Das nach § 210 Abs. 2 StPO zulässige Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. | Rn. 14 |
Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn der Angeschuldigte nach dem gesamten Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens der ihm zur Last gelegten Straftat hinreichend verdächtigt erscheint. | Rn. 15 |
1. Hinreichender Tatverdacht ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum eröffnet, zumal es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt (vgl. BVerfG NJW 2002, 2859; BGH NJW 2000, 2672; OLG Nürnberg NJW 2010, 3793; OLG Düsseldorf OLGSt StGB § 177 Nr. 4 = NStZ-RR 2008, 348). Er besteht in der Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 59. Aufl., § 203 Rn. 2 mwN). Die ermittelten Tatsachen müssen es bei vorläufiger Bewertung nach praktischer Erfahrung wahrscheinlich machen, dass der Angeschuldigte in einer Hauptverhandlung mit den Beweismitteln, die im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung zur Verfügung stehen, verurteilt wird. Die Grundlage der Eröffnungs- bzw. Nichteröffnungsentscheidung bilden – in dem von der Anklageschrift in persönlicher und sachlicher Hinsicht bezeichneten Rahmen – die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse sowie die Ergebnisse von im Zwischenverfahren nach § 202 StPO angeordneten einzelnen Beweiserhebungen, mithin der gesamte Akteninhalt. | Rn. 16 |
Entscheidend ist letztlich die vertretbare Prognose des Gerichts, dass die Hauptverhandlung wahrscheinlich mit einem Schuldspruch enden wird, wenn sich das Ermittlungsergebnis nach Aktenlage in der Beweisaufnahme als richtig erweist (vgl. zum Ganzen BGH NJW 2000, 2672; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2008, 348; OLG Nürnberg aaO; Senat, Beschlüsse vom 30. November 2010 – 4 Ws 84/08 – und 19. Mai 2014 – 4 Ws 43/14 –, jeweils mwN). Wahrscheinlich in diesem Sinne ist ein Ergebnis dann, wenn mehr dafür als dagegen spricht, dass es eintritt (vgl. OLG Düs-seldorf aaO). Im Rahmen dieser Wahrscheinlichkeitsprognose findet der Grundsatz „in dubio pro reo“ zwar keine unmittelbare Anwendung, er ist aber bei der Eröffnungsentscheidung von mittelbarer Bedeutung. Ist – auch unter Berücksichtigung der in der Regel besseren Aufklärungsmöglichkeiten in einer Hauptverhandlung – nicht zu erwarten, dass tatsächliche Zweifel in der Hauptverhandlung überwunden werden können, so wirkt sich dies auf die Eröffnungsentscheidung aus, weil wegen der dann gebotenen Anwendung des Zweifelssatzes durch das erkennende Gericht die Verurteilung prozessual nicht wahrscheinlich und daher die Eröffnung abzulehnen ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 1. Februar 2002 – 4 Ws 12/02 – und 28. August 2000 – 4 Ws 134/00 – beide bei juris; KG, Beschlüsse vom 3. Juni 2011 – 2 Ws 166/11 – und 1. Februar 2002 – 5 Ws 7/01 – [juris]). | Rn. 17 |
2. Diese Grundsätze hat die Strafkammer beachtet. Die dem Beschluss zugrunde liegende Einschätzung, dass eine Verurteilung des Angeklagten hinsichtlich der beiden nicht zur Hauptverhandlung zugelassenen Taten nach dem Ergebnis der (längeren) Ermittlungen nicht wahrscheinlich ist, hält sich innerhalb des dem Landgericht zustehenden Beurteilungsspielraums. | Rn. 18 |
