im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Senats an, nach der unter "Forstschutz" i. S. d. § 52 Abs. 1 LFoG NRW auch die Abwehr waldspezifischer Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Wald fällt. Der erforderliche waldspezifische Bezug liege hier jedoch nicht vor. Die Abwehr von Gefahren für sonstige Schutzgüter falle lediglich dann in die Kompetenz der Forstbehörde, wenn diese vom Wald ausgingen, mithin "waldtypische Gefahren" seien. Nur ein derartiges Verständnis rechtfertige es nach dem Zweck des Landesforstgesetzes, die spezielle Sachkompetenz der Forstbehörde zur effizienten Gefahrenabwehr auszunutzen, deren ausschließliche Zuständigkeit anzunehmen. Nichts anderes folge daraus, dass § 52 Abs. 1 LFoG NRW die Abwehr drohender Beeinträchtigungen für die Funktionen des Waldes umfasse. Denn eine Ausweisung als Erholungswald gemäß § 50 LFoG NRW dürfe nur erfolgen, wenn das Wohl der Allgemeinheit es erfordere, Waldflächen für Zwecke der Erholung zu schützen, zu pflegen oder zu gestalten. Der Schutz der Erholungssuchenden vor Körperverletzungen und Belästigungen durch unangeleinte Hunde sei davon nicht umfasst und fordere auch nicht die besondere Fachkompetenz der Forstbehörde. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW einen Leinenzwang für gefährliche Hunde vorsehe, der auch im Außenbereich einschließlich des Waldes gelte. Auch diese Regelung belege die Möglichkeit einer strengeren, über § 2 Abs. 3 Satz 1 LFoG NRW hinausgehenden Regelung, soweit andere Schutzgüter betroffen seien. Eine Ergänzung dieser Regelung durch kommunale Verordnungen lasse § 15 Abs. 2 LHundG NRW ausdrücklich zu. Die Beklagte sei gemäß § 52 Abs. 2 LFoG NRW zur Anordnung des streitigen Leinenzwangs befugt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Bände) Bezug genommen.
Rn. 22

II.

Der Senat entscheidet durch Beschluss nach § 130 a VwGO, weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gemäß §§ 130 a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO gehört worden.Rn. 23
Die Berufung hat Erfolg.Rn. 24
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung, dass sie im Stadtwald der Beklagten außerhalb sogenannter FFH-Gebiete ihren Hund auf den Wegen unangeleint führen darf.Rn. 25
1. Die Klage ist zulässig.Rn. 26
Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt vor. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihren Hund im Stadtwald der Beklagten außerhalb sogenannter FFH-Gebiete auf den Wegen ohne Leine ausführen darf, oder ob dem mit § 5 Abs. 3 OBV in der Fassung der 4. und 5. Änderungsverordnung ein wirksames Verbot entgegensteht. Danach ist die Gültigkeit dieser Rechtsnorm nicht lediglich als abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung des Gerichts gestellt. Vielmehr ist ihre Anwendung auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm nur als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage aufgeworfen wird. Ein derartiges Begehren kann mit der Feststellungsklage verfolgt werden.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2010 – 8 C 19.09 –, BVerwGE 136, 54, 57 ff., und vom 28. Juni 2000 ? 11 C 13.99 ?, BVerwGE 111, 276, 278; OVG NRW, Beschluss vom 26. März 2012 – 5 B 892/11 –, juris, Rn. 5.
Rn. 27
Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Solange die Rechtslage zwischen den Beteiligten nicht geklärt ist, darf die Klägerin entweder ein Recht, das ihr ihrer Meinung nach zusteht, nicht ausüben, oder sie muss sich der Gefahr aussetzen, dass die Tätigkeit mit einer Geldbuße geahndet wird. Das ist ihr nicht zuzumuten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1972 – I C 33.68 –, BVerwGE 39, 247, 249; OVG NRW, Urteil vom 31. Januar 1996 – 13 A 6644/95 –, NVwZ-RR 1997, 264.
