Das OVG prüfte im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde, ob das private Interesse an Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung das öffentliche Interesse an dem Vollzug der Ordnungsverfügung überwiegt. | Rn. 5 |
Ausgangspunkt der Überlegungen des Gerichts war die Regelung des § 61 Abs. 1 S. 2 BauO NRW, wonach die Ordnungsbehörde die Nutzung einer baulichen Anlage aufgrund einer formellen Illegalität untersagen darf. Eine fehlende baurechtliche Genehmigung der entsprechenden Nutzung begründe ein öffentliches Interesse an einer sofortigen Verhinderung der weiteren Nutzung. Das Gericht sah bei einer abweichenden Bewertung die Gefahr, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfes dazu verleite die ungenehmigte Nutzung bis zur Bestandskraft der Ordnungsverfügung fortzuführen. Dies entwerte einerseits die Ordnungsfunktion des Baurechts und andererseits würde die Person bevorzugt, die eine Nutzung auch ohne eine entsprechende Baugenehmigung vornehme. | Rn. 6 |
Im nächsten Schritt prüfte das Gericht gegenüber welcher Person die Behörde die Nutzungsuntersagung aussprechen müsse. „Dabei ist die Nutzungsuntersagung gegenüber demjenigen auszusprechen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Teil der baulichen Anlage hat, dessen Nutzung untersagt werden soll. Soweit dieser Teil der baulichen Anlage vermietet ist, muss sich die Nutzungsuntersagung also gegen den Mieter richten.“ | Rn. 7 |
Ausgehend vom Mieter als Adressat der Nutzungsuntersagung wandte sich das Gericht der behördlichen Ermessensentscheidung zu. | Rn. 8 |
„Will die Bauaufsichtsbehörde mit einer Nutzungsuntersagung gegen den Mieter einer Wohnung vorgehen, muss sie im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung erwägen und begründen, weshalb dem Mieter die Nutzung wie einem Eigentümer untersagt werden soll und innerhalb welcher Frist ihm eine Räumung der Wohnung zuzumuten ist. Bei der Ermessensentscheidung sind alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu ermitteln und zu berücksichtigen. So hat es der Mieter einer formell illegal genutzten baulichen Anlage anders als der Eigentümer regelmäßig nicht in der Hand, in Reaktion auf eine Anhörung zur beabsichtigten Nutzungsuntersagung wegen formeller Illegalität unverzüglich einen Bauantrag zu stellen, um den formellen Mangel zu beheben. Zudem ist zu prüfen, ob neben dem Gesichtspunkt der formellen Illegalität weitere öffentliche Belange, insbesondere fehlende Standsicherheit oder unzureichender Brandschutz, die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung rechtfertigen können und welche Belange des Mieters die Anordnung der sofortigen Vollziehung hindern oder jedenfalls eine längere Frist zur Befolgung der Nutzungsuntersagung erfordern. Sofern Sicherheitsaspekte nicht entgegenstehen, ist unter anderem zu beachten, dass, um eine Wohnungslosigkeit des Mieters zu vermeiden, diesem eine hinreichende Frist zur Auswahl einer neuen Wohnung und für den Umzug dorthin zur Verfügung stehen muss. Dabei können die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters ebenso von Bedeutung sein wie die Situation des örtlichen Wohnungsmarktes. Beides muss gegebenenfalls ermittelt werden. (Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Februar 2017 – Aktenzeichen 10B101916 10 B 1019/16 – und vom 10. November 2016 – Aktenzeichen 10B119016 10 B 1190/16 – mit weiteren Nachweisen.)“ | Rn. 9 |
Keiner abschließenden Bewertung bedürfe die Frage, ob die Zusammenlegung der Wohnungen formell illegal sei. Der in der Begründung der Nutzungsuntersagung enthaltene Punkt, dass die Statik nicht mehr gewährleistet sei, habe der Antragsteller plausibel dargelegt, dass dies eine Änderung eines nicht tragenden und nicht aussteifenden Bauteils gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 8 BauO NRW genehmigungsfrei sei. Eigene Ermittlungen habe die Antragsgegnerin nicht vorgenommen. Auch die weitere Begründung einer Beeinträchtigung des konstruktiven Brandschutzes durch den Durchbruch überzeuge nicht. | Rn. 10 |