Auch aus Sicht des Senats spricht nicht mehr für als gegen eine Verurteilung des Angeklagten. Es liegen insbesondere keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Hauptverhandlung im Streitfall bessere Aufklärungsmöglichkeiten bietet. Denn weder steht die Glaubwürdigkeit von Zeugen oder die Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen im Einzelnen im Streit, noch gilt es, durch Rede und Gegenrede Widersprüche aufzulösen. Hierbei ist anzunehmen, dass das nach Aktenlage derzeit gegebene Beweisergebnis wahrscheinlich demjenigen entsprechen wird, wie es sich nach dem Abschluss einer Hauptverhandlung darstellen würde. Diese Annahme wird gestützt durch den Umstand, dass die Staatsanwaltschaft die seit langem vorliegenden Beweisergebnisse lediglich anders würdigt als das Landgericht und auch zuletzt in der Beschwerdebegründung keine weiteren – oder gar neuen – Möglichkeiten zu erfolgversprechenden Beweiserhebungen angeführt hat. | Rn. 19 |
a) Das in Bezug auf den Fall 1 gegebene Ermittlungsergebnis lag der Anklagebehörde bereits im Februar 2014 vor. Zu diesem, seither unverändert gebliebenen Beweisergebnis hat die Staatsanwaltschaft in einem Vermerk vom 16. Oktober 2014 die folgende Bewertung niedergelegt, die im Wesentlichen unverändert der Anklage und auch der Beschwerde zugrunde liegt: Angesichts der Tatsachen, dass der Angeklagte in den Niederlanden die Örtlichkeiten, die die Journalisten der XXX aufsuchen wollten, vorab aufgeklärt habe, und die Zeugen B. und L. keine Bedenken gehabt hätten, ihm diese Aufgabe zu übertragen, könne „unterstellt“ werden, dass die Dienstfähigkeit des Angeklagten, der „offensichtlich in der Lage“ gewesen sei, die Aufklärungstätigkeiten beanstandungslos zu erfüllen, spätestens ab dem 24. April 2011 (gemeint ist: vollständig) wiederhergestellt gewesen sei, zumal nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte zwar die Nebentätigkeit, nicht aber auch seinen normalen Polizeidienst habe ableisten können, sich weder aufdrängten noch „von dem Beschuldigten vorgetragen“ seien. Deshalb sei „abschließend“ nur noch die Höhe des Schadens zu ermitteln. | Rn. 20 |
Bei dieser Bewertung handelt es sich schon nach den Formulierungen um Mutmaßungen zu Lasten des Beschuldigten, die von den wenigen tatsächlichen Grundlagen, die den Vernehmungen der Zeugen B. und L. entnommen werden können, nicht getragen werden. Auch die Anklageschrift (S. 33) beschränkt sich auf die pauschale Behauptung, aufgrund der beiden Zeugenaussagen stehe fest, dass der Angeklagte wieder in der Lage gewesen sei, seinen Dienst bei der Berliner Polizei auszuüben. Welcher Art die (Aufklärungs-) Tätigkeiten des Angeklagten in den Niederlanden waren, ob und ggf. welche (körperlichen) Belastungen mit ihnen verbunden waren, ob sie möglicherweise rein operativ-taktischer Natur waren und beispielsweise allein schon aufgrund einer besonderen Befähigung zur Beobachtung und Analyse potenzieller Gefahrenlagen ohne nennenswerte (körperliche) Beanspruchung zu bewältigen waren, ist mangels entsprechender Ermittlungen (oder auch nur gezielter Befragung der Zeugen) im Dunkeln geblieben. Insbesondere ist offen geblieben, ob und ggf. welche Schlüsse aus der Übernahme der ungenehmigten Nebentätigkeit in den Niederlanden – wäre ihre genaue Ausgestaltung durch entsprechende konkrete Ermittlungen bekannt geworden – für die fachgerechte Beurteilung der (wegen einer offenbar langwierigen Fußverletzung monatelang eingeschränkten) Fähigkeit des Polizeibeamten eines Spezialdezernats zur umfassenden Ausführung seines Polizeidienstes gezogen werden könnten, und ob etwaige Schlussfolgerungen für eine Verurteilung tragfähig wären. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft oblag es dem Angeklagten nicht, hierzu etwas Erklärendes (zu seiner Entlastung) „vorzutragen“. | Rn. 21 |