Rn. 28
2. Die Klage ist auch begründet.Rn. 29
a) Die 4. und 5. Änderungsverordnung zu § 5 Abs. 3 OBV, mit denen der kommunale Leinenzwang für Hunde auf die durch Beschilderung ausgewiesenen und in einer Karte näher dargestellten Bereiche des Stadtwaldes der Beklagten erstreckt worden ist, sind rechtswidrig und nichtig.Rn. 30
Die Beklagte ist als allgemeine Ordnungsbehörde für die Anordnung eines allgemeinen Leinenzwangs im Wald als allgemeine Ordnungsbehörde nicht zuständig. Für eine solche Maßnahme ist die Zuständigkeit des Landesbetriebes Wald und Holz als Sonderordnungsbehörde begründet, die diejenige der Beklagten ausschließt.Rn. 31
Das gilt zunächst insoweit, als sich der Leinenzwang auf den Wald abseits der Wege erstreckt (aa). Ob dieser Mangel bereits zur Gesamtnichtigkeit der 4. und 5. Änderungsverordnung führt, bleibt offen (bb). Jedenfalls fehlte der Beklagten auch für einen Leinenzwang hinsichtlich der Waldwege die Zuständigkeit (cc).Rn. 32
aa) Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW dürfen Hunde im Wald außerhalb der Wege nur angeleint mitgeführt werden. Dieser Leinenzwang dient vor allem dem Schutz der Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtstätten wilder Tiere vor Störung, also der Abwehr schädigender Einwirkungen auf die Waldfauna. Ein Verstoß dagegen stellt nach § 70 Abs. 1 Nr. 1 LFoG NRW eine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 70 Abs. 4 i. V. m. § 61 LFoG NRW vom Landesbetrieb Wald und Holz als unterer Forstbehörde zu verfolgen ist. Diese spezifisch forstrechtlichen Regelungen schließen die parallele Anordnung eines Leinenzwangs für dieselben Bereiche durch die allgemeine Ordnungsbehörde aus. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass der in der OBV angeordnete Leinenzwang für diese Bereiche anderen Zwecken diente als die forstrechtliche Vorschrift. Die Beklagte war daher nicht befugt, neben § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW eine zusätzliche, inhaltsgleiche Regelung zu treffen, nur weil sie sich davon eine effektivere Überwachung versprach.Rn. 33
bb) Ob der genannte Mangel bereits zur Gesamtnichtigkeit der 4. und 5. Änderungsverordnung führt, bleibt offen. Es bestehen schon Zweifel, ob eine bloße Teilnichtigkeit der 4. und 5. Änderung der OBV überhaupt in Betracht käme. Voraussetzung dafür wäre, dass der nichtige Teil von dem übrigen Regelungsgehalt eindeutig trennbar ist und die Beklagte die übrig bleibende Regelung auch ohne den unwirksamen Teil getroffen hätte. Das liegt hier nicht auf der Hand. Mit der kommunalen Festsetzung einer Anleinpflicht im gesamten Stadtwald hat die Beklagte unter anderem gerade bezweckt, Verstöße selbst unmittelbar mit einem Bußgeld sanktionieren zu können, ohne dabei infolge eines bloßen "Leinenzwang-Flickenteppichs" im Einzelnen nachweisen zu müssen, in welchem Bereich des Waldes sich dieser ereignet hat. Letzteres wurde als unpraktikabel erachtet, wäre aber die Folge einer nur auf den Wegen geltenden kommunalen Anleinpflicht.Rn. 34
cc) Der Beklagten fehlt die Zuständigkeit für die streitgegenständliche Anordnung eines Leinenzwangs im Wald auch insoweit, als diese sich auf die Waldwege bezieht. Eine derartige Regelung kommt entweder auf der Grundlage von § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 LFoG NRW als Bestandteil einer Erholungswaldverordnung oder als Forstschutzmaßnahme im Sinne von § 52 LFoG NRW i. V. m. § 25 ff. OBG NRW in Betracht. In beiden Fällen fällt sie in die (ausschließliche) Zuständigkeit der Forstbehörde, des Landesbetriebs Wald und Holz (§§ 50 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 1, 61 LFoG NRW). Die Forstbehörde hat als Sonderordnungsbehörden alle Befugnisse nach dem Ordnungsbehördengesetz, soweit ihre Zuständigkeit reicht (vgl. § 12 Abs. 2 OBG NRW). Das schließt die Befugnis zum Erlass ordnungsbehördlicher Verordnungen auf der Grundlage der §§ 25 ff. OBG NRW ein, soweit dadurch nicht die Voraussetzungen spezieller Verordnungsermächtigungen unterlaufen werden.Rn. 35
