Ein Schadensersatzanspruch der Kläger konnte sich einzig aus einem Amtshaftungsanspruch ergeben. Anspruchsgrundlage für einen derartigen Amtshaftungsanspruch gegenüber Beamten war § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, wonach ein Beamter dem Dritten den Schaden zu ersetzen hat, der daraus entsteht, dass er vorsätzlich oder fahrlässig die ihm diesen gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. In diesem Fall ist in Art. 34 S. 1 GG „grundsätzlich“ eine gesetzliche Schuldüberleitung auf den Staat vorgesehen, die der Schaffung eines liquiden Schuldners und Stärkung der Einsatzbereitschaft des staatlichen Personals dient.[1] Es kommt also zu einer befreiendenHaftungsübernahme durch den Staat, weshalb als Anspruchsgrundlage für den Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Staat § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG heranzuziehen ist.[2] Bevor seitens des BGH der Frage nachgegangen werden musste, ob der befehlshabende Kommandeur des PRT i. S. v. Art. 34 S. 1 GG „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ gehandelt hat [3], mithin in seiner militärischen Entscheidung eine dem Staat zuzurechnende öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu erblicken ist, war zunächst zu klären, ob der Amtshaftungsanspruch bei – etwaigen – Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht im Zuge von Auslandseinsätzen überhaupt Anwendung findet. Dazu führt der BGH aus: | Rn. 4 |
(Rn. 3 ff.): „Es gibt nach wie vor keine allgemeine Regel des Völkerrechts, nach der dem Einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ein Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung zusteht. Schadensersatzansprüche wegen völkerrechtswidriger Handlungen eines Staates gegenüber fremden Staatsangehörigen stehen grundsätzlich nur dem Heimatstaat zu, der seinen Staatsangehörigen diplomatischen Schutz gewährt. Bei Schaffung des zusammen mit dem gesamten Bürgerlichen Gesetzbuch am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen § 839 BGB dachte der Gesetzgeber nicht daran, dass hierdurch auch Schäden durch militärische Kampfhandlungen im Ausland ersatzfähig sein sollten. Dementsprechend stand nach dem traditionellen Verständnis des Amtshaftungs- und Völkerrechts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs rechtlich außer Frage, dass militärische (Kriegs-)Handlungen im Ausland vom damaligen Amtshaftungstatbestand (§ 839 BGB i.V.m. Art. 131 der Weimarer Reichsverfassung) ausgenommen waren. Bei Erarbeitung der Vorschrift des Art. 34 GG und bei Inkrafttreten des Grundgesetzes hatte der historische Gesetzgeber weder die Aufstellung deutscher Streitkräfte noch deren Beteiligung an Kampfhandlungen im Ausland im Blick. Auch in der Folgezeit ist keine gesetzgeberische Entscheidung dahingehend erfolgt, den Anwendungsbereich der Amtshaftung auf militärische Kampfeinsätze im Ausland auszudehnen. Der Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen des Amtshaftungsrechts ist bis heute unverändert geblieben. Wie der allgemeine Aufopferungsanspruch, der Kriegsschäden nicht erfasst, ist die Vorschrift des § 839 BGB auf den "normalen Amtsbetrieb" zugeschnitten. Die Entscheidungssituation eines verwaltungsmäßig handelnden Beamten kann nicht mit der Gefechtssituation eines im Kampfeinsatz befindlichen Soldaten gleichgesetzt werden.Gegen die Anwendbarkeit des allgemeinen Amtshaftungstatbestands bei Kampfhandlungen deutscher Streitkräfte im Ausland sprechen auch systematische Erwägungen in Bezug auf das völkerrechtliche Haftungsregime, das als eine das nationale Recht überlagernde, speziellere Regelung anzusehen ist. Die Werteordnung des Grundgesetzes zwingt nicht zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Amtshaftungsnormen. Würde man das anders sehen, könnte es in mehrfacher Hinsicht zu Beeinträchtigungen der von Verfassungs wegen geforderten Bündnisfähigkeit Deutschlands und des außenpolitischen Gestaltungsspielraums kommen (z.B. Zurechnung völkerrechtswidriger Handlungen eines anderen Bündnispartners, kaum eingrenzbare – gesamtschuldnerische - Haftungsrisiken). Unter dem Gesichtspunkt der Haushaltsprärogative des Parlaments ist die Entscheidung über die Zubilligung von Entschädigungs- und Ausgleichsansprüchen im Zusammenhang mit bewaffneten Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte dem Gesetzgeber vorbehalten und kann nicht Gegenstand richterlicher Rechtsfortbildung sein. Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des deutschen Amtshaftungsrechts scheitert ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch der Kläger im Streitfall jedenfalls daran, dass im Zusammenhang mit dem Luftangriff auf die beiden entführten Tanklastwagen keine Amtspflichtverletzungen deutscher Soldaten oder Dienststellen im Sinne konkreter schuldhafter Verstöße gegen Regeln des humanitären (Kriegs-)Völkerrecht zum Schutze der Zivilbevölkerung festgestellt sind. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt, dass für den PRT-Kommandeur nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten die Anwesenheit von Zivilpersonen im Zielbereich des Luftangriffs objektiv nicht erkennbar war. Die getroffene militärische Entscheidung war daher völkerrechtlich zulässig.“ | Rn. 5 |
Gemessen an den vorstehenden Erwägungen des BGH erwies sich ein deutscher Amtshaftungsanspruch gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG auf Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr als nicht anwendbar. Haftungsrechtliche Ansprüche stehen allenfalls dem Heimatland zu, das seinen Staatsangehörigen diplomatischen Schutz gewährt. Der Amtshaftungsanspruch gewährt lediglich Entschädigung bei solchen Maßnahmen, die im Zuge des „normalen Amtsbetriebs“ stattfinden, wobei die Gefechtssituation eines im Kampfeinsatz befindlichen Soldaten damit keinesfalls gleichgesetzt werden kann. Erweist sich aber der Amtshaftungsanspruch schon gar nicht als anwendbar, bedarf es im Übrigen keiner Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage vorliegen. Lediglich ergänzend weist der BGH daraufhin, dass – ungeachtet der Frage nach der Anwendbarkeit deutschen Amtshaftungsrechts – jedenfalls kein schuldhafter Verstoß gegen die Regeln des humanitären (Kriegs-)Völkerrecht zum Schutze der Zivilbevölkerung festgestellt werden kann und somit keine Amtspflichtverletzung deutscher Soldaten besteht. | Rn. 6 |