Mit der Möglichkeit, dass sich der Angeklagte trotz der einer Dienstaufnahme weiterhin entgegenstehenden Erkrankung – unter Missachtung seiner beamtenrechtlichen Pflichten, die möglicherweise in einer Verletzung seiner Gesunderhaltungspflicht, jedenfalls aber in der Nichtanzeige seiner Nebentätigkeit bestand – einen nicht unerheblichen Nebenverdienst verschaffen wollte, hat sich die Staatsanwaltschaft nicht einmal befasst. Sie hat vielmehr, zumal auf der Grundlage unzureichender Erkenntnisse über die Art der vom Angeklagten in den Niederlanden tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten, aufgrund einer eigenen, notwendigerweise laienhaften Bewertung zugrunde gelegt, dass die (in einem engen zeitlichen Rahmen von maximal vier Tagen) übernommenen Tätigkeiten ohne Weiteres – offensichtlich im Widerspruch zu einer ärztlich bescheinigten sachverständigen Prognose – den (vollständigen) Wiedereintritt der Dienstfähigkeit am 24. April 2011 und deren (Fort-) Bestehen im gesamten Zeitraum bis zum 8. Juni 2011 belegten. | Rn. 22 |
Die in der Beschwerdeschrift angestellten Erwägungen zu den mit einer Flugreise (von Berlin nach Amsterdam) verbundenen Belastungen, die mit einer fortbestehenden Dienstunfähigkeit aufgrund einer mehrmonatigen Fuß-Erkrankung vermeintlich unvereinbar seien, stellen sich ebenfalls als bloße Vermutungen dar; sie bilden jedenfalls – auch in der Zusammenschau mit wenig stichhaltigen übrigen Indizien – keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung, zumal der Angeklagte nach (lang-jährig bekannter) Aktenlage damals für die Reise in die Niederlande über eine ärztliche Reisefähigkeitsbescheinigung verfügte. | Rn. 23 |
Der Senat legt angesichts der Beschwerdebegründung zugrunde, dass der Staatsanwaltschaft innerhalb der seit Erlangung der Zeugenaussagen verstrichenen Zeit von mehr als drei Jahren keine durchgreifenden Beweise zur Klärung der entscheidungserheblichen Aspekte bekannt geworden sind, und dass sie es u.a. bewusst unterlassen hat, eine Stützung ihrer medizinischen Anschauungen durch Einholung sachverständigen Rates zu erlangen. | Rn. 24 |
Nachdem die Staatsanwaltschaft von möglichen und erforderlichen (weiteren) Ermittlungen abgesehen hat, hat sich die Strafkammer zu Recht nicht gehalten gesehen, solche Ermittlungen selbst durchzuführen. Zwar kann das Gericht gemäß § 202 StPO vor der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens zur besseren Aufklärung der Sache Beweiserhebungen anordnen. Es muss sich dabei aber um einzelne Beweiserhebungen handeln, also um eine bloße Ergänzung eines von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bereits weitgehend aufgeklärten Sachverhalts. Ermittlungen größeren Umfangs und grundlegender Art, die die Staatsanwaltschaft ihrerseits für entbehrlich erachtet hat, zur Komplettierung eines unzulänglich belegten Vorwurfs sind im Zwischenverfahren gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. OLG Celle StV 2012, 456 mwN; Senat GRUR 2015, 101, 103 = NJW 2014, 3798, 3800; Beschluss vom 2. März 2015 – 4 Ws 22/15 –; Meyer-Goßner/Schmitt aaO., § 202 Rn. 1: im Zwischenverfahren keine Nachholung wesentlicher Teile des Ermittlungsverfahrens). | Rn. 25 |