Welche Rechtsgrundlage für einen von der Forstbehörde zu erlassenden allgemeinen Leinenzwang einschlägig wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. In Betracht kommt, den Wald gemäß § 50 LFoG NRW durch ordnungsbehördliche Verordnung zu Erholungswald zu erklären und nach Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 der Vorschrift als Regelung des Verhaltens der Waldbesucher einen Leinenzwang zu bestimmen. Dass es eine derartige Erholungswaldverordnung, für deren Erlass der Landesbetrieb Wald und Holz als höhere Forstbehörde zuständig wäre (§§ 50 Abs. 1 Satz 1, 61 Satz 2 LFoG NRW), in Bezug auf den Stadtwald der Beklagten bisher nicht gibt, stünde dem Ausschluss einer Zuständigkeit der Beklagten durch diese sonderordnungsbehördliche Kompetenz nicht entgegen. Die von der Kompetenz einer Sonderordnungsbehörde ausgehende Sperrwirkung gegenüber einem gleichgerichteten Tätigwerden der allgemeinen Ordnungsbehörde besteht unabhängig davon, ob diese bereits ausgeübt wurde. Soweit § 50 Abs. 1 LFoG NRW – wie der Waldbesitzerverband meint – den Schutz der Erholungssuchenden vor Gefahren und Belästigungen durch unangeleinte Hunde nicht umfassen sollte, ist der Landesbetrieb Wald und Holz jedenfalls auf der Grundlage von § 52 LFoG NRW i. V. m. §§ 12 Abs. 2, 25 ff. OBG NRW zum Erlass eines über § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW hinaus gehenden Leinenzwangs durch ordnungsbehördliche Verordnung zuständig.Rn. 36
Forstschutz im Sinne des Landesforstgesetzes umfasst nach § 52 Abs. 1 2. Alt. LFoG NRW unter anderem die Aufgabe, Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Wald zu beseitigen. Diese Alternative ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht auf die Beseitigung bereits eingetretener Störungen beschränkt, sondern erfasst auch die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Sie weist der Forstbehörde allerdings nicht die Beseitigung jedweder Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung im Wald zu (vgl. § 52 Abs. 2 LFoG NRW sowie LT-Drs. 11/8331, S. 24), sondern nur solche Forstschutzmaßnahmen, die einen – nicht bloß räumlichen – Bezug zum Wald haben.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27. Februar 1996 – 5 A 2856/92 –, NWVBl. 1996, 391.
Rn. 37
Insoweit geht der Gesetzgeber von einer speziellen Fachkompetenz der Forstbehörden aus, die die Zuweisung dieser Vollzugsaufgaben an sie als Sonderordnungsbehörden rechtfertigt. Ein solcher Waldbezug liegt vor, wenn entweder – wie in der vorgenannten Entscheidung – die Gefahrenursache vom Wald selbst ausgeht oder die Gefahr dem Wald, den seinen Funktionen dienenden Einrichtungen (vgl. hierzu bereits § 52 Abs. 1 1. Alt. LFoG NRW) oder seinen Funktionen droht. Zu letzteren gehört neben der Nutz- und Schutzfunktion des Waldes namentlich auch die Erholungsfunktion (vgl. §§ 1 Nr. 1, 13, 14 BWaldG, §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 a. E., 50 und 70 Abs. 1 Nr. 1b LFoG NRW). Dass der Forstbezug auf der Seite des betroffenen Schutzguts nicht nur bei einer Gefahr für den Wald im engen Sinne gegeben ist, sondern auch durch eine Gefährdung seiner Erholungsfunktion vermittelt werden kann, ergibt sich aus einer Gesamtschau der Bestimmungen des Landesforstgesetzes.Rn. 38
Danach hat der Gesetzgeber die Bewahrung der Erholungsfunktion im Wald jedenfalls seit den Rechtsänderungen durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Forstgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2000 (GV. NRW. S. 483) der speziellen Kompetenz der Forstbehörden überantwortet. Die Erholung im Wald unterfällt damit dem Forstschutz gemäß § 52 Abs. 1 LFoGNRW. In dem damals neu eingefügten § 2 Abs. 4 Satz 2 LFoG NRW werden die Funktionen des Waldes neben dem Wald selbst und den seinen Funktionen dienenden Einrichtungen als selbstständiges weiteres Schutzobjekt ausdrücklich benannt. Diese neue Regelung sollte die Forstbehörden im Zusammenhang mit organisierten Veranstaltungen im Wald stärker in die Lage versetzen, die Erholungsfunktionen des Waldes zu sichern.