Ungeachtet der Frage der Verwertbarkeit der beim Verlag erlangten (Original-) Rechnung des Angeklagten vom 8. Mai 2011gilt für dieses Beweismittel, dem die Staatsanwaltschaft ein besonderes Gewicht beimisst: Der Hinweis des Angeklagten auf „Konspirativität“ ist zwar in der Tat ein Indiz für seine Bösgläubigkeit, trägt aber den strafrechtlichen Vorwurf nicht, weil sich die Bösgläubigkeit in gleicher Weise auf seine – zweifellos gegebenen – disziplinarrechtlich relevanten Verfehlungen bezogen haben kann. Dass ein Computerausdruck der Rechnung im Zuge der beim Angeklagten durchgeführten Durchsuchung erlangt worden ist und die Rechnungsstellung mit dem fraglichen Zusatz auch durch die Aussage des Zeugen B. feststellbar wäre, ändert deshalb nichts an der Bewertung. | Rn. 26 |
Auf die weitere, an sich maßgebliche Frage, ob und ggf. wie sich das Vorliegen einer ärztlichen Bescheinigung über das krankheitsbedingte Fortbestehen der Dienstunfähigkeit bis zum 8. Juni 2011 auf die Beurteilung der subjektiven Tatseite ausgewirkt haben kann, war bei dieser Sachlage nicht mehr einzugehen. | Rn. 27 |
Der Senat teilt nach allem die Auffassung des Landgerichts, dass unter Berücksichtigung der aktuell vorliegenden Ermittlungsergebnisse die gerichtliche Überzeugung von der Tatbegehung durch den Angeklagten auf der Grundlage durchgreifender Beweise nicht gewonnen werden könnte. Die von der Staatsanwaltschaft aufgeführten Indizien haben zwar einen Anfangsverdacht begründet, der den Angeklagten zu Recht in das Schlaglicht der Ermittlungen gerückt hat, könnten aber, auch wenn sie in einer Hauptverhandlung zusammengetragen wären, keine rechtsfehlerfreie Verurteilung tragen. | Rn. 28 |
b) Gleiches gilt im Ergebnis für den Fall 32. Die Würdigung der Ermittlungsergebnisse durch das Landgericht ist vertretbar und hält sich im Rahmen des ihm gegebenen Beurteilungsspielraums. Der Senat nimmt zunächst auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung – auch zu der Nichteröffnung im Fall 33 – Bezug. | Rn. 29 |
Auch betreffend den Fall 32 hat die Staatsanwaltschaft zunächst mit Recht einen Anfangsverdacht angenommen und gegen den Angeklagten ermittelt. Die abschließende Bewertung der Beweisergebnisse des Ermittlungsverfahrens führt aber nicht zu dem Ergebnis, dass eine Verurteilung wahrscheinlich ist, denn auch die Gesamtheit der vorliegenden belastenden Beweisanzeichen ist unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungsergebnisse nicht tragfähig. | Rn. 30 |
Der vermutlich unmittelbare Informationsempfänger, der Zeuge H., hat in einer ersten Stellungnahme – wohl spontan, außerhalb einer förmlichen Vernehmungssituation – „zwei Leiter des LKA“ als seine Quellen benannt, während er später in Abrede gestellt hat, seine Erkenntnisse aus dem Bereich der Polizei erhalten zu haben; im Übrigen beruft er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, und es spricht nichts dafür, dass von dem Zeugen weitere oder andere Aussagen zu erlangen sein werden. Feststellbar ist jedenfalls, dass der Angeklagte als Polizeioberkommissar nicht zur Leitungsebene des LKA gehört und von dem Zeugen H. somit allenfalls ihn entlastende Aussagen vorliegen. | Rn. 31 |
Der Erkenntnis, dass dem Angeklagten die in Rede stehenden Informationen vorlagen, steht die Tatsache gegenüber, dass es eine Vielzahl anderer Informationsträger gab. Dies hat auch die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift dargelegt: So nahmen von Anfang an etwa 15 bis 20 Personen an den fraglichen Besprechungen zu den Maßnahmen teil. Im Zuge der weiteren Einsatzplanung weitete sich der Kreis der Informationsträger in der Folgezeit immer mehr aus. Auch Justiziare der Polizei und Teile der Staatsanwaltschaft erhielten Informationen über die geplanten Maßnahmen, und ab dem 23. Mai 2012 hatte auch das LKA 63 Kenntnis von den Vorgängen; von dort erfolgte die Anforderung auswärtiger Polizeikräfte (u.a. aus Niedersachsen), deren Unterbringungsort in einem Berliner Hotel dem MC nach Aktenlage vor Beginn der Umsetzung der Verbotsverfügung bekannt geworden war. | Rn. 32 |
Zu möglichen anderen Informationsquellen als dem Angeklagten ist nicht nachweislich ermittelt worden. Aus den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, dass dem Hinweis des (Voll-)Mitglieds des MC F. W. auf Sekretärinnen der Polizei als Quelle der Informationen nachgegangen wurde. Der – im wesentlichen Ermittlungsergebnis als „Zeuge“ bezeichnete – F. W. ist in der Anklageschrift nicht als Beweismittel aufgeführt und ersichtlich auch nicht vernommen worden, weshalb der Senat die von der Staatsanwaltschaft niedergelegte Wertung, „hierzu“ (zu diesem Hinweis) hätten „keine weiteren Erkenntnisse erlangt werden“ können, nicht nachvollziehen kann. Dass dem Hinweis einer V-Person, wonach die Kenntnis des MC von den bevorstehenden Maßnahmen zeitlich seit der Kräfteanforderung von den Berliner an Niedersächsische Polizeibehörden bestanden habe, nachgegangen worden ist, lässt sich den Akten ebenfalls nicht entnehmen; auch die in der Anklageschrift niedergelegte Wertung, dieser Hinweis habe „nicht verifiziert werden“ können, ist deshalb nicht überprüfbar, und es bleibt offen, ob seitens auswärtiger Polizeikräfte Hinweise auf bevorstehende Maßnahmen gegeben oder gar konkrete Informationen (weiter-)gegeben worden sind. | Rn. 33 |
Weder die Auswertungen der POLIKS-Abfragen des Angeklagten noch von Telefonen haben einen Hinweis auf seine Verstrickung in den Geheimnisverrat erbracht. Allein die Auswertung der dienstlichen E-Mails des Angeklagten hat diejenigen Um-stände zutage gefördert, die von der Staatsanwaltschaft als für eine Verurteilung ausreichend erachtet werden. Diese Beweisanzeichen genügen jedoch nicht. | Rn. 34 |
Das Verhalten des Angeklagten in Bezug auf das Aufsuchen seiner Dienststelle und die Durchsicht seiner dienstlichen E-Mails während einer Erkrankung findet eine Erklärung darin, dass er unstreitig von seinem Kommissariatsleiter unmittelbar davor aufgefordert worden war, seine dienstlichen E-Mails zu überprüfen, um seinen Kollegen eine vertretungsweise Weiterbearbeitung von Vorgängen während seiner Erkrankung zu ermöglichen. | Rn. 35 |
Mit der Frage, ob das Aufsuchen der Dienststelle zur Nachtzeit – auch in Anbetracht der sonstigen Dienstzeiten der Angehörigen des LKA 422 und insbesondere der eigenen Gepflogenheiten des (ledigen und kinderlosen) Angeklagten, der jeden-falls nach Darstellung seines Verteidigers regelmäßig zur Nachtzeit dienstlich tätig war – als derart ungewöhnlich anzusehen ist, dass sich hieraus ein zwingendes Indiz für die Täterschaft und Schuld des Angeklagten ergeben könnte (und alle anderen Überlegungen in den Hintergrund treten müssten), haben sich die Ermittlungen nicht befasst. | Rn. 36 |