Vgl. LT-Drs. 12/4445, S. 17.
Rn. 39
Mit demselben Änderungsgesetz ist zudem das gesetzliche Verbot, die Erholung anderer unzumutbar zu beeinträchtigen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 LFoG NRW), bußgeldbewehrt worden (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 1b i. V. m. Abs. 4 LFoG NRW). Damit zählt es zu den Aufgaben der (unteren) Forstbehörden, derartige Verstöße als Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Diese weisen somit einen Waldbezug auf. Das ist auch bei der Auslegung der präventiven Zuständigkeiten der Forstbehörden zu berücksichtigen.

Vgl. auch Pielow/Drees/Hochhäuser, Forstrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1982, § 2 LFoG NRW Anm. 6 sowie § 52 LFoG NRW Anm. 5; für das baden-württembergische Landesrecht siehe VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15. November 1994 – 5 S 1169/93 –, juris, Rn. 60.
Rn. 40
Der Auffassung des Landesbetriebs Wald und Holz, zur Regelung des Verhaltens von Menschen sei er nur aufgrund ausdrücklicher spezialgesetzlicher Regelung befugt, folgt der Senat nicht. Dass Verhaltensregelungen auch als allgemeine Forstschutzmaßnahme auf der Grundlage von § 52 Abs. 1 LFoG NRW i. V. m. § 25 ff. OBG NRW in Betracht kommen, zeigt bereits das in der Stellungnahme selbst genannte Beispiel eines vorübergehenden Waldbetretungsverbots nach einem schweren Orkan. Auch der Einwand, § 52 Abs. 1 LFoG NRW umfasse nur Gefahren durch den Wald und für den Wald im engen Sinne, kann diese Auffassung nicht überzeugend untermauern. Dabei handelt es sich um eine nicht aus dem Landesforstgesetz abgeleitete Behauptung. Demgegenüber liegt es näher, den generalklauselartigen, konkretisierungsbedürftigen Wortlaut des § 52 Abs. 1 2. Alt. LFoG NRW unter Berücksichtigung der sonstigen Aufgaben und Zuständigkeiten der Forstbehörden auszulegen. Umfasst der Forstschutz danach den Schutz der Erholungsfunktion des Waldes, schließt auch die Möglichkeit, durch Verordnung zum Schutz, zur Pflege oder Gestaltung von Waldflächen einen Erholungswald auszuweisen und darin Vorschriften über das Verhalten der Waldbesucher zu erlassen (§ 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 LFoG NRW), den Rückgriff der Forstbehörde auf die § 25 ff. OBG NRW für einen allgemeinen Leinenzwang im Wald nicht aus. Wie oben ausgeführt, kommt die allgemeine ordnungsbehördliche Verordnungsermächtigung als Rechtsgrundlage ohnehin nur in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass eine Maßnahme zum Schutz der Erholungssuchenden nicht als Schutz, Pflege oder Gestaltung von Waldflächen zum Zwecke der Erholung i. S. v. § 50 Abs. 1 Satz 1 LFoG NRW verstanden werden kann. Dass § 50 LFoG NRW auch über den geregelten Zweck hinaus abschließende Wirkung für allgemeine Verhaltensvorschriften der Forstbehörden zum Schutz der Erholungsfunktion des Waldes zukommen könnte, ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.Rn. 41
Es trifft ferner nicht zu, dass § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG NRW das Verhalten der Erholungssuchenden, wenn sie einen Hund mit sich führen, abschließend regelt. Die Möglichkeit weitergehender Einschränkungen ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz LFoG NRW. Danach können sich aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen hinsichtlich des Waldbetretungsrechts ergeben. Dieser Halbsatz bezieht sich auf alle in § 2 LFoG NRW nachfolgend vorgesehenen Modalitäten des Betretens und damit auch auf Verhaltensvorschriften beim Mitführen von Hunden. Allerdings müssen diese Vorschriften ihrerseits rechtmäßig, also u. a. von der zuständigen Behörde erlassen sein. Daran fehlt es hier.Rn. 42