Soweit es um die Transferierung von dienstlichen Daten (auch) über die Vorgänge um den MC auf den privaten E-Mail-Account des Angeklagten geht, ist zu bedenken, dass der Angeklagte, der sich nach Darstellung seines Verteidigers in besonderer Weise seinem Polizistenberuf verschrieben hat, nach Aktenlage eine umfangreiche, offenbar fast schon bizarr anmutende private Sammlung dienstlicher Vorgänge vorhält. Von diesen Vorgängen stellt der hier interessierende Fall nur einen unter vielen dar, der ersichtlich keine besondere Stellung besitzt, die es erlauben würde, das private Vorhalten (auch) dieser Informationen als durchschlagendes Argument dafür anzusehen, dass der Angeklagte sie an den Zeugen H. weitergegeben habe. Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Übersendung der größeren Mengen sonstiger dienstlicher Daten der Vertuschung der Übersendung der inkriminierten Informationen gedient habe, sondern es liegt vielmehr nahe, dass der Angeklagte schon früher auch größere Mengen dienstlicher Unterlagen nach Hause transferiert (oder – in Papierform – transportiert) hat. | Rn. 37 |
Das Landgericht hat – auch wenn diese Bewertung nicht die allein mögliche ist – vertretbar angenommen, dass die Versendung einer SMS am 29. Mai 2012 um 11:48 Uhr (ersichtlich Systemzeit des Mobiltelefons) an den Berliner Rechtsanwalt C. G. mit dem Inhalt: „Katastrophe!!! Siehe Spiegel Online…“ darauf hindeute, der Angeklagte sei von der Veröffentlichung des Zeugen H. negativ überrascht worden. Diese Bewertung ist möglich, will man nicht – wofür indessen nichts Stichhaltiges spricht – annehmen, dass der Angeklagte seinen engen Freund G. über seine Verstrickung in die Angelegenheit täuschen wollte oder aber schon an jenem Tag in Rechnung gestellt hat, dass seine Telekommunikation einst ausgewertet und die SMS hierbei aufgefunden werden würde, und er mit dem Versenden der SMS vorausschauend, in besonders verschlagener Weise von seiner in Wahrheit vorhandenen Kenntnis von dem Geheimnisverrat und seiner Urheberschaft desselben ablenken wollte. | Rn. 38 |
Das Landgericht hat weiterhin vertretbar angenommen, dass das Löschen umfangreicher Daten im dienstlichen E-Mail-Account des Angeklagten keine durchschlagende indizielle Wirkung besitzt, weil solche Löschungen – die (auch wegen ihres Umfangs) zudem keine tragfähigen Schlüsse gerade auf den hier interessierenden Vorwurf zulassen würden – angesichts des begrenzten Speicherplatzes zur Routine der Anwender gehören. | Rn. 39 |
Die Annahme der Staatsanwaltschaft, der Angeklagte habe den Zeugen H. wieder-holt auch mit anderen internen dienstlichen Informationen versorgt, ist nicht hinreichend belegt. Dies gilt auch für den von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Vorgang, nämlich eine vom Angeklagten – vermutlich nach einer polizeilichen Razzia am 29. Juni 2012 in einem Berliner Bordellbetrieb – an H. gesendete SMS, in welcher der Angeklagte dem Zeugen H. geschrieben haben soll, dass dieser (wegen der Frage, ob Journalisten bei der Maßnahme anwesend waren und seitens des LKA 422 die Dezernatsleiterin beteiligt war, was die Pressestelle der Polizei auf H. Anfrage wohl verneint hatte) doch einmal bei dem Bordellbetreiber nachfragen solle. Weder der Vorgang als solcher noch der Inhalt der SMS („Ist ja der Hammer, ich habe es aus 1. Hand. Sprecht doch mal mit dem Besitzer Herrn E.. Fragt ohne Kamera nach der Razzia vom letzten Freitag“) trägt den Vorwurf der (auch nur Bereitschaft zur) Weitergabe interner Informationen im Sinne strafrechtlich geschützter Geheimnisse. Der Vorgang belegt allerdings ein offenbar gegebenes vertrautes Verhältnis des Angeklagten zu dem Zeugen H.; wenn auch diese Nähe für sich genommen problematisch erscheinen mag, hat sie doch für die strafrechtliche Bewertung der vorliegenden Fragen keine durchschlagende Bedeutung. | Rn. 40 |
Die weiteren Erwägungen der Beschwerdeschrift, in der die Verwendungen relativierender Begriffe – etwa die vielfache Nutzung des Wortes „dürfte“ – auffällt, verhelfen dem Rechtsmittel ebenso wenig zum Erfolg, wie Schwächen des angegriffenen Beschlusses in Bezug auf die Bewertung des sog. Journalistenhandys. Soweit die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Nutzung des fraglichen Handys dem Angeklagten einerseits ein fehlendes Gefahrenbewusstsein attestiert, andererseits aber die Anschaffung des Gerätes als folgerichtige gefahrenmindernde Maßnahme dargestellt hat, erscheint ihre Argumentation im Übrigen kaum stichhaltiger als die von ihr kritisierte Bewertung durch die Strafkammer. | Rn. 41 |
Der in der Beschwerdeschrift noch unternommene Versuch der Staatsanwaltschaft, die zu Teilaspekten der Vorwürfe vorliegenden schriftsätzlichen Ausführungen des – im Juni 2015 aus dem Verfahren ausgeschiedenen früheren – Verteidigers als Einlassungen des Angeklagten (zu dessen Nachteil) zu verwerten, vermag – ungeachtet der Frage, ob der Würdigung der fraglichen Erklärungen durch die Staatsanwaltschaft gefolgt werden könnte – schließlich ebenfalls nicht zur Bejahung einer überwiegenden Verurteilungswahrscheinlichkeit zu führen. Denn eine prozessual beachtliche Einlassung eines Beschuldigten, der sich – wie der Angeklagte hier im Ermittlungsverfahren – selbst nicht geäußert hat, könnte nur dann angenommen werden, wenn in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise feststünde, dass er Ausführungen seines Verteidigers als eigene Sacheinlassung verstanden wissen und sie sich – ggf. auch zu seinem Nachteil – zurechnen lassen will (vgl. hierzu etwa Senat, Beschluss vom 17. August 2016 – [4] 161 Ss 73/16 [137/16] – mwN). Dass sich der Angeklagte nach Darstellung der Staatsanwaltschaft „über seinen damaligen Verteidiger“ umfangreich eingelassen „bzw. diesen zu umfangreichen Stellungnahmen autorisiert“ habe, folgt aus der hierfür angeführten Aktenstelle, die lediglich die Auflistung der (vermeintlichen) Einlassungen des Angeklagten in der Anklageschrift enthält, nicht. Die dort genannten Fundstellen betreffen die zahlreichen Schriftsätze des Verteidigers, von denen kein einziger einen zuverlässigen Hinweis darauf enthält, dass der Angeklagte des vom Verteidiger niedergelegten Text als eigene Sacheinlassung verstanden wissen will. Dass der Verteidiger seine Ausführungen zum Teil damit eingeleitet hat, er trage „im Namen“ des Beschuldigten (bzw. „des zu Unrecht Verfolgten“) vor, und in einem Fall sogar die wörtliche Rede verwendet hat, genügt für eine solche prozessuale Zurechnung ebenso wenig, wie die Tatsache, dass der Angeklagte (nicht nur mit Journalisten, sondern auch) mit Rechtsanwalt G. eng befreundet ist. Vor allem aber ist der Versuch der Staatsanwaltschaft untauglich, zum Nachteil des Angeklagten sogar eine Lücke in der vermeintlichen Einlassung, nämlich den Umstand (als „bezeichnend“) zu Lasten des Angeklagten zu verwerten, dass sich dieser („über seinen damaligen Verteidiger“) „bis heute – soweit ersichtlich – nicht zu dem Zweck des ‚Journalistenhandys‘ verhalten“ habe. | Rn. 42 |
Die verbleibende und von der Staatsanwaltschaft mit einiger Berechtigung vorgebrachte Erkenntnis, dass der Angeklagte dazu neigt, dienstliche Möglichkeiten für private Zwecke zu nutzen, trifft zu, ist aber weder für sich genommen noch in der Zusammenschau mit den weiteren schwachen Indizien geeignet, eine rechtsfehlerfreie Verurteilung zu tragen. | Rn. 43 |