Gegen die dargelegte Auslegung kann auch nicht der Zweck des Landesforstgesetzes als Sonderordnungsgesetz angeführt werden, der darin besteht, die spezielle Sachkompetenz der Forstbehörde zur effizienten Gefahrenabwehr auszunutzen. Worauf sich die spezielle Sachkompetenz der Forstbehörden nach der Vorstellung des Gesetzgebers erstreckt, ergibt sich gerade aus der Reichweite der ihnen zugewiesenen Aufgaben und Zuständigkeiten. Wenn verschiedene Vorschriften ihnen die Bewahrung der Erholungsfunktion des Waldes zuweisen, geht der Gesetzgeber auch hinsichtlich dieses Schutzguts von einer besonderen Fachkompetenz der Forstbehörden aus. Ob und inwieweit der Landesbetrieb Wald und Holz diese Zuständigkeiten im tatsächlichen Verwaltungsvollzug bisher wahrgenommen hat, ist demgegenüber ohne Belang.Rn. 43
Der Leinenzwang für gefährliche Hunde nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW steht dieser Auslegung des sogenannten Forstschutzparagraphen nicht entgegen. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift zur Abwehr der von gefährlichen Hunden ausgehenden allgemeinen Gefahren, die zwar auch im Wald gilt, aber schon wegen ihres weit darüber hinausreichenden Geltungsbereichs keinerlei Waldspezifik aufweist. Aus ähnlichen Gründen kann die allgemeine Ordnungsbehörde zur Abwehr konkreter Gefahren, die von einzelnen Hunden ausgehen, einen Leinenzwang durch Verwaltungsakt anordnen, der auch im Wald gilt. Dafür bleibt sie zuständig, weil die insoweit veranlassten Maßnahmen sich nicht auf den Wald beschränken. Wird die Missachtung der gebotenen Rücksichtnahme von Spaziergängern mit Hund gegenüber anderen Erholungssuchenden in einem bestimmten Wald jedoch zu einem allgemeinen Problem, ist die Erholungsfunktion des Waldes berührt und dessen präventive Abwehr im Wege abstrakt-genereller Regelung Aufgabe der Forstbehörden. Eine derartige Verhaltensregelung fällt damit unter die auch vom Landesbetrieb Wald und Holz anerkannte Aufgabe, "den Wald so zu gestalten, dass Waldbesucher sich im Wald erholen können."Rn. 44
Nach diesen Maßgaben ist der erforderliche spezifische Bezug des Leinenzwangs zum Wald auch hinsichtlich der Waldwege zu bejahen. Anlass für die streitgegenständliche Regelung war die Feststellung, dass der Lebensraum Wald mit den darin lebenden Tieren und Pflanzen sowie die Erholung von Waldbesuchern durch das hohe Aufkommen an unangeleinten Hunden zunehmend beeinträchtigt und gestört würden (vgl. die Beschlussvorlagen WP 09-14 SV 66/009, S. 5 sowie WP 09-14 SV 66/017, S. 4). Zu einem wirksamen Eingreifen fühlte sich insbesondere die – von der Beklagten seinerzeit als "inhaltlich eigentlich originär zuständig" bezeichnete – Forstbehörde lediglich personell nicht in der Lage (vgl. Beschlussvorlage WP 09-14 SV 66/017, S. 5). Die Maßnahme zielte damit auf eine Vermeidung von Verstößen gegen die in § 2 Abs. 3 Satz 1 LFoG NRW geregelten Verhaltenspflichten (so ausdrücklich die Beschlussvorlage WP 09-14 SV 66/017, S. 4). § 2 Abs. 3 Satz 1 LFoG NRW verbietet entgegen der Auffassung des Landesbetriebes Wald und Holz auch die Beeinträchtigung der Erholung anderer durch rücksichtsloses Führen von Hunden. Präventive Regelungen fallen nach den vorstehenden Ausführungen auch dann in die Kompetenz der Forstbehörde, wenn sie vorrangig bezwecken, die gebotene Rücksichtnahme von Spaziergängern mit Hund auf die berechtigten Erholungsansprüche anderer Waldbenutzer sicherzustellen.Rn. 45
b) Danach ist die Klägerin berechtigt, ihren Hund im Stadtwald der Beklagten auf den Wegen ohne Leine auszuführen, soweit sie sich dabei außerhalb des FFH-Gebiets "I. -T. " (DE 4807-302) bewegt. Insoweit sind dort keine Naturschutzgebiete festgesetzt, innerhalb derer es verboten ist, Hunde unangeleint laufen zu lassen.Rn. 46
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.Rn. 47
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.Rn. 48
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).Rn. 49